Titel: Rauchlose Lokomotivfeuerung auf amerikanischen Eisenbahnen.
Fundstelle: Band 315, Jahrgang 1900, S. 191
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Rauchlose Lokomotivfeuerung auf amerikanischen Eisenbahnen. Rauchlose Lokomotivfeuerung auf amerikanischen Eisenbahnen. Es ist bereits eine ziemliche Reihe von Jahren her, dass sich zahlreiche Eisenbahnverwaltungen und namentlich solche, in deren Linien viele oder lange Tunnel vorhanden sind, mit der Aufgabe beschäftigt haben, der Lokomotivheizung eine Einrichtung zu geben, durch welche das so sehr lästige, mehr oder minder schädliche und auf unterirdische Strecken geradezu gefährliche starke Rauchen des Schornsteines an der Zugsmaschine beseitigt oder wenigstens wesentlich herabgemindert werden sollte. Erhöhter Eifer brachte in diese Bestrebungen die Einbürgerung der elektrischen Lokomotive auf Strassen- und Stadtbahnen u.s.w., die in ihrer Rauchlosigkeit einen mächtigen Konkurrenzfaktor aufwies, der dem Publikum den Uebelstand des Rauches bei den Dampflokomotiven um so lebhafter fühlbar machte, und in Amerika Behörden und Stadtvertretungen so weit gehen liess, rauchende Lokomotiven aus gewissen Gebieten überhaupt vollständig zu verbannen.Einen ähnlichen, aus hygienischen Gründen entspringenden scharfen Widerpart gibt die öffentliche Meinung bekanntlich neuerer Zeit auch hinsichtlich der Fabrikschornsteine kund und vielerorts wird, diesseits wie jenseits des Ozeans, wegen der Einführung rauchverzehrender Heizanlagen gesetzlicher Zwang ausgeübt. Was nun die Rauchplage auf den europäischen Eisenbahnen anbelangt, so galt dieselbe noch vor verhältnismässig wenigen Jahren als ein unbehebbares, leidiges Zubehör der Dampflokomotive, weil eben alle die vielen und gewiss auch redlich gemeinten Versuche zur Bekämpfung des Uebelstandes doch nur völlig unzureichende Erfolge gehabt hatten. Erst zu Beginn der 90er Jahre gelang es einem österreichischen Eisenbahnmaschineningenieur Langer (vgl. D. p. J. 296 * 275) den Bann zu brechen und ein Verfahren zu finden, welches gestattet, die durch den Rost der Lokomotivheizung zuströmende Luftmenge dem jeweiligen Bedarf entsprechend durch selbstthätig gesteuerte Oberluft so zu ergänzen, dass die Erzeugung sichtbaren Rauches in befriedigendem Masse hintangehalten wird. Durch Marcotti in Berlin ist dieses System seither noch weiter vervollkommnet worden und dasselbe findet natürlich, da es sich zudem auch noch in wirtschaftlicher Beziehung als günstig erweist, eine äusserst rasche Verbreitung. Wie die Engineer News vom 11. August 1899, S. 143 und 144 berichten, sind auch in Amerika u.a. auf der Cincinnati-New-Orleans- und Texas-Pacific-Eisenbahn schon seit längerem Versuche zur Bekämpfung des starken Rauches der Dampflokomotiven vorgenommen worden, welche zu so günstigen Ergebnissen geführt haben, dass die Gesellschaft sich entschlossen hat, die Feuerungen ihrer sämtlichen Personenzugsmaschinen mit der neuen Anordnung ausrüsten zu lassen. Dieselbe besteht im wesentlichen aus einer aus Chamotteziegeln hergestellten, auf vier Eisenstäben ruhenden, ebenen Feuerbrücke, die von der Rückwand der Feuerbüchse schräg nach aufwärts gegen die Vorderwand des Heizraumes verlauft und hier parallel zu dieser Wand abgebrochen ist, um den Feuergasen nach aufwärts Durchgang zu gewähren. Die letzteren ziehen also zuerst nach rückwärts in der Richtung gegen die Feuerthür an der Chamottedecke entlang, dann über den Rand derselben hinweg, um sich dann nach vorwärts der Siederohrwand zuzukehren. Beiläufig 30 cm über dem Roste sind in den beiden Seitenwänden der Feuerbüchse, einander genau gegenüber und in gleichen Abständen verteilt, je vier 5 cm weite Oeffnungen vorhanden, in denen Sharp'sche Patentröhren münden, die der Feuerung frische Aussenluft zuführen. Zu demselben Zwecke durchziehen vier andere Rohre, welche durch die hintere Siederohrwand reichen und unterhalb des Kessels mit der Aussenluft in Verbindung stehen, schräg nach aufwärts gehend die Chamottebrücke, an deren obersten, freien Kante sie münden und den darüber herumbiegenden und darüber wegziehenden Verbrennungsgasen Sauerstoff zuführen. Bis es zu dieser Vermengung kommt, hat die durch die besagten Röhren zuströmende atmosphärische Luft bereits eine sehr hohe Temperatur erreicht und sie besitzt daher alle Eignung, durch ihren Zutritt eine vollkommene Verbrennung zu stände zu bringen. Allein die richtige, stetige Wirksamkeit