Titel: Neue Packung für hohen Wasserdruck.
Autor: R. M. Daelen
Fundstelle: Band 316, Jahrgang 1901, S. 99
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Neue Packung für hohen Wasserdruck. Von R. M. Daelen, Düsseldorf. Neue Packung für hohen Wasserdruck. In meinem Berichte Die Presse mit hohem Wasserdruck im Eisenhüttenbetriebe in Stahl und Eisen, Nr. 4, 1892, habe ich der Ansicht Ausdruck gegeben, dass dieselbe den stets wachsenden Anforderungen an die Uebertragung der Naturkräfte zum Bewegen und namentlich zum Bearbeiten der Metalle entsprechend entwickelt, und nicht etwa durch andere, z.B. die elektrischen Einrichtungen, verdrängt werden konnte, wie solches jetzt teilweise den Niederdruckpressen widerfährt, weil nämlich das Hochdruckwasser zur Erzeugung von so grossen Druckwirkungen angewendet wird, dass diejenigen Mechanismen, welche meistens zur Uebertragung der elektrischen Kraft dienen, nicht mehr in Frage kommen können. Der Bau von vielen grossen Pressen bis zu 15000 t Druck hat seit der Zeit mancherlei Gelegenheit zur Sammlung von Erfahrungen und zur Anwendung von Neuerungen gegeben, indessen ist die damals bezeichnete Grenze für die Pressung des Druckwassers von 500 kg im praktischen Betriebe nur ausnahmsweise überschritten worden, obgleich sich dort ergeben hat, dass die Dichtigkeit des Stahls, aus welchem die Cylinder und Kolben bestehen, für 1500 kg und darüber ausreichend und es behufs Verminderung der Durchmesser derselben sehr wünschenswert ist, auf einen so hohen Druck übergehen zu können. Die Ursache dafür, dass dieses bis jetzt nicht allgemein geschehen ist, liegt darin, dass man für die Abdichtung zwischen Kolben und Cylinderwand noch immer auf den Lederstulp angewiesen ist, vermittelst dessen zwar ein genügender Abschluss auch bei dem höchsten Druck zu erzielen ist, dessen Nebeneigenschaften aber höchst unvorteilhafte sind. Zunächst ist die Grenze des Durchmessers eines geschlossenen Stulpenringes durch die Grosse der Ochsenhaut mit etwa 1200 mm gegeben, so dass der Bruttodruck 5650 t beträgt, und mithin ein Cylinder für die grossen Pressen nicht genügt, vielmehr für Schmiedepressen bis zu drei genommen werden müssen, was für deren Einrichtung nicht unbedingt günstig ist. Der grösste Uebelstand besteht aber in der zerstörenden Wirkung der Reibung auf das Leder und namentlich auf die Metall flächen, denn unter dem hohen Druck und in Gegenwart des Wassers haftet kein Schmiermittel und wirkt in Verbindung mit demselben bei der geringsten Undichtigkeit störend auf den Betrieb, so dass immer reines Wasser vorgezogen wird. Die geriebenen Wände von Cylinder oder Kolben verlieren sehr baldihre ursprüngliche Glätte und unterliegen dann einer stetig fortschreitenden Abnutzung, während die oft durch das Wasser mitgeführten Unreinigkeiten in den meisten Fällen rapide zerstörend wirken. Es ist klar, dass hiergegen nur durch eine Einrichtung des abdichtenden Mittels Abhilfe zu schaffen ist, nach welcher dasselbe nicht, wie bisher, fortschreitend an die feststehende Metallwand angedrückt wird oder umgekehrt, sondern sich in dem Masse an dieselbe anschmiegt, als der bewegte Teil Raum gibt, so dass sie nicht einer reibenden Bewegung ausgesetzt ist, sondern ein Abwickeln der Packung auf die Cylinderwand oder die Kolbenoberfläche erfolgt. Zu dem Zwecke werden die Voraussetzungen, unter welchen bisher das Packungsmaterial angewendet wurde, dahin abgeändert, dass dieses bei der Bewegung der abzudichtenden Teile selbst nur solche Bewegungen macht, welche nur eine Abdichtung, aber keine Reibung zur Folge haben. Das elastische Packungsmaterial, z.B. Gummi, wird nämlich derart im Druckcylinder angebracht, dass es den Hohlraum, welcher der Bewegung des Kolbens entspricht, stets ausfüllt und dient daher ausserdem noch zur Druckübertragung, welche durch Deformieren des Packungsmaterials ermöglicht ist. Zwischen