Titel: Der Norddeutsche Lloyd und sein Doppelschraubenschnelldampfer „Kaiser Wilhelm der Grosse“.
Fundstelle: Band 315, Jahrgang 1900, S. 71
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Der Norddeutsche Lloyd und sein Doppelschraubenschnelldampfer „Kaiser Wilhelm der Grosse“. (Schluss von S. 53 d. Bd.) Der Norddeutsche Lloyd und sein Doppelschraubenschnelldampfer „Kaiser Wilhelm der Grosse“. Von den weiteren Hilfsmaschinen verdienen vor allen diejenigen Erwähnung, welche zur Sicherheit des Schiffes unerlässlich sind: 1. Die Dampf Steuermaschine, von welcher wir in Fig. 84 und 85 Abbildungen bringen. Dieselbe ist hergestellt von Brown Brothers und Co., Edinburg, und hat das 17 t schwere Steuerruder zu bewegen. Da von der Reichsmarinebehörde in Anbetracht der Verwendung des „Kaiser Wilhelm der Grosse“ als Kauffahrteikreuzer verlangt war, dass die Steuermaschine vollständig unter der Ladewasserlinie zu lagern sei, so erschien die obige Steuermaschine am geeignetsten. Die Steuermaschine ist vollständig auf dem Ruderarm gelagert, welcher an seinem vorderen Ende zu einer mit Führungslagern versehenen Gabel ausgebildet ist, die ein Stahltrieb von etwa 460 mm Teilkreisdurchmesser zwischen sich aufnimmt, mit welchem wiederum ein Schneckenrad durch eine sich im Inneren ausdehnende Reibungskuppelung mit Federausrückung verbunden ist; der Triebseinerseits greift in ein Zahnsegment mit etwa 5,5 m Teilkreisradius, welches mit dem Deck fest verschraubt ist. Textabbildung Bd. 315, S. 71 Fig. 84. a Ruderarm; b Umsteuerventil; c Dampfbrauch; d Auspuffbrauch; e Motorcylinder. Textabbildung Bd. 315, S. 71 Fig. 85. Dampfsteuermaschine. a Ruderarm; b Hauptsteuermaschine. Die Maschine empfängt nun ihren Dampf durch eine Doppelstopfbüchse, welche über der Achse des Ruderarms angeordnet ist, und bläst ihn in derselben Weise aus. Die Cylinder haben Kolbenschieber und die Umsteuerung wird mittels dieser durch den Wechsel der Richtung des Dampfeintritts in die Cylinder bewirkt. Durch die auf der Kurbelachse sitzende Schnecke wird das mit dem Trieb in der Gabel verbundene Schneckenrad in Bewegung gesetzt und der Steuerarm muss sich mittels des Triebes am Zahnsegment nach Steuerbord oder Backbord überlegen. Textabbildung Bd. 315, S. 72 Fig. 86. a Unterwassersteuerständer; b Hilfssteuermaschine. Textabbildung Bd. 315, S. 72 Hilfssteuermaschine. Bei diesem Vorgange hat jetzt die Reibungskupplung die Aufgabe einer Sicherheitsbremse zu erfüllen, sie hat ein Futter von Hartholz, welches festgeschraubt ist und durch kräftige Federn in seiner Lage gehalten wird. Diese Federn erlauben, dass das Ruder, selbst wenn sich das Schiff in voller Fahrt befindet, hart übergelegt werden kann, geben aber sofort nach, sobald der Widerstand die in der Steuervorrichtung zu Grunde gelegte Grösse überschreitet. Wie in allen fein und scharf gebauten Schiffen hat auch bei dem „Kaiser Wilhelm der Grosse“ die Anordnung der Steuermaschine unter der Wasserlinie seine grossen Schwierigkeiten bereitet, denen man dadurch begegnete, dass man den Ruderarm falsch auf Deck aufsetzte und durch 6100 mm lange Pleuelstangen nach rückwärts mit dem eigentlichen Ruderquerhaupt verband, welches eine Länge von 1220 mm erhielt. Der Ruderarm hat eine Länge von 5035 mm und ist in Gussstahl hergestellt. Ausser der Hauptsteuermaschine ist noch eine Hilfsmaschine vorgesehen, welche in ähnlicher Weise wie erstere betrieben wird, sie entwickelt etwa ⅓ der Kraft der Hauptmaschineund wirkt mittels Gallscher-Kette auf den Ruderarm. Beide Steuermaschinen arbeiten in geschlossenen Oelkästen. Die Schiebersteuerung der Steuermaschine ist durch einen hydraulischen Telemotorcylinder bewirkt (Fig. 86 bis 88), welcher durch zwei Kupferleitungen von je 13 mm