Titel: | Der neue Herold'sche Rundwebstuhl. |
Fundstelle: | Band 312, Jahrgang 1899, S. 194 |
Download: | XML |
Der neue Herold'sche Rundwebstuhl.
Der neue Herold'sche Rundwebstuhl.
Die Herstellung eines Webstuhles, der an Produktionsfälligkeit die Webstühle der
bisherigen Systeme übertrifft, bildet, seitdem die Textilindustrie und mit ihr der
Textilmaschinenbau in den letzten Jahren einen so bedeutenden Aufschwung genommen
haben, das Ziel unzähliger vorwärts strebender Textilfachmänner.
Die neuen Kurbelwebstühle arbeiten um Bedeutendes rascher als die älteren Kurbel- und
Federschlagstühle. Das schnellere Arbeiten wurde aber bisher immer nur durch
konstruktive Verbesserung der bewegenden und bewegten Teile der Stühle des alten
Systemes erreicht, womit eine Erhöhung der Touren- und Schusszahl ermöglicht wurde.
Diese Steigerung der Tourenzahl bei Beibehaltung des alten Systemes ist heute an der
äussersten Grenze angelangt und eine weitere Forcierung derselben ist nicht mehr
durchführbar, da sie eine Ueberanstrengung des Maschinen- und Webmateriales im
Gefolge hatte. Der Grund hierfür liegt im Systeme selbst, und zwar darin, dass die
einzelnen zur Arbeit des Webens nötigen Funktionen bei den bisherigen Webstühlen
eine nach der anderen, periodisch erfolgen.
Die Gründe, warum das bisherige Webstuhlsystem keine grössere Leistungsfähigkeit mehr
zulässt, sind somit die folgenden:
1. An dem neuesten Kurbel Webstuhle sowohl wie an allen seit jeher gebauten
Webstühlen kann immer nur ein Schützen zu gleicher Zeit
arbeiten, und
2. die Schützen müssen während des Umtretens des Faches und des Anschlagens des
eingelegten Schussfadens ganz ausser Thätigkeit bleiben.
Der Firma Herold und Richards, Maschinenfabrik in Brunn,
ist es nun gelungen, auf Grund der Erfindung von Karl
Herold einen Webstuhl zu konstruieren, der eine bedeutend höhere
Produktionsfähigkeit gegenüber den gegenwärtig in Verwendung stehenden Webstühlen
besitzt.
Derselbe arbeitet nämlich:
1. gleichzeitig mit mehreren Schützen, und
2. ununterbrochen mit allen Schützen an einer Ware, d.h. es wird keiner der zwei bis
eventuell acht Schützen, mit denen er arbeitet, während des Laufes der anderen
Schützen oder während des Fachwechsels oder aber während des Anschlagens des
eingelegten Schussfadens ausser Thätigkeit gesetzt.
Dies wurde dadurch ermöglicht, dass die Schützenbahn als eine in sich geschlossene
Kurve, als Kreis angelegt wurde. Auf diesem Kreise
rotieren konstant in fixen Abständen die einzelnen Schützen. Nach dem Passieren
jedes Schützens wird, und zwar fortschreitend hinter jedem Schützen, das Fach
umgebildet und der Schuss angeschlagen, so dass jeder folgende Schützen ein neues,
reines Fach vorfindet.
Da, wie gesagt, die Schützenbahn eine kreisförmige ist, so müssen auch die
Kettenfäden im Kreise angeordnet sein. Da ferner die Schützen kontinuierlich
arbeitend von den kreisförmig angeordneten Fadenfächern eingeschlossen sind, ist
eine mechanische Fortbewegung der Schützen unmöglich und nur eine in die Ferne
wirkende Kraft verwendbar, welche durch die Kettenfäden hindurch, ohne sie zu
verschieben, wirken kann.
Als die einzig hierzu praktisch verwendbare Kraft erscheint der Magnetismus. An
dem Herold'schen Bandwebstühle ist er als Elektromagnetismus zur Bewegung der Schützen
verwendet.
