Titel: Ueber die Zugfestigkeit hartgelöteter Kupfer- und Messingdrähte.
Fundstelle: Band 316, Jahrgang 1901, S. 130
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Ueber die Zugfestigkeit hartgelöteter Kupfer- und Messingdrähte. Ueber die Zugfestigkeit hartgelöteter Kupfer- und Messingdrähte. R. SchwirkusS. a. D. p. J. 1898 307 94. in Charlottenburg berichtet in der Deutschen Mechanikerzeitung, 1900 S. 233, über Versuche, die er mit solchen Drähten gemacht, das Nachstehende: Vor den Versuchen, die in mehreren Reihen ausgeführt wurden, sind alle Drähte gleichmässig ausgeglüht, dann die zu verbindenden, wie bei der Kabelfabrikation üblich, ein wenig abgeschrägt und in diesem Zustande unter Anwendung von Borax in einer Gasflamme sorgfältig zusammengelötet worden, wobei jeder unnötige Ueberschuss an Lot, welcher die Lötstelle verdickt hätte, vermieden wurde. Diese Lote sind seitens der Firma Max Cochius in Berlin S., welche dieselben zuerst in den Handel gebracht hat, mit der unzutreffenden Bezeichnung „Silberschlaglot“ Nr. I, II und III belegt worden, wodurch man in die irrige Meinung versetzt werden kann, sie seien stark silberhaltig und zum Löten von Silber bestimmt, während sie in erster Linie zum Löten von Messing verwendet werden sollten. Die Resultate sind in nachstehenden Tabellen in Mittelwerten angegeben. Hierbei ist zu bemerken, dass der Bruch der Lötungen nur bei Kupfer und den mit Nr. I gelöteten Messingdrähten in allen Fällen erfolgte, während merkwürdigerweise die weniger hämmerbaren Lötungen mit Nr. II und III die Zugfestigkeit des Messings mitunter übertrafen. In diesen Fällen riss der Draht stets etwa 1 bis 3 cm neben der Lötung; der Grund für diese Erscheinung wird wohl in Gefügeveränderungen des Messingsbeim Erhitzen in der Gasflamme zu suchen sein. Diese Versucht ergaben indessen durchweg die höchsten Werte und sind im Mittel berücksichtigt worden, obwohl die Lötungen unversehrt geblieben waren. Jedenfalls zeigen die Resultate, dass die Zugfestigkeit der Lötungen derjenigen des verwendeten Messings sehr nahe steht, zum Teil sogar ihr gleich ist. A. Kupferdraht. Durchmesser 2,3 mm. Mittlere Länge des eingespannten, gezogenen Teils 138 mm. Draht Zugfestigkeit Dehnung Belastung bis zum Bruch Grenzwertekg MittlereBruch-grenzekg also kgpr. qmm % Grenzwerte% Ungelötet 102 u. 105 104 25,3 30,0 29,0 u. 31,5 Gelötet m. Silberschlag-    lot Nr. I   75  „  82   79 19,3 14,1 13,3 „ 14,6 Gelötet m. Silberschlag-    lot Nr. II   70  „  87   76 18,5 14,0 13,0 „ 16,1 Gelötet m. Silberschlag-    lot Nr. III   65   „  80   68 16,6 12,3 10,2 „ 15,0 B. Messingdraht. Durchmesser 2 mm. Mittlere Länge des eingespannten, gezogenen Teils 80 mm. Druck Zugfestigkeit Belastung bis zum Bruch Grenzwerte kg MittlereBruch-grenzekg alsokg pr. qmm Ungelötet 97 u. 104 98 31,6 Gelötet mit Silberschlaglot Nr. I 75  „   88 81 26,1       „      „              „            „   II 90  „   98 95 30,6       „      „              „            „   III 87  „   98 91 29,4 Bei dem Vergleich der Zugfestigkeiten beider gelöteten Metalle fällt es auf, dass die des Kupfers etwas kleiner ist. Hierzu wird Folgendes bemerkt. Jedes Lot erhält während des Fliessens eine etwas andere Zusammensetzung, da stets eine geringe Menge des zu lötenden Metalls in das erstere übergeht. Es ist dies eine in ihrer Wirkung längst bekannte, aber viel zu wenig beachtete Erscheinung. Beim Löten von Aluminium tritt z.B. dieser Umstand besonders stark hervor und bildet den Grund der geringen Haltbarkeit der Lötungen; ferner wird beim Umrühren irgend eines glühendflüssigen Metalls mit einem blanken Eisenstabe Eisen von letzterem an ersteres abgegeben, sobald seine Temperatur die des Metallbades erreicht hat, während dieses eine Oberflächenlegierung mit dem Eisen eingeht. Es findet also in allen solchen Fällen ein Auflösungsprozess statt, bei dem Teile des festen Metalls in das flüssige übergehen. Ganz derselbe Vorgang ist auch beim Hartlöten zu bemerken. Das Abschrecken des flüssigen Lotes in Wasser geschieht bei der Herstellung nur des leichteren Zerteilens wegen, es führt aber eine Erniedrigung des Schmelzpunktes herbei und gibt dem erhaltenen gekörnten Lot eine viel höhere