innerem Durchmesser mit den beiden Steuermaschinen verbunden ist. Weitere Telemotorständer befinden sich im Steuerhaus – auf Backbordseite angeordnet –, sowie genau oberhalb dieses letzteren auf Brückendeck. Diese beiden letzten Vorrichtungen sind miteinander durch ein Gestänge verbunden, dieselben dienen jedoch nur zur Schiffsführung in gefährlichen Gewässern, oder wenn letztere zu stark befahren sind, wie an der Einfahrt in Flüsse u.s.w. Der am meisten gebrauchte Telemotorständer befindet sich auf dem Poopdeck oberhalb des Salons II. Klasse, derselbe ist mit den Steuermaschinen durch die üblichen Rohrleitungen verbunden. Schliesslich ist noch ein Stand ganz nahe der Steuermaschine vorgesehen, so dass wohl kaum der Fall einer gänzlichen Unverwendbarkeit aller Rohrleitungen platzgreifen kann. Brown's„Telemotor“ (Fernbeweger) besteht im wesentlichen aus einer Pumpe mit besonderer Einrichtung, deren Kolben seine Auf- und Niederbewegung durch ein kleines Steuerrad erhält. Telemotor und Rohrleitung sind beide voll Wasser vermischt mit Glycerin, um das Einfrieren zu erschweren. Die Handhabung drückt – ob in dieser oder jener Richtung ist gleichgültig – zwei Spiralfedern zusammen, die genau oberhalb der Hauptsteuermaschine angeordnet sind, so dass, wenn der Helm hart übergelegt ist und jetzt das Schiff in seiner Richtung gehalten werden soll, es nur des Entlastens der Feder bedarf, worauf sie die Maschine auf Mittschiffslage zurückgehen lassen wird. Die Federn haben aber auch noch eine andere Aufgabe zu vollbringen; es öffnet sich nämlich im Falle der Neigung des Telemotorzeigers, die Verbindung mit seinem Cylinder hinten zu verlieren, eine Verbindung zwischen beiden Cylinderenden, und zwar jedesmal, wenn das Rad von Backbord nach Steuerbord hinüberbewegt wird oder umgekehrt; auf diese Weise wird den Federn ebenfalls die Möglichkeit gegeben, das Ruder in seine Lage mittschiffs zurückzubringen. Fast so wichtig wie die Steuermaschine ist das Gangspill und die Ankerlichtmaschine, welche wir in den Fig. 89 bis 92 abbilden und die von Napier Brothers, G. m. b. H., Glasgow, geliefert wurden. Das Schiff führt an: 1. Ankern. 4 Buganker (Hall's Patent ohne Stock) je 6000 kg 1 Stromanker   „        „         „       „ 2500 1 Fischanker (Trottmann) 950 2. Ketten. Durchmesser 540 m Stegkettenkabel 76 mm 150  „             „ 50 3. Taue. Umfang 185 m Stahldraht oder Hanftau 165465 185  „ Hanftau 405 185  „      „ 320 Die Ankermaschinen haben 432 mm Cylinderdurchmesser bei 356 mm Hub bezw. 330 mm Cylinderdurchmesser und 305 mm Hub. Die Maschinen sind auf Deck in leicht zugänglicher Weise angeordnet und können eine gegen die andere ausgewechselt werden. Die Schneckenräder haben einen Stahlkern und Kränze von Kanonenmetall mit vor Maschine geschnittenen Zähnen und arbeiten in Schnecken, welche aus Stahl geschmiedet und ebenfalls vor Maschine genau geschnitten sind. Früher war das Schneckenrad aus Stahlguss und arbeitete mit Schnecken aus Phosphorbronze zusammen. Hinten auf dem Poopdeck befindet sich eine Gangspillmaschine mit 50 mm Kettenstopper für das Stromkabel, deren Cylinder 305 mm Durchmesser haben bei 305 min Hub; eine weitere Gangspillmaschine ohne Kettenstopper hat Cylinder von 230 mm Durchmesser bei 255 mm Hub. Textabbildung Bd. 315, S. 73 Gangspill und Ankerlichtmaschine. Die übrige Deckmaschinerie umfasst: 6 Dampfwinden – Lieferant Achgelis, Geestemünde –, 5 derselben haben 152 mm Cylinderdurchmesser bei 254 mm Hub, 1 derselben hat 204 mm Cylinderdurchmesser bei 254 mm Hub. 2 Bootshisswinden mit 125 mm Cylinderdurchmesser und 204 mm Hub. An Booten führt das Schiff: 16 Stück je 9140 mm lang, 2600 mm breit und 1065 mm tief, 2 Stück etwas kleiner und 6 Stück zusammenlegbare Boote, 7900 mm lang