Titel: Die Natur der Kupfer-Zinklegierungen.
Autor: O. L.
Fundstelle: Band 313, Jahrgang 1899, S. 99
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Die Natur der Kupfer-Zinklegierungen. Die Natur der Kupfer-Zinklegierungen. In Würdigung der Bedeutung, welche die Legierungen für die Gewerbe besitzen, sind in Deutschland und in Frankreich von den Gesellschaften zur Förderung des Gewerbfleisses Kommissionen eingesetzt worden mit der Aufgabe, Programme der auf die gesamten Metalllegierungen auszudehnenden Experimentaluntersuchungen vorzubereiten und deren Ausführung zu überwachen. Während aber die deutsche Kommission ihr Augenmerk hauptsächlich den gewöhnlich als Stahlsorten bezeichneten Eisenlegierungen zuwandte, bevorzugte die französische die des Kupfers. Von allen Legierungen gehören zweifellos die des Kupfers und Zinks zu den gewerblich wichtigsten, wie dies schon Robert H. ThurstonA Treatise on Brasses, Bronzes and other Alloys, New York 1893. in den Worten ausgesprochen hat: „Das Messing kann geschmeidig und weich, hart und spröd, zerbrechlich oder widerstandskräftig, elastisch oder nicht elastisch, von rauher Oberfläche oder spiegelglatt, zerreiblich oder fast ebenso schmiedbar und duktil wie Blei sein, je nachdem man es wünscht und indem man nur seine Zusammensetzung ändert. Keine andere bekannte Substanz, vielleicht selbst das Eisen nicht, kann eine ebenso grosse Mannigfaltigkeit der Eigenschaften und eine gleich bewunderungswürdige Verschiedenheit der Verwendung aufweisen.“ Vermutlich in Anerkennung dieser Wichtigkeit hat die französische Kommission ihre Wirksamkeit damit begonnen, dass sie Georges Charpy, der schon vor Jahren Untersuchungsergebnisse veröffentlicht hat, welche, durch mikroskopische Beobachtungen gewonnen, die Abhängigkeit der Eigenschaften des Messings von der Bearbeitungsart darlegten, zu Prüfungen und Forschungen an Kupfer-Zinklegierungen in ausgedehntem Masse veranlasst. Dass solche von Nöten seien, hatte auch Thurston betont, indem er von seinen Untersuchungsresultaten eingesteht: „Die Kurven, welche die Variation der Eigenschaften in Abhängigkeit vom chemischen Bestände darstellen, sind derart unregelmässig, dass offenbar neue Forschungen nötig sind, um ihre genaue Gestalt festzustellen.“ Charpy berichtete nun von seinen Untersuchungen ausführlich und mit Beigabe von 48 Mikrostrukturbildern im Bull, de la Soc. d'Encouragement etc., 1896 S. 188 ff. Als seine Aufgabe betrachtet auch Charpy, das Abhängigkeitsverhältnis zwischen chemischem Bestände und mechanischen Eigenschaften zu bestimmen und die Abänderung der Eigenschaften des Metalls mit denen der mittels des Mikroskops erkennbaren Struktur zu vergleichen. Den Grund, warum die älteren Forschungen keine befriedigenden Ergebnisse in dieser Richtung geliefert haben, vermutet Charpy in dem Umstände, dass jene fast ausschliesslich mit geschmolzenen, noch in keiner Weise mechanisch bearbeiteten Probestücken ausgeführt worden sind. Da nun einerseits mechanische, andererseits kalorische Behandlung die Eigenschaften der Metalle sehr beeinflussen, konnte jenes Verfahren der Aufgabe keinesfalls gerecht werden, zumal nicht bei Messing, das in so verschiedenen Formen gebraucht wird. Ausserdem sei ein Metall nach dem Schmelzen am wenigsten einheitlich in seinen Eigenschaften, die je nach den Bedingungen des Schmelzflusses, der Schnelligkeit der Erstarrung, der Form und den Dimensionen des Schmelzstücks wechseln, und zwar können von verschiedenen Stellen desselben Schmelzstücks entnommene Probestückchen voneinander sehr abweichendes Verhalten zeigen; selbst ein kleiner Lingot sei nicht durchaus homogen und seine Eigenschaften würden zu sehr von der Herstellungsweise beeinflusst. Dagegen erhalte man fast vollkommene Homogenität durch mechanische Bearbeitung, z.B. sorgfältiges Walzen; daher zeigen sich die von verschiedenen Stellen von Messingplatten entnommenen Proben von fast genau gleichen Eigenschaften. Dies gelte z.B. vom Messing der französischen Artillerie, das aus 67 Teilen Kupfer und 33 Teilen Zink besteht, und der Eskadronchef Pralon, der es untersuchte, habe für dessen Prüfungen richtige Grundsätze aufgestellt und befolgt. Jedes Messingprobestück, dem durch Walzen oder andere Bearbeitung eine bleibende Formveränderung gegeben worden, sei eben mehr oder weniger „kaltgehämmert“ (écroui), seine Elastizitätsgrenze werde dabei erhöht und es könne keine weitere Formveränderung erleiden, ausser wenn man eine diese erhöhte Elastizitätsgrenze übersteigende Energie einwirken lasse. Zwischen dem leicht schmiedbaren und dem stark verarbeiteten (écroui) Messing gibt es aber eine ganze Stufenleiter von feinen Unterschieden, die man nun auf zweierlei Art erzeugen könne, einmal, indem man von den leicht schmiedbarsten Proben ausgehe und durch schrittweis wachsende Bearbeitung die Form ändere, und dann den entgegengesetzten Weg, dass man nämlich stark durchgearbeitete Proben mit gradweis zunehmender Intensität ausglühe. Proton gelangte auch zu der Schlussfolgerung, dass der Grad des Ausglühens nur von der angewandten Hitze und nicht auch von der Dauer ihrer Einwirkung abhänge, sowie dass die Schnelligkeit der Abkühlung keinen Einfluss besitze. Dieses trifft nach Charpy ziemlich genau zu, trotz der gegenteiligen Beobachtung von Le Chatelier, der eben nur mit Messingdraht experimentierte