Titel: Der Norddeutsche Lloyd und sein Doppelschraubenschnelldampfer „Kaiser Wilhelm der Grosse“.
Fundstelle: Band 315, Jahrgang 1900, S. 53
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Der Norddeutsche Lloyd und sein Doppelschraubenschnelldampfer „Kaiser Wilhelm der Grosse“. (Fortsetzung von S. 39 d. Bd.) Der Norddeutsche Lloyd und sein Doppelschraubenschnelldampfer „Kaiser Wilhelm der Grosse“. Die beiden Kolbenschieber des Mitteldruckcylinders sind mittels eines Querbalkens an einem -förmigen Glitscher befestigt, welchen die Exzenterstangen in einer von dem Schieberkasten herabhängenden Führung auf und nieder bewegen, wie aus Fig. 34 bis 36 ersichtlich. Textabbildung Bd. 315, S. 53 Abgewickelter Kurbelkreis. a Hochdruckcylinder; b Mitteldruckcylinder; c Niederdruckcylinder vorne; d Niederdruckcylinder hinten; e Hochdruckkurbel; f Mitteldruckkurbel; g Niederdruckkurbel vorne; h Niederdruckkurbel hinten; i Zusammengesetzte Momentenkurve; k Minimalmoment. Die Dampfkolben sind von Gussstahl und so angeordnet, dass sie in der oberen Stellung 10 mm, in der unteren 20 mm Spielraum für den Dampfeintritt zulassen. Hoch- und Mitteldruckcylinder haben Ramsbottom's, die beiden Niederdruckcylinder Buckley's Kolbenringe. Der Kolben des Mitteldruckcylinders, sowie derjenige des vorderen Niederdruckcylinders sind zwecks Ausgleichung der beweglichen Massen entsprechend schwerer gehalten (Fig. 33).Die durchgehenden stählernen Kolbenstangen haben nach oben 190 mm Führungsdurchmesser, während die eigentlichen Stangen 250 mm Durchmesser haben; in den unteren Stopfbüchsen kommt Weissmetallpackung, in den oberen Führungsbüchsen Lindsay's Packung zur Verwendung. Wie im Kolben selbst, so sind die Kolbenstangen auch im Kreuzkopf durch Kegelansatz und Mutter befestigt. Die Kreuzköpfe haben entsprechend der Abstützung vier gusseiserne, mit Weissmetall ausgegossene Schuhe, die in vier Führungen gleiten. Die Pleuelstangen sind 3500 mm lang – entsprechend einem Verhältnis von Pleuelstange zum Hub = 2 : 1 –, dabei haben dieselben oben 240 mm Durchmesser, unten dagegen 300 mm. Wie die Fig. 42 und 43 zeigen, ist die Ausgleichung der Gewichte in ausgezeichneter Weise gelungen, da I die Mittelkraft aller Trägheitskräfte = 0 wird, und II die Summe der Momente dieser Kräfte in jeder Stellung der Kurbeln ebenfalls = 0 wird. Textabbildung Bd. 315, S. 54 Cylinderschnitte und Einzelteile der Hauptdampfmaschine. In Fig. 42 sind die Kurven für die Beschleunigungsdrücke in auf- und abgehender Richtung für alle beweglichenbewegichen Teile eingezeichnet, ebenso die Summenkurven. DieGleichheit der Ordinaten für jeden Winkel in der positiven und negativen Arbeit zeigt, dass keine Kraft unausgeglichen blieb und dadurch im stände wäre, die Maschine auf und nieder zu bewegen. In Fig. 43 zeigen die unregelmässigen Linien die Summe der Momente, die sich ebenfalls gegeneinander aufheben und die damit bezeugen, dass alle Kräfte ausgeglichen sind, die im stände wären, Erschütterungen zu verursachen; ausgenommen bleiben freilich diejenigen, welche durch die beschränkte Länge der Kurbelstange bedungen sind, die man aber