und 2130 mm breit. Eine nennenswerte Neuerung haben auch die Rettungsringe erfahren, sie sind nicht mehr in Ringform, sondern in Hufeisenform ausgeführt, so dass es einem im Wasser befindlichen Menschen möglich ist, seitwärts hinein zu schlupfen. Eine ganz bedeutende Verwendung hat die Elektrizität gefunden. An Deck sind die mit ziemlicher Schwierigkeit zu verlegenden Sprachrohre in Wegfall gekommen und statt dessen lautsprechende Telephone angebracht, die noch in ziemlichem Abstand vom Apparat vernehmbar sind, und deren Verlegung durchaus keine Schwierigkeiten bietet – die Apparate, deren jedes aus einem Telephon und einem Mikrophon besteht, welch letzteres eben das laute Sprechen veranlasst, sind in einem länglichen, wasserdichten Metallgehäuse eingeschlossen und mit einer Alarmglocke, sowie mit einem Rufdrücker versehen. Mikrophon und Glocke entnehmen ihren Strom der elektrischen Lichtleitung, die hierfür verwendbar gemacht ist. Auf „Kaiser Wilhelm der Grosse“ sind die beiden Kommandobrücken mit den beiden Maschinenräumen und der Poop verbunden. Es befinden sich daher auf jeder Brücke drei Apparate, welche je nach der betreffenden Brücke, von welcher die Schiffsleitung Gebrauch macht, in den Strom eingeschaltet werden. In gleicher Weise sind die beiden Maschinenräume je mit den vier Kesselräumen verbunden, wofür 2 × 4 Apparate zur Verwendung kommen. Textabbildung Bd. 315, S. 74 Fig. 93.Elektrische Zeigevorrichtung für den Verschluss der wasserdichten Thüren in den Schotten. a Maschinen; b Kohlen; c Kessel. Für jeden Apparat an einer Abgangsstelle muss selbstverständlich ein solcher an der Endstelle vorhanden sein. Sehr interessant ist auch die elektrische Zeigevorrichtung für die wasserdichten Thüren in den Schotten, welche im Kartenhause angeordnet ist. Auf einer Tafel mit der schematischen Schiffsanordnung (Fig. 93) sind die Thüren in roten (Backbord) und grünen (Steuerbord) Oeffnungen gekennzeichnet; ist die Thür jedoch geschlossen, so schliesst sich auch die Oeffnung mit einer weissen Scheibe, welche dann zugleich die Nummer dieser besonderen Thür, sowie ihre Bestimmung angibt. Eine Verschiebung dieser Scheiben verhindern Elektromagnete, welche dauernd in den Stromkreis eingeschaltet sind. Auf diese Weise ist die Schiffsleitung bezw. der Lotse stets über den Stand dieser wichtigen Verkehrsmittel an Bord von Schiffen unterrichtet. Den nötigen Strom liefert auch hier die Lichtleitung; doch ist eine Akkumulatorenbatterie als Ersatzleitung vorgesehen, falls je durch irgend einen unvorhergesehenen Zufall die Lichtleitung versagen sollte. Diese Einrichtung war vorher auf dem Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Königin Luise“ von den Stettiner Elektrizitätswerken, A.-G. geschaffen und bewährte sich derart, dass sie auch jetzt wieder Verwendung fand. Die Lichtanlage wurde von der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft Berlin eingerichtet und umfasst 1712 Glühlampen von je 25 Normalkerzenstärke, wovon 253 auf das Promenadendeck, 463 auf das Oberdeck, 472 auf das Hauptdeck, 150 auf das Zwischendeck, 234 auf Kessel- und Maschinenraum und die übrigen auf das Sonnenzeltdeck und die sonstigen Räume entfallen. Der Saal und die Gesellschaftsräume I. Klasse sind mit 250, die gleichen Räume II. Klasse mit 190 Lampen ausgestattet. Lampen, sowie ihre Passungen passen sich ihren verschiedenen Zwecken durchaus an und sind die elektrischen Kronen und die Wandlampen in der I. Klasse, zum Teil auch in der II. Klasse, von sehr gefälliger Wirkung. Wo die bewohnbaren Räume zeitweilig für Gepäckladezwecke Verwendung finden, werden die Lampen durch zweiteilige gusseiserne Hüte verschlossen. Die Lampen sind in gleicher Anzahl auf verschiedene Stromkreise verteilt, so dass überall gleich starke Sicherungen zur Verwendung kommen, wodurch die Aufgabe der Beaufsichtigung sehr vereinfacht ist. Fig. 94 zeigt die Anordnung der Lampen für eine Schiffsabteilung, die aber für alle übrigen mustergültig ist. Der höchste gleichzeitige Kraftbedarf für die Lichtanlage beträgt 90 Kilo-Watt, der grösste Spannungsverlust 3 Volt. Die verschiedenartigste Verwendung finden auch die Elektromotoren. 