Titel: Weltausstellung in Paris.
Fundstelle: Band 315, Jahrgang 1900, S. 448
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Weltausstellung in Paris. Weltausstellung in Paris. Elektrisch betriebener Vollportalkran von 3 t Tragkraft. Die deutsche Industrie für Hebemaschinen ist auf der Pariser Weltausstellung ausser durch den in D. p. J. 314 * 177 beschriebenen 25-t-Montagekran von der Maschinenfabrik Karl Flohr in Berlin u.a. würdig vertreten durch einen elektrisch betriebenen Vollportalkran von der Mannheimer Maschinenfabrik Mohr und Federhaff' in Mannheim. Die Hauptabmessungen sind: Ausladung       9,27 m Rollenhöhe     14 Hubhöhe     20 Spur       4,4 Radstand       4,5 Tragkraft     3000 kg mit loser Rolle     1500 kg ohne Rolle Der Kran ist betrieben mit Drehstrom von 200 Volt Spannung und 50 Perioden. Zur Anwendung gelangen zwei Motoren, von denen der eine mit einer Leistung von 23 PS bei 570 Touren zum Betrieb des Hubwerks, der andere mit 4,5 PS bei 940 Touren zum gemeinsamen Betrieb des Drehwerks und Fahrwerks dient. (Motoren und Apparate sind von Siemens und Halske, Aktiengesellschaft, in Charlottenburg.) Die Strom Zuführung geschieht unterirdisch, und zwar auf folgende Weise: In einem ausgemauerten Kanal (siehe Fig. 1 und 2), welcher an der Pflasteroberfläche in einem schmalen Schlitz von 30 mm endet, liegen die drei Zuleitungsschienen, isoliert an eisernen Quergestellen befestigt. An dem der Kanalseite zugewendeten Portalfuss ist ein Gehäuse (Fig. 3) befestigt, aus welchem drei stromführende, isoliert angebrachte Kupferschienen in den Schlitz hinunterreichen, um dort mit ihren federnden Kontakten die Verbindung des Krans mit der Stromzuleitung herzustellen. Die Fahrbewegung des Krans kann auf diese Weise unbegrenzt ausgedehnt werden. Wie aus der Gesamtzeichnung ersichtlich, kann hereinfallender Regen oder Schnee keinen Kurzschluss in den Zuleitungen bilden, weil die letzteren seitlich geschützt liegen. Zu beiden Seiten der Stromabnehmer greifen Sicherheitshebel in den Kanalschlitz hinein, welche eine Beschädigung des ersteren durch etwa vorhandene Widerstände dadurch verhindern, dass sie beim Anschlagen an diese einen dreifachen Momentausschalter zur Wirkung und somit den Kran zum Stehen bringen. Von dem Sicherheitsausschalter, welcher sich in dem genannten Gehäuse (Fig. 3) befindet, nimmt die Leitung ihren Weg stets gut isoliert längs des Portals durch den Königsstock hindurch nach den Schleifringen, welche an diesen befestigt sind. Von da wird der Strom durch die Schleif bürsten, welche mit dem drehbaren Kranhaus fest verbunden sind, abgenommen und nach dem Schaltbrett geführt, von wo er sich über Sicherungen und dreipolige Ausschalter nach den Anlassern resp. Motoren verzweigt (Fig. 4). Die Bedienung des Krans ist eine einfache. Der Führer hat seinen Stand vorn am Kranhaus und kann die Operationen des Krans vollkommen übersehen. Mit der rechten Hand bedient er die Steuerung des Hubwerks, mit der linken den Anlasser für Dreh- bezw. Fahrwerk. Wird mit Fördergefässen oder Exkavatoren gearbeitet, so geschieht die Oeffnung und Schliessung derselben seitens des Führers durch einen besonderen Hebel. Die Konstruktion und Funktion