dieser an sich so einfachen Anordnung ist noch von zwei Dingen abhängig, nämlich zuförderst davon, dass nur auserlesener Gries von bester Steinkohlensorte als Brennmaterial verwendet werde und dass die Verfeuerung desselben ganz besonders sorgsam nach einem bestimmten, durch die Erfahrung festgestellten Verfahren erfolge, das von der bisherigen Feuerungspraxis einigermassen abweicht. Namentlich ist es im allgemeinen unstatthaft, während der Fahrt mehrere Schaufel Kohle, etwa fünf bis acht, unmittelbar hintereinander aufzufüllen, wie es bisher in Uebung stand, sondern es soll allemal nur eine Schaufel voll in die Feuerung geworfen werden. Bei jeder solchen Beschickung muss aber die Heizthür während einiger Sekunden etwa 3 bis 5 cm weit geöffnet bleiben, um auch von hier aus atmosphärische Luft zutreten zu lassen. Ein längeres Offenlassen der Heizthür ist jedoch unzulässig. Die Heizer haben sich zu befleissen, mit möglichst leichtem Feuer das Auslangen zu finden, und die Kohle vor dem Verfeuern anzufeuchten, damit eine grössere Heizwirkung erzielt wird. Am Sicherheitsventil soll weder während derFahrt noch während der Aufenthalte in den Stationen Dampf verloren gehen. Vor jeder Abfahrt muss das Blasrohr eingestellt und so viel Kohle aufgefüllt werden, als erforderlich ist, ein entsprechend gutes Feuer für die Fahrt zu gewinnen; auch hierbei muss die Heizthür solange ein wenig offen gelassen werden, bis die Rauchgase verzehrt sind. In ähnlicher Weise ist auch vor der Einfahrt in einen Tunnel so viel Kohle einzufeuern, dass innerhalb des Tunnels, wo die Heizthür während der Durchfahrt stets geschlossen bleiben soll, kein Nachheizen erforderlich wird. Der Maschinenführer hat thunlichst einen gleichbleibenden, ununterbrochenen Zufluss des Speisewassers zum Kessel zu veranlassen oder denselben wenigstens derart zu regeln, dass der Heizer in der gleichmässigen, zweckdienlichen sparsamen Feuerung nicht behindert wird. Umgekehrt hat der Heizer sorgsamst darauf zu achten, wie der Maschinenführer den Injektor handhabt und in welchem Masse die Lokomotive beansprucht ist, um danach das Feuer zu regulieren. Während der Fahrt darf bei der Anwendung des Blasrohrs die Heizthür nicht geöffnet werden, wogegen dies auf den Stationen während des Anhaltens ohne weiteres statthaft ist. Die Roste sollen nur geschürt werden, wenn es unbedingt geboten erscheint. Es darf der Aschenkasten sich niemals übermässig anfüllen, weshalb die Nachschau an demselben in jeder Station vorzunehmen ist, wo der Zug längeren Aufenthalt hat. Diese dem Maschinenpersonal der Personenzüge aufs schärfste zur Befolgung aufgetragenen Verfügungen erstrecken sich, wie man sieht, nicht nur auf das besondere Verfahren zur Erzielung der Rauchlosigkeit, sondern zugleich auf ein wirtschaftliches Gebaren beim Heizen überhaupt, wie man es auf den meisten europäischen Eisenbahnen schon seit langem gar nicht mehr anders kennt. Die Cincinnati-New-Orleans- und Texas-Pacific-Eisenbahn sichert jenen Heizern, welche sich einer pünktlichen Befolgung der obgedachten Bestimmungen, sowie überhaupt einer sparsamen Brennstoffgebarung befleissen, die besondere Berücksichtigung hinsichtlich der Beförderungen zu Maschinenführer zu. Um in dieser Richtung genaue Anhalte zu gewinnen und die angestrebten Ziele thatsächlich zu erreichen, werden nicht nur über den Kohlenverbrauch der in Betracht kommenden Lokomotiven Ausweise geführt und dieselben regelmässig und strenge überprüft, sondern das Verhalten des Maschinenpersonals der Personenzüge ist ausserdem der wirksamen Kontrolle der sämtlichen Stations- und Streckenbediensteten unterworfen, insofern dieselben, vom Stationsvorstand angefangen bis zum letzten Schienenrichter herab, schärfstens angewiesen sind, jeden Fall, in welchem sie das Auswerfen schwarzen Rauches an Personenzugslokomotiven beobachten, zur Kenntnis der Direktion zu bringen, für welchen Zweck ihnen eigene Vormerkzettel zur Verfügung stehen, die sie vorkommendenfalls nach Anmerkung der gemachten Beobachtung einzusenden haben. Seitens der Direktion wird anlässlich jeder solchen Meldung eine Erhebung eingeleitet, um festzustellen, ob der Anstand durch minderwertiges Heizmaterial oder durch ungeschickte oder nachlässige Maschinenbedienung veranlasst worden ist, damit je nach Massgabe des Sachverhaltes für bessere Kohle gesorgt oder das Maschinenpersonal besser belehrt oder zur Verantwortung gezogen werden kann.