und zwar bei relativ geringer Glühtemperatur und -dauer. Dagegen teilt Charpy nicht die Meinung Pralon's, dass von jenen beiden vorerwähnten Untersuchungswegen der erste der bessere sei, sondern gibt dem zweiten den Vorzug und zwar deshalb, weil einmal das nur von der Temperaturhöhe abhängige Ausglühen leicht in Ziffern festzustellen ist, was nicht ebenso von der mechanischen Durcharbeitung gilt, und dann, weil man in der Praxis andauernd seine Zuflucht zum Ausglühen nehme, um den durch eine mechanische Operation herbeigeführten Zustand der Kalthämmerung (écrouissage) abzuändern, und es deshalb wichtig erscheine, zu erfahren, unter welchen Bedingungen das Ausglühen stattzufinden habe, um ein bestimmtes Resultat zu erzielen. Doch räumt Charpy auch jenem anderen Wege die Wichtigkeit für bestimmte Zwecke ein, insbesondere um die verschiedenen Eigenschaften einer jeden einzelnen Legierung zu bestimmen. Das von Charpy befolgte Programm ist danach folgendes: Gemäss dem bei der gewerblichen Herstellung von Messingplatten höherer Güte befolgten Wege, Kupfer-Zinklegierungen von in geregelter Weise abgeänderter Zusammensetzung anzufertigen, diese durch fortgesetztes, kalt ausgeführtes Hämmern und Walzen, ohne jedes Ausglühen, in den möglichst ausgesprochenen Zustand des Kaltgehämmertseins überzuführen, um dann von ihnen Proben zu entnehmen, diese bei gradweis bis zum Schmelzpunkt steigender Temperatur auszuglühen und einerseits die mechanischen Eigenschaften, andererseits die mikroskopische Struktur bei den verschiedenen Zuständen zu bestimmen. Für die Versuche, die alle dreifach ausgeführt wurden, dienten 18 verschieden zusammengesetzte Legierungen, deren erste Reihe drei umfasste, mit den Gehalten an Zink von 14,3, 20,2 und 29,0%, während in die zweite Reihe solche mit 0,0, 10,1, 18,4, 30,2, 40,4, 49,7, 60,1, 80,1 und 99,6% Zink aufgenommen waren, und endlich die dritte Reihe Legierungen von 27,1, 32,3, 34,7, 37,6, 41,7 und 44,7% Zink enthielt. Die Legierungen der ersten Reihe wurden unmittelbar hergestellt mittels Elektrolyt-Kupfer und destilliertem Zink; sie enthielten nur etwa 0,2% Verunreinigungen, unter denen Blei vorwaltete; zu den Legierungen der zweiten und dritten Reihe dienten die besten Handelsmarken von Metallen, gegossen und zu Platten gewalzt von der Compagnie Française des métaux; sie enthielten an Verunreinigungen geringe Mengen von Blei, Zinn und Eisen, zusammen 0,3 bis 0,4%. Die Legierungen mit 49,7, 60,1 und 80,1% Zink vermochten gar keine Walzarbeit auszuhalten; von jener ersten und der letzten konnte man aber im rohen Schmelzzustande Probestücke für das Feilen abschneiden und diese nach dem Ausglühen prüfen, zum Zwecke der Auskunft über das Verhalten; die Legierung mit 60,1% Zink jedoch ist hart und zerbrechlich wie Glas und liess sich zu keinem mechanischen Versuche verwenden. Zu den verschiedenen mechanischen Prüfungen erhielten die Probestücke nun passende Gestalten und Dimensionen, über deren Einzelheiten die Originalabhandlung mit ihren dem Text einverleibten Abbildungen nachzusehen ist; für die Zugproben ähnelten die Probestückchen Planchettestangen mit verbreiterten Enden; für die Kompressionsversuche dienten 13 mm hohe und 8 mm dicke Cylinder; Stauchung und Biegung wurde an einseitig befestigten Barren von 14 mm × 9 mm × 60 mm erprobt durch den Fall eines 10 kg schweren Blockes aus Höhen von 10, 20, 30 u.s.w. cm. Geprüft wurde endlich auch noch die Härte oder der Widerstand gegen ein eindringendes Messer aus hartem Stahl, das durch allmählich wachsende Belastung eingetrieben wurde, und wobei man die Tiefe des Schnittes der verschieden hohen Belastung gegenüber beachtete. Ausgeglüht wurden die Probestücke, insoweit Temperaturen unterhalb von 400° erzielt werden sollten, in einem mit Wärmeregulator versehenen Bade, das aus einer Mischung von Kalium- mit Natriumnitrat bestand; für mehr als 400° wurde der elektrische Ofen benutzt, dessen sich Charpy bereits zu seinen Studien über das Härten des Stahls bedient hatte; bei jenen Ausglüharbeiten liess man die Legierung ungefähr ½ Stunde lang der Maximaltemperatur ausgesetzt, während man letztere im elektrischen Ofen nur 10 Minuten lang unterhielt, nachdem man allerdings vorher sehr langsam und oft fast 1 Stunde lang die Wärme gesteigert hatte. Alle Temperaturen wurden mittels Le Chatelier's thermoelektrischem Pyrometer gemessen, das nach dem Siedepunkte des Schwefels (448°) und dem Schmelzpunkte des Goldes (1045°) als Fixpunkte graduiert war, unter der Annahme, dass innerhalb dieses Intervalls die Temperatur der Galvanometerabweichung proportional ist. Die Ergebnisse der Zugversuche sind ebenso wie die weiter zu betrachtenden in Tabellenform zusammengestellt der Abhandlung beigegeben und hat deren Ueberblick und graphische Interpretation Charpy zu folgenden Schlussfolgerungen geführt: Hinsichtlich des Einflusses der Ausglühtemperatur erkennt man sofort, dass man durch allmählich zunehmendes Erhitzen des Metalls für alle Legierungen eine Verringerung der Reiss- oder Bruchbelastung, eine Steigerung der Streckung oder Verlängerung und eine Verkleinerung des Bruchquerschnittes herbeiführt, was um so deutlicher hervortritt, je höher die Temperatur gesteigert wird, jedoch mit Ausnahme der dem Schmelzpunkte benachbarten Temperaturen, bei denen das Metall „verbrennt“ und sich manchmal