als unvermeidbar und dazu nahezu unbemerkbar in Kauf zu nehmen hat. Textabbildung Bd. 315, S. 55 Fig. 42.Trägheitskräfte. Abgewickelter Kurbelkreis. Trägheitskräfte Tonnen. I Hochdruckcylinder; II Mitteldruckcylinder; III Vorderer Niederdruckcylinder; IV Hinterer Niederdruckcylinder; V Schieberresultante in Ebene des Hochdruckcylinders; VI Schieberresultante in Ebene des hinteren Niederdruckcylinders; a Positive; b negative Resultante. Die Kurbelwelle ist von Nickelstahl, 600 mm im Durchmesser, mit einer Durchbohrung von 240 mm. Für die Kurbelzapfen sind Gussstahllagerschalen vorgesehen, während die Hauptlager der Welle solche in Gusseisen erhielten, alle Lagerschalen sind mit Weissmetall ausgegossen. Die Länge ist zwischen 875 mm bis zu 585 mm voneinander abweichend. Textabbildung Bd. 315, S. 55 Fig. 43.Abhebemomente. Trägheitskräfte Tonnen. Abgewickelter Kurbelkreis. I Hochdruckcylinder; II Mitteldruckcylinder; III Vorderer Niederdruckcylinder; a Positive; b negative Resultante. Die Grundplatten sind von Gusseisen und haben eine Stärke von 32 mm, während die vier Säulen unter jedem Cylinder in Gussstahl hergestellt sind. Diese Anordnung der Stützen soll jetzt beim „Vulkan“ an allen Maschinen mit grossen Cylindern der besseren Abstützung halber beibehalten werden; die Kriegsmarine verlangt Gussstahlgrundplatten mit je zwei Gussstahlsäulen von -Form mit einer Führungsplatte zwischen sich aufder hinteren Seite und zwei hohlen runden Stahlsäulen auf der vorderen Seite, wobei von der gebräuchlichen Anordnung des Kondensators in den hinteren Stützen Abstand genommen ist, derselbe wird vielmehr ganz in Kupfer und in getrennter Anordnung ausgeführt. Die Prüfung des Gussstahls ergab eine Festigkeit von 48 bis 55 kg/qmm bei 18 % Dehnung auf einen 198 mm langen Probestab. Die vier Kurbeln, von welchen jede für sich hergestellt ist, so dass also die Gesamtkurbelwelle aus vier Teilen zusammengeflanscht ist, wiegen 83000 kg, und sei noch erwähnt, dass die beiden Endkurbeln – also die des Hochdruckcylinders, sowie diejenige des hinteren Niederdruckcylinders – mit Ausgleichgewichten versehen sind. Wir geben in Fig. 44 und 45 die Verdrehungsmomente jeder der vier Kurbeln auf die Schraubenwelle, deren Grösse mit dem Umdrehungswinkel steigt und fällt. Das Verdrehungsmoment jeder einzelnen Kurbel setzt sich zusammen aus: 1. Dem Dampfdruck auf den Kolben – abzüglich des Gegendruckes in der jedesmaligen Arbeitsrichtung und Winkelstellung, entnommen aus einer Reihe von Indikatorablesungen – Kurve I. 2. Dem Beschleunigungs- bezw. Verzögerungsdruck der beweglichen Massen, deren Einfluss die Kurve II – Dampfdruck + Beschleunigungs- bezw. Verzögerungsdruck der beweglichen Massen – ergibt. 