6 PS Gleichstrommotoren – Type S 50 – für 100 Volt bei 950 Umdrehungen treiben 16 Luftsauger in den Kesselräumen, die bei einem Schaufeldurchmesser von 700 mm 250 cbm Luft in der Minute leisten. Durch Anlasswiderstände lässt sich die Geschwindigkeit um 30 % vermindern. Textabbildung Bd. 315, S. 74 Fig. 94.Beleuchtungsschema. Motor und Luftsauger sind auf gemeinsamer Grundplatte aufgestellt und durch Stahlband miteinander verbunden. Ein Kasten, der beide umschliesst, hält Staub und Feuchtigkeit ab und genügt zugleich den Bestimmungen zur Verhütung von Unfällen. Der geringe Raum, den die ganze Anordnung beansprucht, sowie das geringe Gewicht machen dieselbe für Verwendung auf Schiffen ausserordentlich geeignet. Die verbrauchte Luft entweicht durch ein unterhalb des Kesselraumfussbodens verlegtes Rohr in die äussere Atmosphäre. Ein ähnlicher 10 PS Motor – Type S 100 – mit einer Leistung von 400 cbm in der Minute bei 900 Umdrehungen ist im Bug des Schiffes für die Räume im Hauptdeck aufgestellt; auch der Maschinenraum, die Küche und andere Räume haben gleiche Lüftungsvorrichtungen von entsprechender Grösse. Die Werkstatt erhält ihren benötigten Kraftbetrieb von einem im Hauptdeck aufgestellten 3 PS Motor. Pur die Zwecke der Post, sowie für die Vorratsräume sind Aufzüge eingerichtet und für dieselben ebenfalls zwei Stück 3 PS Motoren verwendbar gemacht, bei welchen ganz besonders durchaus geräuschloses Arbeiten bedingt war, und welche bei 800 minutlichen Umdrehungen 300 bis 400 kg mit einer Geschwindigkeit von 0,457 m in der Sekunde auf eine Gesamthöhe von 11 m heben. Der Antrieb der Seiltrommel erfolgt durch Schnecke und Schneckenrad, von denen die erstere vollständig in Oel läuft; die Hemmung geschieht durch Handseil und Bremsband, ausserdem wird der Motor in seinen Endstellungen selbstthätig ausgerückt. Elektrische Wassererhitzung im Frisierraum und in den Anrichteräumen, Zigarrenanzünder in Rauchzimmern und mannigfaltige andere Verwendung der Elektrizität für Heiz- und Kochzwecke – zu denen auch der in Fig. 95 gezeigte Ofen gehört, wie ihn die Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft Berlin herstellt –, ist bereits eingeführt und wird jedenfalls immer mehr ausgebildet werden. Textabbildung Bd. 315, S. 75 Fig. 95.Elektrischer Ofen der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft Berlin. Für die Erzeugung der gesamten für obige Anlagen benötigten Kraft sind vier direkt gekuppelte Dampfdynamos vorhanden, welche auf gemeinsamer Grundplatte aufgebaut sind. Die Grundplatten sind zur Herabminderung der Erschütterungen und des Geräusches auf das denkbar kleinste Mass mit einem starken Cementfilz unterlegt. Drei dieser Dynamos sind unmittelbar hinter dem Maschinenraum in einer zwischen den Wellen wasserdicht eingebauten Abteilung angeordnet; die zweifachen Verbundmaschinen haben 280 bezw. 470 mm Durchmesser bei 250 mm Hub und leisten mit 250 minutlichen Umdrehungen je 110 PSi. Die vierte befindet sich innerhalb der Backbordmaschinenabteilung in Hauptdeckhöhe, um auch für den Fall, dass je einmal der Maschinenraum bis zum Hauptdeck unter Wasser stände, jedenfalls noch für einige Zeit einen Vorrat an elektrischer Kraft zur Verfügung zu haben. – Dieser Gedanke bleibt natürlich nur so lange durchführbar, als ausserdem noch wenigstens ein Kesselraum bedienbar