die Streckung zugleich mit dem Widerstände mindert. Doch treten diese Abänderungen nicht in stetiger Weise ein und kann die Temperaturskala in eine Anzahl von bestimmten Wirkungen entsprechenden Zonen eingeteilt werden. Geht man nämlich von der gewöhnlichen Temperatur aus, so findet man zunächst, dass das Glühen erst Erfolg hat mit Ueberschreiten einer bestimmten Temperatur, die ersichtlich, wenigstens zumeist, vom Grade der Kaltbearbeitung abhängt, der das Metall unterworfen wurde. Man hat also nicht nach einem Abhängigkeitsverhältnis dieser Grenze der Ausglühtemperatur von der chemischen Zusammensetzung zu suchen, weil man, indem der Zustand des Kaltbearbeitetseins in keine festumschriebene Bestimmung (Definition) zu fesseln ist, die verschiedenen legierten Metalle nicht in miteinander vergleichbaren Anfangsstadien aufstellen kann. Wenn man nur die Legierungen einer und derselben Reihe betrachtet, die auf nahezu identische Weise kalt bearbeitet wurden, so findet man zwar, z.B. für die Legierungen der zweiten Reihe, dass die Anfangstemperatur des Ausglühens sich erniedrigt mit wachsendem Zinkgehalte, aber damit wird nur bezeugt, dass dieselbe mechanische Behandlung einen um so stärker ausgesprochenen Zustand des Kaltbearbeitetseins (des écrouissage) hervorruft, je höher der Gehalt an Zink ist. Sobald die untere Temperaturgrenze überschritten ist, bei der überhaupt Ausglühen eintritt, trifft man auf eine Temperaturzone, innerhalb der die Wirkung des Glühens, insoweit diese durch die Belastung und Streckung bestimmt wird, sich mit steigender Temperatur erhöht. Dieser zweiten Zone folgt eine dritte, in der die Wirkung des Ausglühens konstant bleibt, d.h. die Eigenschaften des Metalls sind dieselben, bei welchen innerhalb dieser dritten Zone gelegene Temperaturgrade man auch geglüht haben mag; das Metall zeigt alsdann denjenigen Zustand, welcher der grössten Hämmerbarkeit entspricht. Man kann sagen, dass das Ausglühen da vollkommen erreicht ist. Die Anfangstemperatur dieser Zone des vollkommenen Ausglühens scheint um so niedriger zu liegen, je geringer der Zinkgehalt ist. So erhält das bis zu 420° erwärmte Rotkupfer dieselben Eigenschaften, als wenn es bei irgend welcher anderen, zwischen 420° und 900° belegenen Temperatur geglüht worden sei. Für die Legierung mit 30% Zinkgehalt treten die Eigenschaften ausgeglühten Metalls erst nach Erwärmung auf mehr als etwa 600° ein. Bei schwächerem Ausglühen erhält man grössere Bruchbelastung und schwächere Verlängerung (Streckung). Die Bruchbelastung betrug nämlich in Kilogramm: Glühtemperatur für Rotkupfer für 30% zinkhaltige Legier.     0° 30,0 49,5 200 30,8 51,2 280 30,5 46,5 420 22,1 34,0 500 22,2 34,0 500 22,7 30,0 600 22,2 27,5 650 22,2 27,5 730 22,2 29,3 780 22,0 28,7 800 20,6 28,7 850 22,0 27,5 900 20,8 940 21,3 Diese Konstanz der Eigenschaften, die beim Rotkupfer in die Augen fällt, wird bei gewissen Legierungen teilweise verhüllt durch auf fehlerhafte Barren zurückführbare Resultate; nichtsdestoweniger gelte allgemein, dass jeder Legierung eine Temperaturzone von verschiedener Erstreckung zukomme, innerhalb welcher ausgeführtes Ausglühen nicht nur eine Gleichheit der Bruchbelastung erzielt, sondern auch, und dies ist noch wesentlicher, Uebereinstimmung der Zugdiagramme. Endlich kommt es vor, dass bei den dem Schmelzpunkt benachbarten sehr hohen Temperaturen das Gesetz der Eigenschaftenabänderungen zu gelten aufhört; die Rissbelastung zwar nimmt auch weiterhin ab mit steigender Temperatur, aber die mit dieser bisher anwachsende Strekkung (Verlängerung) vermindert sich zu gleicher Zeit. Diese den Messingindustriellen wohl bekannte Erscheinung, bezeichnet man gewöhnlich als „Verbrennen“ des Metalls. Der Temperaturgrad, bei dem Verbrennen eintritt, ist je nach den verschiedenen Legierungen verschieden und lässt sich darüber kein. Gesetz aufstellen. Charpy neigt auf Grund seiner Beobachtungen der Meinung zu, dass dieser Temperaturgrad vom Betrage der Verunreinigungen, insbesondere an leicht schmelzbaren Metallen, wie Blei und Zinn, abhänge. So liessen die Legierungsproben der ersten Reihe, die aus sehr reinen Metallen hergestellt waren, die Erscheinung nicht erkennen, dagegen die aus Metallen des Handels dargestellten Legierungsproben der zweiten und dritten Reihe. Uebrigens tritt sie deutlicher auf in den an Zink reichen Legierungen, die sich schon bei grösserer Entfernung von ihrem Schmelzpunkte verschlechtern; es sind das eben auch diejenigen, welche die grösste Menge von Verunreinigungen enthalten, die bekanntlich fast ausschliesslich mit dem Zink einwandern. Endlich ist diese Erscheinung noch viel deutlicher bei den im Handel vorkommenden Messingsorten, selbst bei denen von bester Art. So erwähnt auch Pralon, dass das Messing für Patronen beim Ausglühen in 600° übersteigender Temperatur verbrenne, doch ist die Richtigkeit dieser Temperaturmessung anzuzweifeln und hat Charpy an eben solcher Legierung, die etwa 0,15 Zinn und 0,20 Blei enthielt, das Verbrennen erst oberhalb von 800° beobachtet, während bei der entsprechenden reinen Legierung aus der ersten Reihe der Probestücke die Streckung selbst bei 900° noch nicht abnahm. Doch sind diese Vergleiche nicht unbedingt massgebend, weil die Probestücke des Handelsmessings andere Dimensionen hatten. Die Skala der Ausglühtemperaturen kann also in vier