Die bisher angestellten Versuche mit diesem Rundwebstuhl haben folgende Resultate
ergeben:
Der bei diesen Versuchen verwendete Stuhl hat eine Webbreite von 3,2 m; es arbeiteten
vier Schützen gleichzeitig an derselben Ware. Um
den Schützenlauf auszuprobieren, liess man den Stuhl mit einer Geschwindigkeit von
60 Touren pro Minute im Leergange arbeiten; dies ergab eine Geschwindigkeit jedes
einzelnen Schützen von 3,2 m in der Sekunde. Bei dieser grossen Geschwindigkeit
arbeiteten die Schützen ebenso sicher als bei langsamem Gang; die vollständige
Sicherheit der elektromagnetischen Schützenführung ist dadurch erwiesen. Auf den
bisher angefertigten Probestühlen, welche die Firma Herold
und Richards in ihrer Fabrik im Betriebe hat, wird gegenwärtig mit einer
Geschwindigkeit der Hauptwelle des Stuhles von 30 Touren in der Minute gewebt. Dies
ergibt folgende Leistungsfähigkeit:
Bei 30 Touren der Hauptwelle in der Minute werden, da vier Schützen zu gleicher Zeit
arbeiten, 30 × 4 = 120 Schuss in die Ware im ganzen Umfange eingetragen. Da nun die
Warenbreite dieses Stuhles 3,2 m beträgt und diese einer doppelten normalen
Warenbreite entspricht, so hat der Herold'sche Stuhl
gegenüber einem alten Webstuhl eine Leistungsfähigkeit von 120 × 2 = 240 Schuss
aufzuweisen. Der Webstuhl des alten Systemes arbeitet aber höchstens mit einer
Geschwindigkeit von 100 Schuss in der Minute; es ist daher schon jetzt gegenüber dem
alten Webstuhlsystem eine mehr als doppelte Produktionsfähigkeit erzielt. Es liegt
aber gar kein Grund vor, den Rundwebstuhl nicht noch schneller laufen lassen zu
können, und wird dies nur von den weiteren praktischen Versuchen in Verbindung mit
der technischen Vervollkommnung desselben abhängen. Das Webmaterial wird bei diesem
Stuhle mehr geschont als beim alten Webstuhl, weil erstens bei dieser
Geschwindigkeit das Durchtreten des Faches noch viel langsamer erfolgt als beim
alten Webstuhl, und die Bewegung des Schützens und mithin die Beanspruchung des
Schussmateriales nicht ruckweise, wie dies bei dem alten Webstuhle erfolgt, sondern
verhältnismässig langsam und kontinuierlich vor sich geht.
Es sei noch bemerkt, dass dieser Stuhl an Betriebskraft und Bedienung keine höheren
Ansprüche als der alte Webstuhl stellt, dagegen, was den benötigten Raum anbelangt,
viel weniger beansprucht als ein alter Webstuhl gleicher Warenbreite.
Als Verbesserungen und Vorteile, die der Herold'sche
Rundwebstuhl in der Rundwebstuhlfabrik der Firma Herold und
Richards erfahren hat, sind zu nennen:
Die übersichtlichere Anordnung sämtlicher Mechanismen; die Freilegung des
Arbeitsfeldes, so dass der Weber die Warenbildung genau verfolgen kann; die
Schaffung einer festen, sicheren Schützenbahn; die Sicherung der Schützen gegen die
Berührung durch den Anschlagmechanismus; die Einfachheit desselben; die Erreichung
eines kräftigen Anschlages und die Möglichkeit der Anordnung eines Doppelschlages;
die Erreichung beliebiger Dichten der Kettenfadeneinstellung durch Verwendung
gewöhnlicher Stahldrahtlitzen zur Fachbildung; die erhöhte Raschheit der
automatischen elektrischen Ausrückung; Verbesserungen der Ketten und Warenspannung
und manches andere.
Auf dem neuen, nunmehr dem Betriebe übergebenen Rundwebstuhle folgen einander in
klarer, freiliegender Uebersichtlichkeit von unten nach oben die Fachbildung, die
Schützenführung und der Anschlag.
Textabbildung Bd. 312, S. 194
Fig. 1.