bleibt. Die Leistung der Maschine ist die gleiche wie diejenige der drei anderen, nur musste mit Rücksicht auf die beschränkte Höhe im Deck der Hub auf 220 mm verringert, die Umdrehungszahl auf 300 Umdrehungen erhöht werden. Alle vier Maschinen arbeiten auf See – also im regelrechten Dienst – mit Kondensation, im Hafen jedoch, wo Frischwasser reichlich vorhanden, dagegen wenig Kraft erforderlich ist, kann die Kondensation durch ein Wechselventil ausgeschaltet werden. Der Gang der Maschine steht unter dem Einfluss eines Achsenregulators, der auf den Schieber des Hochdruckcylinders wirkt. Die Dynamos – gebaut für 700 Ampère und 100 Volt bei gewöhnlicher Geschwindigkeit von 250 Umdrehungen – sind 8polige Nebenschlusserreger nach der verbesserten Type F. G. 800 mit Trommelarmatur. Der ringförmige Stahlgussrahmen trägt die strahlenförmig nach innen ragenden Pole, die sich in einer sogen. Polbüchse vereinigen; bei dieser Anordnung ist ein sehr allmählicher Uebergang in den magnetischen Feldern, welche zwischen den verschiedenen Polen liegen, und ferner funkenloses Arbeiten bei jeder Belastung ohne weitere Einstellung der Bürsten gesichert. Die Dynamos, sowie die Motoren sind mit Kohlebürsten versehen. Der Bequemlichkeit und Sparsamkeit halber ist bei den Lagern Ringschmierung zur Anwendung gekommen. Der Strom der drei Dynamos der unteren Gruppe ist nach zwei nebeneinander angeordneten Schaltbrettern geleitet; von dem grösseren derselben werden die Leitungen für die Lampen abgezweigt, von dem kleineren diejenigen der Motoren; beide Schaltbretter sind aber wieder untersich durch Leitungen verbunden, so dass die Einschaltung jeder Dynamo für Licht oder Kraft sich nach jeweiligem Bedürfnis vornehmen lässt. Die vierte Dynamo hat zwar ihr eigenes Schaltbrett, welches letztere aber auch mit dem Hauptbrett in Verbindung steht, so dass auch der Strom dieser Dynamo von dort entnommen werden kann; die Dynamos lassen sich daher sehr wohl alle parallel schalten, oder aber ein Teil liefert den Kraft-, der andere den Lichtbedarf. Die Spannung sowohl der unteren Anlage mit drei Dynamos, als auch der oberen mit nur einer Dynamo lässt sich in beiden Dynamoräumen ablesen. Die gesonderte Aufstellung der vierten Dynamo hat übrigens dazu geführt, für gewöhnlich an sie den Tagesund Aufsichtsdienst anzuhängen, d.h. sie muss jenes Netzwerk von Leitungen speisen, welches sich über alle Maschinen- und Kessel-, Vorrats- und Geräteräume, über alle Offiziers- und Mannschaftskammern, Gänge, kurz über alle Räume, wohin Tageslicht überhaupt nicht dringen kann, verteilt. Die Vereinigung der Beleuchtung aller dieser Räume zu besonders durchdachten Stromkreisen hat auch seine Vorteile für den Hafendienst und verhindert die Deckmannschaft an ein willkürliches Aus- und Einschalten von Lampen zum Nachteil der Maschinen. Die Leitungen, soweit sie in den Maschinenräumen zur Verwendung kommen, sind mit Eisenblech bewundene Bleikabel, deren Seele mit Gummi isoliert ist. Die etwas schwierigere Verlegung macht sich durch grössere Sicherheit und längere Dauerhaftigkeit mehr wie bezahlt. Die Zweigleitungen, ebenfalls mit Gummi isoliert, sind durch eiserne Rohre gezogen und die Verbindungsstellen in wasserdichte gusseiserne Kästen eingeschlossen. In anderen Teilen des Schiffes sind die mit Gummi isolierten Leitungen durch Papierrohre gezogen, über welche schon bei der Herstellung schwache Messingrohre geschoben wurden; diese Rohre bieten ein sehr dauerhaftes und gefällig wirkendes Verlegungsmittel. Die Verteilungskästen sind – in einer Anzahl von 27 in den verschiedenen Decks angeordnet – in kleinen Teakholzschränken verschlossen, die eine Schiefergrundplatte, Bajonettverschlüsse und doppelpolige Sicherung in gefälliger Anordnung