Zonen eingeteilt werden, die den verschiedenen Abänderungen der von der Temperatur abhängigen Eigenschaften entsprechen; doch meint Charpy, dass die unterste (diejenige des Nichtausglühens) und die oberste Zone (die des Verbrennens) nicht sowohl von der Temperatur, sondern jene vom Zustande der Kaltbearbeitung und diese von den Beimengungen abhänge, und dass also nur zwei Zonen übrigbleiben zur Bestimmung des Abhängigkeitsverhältnisses der Eigenschaften vom chemischen Bestände. Für ganz reine Legierungen, die herzustellen unglücklicherweise fast unmöglich sei, würde das Gesetz des Ausglühens also folgendes sein: Geht man von dem Metall in bei gegebener Temperatur vollkommen durchgearbeitetem Zustande aus, d.h. wo es ohne jede Formveränderung bricht, und steigert allmählich die Temperatur, so erhält man zunächst eine schrittweise Minderung der Rissbelastung und eine entsprechende Vermehrung der Streckung (Verlängerung), dann werden oberhalb einer bestimmten Temperatur Belastung und Streckung konstant bleiben bis nahe zu dem Schmelzpunkte. Diese Zone des vollkommenen Ausglühens wird an Erstreckung allmählich einbüssen, je höher der Zinkgehalt steigt, wobei ihre untere Grenze steigt zugleich mit dem Sinken ihrer oberen, welches Sinken durch die eintretende Erniedrigung des Schmelzpunktes bedingt wird. Nur indem man die Legierungen in den an jedem Metall darstellbaren Zuständen der vollkommenen Durcharbeitung (des écrouissage complet) oder des vollkommenen Ausgeglühtseins miteinander vergleiche, vermöge man den Einfluss der Verschiedenheit des chemischen Bestandes zu ermitteln. Ersterer kann aber nur durch wiederholtes Drahtziehen erwirkt werden und ist also in den hier verwandten Probestücken nicht vorauszusetzen gewesen, hat überhaupt nur beschränktes praktisches Interesse; wie die Kompressionsversuche wahrscheinlich machen, würden mit Probestücken dieser Art ganz entsprechende Resultate erzielt werden, wie bei den Prüfungen mit vollkommen ausgeglühten Stücken. Charpy hat also nur letztere zu Vergleichen benutzen können. Aus der von Charpy gegebenen Tabelle mögen hier nur die für Legierungen der zweiten Reihe gefundenen Werte angeführt sein: Zinkgehaltder Legierung Rissbelastungin kg Streckungin % Striktion   0,0   21,84   31,61 0,66 10,1 24,1 36,0 0,56 18,4 26,8 41,4 0,53 30,2 28,9 56,7 0,57 40,4 38,4 35,2 0,58 49,7 10,0   2,0 0,97 Die Abänderungen treten also ziemlich regelmässig ein; geht man vom Rotkupfer aus, so wächst die Rissbelastung stetig, anfangs allerdings langsamer, dann von ungefähr 35% Zinkgehalt an schneller bis zu einem in Legierungen von etwa 45% Zinkgehalt vertretenen Maximum, von dem aus sie jäh fällt. Die Verlängerung oder Streckung wächst gleicherweise mit dem Zinkgehalte, bis letzterer etwa 30% beträgt und nimmt danach schnell ab. Die am Probestücke nach dem Reissen gemessene Verlängerung ist die Summe der proportionellen oder repartierten und der Striktionsverlängerung; misst man den mittleren Durchschnitt nach dem Reissen, so kann man die Grösse der proportionellen Streckung oder Verlängerung schätzen und aus der Differenz den Wert der Striktionsverlängerung berechnen; auf diese Weise fand Charpy für die vorstehend angeführten Legierungen eine Uebereinstimmung der Abänderungen von totaler Streckung (nach dem Reissen), proportioneller und Striktionsstreckung. Die bezüglich der Elastizitätsgrenze erzielten Ergebnisse sind keiner Bewertung in Zahlen fähig, jedoch kann man die Aenderung dieser Grösse dann schätzen, wenn man die Diagramme übereinanderlegt und die relativen Lagen der benachbarten Kurventeile prüft; man erkennt dann, dass die Elastizitätsgrenze oder vielmehr die zur Erzielung ein und derselben sehr kleinen Formänderung (Deformation) nötige Belastung ebenso wie die Zerreissbelastung mit dem Zinkgehalte steigt, sich jedoch nicht verringert, wenn letzterer 45% überschreitet. Die Druckversuche lieferten Diagramme, welche die Abänderung der Zerquetschung (écrasement) in Abhängigkeit von der Belastung zeigen; letztere betrug bis zu 1000, 2000 und 5500 kg; noch höhere anzuwenden erlaubte die Maschine nicht. Die dabei erhaltenen, auf die Ausglühtemperatur bezüglichen Ergebnisse stimmen ganz überein mit den bei den Zugversuchen erhaltenen. Da die Kompressionsdiagrammkurven der verschiedenen Legierungen übereinander gelegt sich schneiden, ist der Einfluss des chemischen Bestandes auf den Druckwiderstand sehr schwer zu bestimmen. Man findet, dass der Widerstand sich in dem Masse mindert, als der Zinkgehalt steigt, bei ungefähr 30% Zinkgehalt ein Minimum erreicht und dann schnell anwächst; demnach würde also der Druckwiderstand variieren ungefähr wie die Striktion und in umgekehrtem Sinne wie die Streckung (Verlängerung) bei Zug. Die folgende Tabelle gibt für Legierungen der zweiten Reihe von in erster Spalte angeführtem Zinkgehalte an die Belastung, die nötig ist, um eine Zerquetschung (écrasement) von 1 mm zu bewirken, weiter die durch eine Belastung von 1000 kg herbeigeführte Zerquetschungsgrösse und endlich die Streckung und die Striktion: Zinkgehalt Belastung Écrasement Streckung Striktion   0,0   800 kg 1,15 mm 31,6 0,66 10,1   700 1,25 36,0 0,56 18,4   650 1,30 41,4 0,53 30,2   610 1,35 56,7 0,57 40,4 1250 0,50 35,2 0,58 49,7 1260 0,50   2,0 0,97 Treibt man die Versuche weiter, so zeigen die Legierungen abweichendes