Der Abzug der Kette und der Ware erfolgt also jetzt von unten nach oben, nicht
umgekehrt wie früher. Diese Aenderung musste schon deshalb eintreten, weil der von
den Schützen jetzt auf einer feststehenden Laufbahn zurückgelassene Schuss nur nach
oben angeschlagen werden kann; sie hat aber auch andere Vorteile, wie z.B. die
bessere Lagerung der Kettenbäume am Fusse des Gestelles. Die Ware liegt jetzt von
ihrer Bildung bis zu ihrer Aufwickelung etwa 1 m frei, gerade in der Höhe der Augen
des Arbeiters, so dass eine sehr gute Kontrolle der Warenbildung erreicht ist. Die
feste Schützenbahn sichert dem Schützen einen ruhigeren Lauf, der Anschlag kann
jetzt nirgends die Laufbahn des Schützens kreuzen, so dass die früher mögliche
gegenseitige Beschädigung von Schützen und Anschlagmechanismus gänzlich
ausgeschlossen ist. Der Anschlag erfolgt überdies nicht mehr wie früher durch
auf Doppelhebel gelagerte Kämme, sondern durch einfache, aus Blech gestanzte Rieten,
wodurch eine ungemeine Einfachheit und dadurch auch Stärke und absolute
Kontinuierlichkeit des Anschlages erreicht wird.
Textabbildung Bd. 312, S. 194
Fig. 2.
Die Geschirre, die früher aus einzelnen kräftigen Nadeln bestanden, an deren jeder
eine Rolle angebracht sein musste, werden jetzt durch segmentweise zusammengefasste
gewöhnliche Stahldrahtlitzen gebildet, die eine beliebige Dichte der
Ketteneinstellung gestatten.
Diese, sowie die übrigen Verbesserungen anschaulich zu machen, lassen wir an der Hand
beistehender Zeichnungen die Beschreibung des verbesserten patentierten Herold'schen Rundwebstuhles, wie er von der Firma Herold und Richards, für vierschäftige Ware mit vier
Schützen arbeitend, erzeugt wird, folgen.
Es zeigen:
Fig. 1 eine Seitenansicht dieses Rundwebstuhles;
Fig. 2 das Mittelstück in vergrössertem
Massstabe;
Fig. 3 einen vorderen Längsschnitt durch den ganzen
Stuhl;
Fig. 4 einen Grundriss, und zwar die obere Hälfte in
Ansicht, die untere Hälfte zum Teil den Geschirrexzenter, zum anderen Teil einen
Elektromagnet samt Schützen darstellend;
Fig. 5 eine schematische Darstellung des Antriebes
samt Bremsmechanismus;
Fig. 6 einen Schnitt durch denselben;
Fig. 7 Details der Ausrückung. Die von der
Antriebskuppelung Rc, Fig.
3, angetriebene, in den Lagern L1 und L2 gelagerte Antriebswelle Aw überträgt durch die Kegelräder CD ihre
Bewegung auf die vertikale Hauptwelle Hw. Die letztere
hat ihre Lagerung einerseits in dem Halslager Hg,
andererseits in dem Fusslager Fl. Diese beiden Lager
sind auf der Haupttraverse T3 des Stuhles befestigt. Oberhalb des Halslagers Hg ist der Schleifkontakt Sc an die
Hauptwelle Hw isoliert angebracht. Der Schleifkontakt
selbst hat vier Kontaktringe, wovon zwei zur Uebertragung des Stromes zu den
Magneten dienen und zwei zu den Schützenwächterkontakten führen. Die zur Uebertragung notwendigen
Kontaktbürstchen B5 (s.
Fig. 2) sind am Hauptlagerkörper isoliert
angeschraubt. Oberhalb des Schleifkontaktes ist die Hauptwelle mit Gewinde versehen,
welches vor allem zur Befestigung der Nabe f des
untersten Fachexzenters F dient. Mit der Nabe durch
Schrauben fest verbunden sind die Magnete M.
Oberhalb der Nabe des Fachexzenters in entsprechender Höhe ist der Rietenexzenter E aufgeschraubt. Sodann folgt die Kugellagermutter M1, auf welcher durch
Kugellagerung der Breithalterring B aufsitzt. Um dem
Breithalterring eine solide Führung zu geben, ist das Ende der Hauptwelle Hw etwas schwächer cylindrisch abgedreht.
Textabbildung Bd. 312, S. 195
Fig. 3.
Die zum Verweben bestimmte Kette wird auf die zwei Kettenbäume je zur Hälfte in
bekannter Weise geweift, und die Kettenbäume K1 und K2 erhalten ihre Lagerung in den auf der unteren
Seitentraverse des Stuhles befestigten Lagern l1 und l2. Die Kette wird nun von den auf beliebige Art
gebremsten Kettenbäumen vorerst über die Streichbäume Sb1 und Sb2 geführt. Von hier aus werden die Kettenfäden durch
den Verteilungsring Gr geführt: dieser Verteilungsring
hat den Zweck, die Kette zur Fachbildung vorbereitend in die Kreisform zu lenken.