enthalten. Eine weitgehende Durchbildung hat im Laufe der Jahre beim Norddeutschen Lloyd die Erhaltung der leicht verderblichen Vorräte „für den Tisch“ erfahren, und die Kälteerzeugung spielt auch an Bord des „Kaiser Wilhelm der Grosse“ eine bedeutende Rolle. Für die Erzeugung der nötigen Kältemengen ist ein Ammoniakkompressor von Linde's Eismaschinengesellschaft, Wiesbaden, aufgestellt – Modell C nach Linde's Verzeichnis für Schiffskühlanlagen –. Derselbe ist in Fig. 96 dargestellt und zeigt einen rechteckigen Untersatz, auf welchem oben in wagerechter Anordnung eine Dampfmaschine verbunden mit einem Compoundkompressor gelagert ist. Das Compoundsystem mit zweistufiger Kompression der Ammoniakdämpfe hat sich für die tropischen Gewässer, wo infolge der grösseren Hitze und des wärmeren Kühlwassers mit Drücken bis zu 15 at in den Ammoniakdämpfen zu rechnen ist, als notwendig erwiesen. Der Apparat besteht aus zwei einfach wirkenden Kompressorcylindern, von welchen der vordere und grössere vorn an der Stopfbüchsenseite liegt, die Dämpfe aus dem Verdampfer ansaugt und dem hinter ihm angeordneten kleineren Cylinder zu treibt, der seinerseits in den Kondensator drückt. Da der Druck auf der Stopfbüchsenseite niedriger ist als im Kondensator, so ist die Maschine auch in tropischen Gegenden leicht dicht zu halten. Die Ammoniakverluste sind dabei ganz geringfügig und der Einfluss der schädlichen Räume auf die Nutzwirkung des Kompressors ist beinahe vollständig beseitigt; die Leistung aber ist dem Einfluss der Kühlwassertemperatur weniger unterworfen. Seitlich am Untersatz befindet sich in stehender Anordnung die von der Kurbelwelle betriebene Kaltwasserpumpe. Im Inneren des Untersatzes ist der Kondensator angeordnet, welcher sich zum Zweck der Reinigung seitlich herausnehmen lässt. Das flüssige Ammoniak tritt zuerst durch ein Regulierventil in einen patentierten Ammoniakspeiseapparat, welcher einen gleichmässigen und selbsttätigen Zufluss des flüssigen Ammoniaks und zwar jederzeit im Verhältnis zur Umdrehungszahl der Maschine gewährleistet, wie er eben für beide Systeme der Kälteschlangen erforderlich ist; dadurch wird die Einstellung der Kältemaschine fast gänzlich unabhängig von jeder Bedienung, was eben auf Schiffen als ein Haupterfordernis angesehen werden muss. Textabbildung Bd. 315, S. 76 Fig. 96.Ammoniakkompressor von Linde's Eismaschinengesellschaft. Die Verdampfung des flüssigen Ammoniaks findet in drei Kühlschlangen statt; die eine dient zur Kühlung des Fleischraumes mit 204 cbm Fassungsvermögen netto, die zweite zur Kühlung des Butterraumes mit 35 cbm Fassungsvermögen, und die dritte zur Erhaltung des Eises im Eisraum mit 112 cbm Fassungsvermögen. Diese Räume werden in einer Temperatur von 0° und darunter gehalten, mit entsprechend weiteren Grenzen bei Reisen durch das Rote Meer. Die Kühlung des Fleischraumes erfolgt derart, dass ein elektrisch betriebener Luftsauger – System Blackman – die Luft von dem Fleischraum beständig absaugt und zum Zwecke der Kühlung, Durchmischung und Reinigung gegen die Kühlschlange treibt, die in einer eigenen isolierten Kammer untergebracht ist, und von dort in den Fleischraum zurückpresst. Durch diesen „mechanisch“ bewerkstelligten Kreislauf wird erfahrungsgemäss eine gute reine Luft erzeugt und eine durchgreifende und schnelle Kälteeinwirkung auf die frisch eingebrachten Vorräte erzielt, ein Umstand, der bei Fahrten in tropische Gegenden von grösster Wichtigkeit ist. Die Ablagerungen von Schnee und Eis an der Kühlschlange lassen sich jederzeit leicht entfernen, indem man die Kühlthätigkeit für kurze Zeit unterbricht und den Luftsauger statt aus dem Fleischraum aus einem benachbarten Gang oder aus der Ladeluke warme Luft absaugen und gegen die