Verhalten; die Belastung, die nötig wird, um ein 2,5 mm übersteigendes Écrasement zu bewirken, ist um so viel grösser, als der Zinkgehalt höher ist. Aber dann ist eben das Metall durch die vorhergehende Behandlung von neuem kaltbearbeitet (écroui) und die Wirkung des Ausglühens beginnt zu verschwinden; dasjenige, was man in diesem Falle misst, könnte man die Schnelligkeit des Écrouissage (der Kaltbearbeitung) nennen, d.h. die Geschwindigkeit, mit der sich der Widerstand durch ein und dieselbe Formänderung (déformation) steigert. Der Beweis, dass die Wirkung des Ausglühens zu weichen begonnen, ist darin zu erblicken, dass auch die höchste Belastung von 5500 kg kein stärkeres Écrasement hervorruft, gleichviel bei welcher Temperatur das Metallstück geglüht worden ist. Dies trifft indes nicht genau zu bei gar nicht ausgeglühter Legierung, woraus zu ersehen ist, dass diejenigen Temperaturen, welche nach den Zugversuchen von gar keinem Einfluss zu sein scheinen, in Wirklichkeit doch Wirkungen ausüben, die bei den Kompressionsversuchen zu Tage treten. Aus der Vergleichung der Kornpressionsdiagramme erkennt man weiter, dass eine gleiche Deformation eine um so bedeutendere Erhebung der Elastizitätsgrenze bewirkt und dass auch die zur Erzielung der höchsten Écrouissage nötige Deformation um so grösser ist, je mehr Zink das Metall enthält, wenigstens bis zu der Legierung von 30,2% Zink, da für diese und noch zinkreichere Legierung das Écrouissagemaximum nicht erzielt werden konnte. Penetrationsversuche. Diese wurden mit Probestücken der zweiten und dritten Reihe ausgeführt, die bei der für alle diese Legierungen innerhalb der Zone des vollkommenen Ausglühens gelegenen Temperatur von 700° geglüht waren. Mittels genügender Belastung liess man das Messer bis zu 1 mm und dann bis zu 2,5 mm Tiefe dringen. Das Ergebnis war, dass der Widerstand gegen das Eindringen mit dem Zinkgehalt wächst, zuerst langsam, von 30% Zinkgehalt an aber schnell; ein Maximum beobachtet man erst bei 50% Zinkgehalt, danach aber muss man mit der Prüfung aufhören, weil die Legierungen zu brüchig werden. Der Widerstand gegen Verdrängung ändert also in Abhängigkeit vom Zinkgehalt in derselben Weise ab, wie die Elastizitätsgrenze beim Zugversuche. Dieselben bei 700° ausgeglühten Legierungen wurden zu den Stauchungsversuchen (au choc) verwandt. Bruch trat da nur bei den Legierungen mit 49,7 und 44,7% Zinkgehalt ein; letztere brach beim siebenten Schlage, als der Biegungswinkel 78° betrug, während jene schon beim ersten Schlage zerbrach und ohne dass der Biegungswinkel unter 168° hinabging. Man kann also sagen, dass die Zerbrechlichkeit (fragilité) in der Praxis so lange nicht in Frage kommt, als der Zinkgehalt weniger als 43% beträgt; sie stellt sich erst mit 45% Zink ein und wächst dann schnell mit dem Zinkgehalte; die Legierungen mit mehr als 50% Zink zerbrechen bei geringster Erschütterung. Soweit sie messbar ist, variiert also die Zerbrechlichkeit mit der Striktion. Die Biegungsversuche durch Schlag (choc) geben gleicherweise Auskunft über eine andere Eigenschaft der Metalle, die Steifheit („raideur“), die man aus der Grösse des Winkels schätzen kann, den ein Schlag oder eine Anzahl von Schlägen hervorruft. Das Abänderungsverhalten dieser Eigenschaft als Funktion des Zinkgehaltes scheint ganz dasselbe zu sein wie dasjenige der Elastizitätsgrenze beim Zug; sie steigt stetig mit dem Zinkgehalte und zeigt noch keine Abnahme bei der Legierung von 50% Zinkgehalt, deren Zerbrechlichkeit weitere Prüfungen unmöglich macht. Ueberblickt man die erhaltenen Resultate, die die Abhängigkeit der Eigenschaften von der chemischen Zusammensetzung zeigen, so findet man bezüglich der allein gewerbliche Bedeutung besitzenden Legierungen von 0 bis 50% Zinkgehalt, dass zugleich mit dem von 0% an steigenden Zinkgehalte stetig anwachsen: die Elastizitätsgrenze bei Zugversuchen, der Widerstand gegen Penetration, die Steifheit oder „raideur“ (und die Geschwindigkeit des Eintritts des kaltbearbeiteten Zustandes), wobei eine Beschleunigung der Umänderung für die Legierungen von 30 bis 45% Zink erkennbar ist; ferner die Streckung oder Verlängerung bei Zug (die proportionale und die der Striktion), die aber nach einem in Legierungen von 30% Zink erreichten Maximum schnell wieder abnimmt; endlich der Widerstand gegen Zerreissung, der sein Maximum in Legierungen von etwa 45% Zink aufweist und dann jäh fällt; dagegen nehmen bei steigendem Zinkgehalte ab: Der Widerstand gegen Druck (Kompression) und die Striktion, die ihr Minimum in Legierungen von 30% Zink erreichen und danach anwachsen. Die Zerbrechlichkeit auf Schlag wird erst bei einem Zinkgehalte von 45% fühlbar und wächst dann in gleichem Masse wie die Striktion. Für gewerbliche Anwendungen ist zu empfehlen, den Zinkgehalt der Zerbrechlichkeit halber nicht über 43% zu steigern, ihn andererseits aber, schon der Kostspieligkeit halber, nicht unter 30% hinabzudrücken, zumal man da auch an Widerstand und Hämmerbarkeit verlieren würde. Lässt man den Zinkgehalt zwischen 30 und 43% variieren, so kann man eine ganze Reihe von Metallen mit verschieden abgestuften Eigenschaften erzielen, vom hämmerbarsten mit einem Zerreissungswiderstand von 27 bis 28 kg und einer 60% erreichenden Streckung bis zum zähesten von 37 bis 38 kg Widerstand und mehr als 40% Streckung, wobei nur