Härte als es in geglühtem Zustande besitzt; trotzdem weist die Lötung eine höhere Festigkeit als die des geglühten Korns auf. Das geglühte, also weich gemachte Silberschlaglot Nr. II lässt sich z.B. mit einiger Mühe noch im Mörser stossen, man würde also die Art der Festigkeit des Korns mit „bröcklich“ bezeichnen müssen; trotzdem zeigen die damit auf Messing ausgeführten Lötungen eine so hohe Zähigkeit, wie sie von keinem anderen hier in Frage kommenden Lote, ausser mit dem Silberschlaglot Nr. I erreicht wird; die in der Zeitschrift für Instrumentenkunde, 1894 Nr. 14 S. 229 und 234, beschriebenen Untersuchungen der Hämmerbarkeit beweisen dies. Die hohe Festigkeit der Lötungen kann also nur dadurch zu stände gekommen sein, dass das Lot während des Fliessens Kupfer und Zink im günstigsten Verhältnis dem glühenden Messing entnommen hat. Nun ist in derselben Publikation auf S. 233 angegeben, dass die Hämmerbarkeit eines Lotes bezw. der Lötung nicht, wie man annehmen sollte, mit zunehmendem Kupfergehalte wächst, sondern dass ein Lot mit 48 bis 52% Kupfer die grösste Hämmerbarkeit besitzt. Letztere Gesetzmässigkeit gilt allerdings nur für Lote, welche aus reinem Kupfer und Zink bestehen. Legierungen mit höherem Prozentsatz an Kupfer sind, soweit sie noch als Hartlote in Betracht kommen, zwar weicher, aber nicht zäher und auch entsprechend schwerflüssiger. Nur das Silber besitzt von allen hier in Frage kommenden Metallen die Fähigkeit, bei genau erwogenem Zusatz den Kupfer-Zink-Loten eine höhere Zähigkeit und zugleich einen niedrigeren Schmelzpunkt zu geben, so dass man im stande ist, den Kupfergehalt an die äusserste zulässige Grenze zu rücken, wodurch es möglich wird, die ursprüngliche Zähigkeit um den eineinhalbfachen bis doppelten Betrag zu erhöhen. Das letztere kann naturgemäss nur dann zutreffen, wenn das zu lötende Metall dem Lot ähnlich ist, also eigentlich nur bei Messing, wie dies ja auch die Zugfestigkeitsbestimmungen beweisen. Beim Löten von anderen Metallen mit Silberschlaglot wird sich daher auch der Einfluss der Veränderung des ersteren in verschiedener Weise zeigen; bei reinem Kupfer gelangt nur dieses Metall in das Lot und die Folge hiervon spricht sich klar in der etwas verminderten Zugfestigkeit aus. Es erscheint zweifelhaft, ob es überhaupt ein Lot gibt, welches für Kupferlötungen dieselbe Festigkeit gewährleistet wie die ermittelten Silberschlaglote. Selbst reine Kupfer-Silber-Legierungen können wegen des hohen Schmelzpunktes nicht dazu verwandt werden, auch bleibt es fraglich, ob grössere Silberzusätze, die nicht einmal die wünschenswerte Erniedrigung des Schmelzpunktes zur Folge haben, nicht die Festigkeit der Lötungen in ungünstigem Sinne beeinflussen. Die Eigentümlichkeit der Lote, durch das Fliessen auf anderem Metall verändert zu werden, ist, um dies ausdrücklich hervorzuheben, nicht etwa nur bei den sogen. Silberschlagloten, sondern bei allen Loten ohne Ausnahme in grösserem oder geringerem Umfange vorhanden und wird bei Hartloten einerseitsdort einen ungünstigen Einfluss erkennen lassen, wo der Kupfergehalt bereits an der zulässigen Grenze liegt oder diese bereits überschritten hat, während andererseits manche Lote, deren Kupfergehalt jene Grenze noch nicht erreicht hat und infolgedessen eine geringe Zähigkeit besitzen, eine Verbesserung erfahren. Irgend eine Gesetzmässigkeit lässt sich dafür bei der ausserordentlich verschiedenen Zusammensetzung der existierenden Hartlote nicht angeben, allein diese Erscheinung kann unter gewissen Umständen, wie im folgenden dargestellt werden soll, zur direkten Gefahr bei verantwortungsvollen Arbeiten werden. Wird nämlich ein auf Kupfer oder Messing befindliches, bereits geflossenes und erstarrtes Hartlot nochmals oder mehrmals zum Fliessen gebracht oder zu lange im Fluss gehalten, was bei ungleich fliessendem Lot sehr oft vorkommt, so wird die Festigkeit der Lötung durch die bei dieser Behandlung auftretende stärkere Veränderung des Lotes auch stärker beeinflusst und kann dabei wesentlich herabgesetzt werden. Diese Festigkeitseinbusse ist bei den verschiedenen Loten ebenfalls verschieden, scheint aber bei den Silberschlagloten am geringsten zu sein. Bei den