Von dem Verteilungsring Gr werden die Kettenfäden über
den mit rundem Querschnitt versehenen Kreuzring Kr
geleitet.
Damit nun die zu beiden Seiten beider Ketten befindlichen Eckfäden zum
Verteilungsring in einer für sie günstigen Weise zugeführt werden können, sind zu
beiden Seiten je zwei Streichbaumspulen angeordnet, über welche je eine Anzahl von
Randkettenfäden geführt wird. Von dem Kreuzringe Kr
gelangen nun die Kettenfäden (s. Fig. 2) zu den
Litzen l1, l2, l3 und l4. Die Litzen sind
einfache Stahldrahtlitzen.
Der Mechanismus zur Fachbildung ist nun folgendermassen eingerichtet:
Bei diesem Stuhle sind vier Fachexzenter verwendet. Die Exzenter selbst sind
entsprechend grosse Ringe, welche übereinander liegen und durch Schrauben fest
miteinander verbunden sind. Wie schon früher erwähnt, ist der unterste Exzenter in
einem Stücke mit seiner Nabe auf der Hauptwelle Hw
befestigt. Der oberste Fachexzenter ist durch einen Deckelring abgeschlossen. Alle
Fachexzenter haben nun entsprechend der zu webenden Bindung, in diesem Falle
Circasbindung, Nuten, welche zur Aufnahme von Rollen r
dienen. Je zwei Rollen r sind durch eine zapfentragende
Platte p miteinander verbunden, und trägt diese Platte
p ein bewegliches Gelenk, in welches die
Geschirrstangen s1, s2, s3 und s4 eingeschraubt sind.
Am äusseren Ende der Geschirrstangen s1, s2, s3 und s4 sind Segmente befestigt, auf welche die früher
erwähnten Litzen aufgezogen werden. Die Geschirrstangen und die Litzen sind durch
Ausnehmungen der Blattkränze b1 und b2 geführt, so zwar, dass durch die Kurve der
Fachexzenter eine radiale Bewegung der Geschirrstangen resp. der Litzen ermöglicht
ist. Der Blattkranz b1
ist durch eiserne Träger mit dem äusseren Gestelle fest verbunden. Der Blattkranz
b2 ist auf einem
Radkranz Rk aufgeschraubt, dessen Nabe wieder auf dem
Hauptlager Hg fest aufsitzt. Der obere Teil des
Blattkranzes b1 trägt
einen schmiedeeisernen Ring Br, welcher das eigentliche
Blatt, dessen obere Fläche die stabile Schützenbahn bildet, zum Teile trägt. Das
Blatt besteht aus mehreren Teilen, die Rieten dieser Blätter sind entsprechend der
notwendigen Ketteneinstellung radial angeordnet. Der innere Bund dieser Blätter
liegt in einer Ausnehmung des Messingringes Bi, welcher
wieder mit dem inneren Blattkranz b2 fest verbunden ist. Dieser ausgedrehte Messingring
Bi dient mit seinem oberen mit Leder überzogenen
Teile zugleich als unterer Schützenlaufring. Zwischen den beiden Schützenlaufringen
R1 und R2 bewegen sich die
Enden der auf einer Nabe aufgeschraubten Magnete M,
welche wieder mit der Nabe f der Fachexzenter fest
verbunden sind.
Die Pole der Magnete M tragen Messingkappen, welche dazu
dienen, eventuell schlaffhängende innere Fachkettenfäden bei ihrer Rotation nicht
mitzunehmen. Die Magnete M wirken durch die inneren
Kettenfäden an die eisernen Schützenrollen Sr der
Schützen S an, so zwar, dass dieselben (Sr) bei der Rotation der Zentralwelle Hw
durch die magnetische Kraft zum Drehen gebracht und entlang der feststehenden
Schützenlaufringe R1
und R2 weiter bewegt
werden.