der Zustand vollkommenen Ausgeglühtseins in Betracht gezogen ist; bei sorgfältiger Anwendung der Kaltbearbeitung und des Ausglühens werde man, meint Charpy, den Widerstand noch bis auf ungefähr 60 kg für Barren und Bleche, aber noch viel höher für Draht steigern können. Mikroskopische Strukturverhältnisse. Bei ihrer Erforschung hat Charpy ausser seiner eigenen obenerwähnten Abhandlung nur die Vorarbeiten von G. Guillemin und H. Behrens zu berücksichtigen gehabt; erstere sind, anscheinend absichtlich, nicht ausführlich genug gehalten und an Behrens'H. Behrens, Das mikroskopische Gefüge der Metalle und Legierungen, Leipzig 1894. Ermittelungen hat Charpy auszusetzen, dass dieser zumeist nur Gussstücke beobachtet habe, und zwar viele in der Praxis gewonnene Erfahrungen mitteile, jedoch ohne weitergehende Schlussfolgerungen zu ziehen; auch biete er keine photographischen Strukturbilder, auf die Charpy grosses Gewicht legt und für die in diesem Falle die angewandten, nur 30- bezw. 10fachen Vergrösserungen vollkommen genügen. Um das Strukturbild deutlich hervortreten zu lassen, ist der Gebrauch eines möglichst langsam wirkenden Aetzmittels unbedingt nötig; als solches verwendet Charpy bei den nicht mehr als 50% Zink haltigen Legierungen (auf reines Rotkupfer lässt er Ammoniaklauge 2 Stunden lang einwirken) 10%ige Schwefelsäure als Elektrolytflüssigkeit eines Daniell-Elements, in dem der Zinkstreifen durch das (mindestens 1/4 Stunde lang) zu ätzende Plättchen der Legierung ersetzt wurde. Die mikroskopische Prüfung gibt Grund genug, die Kupfer-Zinklegierungen in eine bestimmte Anzahl (drei) von Kategorien zu gliedern, deren erste die Legierungen von 0 bis 35% Zink umfasst. Nach der Schmelzung sind diese in ihrer Struktur gekennzeichnet als Haufwerke langer gerader, tannenbaumähnlicher Nadeln mit rechtwinkligen Verästelungen, deren Zuspitzungen nicht regelmässig genug ausgebildet sind, um ihre Winkel bestimmen zu können. Die Dimensionen dieser dendritischen Krystalliten hängen von der Geschwindigkeit der Erstarrung ab; je langsamer diese eintritt, desto besser sind die Krystalliten entwickelt; deshalb kann man die Korngrösse erhöhen, wenn man bei hoher Temperatur und in erwärmte Formen giesst oder nur langsam erkaltet, dagegen sehr feines Korn erzielen, wenn man bei niedriger Temperatur in Metallformen giesst; in diesem Falle besitzt das Metall grössere Widerstandskraft als in jenem. Glüht man nun die Stücke, so entwickeln sich Krystallformen und werden diese deutlicher bei hoher Ausglühtemperatur; es entstehen da Krystalle mit vollkommen geradlinigen Kanten, die um so bedeutendere Dimensionen erlangen, je höher die Ausglühtemperatur gewählt ist, und die schliesslich die ganze Masse ausmachen. Unterwirft man die Metalle einer Kaltbearbeitung durch Strecken, Walzen u.a., so deformiert man schrittweise die Krystalle, die schliesslich vollständig verschwinden, und erhält eine fein gekörnte Oberfläche von homogenem Eindrucke; bei noch nicht zu starker Durcharbeitung erkennt man an den deformierten Krystallen annähernd die ausgestandene Deformation; unterwirft man noch ungeglühtes, aus Krystallitenhaufwerk bestehendes Metall der Bearbeitung in gleichbleibendem Sinne, so resultiert eine nach dieser Richtung, z.B. dem Walzen, gestreifte Struktur. Glüht man bearbeitetes Metall wiederum, so stellt man die bei der Deformation zerbrochenen Krystalle wieder her. Doch besitzen nur die Temperaturgrade aus der Zone des vollkommenen Ausglühens hierzu genügende Kraft und scheinen die Dimensionen der Krystalle hauptsächlich von der Maximaltemperatur abzuhängen, bei der das Glühen ausgeführt wurde, und nicht von der Dauer des letzteren. Irgend welche Unterschiede der Strukturbilder gleichbehandelter Stücke der verschiedenen, weniger als 35% Zink enthaltenden Legierungen gibt es nicht. Bei sehr hohen Temperaturen bewahren die Krystalle ihre Form, gewinnen jedoch eine grössere Entwickelung; hierdurch wird ihre Form nach Charpy deutlich erkennbar: es sind Oktaeder in zahlreicher (lamellarer) Zwillingsbildung. (Die Photographien lassen dies nicht erkennen und machen im Gegenteil diese Bestimmung zweifelhaft; isometrisch körniger Typus ist zwar deutlich, die Viellingskrystalle erscheinen jedoch zumeist durch Berührungsflächen in ihrer Form bedingt. D. Berichterstatter.) Die Aetzung des Metalls legt im Relief erscheinende Krystalle bloss, deren Flächen man sich erhellen und verdunkeln sieht, je nach dem wechselnden Lichtauffallwinkel bei der mikroskopischen Beobachtung. Da das Metall durchaus krystallinisch ist und keine amorphe Grundmasse enthält, entsprechen die beim Aetzen erhaltenen (und photographierten) Flächen nur Aetzfiguren. Stärkere Vergrösserungen geben keine weiteren Aufschlüsse. Da diese Krystalle die ganze Masse sowohl aller, weniger als 35% Zink haltigen Legierungen, als auch, der Ammoniakätzung zufolge, die des reinen Rotkupfers bilden, glaubt Charpy nicht, dass sie nur einem einzigen chemischen Körper von bestimmter Zusammensetzung aus Kupfer und Zink entsprechen, sondern betrachtet sie als eine dem Kupfer isomorphe Mischungsreihe (von Kupfer und einer bestimmten Kupfer-Zinkverbindung). Die Legierungen von 35 bis 45% Zinkgehalt bilden die zweite Kategorie. In geschmolzenen Stücken unterscheiden sie sich von denen der ersten Kategorie durch die gebogene Form der