3. Dem Beschleunigungs- bezw. Verzögerungsdruck der Schwerkraft in den beweglichen Massen, deren Grösse, der Kurve II hinzugefügt oder von derselben abgezogen, schliesslich die Kurve III – wirklicher Dampfdruck + Beschleunigungs- bezw. Verzögerungsdruck der beweglichen Massen + Beschleunigungs- bezw. Verzögerungsdruck der Schwerkraft in den beweglichen Massen in senkrechter Richtung – ergibt. Aus dieser Kurve III ergibt sich jetzt die Kurve der Verdrehungsmomente jeder Kurbel, und die Verbindung aller vier Kurven der einzelnen Kurbeln unter Berücksichtigung ihrer Stellung im Kurbelkreis gibt uns dann die auf den Wellenstrang ausgeübten Gesamtverdrehungsmomente. Unter Zugrundlegung des aus der indizierten Leistung der Maschine (14690 PS) berechneten mittleren Verdrehungsmoments von 18500000 kg/cm ergibt sich das Höchstmoment um 1,19mal grösser als das berechnete mittlere Moment, das Mindestmoment um 1,5mal kleiner als letzteres. Bisher galt bei 3 und 4 Kurbelmaschinen als Regel: Höchstmoment um 1,3 bis 1,5mal grösser als berechnetes mittleres Moment. Mindestmoment etwa die Hälfte des Höchstmoments. Der Drucklagerstrang ist 5000 mm lang und hat 570 mm Durchmesser. Die neun Druckringe haben eine Gesamtdruckfläche von 32000 qcm. Die Ringe sind hohl und haben eine Metallstärke von 25 mm. Das Drucklager selbst ist unmittelbar auf die für diesen Zweck verlängerte Grundplatte befestigt. Die eigentlichen Wellenstränge (Fig. 46) haben ebenfalls 570 mm Durchmesser und sind mit 240 mm durchbohrt. Die Gesamtlänge beträgt auf Steuerbord 59780 mm, auf Backbord 60680 mm. Es ist also ein Längenunterschied von 900 mm vorhanden, um welchen der Backbordstrang über den Steuerbordstrang hinausragt. Die Einzellängen in den Wellensträngen betragen je 6630 mm. Die eigentlichen Schraubenwellen haben 14300 mm Länge auf Steuerbord und 15200 mm auf Backbord – je in einer Länge – bei 600 mm Durchmesser; die Durchbohrung beginnt mit 230 mm am vorderen Ende und verjüngt sich Textabbildung Bd. 315, S. 56 Fig. 46.Schraubenwellenanordnung. Textabbildung Bd. 315, S. 56 Schraube. Textabbildung Bd. 315, S. 56 Fig. 58.Luftpumpe System Blake. in Absätzen von etwa 2000 mm auf 100 mm am äussersten Ende. Textabbildung Bd. 315, S. 57 Schraube. Die Entfernung der Wellenmitten am äussersten Ende beträgt je 3300 aus Mitte Schiff, während dieselbe am hinteren Ende des Drucklagers im Maschinenraum 3107,3 mm beträgt. Die beiden Schrauben haben je drei Flügel mit 6800 mm Durchmesser über den Enden (Fig. 47 bis 53); bei einer Entfernung von 6600 mm von Mitte zu Mitte Schraube greifen dieselben also 200 mm übereinander weg. Die Steigung beträgt 1 m, die Oberfläche beider Schrauben zusammen 22,7 qm. Die Schraubennaben sind von Gussstahl, die Flügel aus Vulkanbronze, deren Mischung in Kupfer und Zink mit etwas Zusatz von Aluminium und Zinn besteht und deren Probestücke eine Festigkeit von 42 bis 46 kg/qmmbei einer Dehnung von 20 bis 25 % an dem 198 mm langen Probestab aufwiesen. Textabbildung Bd. 315, S. 57 Anordnung der Schraubenwellen. Das Schiff ist derart um die Schraubenwellen herum ausgebaut, dass dieselben bis an die Tragböcke, welche am Hintersteven befestigt sind (Fig. 54 und 55), vollständig zugänglich im Inneren des Schiffes liegen. Von den Hilfsmaschinen, welche mit den Hauptmaschinen in Verbindung stehen, verdient in erster Linie Brown's Umsteuermaschine, welche mit dem Aspinall-Regulator verbunden ist, Erwähnung. Der Luftpumpenbetrieb ist vollständig von der Arbeit der Hauptmaschine getrennt, eine Anordnung, die in Amerika