Die Schützen sind mit keilförmigen Blechverschalungen versehen, die, den Spitzen der
gewöhnlichen Webeschützen entsprechend, falls hier und da lockere Fäden vorkommen,
das Fach vor sich zerteilen. Bei der Bewegung der Schützen bildet die obere Kante
des ringförmigen Blattes Bi die feststehende Laufbahn
für den Schützen, indem die Schützen mit den Rollen Sl
über das Blatt gleiten. Der Schützen selbst besitzt einen rohrförmigen Hohlraum, der
zur Aufnahme des Schusscopses oder der Spule dient. Der Schussfaden wird durch das
Oehr a des Schützens nach aufwärts geführt, von den
Rieten r2 gehoben und
an die Ware angeschlagen. Der untere Schützenlaufring Rl ist, wie schon erwähnt, mit dem Ringe zur Aufnahme des inneren Bundes
des Blattsegmentes in einem Stück. Der obere Schützenlaufring R2 ist mit dem
Breithalterring B durch das Rietenblatt B2 verbunden.
Textabbildung Bd. 312, S. 196
Fig. 4.
Diese eben beschriebene Schützenführung ist die wichtigste der beim Bund Webstuhle
vorkommenden Bewegungen, und liegt der hohe Wert der vorliegenden Erfindung
hauptsächlich in der ausgezeichneten Funktion dieser an und für sich einfachen
Vorrichtung.
Der Anschlag des von den Schützen hinterlassenen Schussfadens an die Ware wird durch
den Anschlagmechanismus bewirkt, der aus einer der Einstellung des Gewebes
entsprechenden Anzahl von einfachen aus Blech gestanzten Hebeln besteht. Diese Hebel
sind der Reihe nach auf dem Ringe A oben durch den
Schlitz, den sie besitzen, aufgesteckt und durch den Beschwerungsring Cr gegen das Herausfallen gesichert.
Die beiden Enden der Hebel sind, um den Abstand derselben voneinander zu fixieren, in
den Blattkränzen B2 und
B3 geführt.
Letztere sind entweder mit ausgefrästen Schlitzen versehene Bleche oder aber, wie in
diesem Falle, infolge der schon höheren Einstellung, auf gewöhnliche Weise gebundene
Blätter, welche jedoch cylindrisch geformt sind. Diese beiden Blätter sind am
Breithalterring B befestigt, und trägt das äussere
Blatt B2 noch den oben
erwähnten, mit Leder belegten oberen Schützenlaufring R2. Innerhalb des kleineren Blattes B3 rotiert der
Rietenexzenter E. Derselbe besteht aus einem
gusseisernen Stück g, einem schmiedeeisernen Ring gi und den die Kurven tragenden Teilen g2 und g3. Die Kurve des
Fachexzenters ist in der bei Fig. 2 schematisch
dargestellten Weise ausgeführt. Die Stellung des Fachexzenters zu den Schützen ist
nun folgende:
Textabbildung Bd. 312, S. 196
Fig. 5.
In dem Momente, wo das Fadenauge des Schützens kommt, geht der Hebel aus der Stellung
1 in die Stellung 2.
Nach Passieren des Fadenauges des Schützens geht der Hebel langsam in seine
vorherige Stellung zurück, wobei er den vom Schützen hinterlassenen Schussfaden
mitnimmt und an die Ware anschlägt. Dieser Anschlag erfolgt naturgemäss auf das
offene Fach. Nachdem dies geschehen ist, erfolgt das Um treten des Faches. Bei
diesem Umtreten gehen die Rieten ebenfalls von der Ware weg und schlagen nach
erfolgtem Umtreten nochmals, bei bereits ganz durchgetretenem Fache, an. Die bei
Fig. 2 unten befindliche schematische Zeichnung,
welche aufgerollt ein Viertel des Rietenexzenters darstellt, zeigt diese Bewegung
deutlich.
Bei I erfolgt die Aufnahme des Schussfadens,
bei II der erste Anschlag und zwar im offenen Fache,
bei III erfolgt das Umtreten des Faches und
bei IV der zweite Anschlag bei bereits durchgetretenem
Fache, und dieses Spiel wiederholt sich bei jedem Schützen.
Textabbildung Bd. 312, S. 196
Fig. 6.
An dem Breithalterring B ist der zur Warenführung
bestimmte Trichter befestigt. Dieser Trichter, der aus Blech hergestellt ist, hat
die Aufgabe, die Ware von der Kreisform in die flache Form zu überführen und den
Breithalterring in seiner Lage zu fixieren, damit er nicht von den rotierenden
Teilen des Stuhles mitgenommen werde.