dicht und vollständig ineinander gewirrten Krystalliten; wie bei jenen lässt sich auch ihr Korn durch die Umstände beim Giessen beeinflussen. Beim Ausglühen tritt keine Krystallisation ein und wird das Strukturbild des Metalls nicht erkennbar abgeändert. Aetzung scheint hier eine amorphe Grundmasse (Magma, Basis) aufzulösen und lässt im Relief schlecht ausgebildete und im allgemeinen von gebogenen Linien begrenzte Krystalle hervortreten. Diese Krystalle scheinen hämmerbar zu sein und brechen schwierig bei der Kaltbearbeitung. Auch das kaltbearbeitete Metall zeigt eine nur wenig von der des gegossenen oder ausgeglühten verschiedene Struktur, ausser wenn die Bearbeitung zu weit getrieben ist, in welchem Falle sich gekörnte Struktur von homogener Erscheinung einstellt. Die dritte Kategorie umfasst alle Legierungen von mehr als 45% Zinkgehalt. Hier finden sich keine nadelförmigen Krystallite. Die geätzte Oberfläche macht den Eindruck eines Mosaiks aus sechseckig begrenzten Metallbruchstücken, welche da verschiedene Färbung annehmen. Anscheinend beginnt die Erstarrung ziemlich gleichzeitig an einer grossen Anzahl fast gleichförmig durch die Masse verteilter Punkte und entwickelt sich um jeden derselben ein augenscheinlich homogener fester Kern. In der gegenseitigen Berührung grenzen sich diese Kerne natürlich durch Flächen ab, deren ebene Durchschnitte sechseckig sind. In sehr grossen Massen und Spezialformen gegossen stellen sich die verlängerten sechseckigen Platten senkrecht zur Erkaltungsfläche. Bei sehr hohem Zinkgehalte entwickeln sich im Inneren der grossen Platten kleine Krystalle. Diese Legierungen sind kalt kaum bearbeitbar. Legierungen mit ungefähr 33% Kupfer und 67% Zink, die also der bestimmten Verbindung CuZn2 entsprechen, zeigen Glasbruch, auf dem Aetzung die Struktur nicht deutlich enthüllt. Bei noch höherem Zinkgehalte ist das überschüssige Zinn leicht durch warme Kalilauge ausziehbar, die in die Metalloberfläche feine, Parallelogramme bildende Streifen gräbt. Endlich bei noch weiter gesteigertem Zinkgehalte lässt die Kalilauge immer zahlreichere und grösstere Krystalle hervortreten, die wahrscheinlich Zinkkrystallen entsprechen, welche von der Verbindung CuZn, umhüllt sind (in einem in Compt. rend. enthaltenen Auszuge gibt der Verfasser, und zwar wohl richtiger, das Verhältnis umgekehrt an, dass also Zink die Umhüllung bilde; vgl. auch w. u.). Verbranntes Messing. Mittels des Mikroskops erkennt man auch, ob das Metall verbrannt ist. Sobald die Ausglühtemperatur so hoch steigt, dass die mechanischen Eigenschaften des Metalls sich abzuändern beginnen, sieht man in diesem Stichlöcher oder „Stiche“ auftreten, welche Gasbläschen gleichen. Diese „Stiche“ werden mit steigender Temperatur immer zahlreicher und entstehen zu gleicher Zeit um die Krystalle herum wahre Spalten, die schliesslich ein zusammenhängendes Netz bilden; alsdann ist das Metall vollkommen verdorben. Es hat den Anschein, als ob sich um die Krystalle eine wenig schmelzbare Legierung bilde, die überhaupt entstehen wird, wenn Spuren von Blei und Zinn zugegen sind, und dass diese Legierung, in den flüssigen Zustand übergeführt, die Krystalle schrittweis auflöse und verzehre. Bei dem Messing des Handels, das schätzbare Mengen von Blei und Zinn enthält, tritt die Verderbnis des Metalls viel schlimmer und schon bei weniger hohen Temperaturen auf, als bei den aus möglichst reinen Metallen hergestellten Legierungen. Uebergangsformen. Die Kupfer-Zinklegierungen zeigen je nach ihrer Zusammensetzung verschiedene Strukturen; es ist nun jedenfalls interessant, zu untersuchen, ob diese Formen schrittweise abändern in dem Masse, wie die Zusammensetzung wechselt. Charpy erklärt, dass er an den von ihm untersuchten Legierungen keine deutlichen Uebergangsformen beobachtet habe: bei nur 2% betragendem Bestandswechsel gelange man unvermittelt von einem Strukturtypus zum anderen; einzig lasse sich angeben, dass in sehr zinkreichen Legierungen der ersten Kategorie die Krystalle weniger vollkommen sind, und um dieselben herum ein nicht krystallisierter Rest zu existieren scheint, dass ferner in denjenigen Legierungen der zweiten Kategorie, deren Zinkgehalt nahezu 45% Zink beträgt, die Krystalle Gruppen von im allgemeinen übereinstimmender Gestalt bilden, wie solche die gleichförmigen Platten der Legierungen mit mehr als 45% Zink aufweisen. Sucht man den Uebergang einer Strukturform in die andere genau zu bestimmen, so sind Legierungen zu betrachten, deren Zusammensetzung streng die Grenze einhält, welche zwei Kategorien trennt; innerhalb dieser Legierungen treten aber geringe Saigerungen auf und erhält man so in benachbarten Regionen derselben Strukturen, welche verschiedenen Kategorien entsprechen. Beziehung der Struktur zu den anderen Eigenschaften. Die Prüfung der Metallstruktur scheint die Existenz einer bestimmten chemischen Verbindung CuZn, (von 32,8 Kupfer und 67,2 Zink) zu bestätigen, die durch verschiedene Forschungen über physikalische Eigenschaften angezeigt war. Diese Verbindung hat glasigen Bruch und scheint vollkommen homogen, auch beeinflusst das Beizen mit Säuren oder mit Kalilauge nicht merklich ihr Aussehen. Im Gegenteil, wenn man den Zinkgehalt steigert, scheint es, dass Zink im freien Zustande zugegen sei und sich leicht in Kalilauge löse. Steigert man dagegen den Kupfergehalt, so