des Hubanlassers (Fig. 5) ist folgende: Auf einer Marmorplatte, an einem Gehäuse befestigt, sind im Kreise Kohlenkontakte angebracht, welche in drei Abteilungen, entsprechend den drei Phasen des Drehstroms, zerfallen. Von diesen Kontakten gehen Anschlüsse an den Widerstand, welcher im Gehäuse untergebracht ist. Jede Phase hat einen besonderen Widerstand (Fig. 4). Als Vermittlerder drei Phasen dienen drei Kupferrollen, welche untereinander elektrisch verbunden sind und immer auf entsprechenden Kontakten der drei Abteilungen gleichzeitig schleifen. Textabbildung Bd. 315, S. 448 Fig. 1 Ist der Steuerhebel in seiner Mittelstellung, so ist der Strom vom Netz abgeschaltet und jede Bewegung des Krans durch mechanische Bremsen gehindert. Zur Einleitung einer Hubbewegung des Krans wird der Steuerhebel zurückgelegt, dadurch die Motorankerbremse gelüftet und zugleich der Erregerstrom eingeführt. Durch weitere Bewegung des Hebels werden alsdann die eingeschalteten Anlasswiderstände der Reihe nach ausgeschaltet, so dass in gewissen Grenzen der Motor jede beliebige Geschwindigkeit bis zu seiner Normaltourenzahl anzunehmen vermag. Beim Abstellen der Hubbewegung wiederholen sich diese Anlasserfunktionen in umgekehrter Reihenfolge, so dass der Motoranker seine ganze lebendige Kraft noch zur Lasthebung abgeben kann, bis der Steuerhebel, in seine Mittelstellung gebracht, erst den Strom ganz abschaltet und dann die Ankerbremse freigibt. Beim Senken der Last bleibt der Motor stehen; der Steuerhebel entkuppelt sich deshalb beim Vorlegen automatisch vom Anlasser, um lediglich die Bremse zu führen, was dadurch ausserordentlich zart geschehen kann. Ein geringes Hakengewicht genügt schon, die Trommelachse abzudrehen, da Motor und Vorlegewelle durch das Vorlegen des Steuerhebels abgekuppelt werden. Der Anlasser für Dreh- und Fahr werk (Fig. 6), ähnlich konstruiert wie der Hubanlasser, wird durch ein horizontales Handrad bedient und vermag dem Motor Strom für beide Umdrehungsrichtungen zuzuführen. Textabbildung Bd. 315, S. 449 Fig. 2 Ist das Handrad in seiner Mittelstellung, so ist auch hier der Strom vom Netz abgeschaltet und die Ankerbremse angezogen, Bei dessen Drehung nach rechts oder links wird die Ankerbremse gelüftet, der Strom eingeführt und bei weiterer Bewegung nach und nach die Widerstände ausgeschaltet, wobei sich die Kontaktrollen stets nur nach einer Richtung drehen. Da der Strom abgeschaltet wird, ehe die Ankerbremse einfällt, so hat es der Führer ganz in der Hand, die lebendige Kraft des sich drehenden Krans bis zum gewünschtenStillstand voll auszunutzen, wodurch wesentlich an Strom gespart wird. Die Drehrichtung des Handrades des Drehwerks sowohl als die Bewegung des Steuerhebels des Hubwerks sind mit der Bewegung der Last in Uebereinstimmung, so dass die Bedienung des Krans sehr einfach ist und falsche Griffe vermieden werden. Das Hubwindwerk, dessen sämtliche Wellen in zwei gusseisernen Schildern gelagert sind, besteht aus Hubtrommel und doppelter Zahnradübersetzung. Das auf der Motorwelle aufgekeilte Trieb ist aus Rohhaut hergestellt und gewährleistet dem Windwerk, trotz der hohen Tourenzahl des Motors, einen stossfreien, elastischen, fast geräuschlosen