Kühlschlange treiben lässt, bis die Oberfläche frei wird, was ja infolge der Aufstellung in einem eigenen Raum geschehen kann, ohne dass die Vorräte durch die Feuchtigkeit geschädigt werden. Im Butterraum sowohl wie im Eisraum sind die Kühlschlangen gegen die Decken dieser Räume befestigt und erfolgt die Kühlung durch „natürlichen“ Luftumlauf, weil hier weder eine sehr schleunige Absaugung der wärmeren Luft, noch auch eine vollständige Trockenheit der gekühlten Luft verlangt wird. Die zwei Schlangen dieser Räume bilden das zweite System der Kühlung und werdenebenfalls, wie schon vorher erwähnt, durch den patentierten Speiseapparat mit Ammoniak versehen. Wie jeder Raum von der Kälteeinwirkung abgeschlossen werden kann, so lässt sich andererseits diese Einwirkung auf die einzelnen Räume verstärken. Die vorgehend beschriebene Kühlanlage war die derzeit zehnte, welche Linde dem Norddeutschen Lloyd lieferte, im ganzen war das Modell C damals 3038mal ausgeführt, darunter 124mal für Seeschiffe (auch für die kaiserl. Jacht „Höhenzollern“). Wir wollen hier noch erwähnen, dass in den Maschinen- und Kesselräumen des „Kaiser Wilhelm der Grosse“ 47 Maschinen verschiedenster Art, Dampfpumpen, Dynamo, Kühlanlage u.s.w. vorhanden sind. Im ganzen sind 68 Maschinen mit 124 Cylindern über das ganze Schiff verteilt. Die für Löschzwecke im Falle eines Brandes oder für Lenzzwecke im Falle eines Zusammenstosses verwendbare Leistungsfähigkeit der Pumpen beträgt 3600 Std./t. Indem wir jetzt auf die Leistungen der Hauptmaschine kurz zurückkommen, sei erwähnt, dass über die erste Reise folgende Angaben vorliegen: Kesseldruck 12,3 kg/qcm Ueberdruck. Vakuum 0,86 kg/qcm. Mittlere Druckekg/qcm PSi Steuerbord- Backbord- Steuerbord- Backbord- Maschinen Maschinen HochdruckcylinderMitteldruckcylinderNiederdruckcylinderNiederdruckcylinder 4,751,651,101,20 4,751,621,201,10   3994  4140  3187  3476   3893  3961  3106  3888 Zusammen 14797 14388 Beide Maschinen zu-    sammen 29145 Der „Kaiser Wilhelm der Grosse“ sichtete am 22. September 1897, morgens 2 Uhr, zum erstenmal die „Needles“ und erreichte Sandy-Hook 5 Tage 22 Stunden 45 Minuten später, durchfuhr somit die 3050 Knoten oder 5597 km lange Strecke mit einer mittleren Geschwindigkeit von 21,36 Knoten oder 39,2 km/Std. Von 12 Uhr mittags auf 12 Uhr mittags durchlief er dabei nacheinander folgende Teilstrecken: 531 495 512   554 und   564 Knoten = 974 908 940 1017 und 1035 km, auf letzterer Teilstrecke erlangte er also unter Berücksichtigung des Mit-der-Sonne-Fahrens eine stündliche Geschwindigkeit von über 42 km. Die Geschwindigkeiten der ersten sechs Reisen waren wie folgt: Ausreise Heimreise Ganze Dauer Mittlere Ge-schwindigk.in Std. Ganze Dauer Mittlere Ge-schwindigk.in Std. Tage Std. Min. Knot. km Tage Std. Min. Knot. km Reisen:   1.   Sept. 97. 5 22 45 21,36 39,2 5 15 10 22,35   2.   Okt. 97. 21,22 19,78   3.   Nov. 97. 6 1 3 21,07 5 17 8 21,90   4.   Dez. 97. 18,55 21,88   5.   1. März 98 21,58 21,76   6. 29. März 98 21,95 21,05 Die schnellste Reise wurde im Oktober 1899 ausgeführt, bei welcher für die Ausreise 5 Tage 18 Stunden und 5 Minuten gebraucht wurde, was einer mittleren stündlichen Geschwindigkeit von 21,7 Knoten entspricht. Die grösste bekannt gewordene Maschinenleistung beziffert sich auf 32000 PSi. Die grossartige Leistungsfähigkeit des „Kaiser Wilhelm der Grosse“ hat sich also nicht nur während dreier Jahre bewährt, sondern sogar noch gesteigert. An der Jahrhundertwende stehend, werden wir schliesslich zu einigen Vergleichen fast gezwungen: Vor 50 Jahren der deutsche Name zur See fast erloschen, heute das unverdrossene und durch keine anfänglichen Misserfolge zu vernichtende Bestreben und Kraftvertrauen der einen Gesellschaft – des Norddeutschen