dem elastischen Packungsmaterial und der Cylinderwandung finden alsdann nur solche Bewegungen statt, welche keine Reibung, sondern nur eine Abwickelung des Packungsmaterials auf der Cylinderwand zur Folge haben. Dieses Prinzip der Uebertragung des Druckes durch das Packungsmaterial auf den Arbeitskolben kann in verschiedener Weise angewendet werden. Entweder wird das Packungsmaterial als hohler Körper, z.B. als Gummisack, ausgebildet, in dessen Innenraum das Druckmittel, z.B. Druckwasser, eingeführt wird, oder das Packungsmaterial hat die Form einer Mulde, in deren Höhlung das Druckwasser eintritt und deren Rand infolge der Stulpwirkung oben stehen bleibt. Diese Anordnung ermöglicht zugleich eine Druckübertragung ohne Anwendung eines in den Cylinder eingeführten flüssigen oder gasförmigen Mediums, lediglich durch den elastischen Körper selbst. Infolgedessen kann der Druck auch unter Druckübersetzung durch den elastischen Körper selbst übertragen werden. Schliesslich kann dasselbe Prinzip der Druckübertragung auch an Stelle der Patrizen in Formgebungspressen Anwendung finden. Die Erfindung ist in der Zeichnung in den verschiedenen Ausführungen dargestellt und zwar zeigen: Fig. 1 bis 3 die Anwendung eines hohlen elastischen Körpers zur Druckübertragung im Druckcylinder. Fig. 4 und 5 die Anwendung eines muldenförmigen elastischen Körpers im Druckcylinder. Fig. 6 die Anwendung eines vollen elastischen Körpers zwischen Druckkolben und Arbeitskolben. Fig. 7 zeigt die Anwendung eines hohlen elastischen Körpers an Stelle der Patrize in einer Formgebungspresse. Textabbildung Bd. 316, S. 100 Fig. 1. Textabbildung Bd. 316, S. 100 Fig. 2. Textabbildung Bd. 316, S. 100 Fig. 3. Textabbildung Bd. 316, S. 100 Fig. 4. Textabbildung Bd. 316, S. 100 Fig. 5. Textabbildung Bd. 316, S. 100 Fig. 6. Textabbildung Bd. 316, S. 100 Fig. 7. Gemäss Fig. 1 ist a ein Pumpenstiefel, dessen Innenraum gegen die Bohrung, in welcher der Tauchkolben b geführt wird, abgedichtet werden soll. Zu dem Zweck erfolgt die Uebertragung des durch das Druckwasser ausgeübten Druckes durch den im Innern des Pumpstiefels a befindlichen Gummisack c, in welchem durch das Rohr e Druckwasser eintritt, und aus welchem das Druckwasser durch das Rohr d nach vollzogener Wirkung und Umsteuerung austritt. Beim Eindringen des Tauchkolbens b in den Innenraum des Cylinders wird der Gummisack c zusammengedrückt, bei der entgegengesetzten Bewegung wieder ausgedehnt. Vorausgesetzt, der Kolben b nähme die in Fig. 1 punktierte Stellung ein, so wird, sobald Druckwasser durch e eintritt, der Gummisack c ausgedehnt und die gezeichnete Form annehmen, während der Kolben b in die in ausgezogenen Linien gezeichnete Stellung zurückkehrt. Bei der entgegengesetzten Bewegung des Kolbens b tritt das Wasser durch das Rohr d aus und der Gummisack c wird wieder zusammengedrückt. Es ist ersichtlich, dass die Abdichtung zwischen dem Kolben b bezw. seiner Führung und dem Innenraum des Pumpenstiefels a nur durch solche Bewegungen des Gummisackes c erreicht wird, welche keine Reibung, sondern nur ein Anschmiegen der elastischen Teile zur Folge haben. Gemäss Fig. 2 ist die Anordnung dahin abgeändert, dass der Gummisack c oben an dem Pumpenstiefel a und unten an dem Kolben b befestigt ist und daher ausgedehnt wird, sobald Druckwasser durch d eintritt, indessen zusammengezogen wird, sobald der Kolben sich zurückbewegt und das Druckwasser durch dasselbe Rohr d wieder austritt. In Fig. 3 ist die Anwendung desselben Prinzips auf demArbeitscylinder einer Presse dargestellt, a ist der Arbeitscylinder, b der Arbeitskolben, c der Gummisack, d das Zu- und Ableitungsrohr für das Druckwasser. Tritt das Druckwasser in den Gummisack c ein, dann wird dasselbe ausgedehnt und der Kolben b entsprechend dieser Ausdehnung verschoben. Die Rohre d bezw. e in Fig. 1 bis 3 werden im Innern von dem Gummisack c