Gang. Eine zweite Trommel, welche aus zwei Teilen von verschiedenem Durchmesser besteht, dient zur Aufnahme der Schliess- und Gegengewichtsseile, einer Vorrichtung, welche die Fördergefässe resp. Exkavatoren auf beliebiger Höhe öffnen und schliessen lässt. Textabbildung Bd. 315, S. 450 Fig. 3 Exkavatoren (Selbstgreifer) haben den Vorteil, dass sie sich automatisch füllen, wenn es sich um Löschen oder Verladen von Kohlen, Erzen, Getreide u.s.w. handelt. Sie sind deshalb ausserordentlich leistungsfähig und sichern einen billigen ökonomischen Betrieb. Hub- und Entleerungsseil sind vierkant geflochten und bestehen aus bestem Patentpflugstahldraht. Die eigenartige Flechtung der Seile schliesst das so lästige Drehen gewöhnlicher Drahtseile aus. Um raschen Verschleiss derselben zu verhüten, sind die Trommeln und Rollen abgedreht genutet und in ihrem Durchmesser reichlich gross gehalten. Sämtliche Räder des Hubwerks sind auf einer Spezialräderfräsmaschine gefräst, Trommel- und Vorgelegeachsen in Walzenlagern gelagert, so dass ein ausserordentlich hoher Nutzeffekt, somit geringster Stromverbrauch gewährleistet wird. Textabbildung Bd. 315, S. 450 Fig. 4 M1 Hubmotor; M2 Drehmotor; WA Anlasser für Hubmotor; WA1 Wendeanlasser für Drehmotor; Sch Schaltbrett; S Sicherungen; St Stromzeiger; A Ausschalter; R Schleifringe; MA Momentausschalter; UL Unterirdische Leitungen. Auf der Achse des Motors sitzt eine selbstthätig wirkende Differentialbremse, welche ein Rückwärtsdrehen desMotors unmöglich macht und deshalb auch im Falle einer plötzlichen Stromunterbrechung ein Abstürzen der Last verhindert. Dieselbe ist vollständig unabhängig von der schon früher erwähnten Ankerbremse, welche in direkter Verbindung mit dem Steuerhebel steht und zur Arretierung des in Bewegung befindlichen Motors dient. Textabbildung Bd. 315, S. 450 Fig. 5 Die Vorgelegewelle trägt eine der Firma gesetzlich geschützte Bremsbandkuppelung (D. R. P. Nr. 21339 und Nr. 78183), durch welche beim Senken der Last die Trommel nebst ihrer ersten Uebersetzung, wie schon oben bemerkt, vom übrigen Windwerk abgekuppelt wird. Das kleine Triebrad auf der Vorgelegewelle, welches mit dem Zahnrad der Hubtrommelachse in Eingriff steht, ist mit der Bremsscheibe der Kuppelung verbunden und läuft mit einer langen Büchse, aus Spezialbronze hergestellt, lose auf der Achse. Die Scheibe, welche das Bremsband mit seinem Stellzeug trägt, ist dagegen fest mit dieser Achse verkeilt. Durch ein Gewicht und einer auf der Vorgelegeachse sitzenden verschiebbaren Muffe, die mit Hilfe von Lenkern und Hebel mit dem Bremsband verbunden ist, wird das letztere fest angezogen, durch den Steuerhebel, wenn der Kranhaken abgelassen werden soll, aber gelöst. Damit der Lasthaken nicht gegen die Auslegerrolle anlaufen kann, wird dessen Bewegung durch eine selbstthätig wirkende Vorrichtung, welche der Firma! patentiert ist (D. R. P. Nr. 97500), rechtzeitig begrenzt. Textabbildung Bd. 315, S. 450 Fig. 6 Durch ein Zahnräderpaar wird von der Trommelwelle aus eine Achse angetrieben, auf welche flaches Gewinde geschnitten ist. Eine durch ein Hängegewicht an der Drehung verhinderte Laufmutter schraubt sich auf dieser Spindel hin und her, während