Um ein ordentliches Einlegen der Ware, was hauptsächlich beim Beginne des Webens
notwendig ist, zu ermöglichen, ist oberhalb der Warenbildung der Warenring II angeordnet. Die Ware wird nun (s. Fig. 1) zuerst durch die beiden Abzugwalzen W1 und W2 geführt, gelangt nun
behufs sicherer Weiterführung zwischen die Walzen W2 und W3 und von dort zum Warenbaume W6, wo sie sich
selbstthätig aufrollt. Zu diesem Zwecke sind zwei Gleitschienen gs angeordnet, auf welchen der Warenbaum beim Aufrollen der Ware sich
langsam aufwärts bewegt. Die Bewegung der Warenabzugswalzen W1, W2 und W3 erfolgt auf folgende Weise:
Auf der Hauptwelle Hw oberhalb des Kegelräderantriebes
ist eine Schnecke s aufgekeilt, welche in ein
Schneckenrad eingreift und die Schneckenradwelle sw in
Drehung versetzt (s. Fig. 1 und 3). Am Ende der Schneckenradwelle sw ist ein Kettenrad k1 aufgekeilt. Mittels einer Gelenkkette wird von
diesem Kettenrade k1
das Kettenrad k3 in
Bewegung gesetzt und durch die Zahnräder z1, z2, z3 und z4 diese Bewegung auf die Warenabzugswalze W2 übertragen. Das
Kettenrad k2 hat nur
den Zweck des Spannens der Gelenkkette. Die Warenabzugswalze W2 überträgt nun ihre Bewegung durch ein
am anderen Ende derselben befindliches Zahnrad auf die Abzugswalze W3.
Textabbildung Bd. 312, S. 197
Fig. 7.
Die Aenderung der Schussdichte erfolgt einfach durch Auswechseln der Zahnräder z1 oder z2 oder durch
Auswechseln beider. Das Zahnrad z1 ist mit dem Kettenrad k3 durch einen Mitnehmer fest verbunden.
Letzteres sitzt auf einem exzentrischen Bolzen. Durch entsprechende Drehung
desselben ist ein Ausschalten des ganzen Zahnradgetriebes ermöglicht.
Um die Beschreibung der Konstruktion des Rundwebstuhles zu vollenden, wollen wir nun
die Auslösevorrichtung besprechen.
An der rechten Vorderseite des Stuhles ist der Ausrückmechanismus angebracht.
Derselbe besteht aus einer Solenoidspule, in welche der Eisenkern k2 eingesetzt ist.
Derselbe reicht nur bis zur halben Länge der Spule, zur anderen Hälfte hängt der
Eisenkern k1 in die
Solenoidspule hinein und ist an dem Doppelhebel n
befestigt. Letzterer ist um den Zapfen t drehbar
angeordnet, und ist dessen zweites Ende q hammerförmig
nach aufwärts gerichtet. Dieses hammerförmige Ende reicht nun in eine Ausnehmung der
Auslösplatte m, welche an das Stuhlgestell befestigt
ist. Durch die Feder f1
ist dieser Hebel ausbalanciert, so zwar, dass, wenn die Wirkung der Solenoidspule
nicht zur Geltung kommt, das hammerförmige Ende q des
Hebels n in die Ausnehmung der Auslösplatte m hineinreicht. Wird nun der Webstuhl durch Bewegen des
Auslösgriffhebels P in der Pfeilrichtung (s. Fig. 7) bewegt, so kommt der Stuhl in Thätigkeit.