Lloyd – derart gekrönt, dass dieselbe neben der Hamburger Packet-Fahrt-Gesellschaft nicht nur die grösste und auf das Eleganteste eingerichtete Gesellschaft Deutschlands, nein, der ganzen bekannten Welt geworden ist, und sein Schiff „Kaiser Wilhelm der Grosse“ das zur Zeit „schnellste“Der neuerbaute Schnelldampfer Deutschland (S. 66 d. Bd.) soll eine Geschwindigkeit von 23 Knoten erhalten, die diejenige des Kaiser Wilhelm der Grosse von 21,7 Knoten sogar noch um ein Geringes überschreitet.D. R.). Vor 50 Jahren der Eisenschiffbau in Deutschland kaum geboren, heute die deutschen Schiffsbauwerften in der Lage, die Kriegs- und Handelsmarine mit den gewaltigsten, schnellsten und sowohl offensiv als auch defensiv stärksten Schiffen zu versehen. Vor 50 Jahren die Vertretung des deutschen Volkes eifrig – wenn auch vergeblich – bemüht, dem Vaterlande eine Reichseinheit und eine Deutsche Flotte zu schaffen, heute die Reichseinheit zum grossen Teil eine Wahrheit geworden, mit der die Welt rechnet, und die Ausbildung der Deutschen Flotte zu einer Stärke, wie es Deutschlands Machtstellung und seine gewerbliche Bedeutung erfordert, in aller nächste Nähe gerückt. Wohl mag die Kostenfrage noch eine Rolle spielen, aber sie darf kein Hindernis werden und wird es auch nicht werden, dafür spricht die Geschichte der unangespornten Aufopferungsfreudigkeit unseres Volkes in den Jahren 1806 bis 1813; dafür spricht auch die Geschichte der Jahre 1848 bis 1851 – der Zeit des. deutschen Völkerfrühlings. Deutschland kann und darf sich nicht beschämen lassenWir sind weit davon entfernt, irgend einen Parteistandpunkt zu vertreten, glauben jedoch im Interesse der wirtschaftlichen Entwickelung und Erstarkung unseres geeinigten Vaterlandes zu handeln, wenn wir auch den aussertechnischen Ausführungen des Verfassers hier Raum geben.D. R.,weder durch Frankreich, das nach den siebziger Jahren unter Aufbietung aller in der Vaterlandsliebe sich zusammenfindenden Kräfte seines Volkes in wenig Jahren die Summe von 5 Milliarden abgetragen hat, und doch Handel und Wandel in Wege leitete, die zu grossen Erwartungen berechtigten – wenn schliesslich diese Erwartungen nicht erfüllt wurden, so lag das an Parteiungen, Spaltungen und verworrenen Zuständen in unserem hochbegabten Nachbarlande, die Deutschland sich sollte zur Warnung dienen lassen –, noch durch Japan, dem jüngsten Kulturstaat der bekannten Welt, der ohne den Vorzug einer christlichen Kultur zu kennen, seit nahezu 50 Jahren – 1853 zwang Commodore Perry Japan erstmals mit Amerika Beziehungen anzuknüpfen – unter Aufbringung aller, auch der schwersten Opfer freudig bemüht ist, sich eine berechtigte Stellung im Konzert der Mächte zu erringen und das in diesem Bestreben während der letzten Jahre in zwei Arbeitsabschnitten seines Reichstags die Summe von 660 Millionen Mark für Heer und Flotte zur Verfügung stellte. Sollte Deutschland angesichts der letzten Vorkommnisse, als da sind: die Vorgänge auf Samoa, der Kampf Englands für seine Suprematie in Afrika gegen uns stammverwandte Staaten, die Beschlagnahme deutscher Schiffe in neutralen Gewässern, nicht jederzeit die Summe von einer Milliarde Mark dem Staate und einem Vertrauensausschuss zur Verfügung stellen können, um bis zu einem nicht allzu fernen Zeitpunkt den Ausbau der Deutschen Flotte in einer Deutschlands Bedeutung entsprechenden Grösse zu bewerkstelligen? Möge sich unser deutsches Volk in seiner Gesamtvertretung darauf besinnen, dass es die Pflicht hat, die vor 50 Jahren bereits ersehnte Deutsche Flotte zum Nutzen unseres deutschen Gewerbes und seiner Arbeiter, zum Schütze unseres deutschen Seehandels, zur Ehre unseres deutschen Namens in die Wirklichkeit umzusetzen, und zwar einmütig „Kaiser und Reich“.