stulpförmig umgeben. Anstatt den Gummikörper c sackförmig zu gestalten, und das Zuleitungsrohr für das Druckwasser in sein Inneres hineinzuführen, kann derselbe auch muldenförmig gemäss Fig. 4 hergestellt werden. Der Rand g bildet alsdann einen Stülp und wird durch den Wasserdruck so fest gegen die Cylinderwand gedrückt, dass er oben stehen bleibt und die übrige Masse durch das Wasser verdrängt wird, wie in Fig. 5 dargestellt ist. Das Anhaften des Randes g an der Cylinderwand wird begünstigt, wenn man einen Metallring f in die Mulde einklemmt. Dasselbe Prinzip der Druckübertragung durch das Packungsmaterial kann auch in den Fällen, in welchen der Druck nicht durch das Druckwasser oder andere Flüssigkeit oder luftförmige Mittel ausgeübt wird, sondern durch einen Druckkolben auf den Arbeitskolben von grösserem Durchmesser, also zur Druckübertragung benutzt werden. Eine solche Ausführungsform ist in Fig. 6 dargestellt. In diesem Falle wird ein voller elastischer Körper c gewählt und zwischen dem Druckkolben b und dem Arbeitskolben h des Arbeitscylinders a angeordnet. Der Druckkolben b wird auf beliebige Weise angetrieben. Bei seinem Eindringen in den elastischen Vollkörper c wird ein Teil der Masse des letzteren verdrängt und der Arbeitskolben h wird nach Massgabe dieser Verdrängung, jedoch mit entsprechend verringertem Hube bewegt. Fig. 7 stellt einen Fall dar, in welchem sowohl ein hohler, als auch ein voller, elastischer Körper zur Druckübertragung benutzt werden kann, und zwar an Stelle der Patrize in Formgebungspressen. In der Zeichnung ist nur die Anwendung eines Hohlkörpers dargestellt. k ist die Matrize, in welcher die Platte (oder Schale) i ihre Form erhalten soll. Wird in den Gummisack c durch das Rohr d Druckwasser eingelassen, so wird die Platte i in die Matrize k gedrückt. Dieselbe Wirkung tritt ein, wenn an Stelle des Hohlkörpers ein Vollkörper gemäss Fig. 6 gewählt wird. In allen vorstehenden Fällen wird die reibende Bewegung zwischen dem elastischen Körper c und dem Kolben durch die Dehnungsfähigkeit des elastischen Materials aufgehoben und die Abdichtung infolge der Härte des letzteren bewirkt, ohne dass Lederstulpen erforderlich sind, wenn der Kolben möglichst anschliessend im Cylinder geht. Der Druck kann demgemäss auf 1000 und mehr Atmosphären erhöht und der Durchmesser des Cylinders so bemessen werden, wie die Festigkeit des Materials es zulässt. Es ist klar, dass die beschriebenen Umstände für die Haltbarkeit des elastischen Gummis die denkbar günstigsten sind, denn dieselbe ist bekanntlich erheblich grösser in der Bewegung als in der Ruhe, und der Gummi verhält sich gegen Druck wie jede Flüssigkeit. Ein Schmiermittel von lange dauernder Wirkung kann ohne Schwierigkeit von aussen zwischen Gummi und Cylinderwand eingeführt werden, und die Abdichtung erfolgt stets sofort beim Eintritt des Druckwassers, so dass nicht wie jetzt in manchen Fällen zuerst ein Verlust entsteht, bis die Stulpen sich dicht angelegt haben. Um bei sehr hoher Pressung ein etwaiges Eintreten des Gummis zwischen Kolben und Cylinderwand zu verhüten, wird der Rand des ersteren leicht erhöht, so dass ein Anschmiegen erfolgt, ähnlich der Wirkung der Metallmanschette, aber ohne die grosse Reibung derselben zu verursachen. Ein wichtiger Vorzug dieser Art der Packung besteht darin, dass nunmehr die Cylinder und Kolben aus Stahlformguss hergestellt werden können, ohne dass zu fürchten ist, dass ein so teueres Stück verworfen werden muss, wenn bei beinahe vollendeter Fertigstellung sich eine kleine Pore in der gebohrten Fläche zeigt, denn solche ist gegen Druckwasser nicht verstopfbar, wohl aber gegen das Eindringen des Gummis. Somit ist anzunehmen, dass durch diese Neuerung der Anwendung der Hochdruckpressen in Gewerbe und Industrie der Weg in weiterer Weise geebnet wird und grosse Ersparnisse in Anlage und Betrieb erzielt werden.