Durch die eigentümliche Form des hammerförmigen Endes q
des Hebels n drückt der Hebel P beim Passieren dieser Stelle das Hebelende n nach auswärts, und nach Passieren desselben springt der Hebel n durch die Zugkraft der Feder f, wieder zurück, so zwar, dass der Hebel P
in seiner Stellung gehalten ist. Wenn nun aus irgend einem Grunde der Stromkreis in
der Solenoidspule geschlossen wird, wird der Eisenkern k1 in die Spule hineingezogen. Dieser
Eisenkern zieht dadurch den Hebel v nach abwärts, und
es wird das hammerförmige Ende q von dem
Auslösgriffhebel weggezogen; er wird frei, und die Zugkraft der Feder f (s. Fig. 5) schnellt
den Auslösgriffhebel zurück. Der Stuhl gelangt zum Stillstand. Diese
Auslösevorrichtung wird für gewöhnlich in der Weise in Thätigkeit gesetzt, dass der
Weber auf einen der an mehreren Stellen angebrachten Taster drückt, wodurch der
elektrische Strom in die Solenoidspule Sp fliesst und
der Stuhl zum Stillstehen gebracht wird. Um dies auch zu erzielen, wenn aus irgend
einem Grunde einer der Elektromagnete M seinen Schützen
loslässt, ist folgende Schützenwächtereinrichtung vorhanden. Zwischen den beiden
Schenkeln jedes Elektromagneten (s. Fig. 4) ist je
ein Kolbenkontakt J vorhanden. Der Kolben dieses
Kontaktes wird, wenn der Schützen an seiner richtigen Stelle dem Magneten gegenüber
sich befindet, durch den Ansatz q des Schützens von dem
Cylinderdeckel des Kolbenkontaktes weggedrückt. Verlässt der Schützen nun aus irgend
einem Grunde seinen ihm zugewiesenen Platz, so kommt auch der Ansatz q von seiner Stelle und eine Druckfeder drückt nun den
Kolben gegen den Cylinderdeckel des Kontaktes, und der Stromschluss ist
hergestellt.
Die Bewegung des Auslösgriffhebels P wird durch das
Fröschchen z der Zugstange Z, einen Winkelhebel und dem exzenterbügelartig geformten Hebel Aw auf die Riemenscheibe Rz übertragen. Letztere wird dadurch gegen den Antriebkonus Rc gepresst und ein Mitnehmen derselben
herbeigeführt.
Beim Auslösen des Stuhles erfolgen diese Bewegungen in umgekehrter Ordnung. Um nun
beim Abstellen des Stuhles ein sofortiges Stillstehen aller Mechanismen zu
erreichen, ist mit dem Auslösgriffhebel P eine
Differentialbremse verbunden. Der Auslösgriffhebel P
ist ein Winkelhebel, der um den Punkt c (s. Fig. 5) drehbar ist. Durch Bewegen des
Auslösgriffhebels in der Pfeilrichtung wird das Ende des Winkelhebels nach abwärts
gezogen und durch das Gelenk Z1 ist der Bremshebel Bh, der um den Zapfen o drehbar ist,
ebenfalls gezwungen, dieser Bewegung zu folgen. Dadurch wird das Bremsband Pb auf der Bremsscheibe Bs
(Fig. 3) gelockert.
Durch Bewegen des Auslösgriffhebels in der der Pfeilrichtung entgegengesetzten
Richtung, d. i. beim Abstellen des Stuhles, wird der Bremshebel Ph durch das Gelenk Z1 gehoben, wodurch das Bremsband gespannt und ein
sofortiges Stillstehen des Stuhles bewirkt wird. Am Ende der Antriebswelle Aw (Fig. 3) ist noch zur
Bequemlichkeit des Webers ein Handrad Hr
aufgekeilt.
Der Zapfen o (Fig. 5) ist
ein exzentrischer, um nötigenfalls auch die Bremsung sofort ausser Thätigkeit zu
setzen.
Was die Schaltungsweise der Magnete und der Auslöskontakte anbelangt, sei bloss
bemerkt, dass die Magnete alle hintereinander geschaltet und alle Auslöskontakte zu
dieser Hauptstromleitung parallel geschaltet sind.
Die Arbeitsweise dieses Stuhles ist nach dem Vorhergesagten leicht erklärlich. Die
Fachbildung erfolgt kontinuierlich, gleichlaufend mit den Schützen; die Schützen
bewegen sich fortwährend in den ihnen gehörigen Fächern und ebenso erfolgt der
Anschlag kontinuierlich fortschreitend mit den Schützen.
Der vorliegend beschriebene Stuhl ist, wie bereits erwähnt, für Circasbindung
eingerichtet und hat demgemäss vier zu gleicher Zeit arbeitende Schützen. Derselbe
liefert eine Warenbreite von 2 × 160 = 320 cm.
Es wird demnächst eine von Fachmännern durchgeführte genaue Untersuchung des Kraft
verbrauch es und der Leistungsfähigkeit dieses Stuhles bei der Firma Herold und Richards stattfinden, und werden wir sodann
die Ergebnisse dieser Untersuchung bekannt geben.