schon seit langem eingeführt ist, und sind Luftpumpen nach Blake's System zur Anwendung gekommen – je eine für jede Maschinenseite –, dieselben haben je zwei doppelt wirkende Dampfcylinder von 460 mm Durchmesser und je zwei einfach wirkende Luftpumpencylinder von 1120 mm Durchmesser. Bei einer Prüfung dieser Pumpen in den Werkstätten der Blake-Gesellschaft in East Cambridge, Massachusetts, sollen dieselben, obgleich ohne Verankerung auf den Fussboden gesetzt, bei 75 Doppelhüben in der Minute so ruhig gearbeitet haben, wie mit nur einem Doppelhub; wir geben eine Abbildung dieser Pumpen in Fig. 56 und 57, sowie in Mg. 58. Textabbildung Bd. 315, S. 58 Luftpumpe System Blake. Der Querbalken, welcher mit den Kolbenstangen der Pumpen fest verbunden ist, treibt von einer exzentrisch an ihn angehängten Kurbelstange aus den Schieber eines horizontalen Dampfcylinders, welcher zwischen den Hauptdampfcylindern liegt. Dieser so betriebene Kolben treibt mittels einer Reihe im Inneren angeordneter Hebel die Schieber der beiden Hauptcylinder. Die Stellringe an der Schieberstange dieser Reguliermaschine dienen dazu, den vollen Hub unter jeder Geschwindigkeit einzuhalten, während in geeigneter Weise angeordnete Spindelventile die Verteilung der Arbeit regulieren und ein Festsetzen der Grundschieber verhindern. Diese Anordnung unterscheidet sich von dem sogen. Duplex-System, bei welchem eine Pumpmaschine die Dampfschieber der nebenliegenden betreibt, sie arbeitet aber regelmässiger und wirkungsvoller. Der Kondensator, dem diese Pumpanlage Luft und Wasser entnimmt und in den bei Beschreibung der Kesselanlage erwähnten Heisswasserbehälter treibt, ist in Fig. 59bis 74 abgebildet. Die Gesamtanordnung ist aus Fig. 75 bis 78 ersichtlich. Der Körper ist aus Kupfer hergestellt. Die Rohrwände haben eine Stärke von 25 mm und hat jeder Kondensator 5530 Metallrohre von 20 mm innerem Durchmesser und 5000 mm Länge zwischen den Rohrwänden, so dass die Gesamtkühlfläche eines Kondensators 1650 qm beträgt. Da die Kondensatoren unterhalb der Ladewasserlinie liegen, so sind die Ausgussrohre mit besonderen Abschlussventilen versehen. Die Wasserumlaufpumpen – ebenfalls in Fig. 79 bis 81 zur Darstellung gebracht –, haben eine Verbundmaschine von 280 mm und 500 mm Cylinderdurchmesser bei 300 mm Hub. Jedoch kann auch zum Niederdruckcylinder Frischdampf gelassen werden. Die beiden Kreisel haben 1200 mm äusseren Durchmesser. Die Pumpen sind für eine Stundenleistung von 800 t gebaut. Eine kleine Dampfmaschine mit der nötigen Vorrichtung, um die Hauptmaschinen samt Wellen zu drehen, ist für jede Maschinengruppe vorgesehen und in Fig. 82 und 83 dargestellt. Jede Maschine hat zwei Cylinder von 200 mm Durchmesser bei 200 mm Hub; die Dampfverteilung bewirken zwei Kolbenschieber und ein auf der Kurbelwelle sitzendes Exzenter, sie können vor- und rückwärts laufen und bewirken in 13 Minuten eine Umdrehung der Hauptmaschine, indem sie mit etwa 300 Umdrehungen in der Minute auf ein Schneckenrad wirken. (Schluss folgt.) Textabbildung Bd. 315, S. 59 Oberflächenkondensator. Textabbildung Bd. 315, S. 60 Anordnung der Kondensation.