eine zweite Mutter fest auf der Spindel sitzt. Beide Muttern besitzen gegeneinander gekehrte Nasen, die sich treffen, wenn sich der Lasthaken der Rolle auf ein gewisses Mass genähert hat. Die bewegliche Mutter nimmt nun an der Drehung teil und ein an ihr befestigter Arm zieht mittels eines Kettchens den Steuerhebel auf seine Bremsstellung, um den Motor still zu setzen. Durch den patentierten Ausschaltungsmechanismus ist dafür gesorgt, dass der Steuerhebel nicht über seine Bremsstellung hinaus bewegt werden kann und infolgedessen sich die Hubbremse lösen würde. Die Bewegungen des Drehwerks und Fahrwerks werden von der verlängerten Motorwelle abgenommen; die Umschaltung für die eine oder andere Kranbewegung geschieht durch eine einfache Kuppelung, welche von Hand bedient wird. Auf der Motor welle selbst befindet sich ferner eine elastische Kuppelung, welche zugleich als Bremsscheibe für die Ankerbremse des Dreh- resp. Fahrwerks ausgebildet ist. Das Drehwerk besitzt einen auf der verlängerten Motorwelle angebrachten zweigängigen, aus Stahl hergestellten und gehärteten Wurm mit Stahlkugellagerung und ein dazu gehöriges gefrästes Wurmrad, welche in einem geschlossenen gusseisernen Gehäuse vollständig unter Oel laufen. Die Wurmradachse trägt an ihrem unteren Ende ein Gussstahltrieb, das an dem festliegenden Zahnkranz abrollt und die Drehung des Krans hervorbringt. Vier gussstählerne Laufräder, welche auf einem abgedrehten Stahlschienenkranz laufen, übertragen den Lastdruck auf das Portal. Das Fahrwerk schliesst sich mittels Rohhauttriebes und gefrästem Stirnrad ebenfalls an die verlängerte Motorwelle an. Die Bewegung des Motors wird dann durch eine eingekapselte Wurmradübersetzung, deren Wurmradwelle durch den Königszapfen hindurchgeführt ist und einigen Wellen mit konischen Getrieben auf die gussstählernen Laufräder übertragen. Die Zugänglichkeit des Krans ist durch Leitern am Portal und Schnabel sowie durch eine auf dem Portal befindliche Plattform bequem gemacht. Das Kranhaus ist solid aus genutetem Holz gefertigt und dessen Dach mit Zinkblech beschlagen. Die Durchgangsöffnung der Seile besitzt Schutzvorrichtungen, um das Eindringen von Regen und Schnee in das Innere des Gehäuses zu verhindern. Elektrische Beleuchtung ist in Form von festen und transportablen Glühlampen vorgesehen. Die Geschwindigkeiten der Kranbewegungen, welche langjährigen praktischen Erfahrungen entsprechen, sind folgende: Heben: 0,4 bezw. 0,8 m/Sek. je nach Anwendung der losen Rolle, Drehen: 1,5 m/Sek. am Haken, Fahren: 0,2 m/Sek. Der Stromverbrauch eines Kranspiels, zusammengesetzt aus nachstehenden Bewegungen, ist zu etwa 120 Watt-Stunden garantiert. Heben von 1500 kg auf 10 m, Drehen der Last um 180°, Absetzen der Last um 2 m, Heben des leeren Hakens um 2 m, Zurückdrehen ohne Last um 180°, Ablassen des leeren Hakens um 10 m. Der Kran ist im stände 25 Kranspiele pro Stunde zu leisten; bei Anwendung eines Exkavators von 1,75 cbm Inhalt, welcher etwa 1300 kg Kohlen fasst, können demnach bei 10stündiger Arbeitszeit täglich etwa 325 t Kohlen gefördert werden. Vorstehende Konstruktion soll sich in zahlreichen, gleichen und ähnlichen Ausführungen vorzüglich bewährt haben.