enthüllt Salpetersäureätzung die Gegenwart kleiner Krystalle. Gleicherweise scheint nach der mikroskopischen Untersuchung die Existenz einer bestimmten Verbindung Cu2Zn (von 65,5 Kupfer und 34,5 Zink) anzunehmen zu sein, welche die Grenze zwischen den Legierungen erster und zweiter Kategorie bezeichnet und die völlige Uebereinstimmung der Strukturen bei den Legierungen von weniger als 35% Zinkgehalt bequem dahin deuten lässt, dass man erklärt, sie seien von isomorphen Mischungen von Kupfer und der Verbindung Cu2Zn gebildet. Gerade in der Umgebung dieses Zusammensetzungsverhältnisses stellt sich überdies eine Störung in der Abänderungsreihe der Dichten (nach den Arbeiten von Riche und von Thurston) ein und eine Modifikation der Farbe der Legierungen. Die Struktur der Legierung wird nicht enthüllt im Bruche; in den grobkrystallinischen Legierungen der ersten Kategorie tritt die Zerreissung im Inneren der Krystalle ein und erscheint da der Bruch seidenartig, also für ein sehr feinkörniges Metall zu sprechen. Der Bruch ist nur krystallinisch, wenn die Legierung durch die Nebeneinanderlagerung schlecht miteinander verlöteter Metallfragmente gebildet wird, was bei Legierungen der dritten Kategorie vorkommt. Der Bruch zeigt nur die Flächen geringsten Widerstandes an und eignet sich deshalb nicht zur Erkennung der Metallstruktur, wozu man ihn leider allgemein benutzt. Daher rühre auch die allgemein verbreitete Meinung, dass die Metalle von krystallinischer Struktur zerbrechlich, spröd und wenig hämmerbar seien, nichtiger müsse man sagen, dass diese Fehler bei Metallen auftreten, deren Struktur im Bruch krystallinisch erscheine, was bei Messing nur von den Legierungen der dritten Kategorie und den verbrannten Metallen gilt. Dagegen kann sehr wohl der Fall eintreten, dass krystallinische Struktur einem sehr hämmerbaren Metalle zukommt, falls die Krystalle fest miteinander verbunden sind und der Riss nicht ihren Aneinanderlagerungsflächen folgt. Dies tritt bei den geglühten Legierungen erster Kategorie ein, von denen einige mehr als 60% Streckungsvermögen besitzen, obwohl sie Krystalle von manchmal 1 mm Grösse einschliessen. Viel besser ist die Struktur erkennbar auf der Oberfläche von deformierten Barren; unter dem Mikroskop und nach Beginn der Deformation erkennt man da die schrittweise deformierten Bestandteile. Ein poliertes und einer sehr leichten Streckung unterworfenes Stück Messing bietet das Aussehen, als ob es chemisch gebeizt worden wäre; nach Charpy's Meinung würde diese Art der Präparation in Rücksicht auf die Praxis nützliche Angaben liefern, weil sie den Widerstand und die relative Formänderungsfähigkeit der verschiedenen Metallbestandteile zu schätzen gestattet. Aus der Struktur lassen sich einige von mechanischen Versuchen gelieferte Resultate erläutern, insbesondere folgendes: man weiss, dass die an Kupfer reichen Messingsorten grosse Hämmerbarkeit in der Kälte besitzen, erhitzt aber sehr zerbrechlich und brüchig sind, dagegen die an Zink reicheren Messingsorten sich in der Hitze schmiedbar zeigen. Dieser Unterschied entspricht zwei aus der Struktur abgeleiteten Kategorien. In den krystallinischen Messingsorten der ersten Kategorie kommen nämlich die Verunreinigungen auf die Krystallfugen zu liegen und, da sie im allgemeinen von leicht schmelzbaren Metallen gestellt werden, wird eine geringe Temperaturerhöhung genügen, um jeden Zusammenhalt verschwinden zu machen. In den Messingsorten der zweiten Kategorie dagegen, wo die Krystalle sich nie dicht aneinander schliessen, sondern in eine gewisse Menge von amorphem Magma eingehüllt sind, kann diese Wirkung nicht eintreten. Wie dem aber auch sei, Thatsache ist, dass die krystallinische Struktur der ersten Kategorie den kalt hämmerbaren Legierungen zukommt, während die Struktur zweiter Kategorie den schmiedbaren Messingsorten eigen ist. Also gelangt man zu der in Rücksicht auf die Praxis wichtigen Schlussfolgerung, dass man nach der mikroskopischen Struktur die Legierungen in drei durch die mechanischen Eigenschaften gut genug gekennzeichnete Kategorien einteilen kann, von denen die erste den in der Kälte gut hämmerbaren Legierungen, die zweite denjenigen von grossem Widerstände entspricht, die zwar weniger hämmerbar in der Kälte sind als jene, dafür aber heiss schmiedbar werden, während die dritte Kategorie die sehr verschiedenartigen Legierungen umfasst, deren gemeinsames Kennzeichen die Zerbrechlichkeit ist; das genügt, um sie von gewerblicher Verwendung auszuschliessen. Auch erlaubt die Untersuchung der Struktur annäherungsweise zu bestimmen, welcher Bearbeitung eine Legierung unterworfen gewesen ist, was insbesondere bei den Legierungen der ersten Kategorie erkennbar wird. So kann man, wenn das Metall gegossen war, aus den Korngrössen ungefähr die Umstände erfahren, ob das bei hoher oder niedriger Temperatur, ob in Sandform oder Coquille geschah; ferner kann man bestimmen, ob es kalt bearbeitet worden, ob es bei einer mehr oder weniger hohen Temperatur ausgeglüht worden, endlich ob es verbrannt ist. Die Untersuchung der Struktur wird vielleicht noch andere Auskünfte liefern können; thatsächlich erscheint sie schon jetzt von Nutzen, nicht um die chemische Analyse zu verdrängen, sondern um die von dieser gelieferten Angaben in den Richtungen zu ergänzen, in denen sie versagt. O. L.