anfänglich ausgeführten Festigkeitsversuchen wurde bemerkt, dass einige Lötungen geringere Festigkeit besassen, obwohl dieselben ebenso tadellos erschienen wie die übrigen. Einige Drähte waren nämlich ursprünglich schief zusammengelötet und dann durch neues Erwärmen gerade gerichtet worden, bei manchen musste dies mehrmals geschehen. Durch einige Versuche konnte festgestellt werden, dass gerade das erneute Erwärmen des bereits geflossenen Lotes die Verminderung der Zugfestigkeit bedingt hatte. Zu diesem Zweck wurden einige Kupferdrähte mit Nr. II, dem zähesten Silberschlaglot, gelötet und dann das Lot nach dem Erstarren bis dreimal aufs neue zum Fluss gebracht, ohne es jedoch zu verbrennen. Ebenso wurden einige andere Drähte mit einem mittelflüssigen Kupfer-Zink-Lot gelötet und ausser dreien ebenso behandelt. In allen Fällen wurden zur Prüfung nur tadellose Lötungen verwendet. Es zeigte sich nun deutlich, dass alle auf genannte Weise hergestellte Lötungen geringere Festigkeit besassen. Bei dem Silberschlaglot lag sie nur wenig unter dem oben angegebenen unteren Grenzwert, die Festigkeitseinbusse betrug im ungünstigsten Falle nur 15% vom normalen Mittelwert. Bei den mit dem anderen Lot hergestellten Lötungen war das Resultat viel schlechter. Die normale mittlere Zugfestigkeit betrug 62 kg gegen 76 kg des Silberschlaglotes und die der wiederholten Lötungen nur 41 kg im ungünstigsten Fall, d.h. die Zugfestigkeit war um volle 34% gesunken, während die Lötungen mit Silberschlaglot noch eine Belastung von 59,5 kg ertrugen. Beide Lote besassen übrigens denselben Gehalt an Kupfer und Zink, es ist deshalb anzunehmen, dass auch ihre Veränderung in der Zusammensetzung annähernd in derselben Weise vor sich gegangen ist. Wenn nun das Kupfer-Zink-Lot eine erhebliche Verschiebung seines Kupfergehaltes erkennen lässt, so ist andererseits aus der nur wenig verminderten Festigkeit der mit dem Silberschlaglot hergestellten Drahtverbindungen die gute Wirkung des geringen Silberzusatzes ersichtlich. Obwohl man nun keinen Anhalt dafür hat, wie andere Lote sich bei dieser Behandlung verhalten, so bleibt es zu bedenken, dass die etwa an einem Kabel ausgeführten Lötungen ja nicht mehr auf Zugfestigkeit geprüft werden können, sondern so verwendet werden müssen, wie sie ausgefallen sind. Es fehlt daher jede Kontrolle, ob sie den Anforderungen entsprechen, auch wenn die Zugfestigkeit einer normalen Lötung anfänglich für ausreichend erachtet worden ist. Bedenkt man nun, dass solche Lötungen, deren Festigkeit auch durch die Art der Behandlung eine wesentliche Verminderung erfahren hat, womöglich noch des Glättens wegen durch Zieh eisen gezogen oder sonst stark gezerrt oder gebogen werden, wodurch sich das Gefüge ändert, so kann man unschwer den Grund von Brüchen entdecken. Die letzten Resultate lehren, wie ausserordentlich wichtig es ist, dass die für verantwortungsvolle Arbeiten bestimmten Lote bei jedem neuen Bezüge auch stets die gleichen Eigenschaften haben. Wer will aber bei der althergebrachten, überall noch heute gebräuchlichen Herstellungsmethode der Hartlote z.B. auch nur für das Einhalten eines bestimmten Prozentsatzes von Zink einstehen? Hingegen wird bei der Fabrikation der in der vorliegenden Mitteilung besprochenen Silberschlaglote das in der citierten VeröffentlichungVgl. Zeitschrift für Instrumentenhunde, 1894 Nr. 14 S. 227. angegebene Verfahren, wie sich der Verfasser überzeugen konnte, genau angewendet, bei dessen Ausübung jeder Zinkverlust vermieden wird, so dass die richtige Zusammensetzung des Lotes analytisch nachgewiesen und somit thatsächlich die Gleichartigkeit und die Unveränderlichkeit der Eigenschaften der fertigen Produkte garantiert werden kann. Es scheint, wie R. Schwirkus berichtet, gerechtfertigt zu sein, die Technik und speziell die Elektrotechnik auf die sogen. Silberschlaglote hinzuweisen. Die ausgeführten umfangreichen Untersuchungen lassen erkennen, dass namentlich Nr. I und II der genannten Lote beim Gebrauch auf Kupfer und seinen Legierungen alle anderen, im wesentlichen aus Kupfer-und Zinkhergestellten Hartlote an Güte weit übertreffen, da selbst ungeschickt ausgeführte Lötungen noch ausreichende Festigkeit ergeben.