Titel: Neue Nebenvorrichtungen zur Zugsicherung auf Eisenbahnen.
Fundstelle: Band 316, Jahrgang 1901, S. 646
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Neue Nebenvorrichtungen zur Zugsicherung auf Eisenbahnen. Neue Nebenvorrichtungen zur Zugsicherung auf Eisenbahnen. I. Selbstthätiges Knallsignal von Cousin, Rochatte und Soubrier. Wie hier schon mehrfach des näheren erläutert worden ist (vgl. D. p. J. 1892 287 162; 1894 292 135; 1897 306 135), sind jene gefährlichen Umstände ziemlich mannigfach, welche es mit sich bringen können, dass ein mit sichtbaren Eisenbahnsignalen erteiltes Fahrverbot nicht rechtzeitig wahrgenommen oder auch missverstanden wird. Ein solcher Fall hatte sich beispielsweise in der Nacht vom 5. August 1899 bei Juvisy auf der Orleansbahn ereignet, weil die Laterne eines Mastsignals ungenügend hoch aufgezogen und deshalb von der roten Glasbrille des Signalflügels nicht gehörig bedeckt war. Der Maschinenführer eines die Stelle passierenden Zuges überfuhr das Signal in der Meinung, dass es die Fahrt erlaube, und veranlasste hierdurch einen schweren Zusammenstoss. Infolge dieses Unfalles lud der Minister für öffentliche Arbeiten die grossen französischen Eisenbahnen mittels Erlasses vom 18. September 1899 ein, Vorversuche vorzunehmen für die Einführung selbstthätiger Einrichtungen, welche in irgend einer drastischen Weise die auf der Strecke erteilten Haltsignale auf den Lokomotiven der fahrenden Züge rechtzeitig wahrnehmbar machen, wobei es wünschenswert wäre, dass die betreffenden Apparate zugleich anzeigen und feststellen, ob eine Ueberfahrung des Haltsignals stattgefunden habe, wo und mit welcher Fahrgeschwindigkeit. Dieser Aufforderung des Ministers entsprechend haben seither alle grossen Eisenbahnen Frankreichs in der angeregten Richtung Versuche angestellt, ausgenommen die Französische Nordbahn, welche bekanntlich bereits seit 1872 einschlägige Einrichtungen, nämlich die elektrische Lokomotivpfeife von Lartigue und Forrest besitzt, deren Aufgabe darin besteht, zu ertönen oder über dem zugleich die Zugbremse wirksam zu machen, sobald ein auf „Halt“ stehendes Stations- oder Zugdeckungssignal (Blocksignal) überfahren wird. Gelegentlich der obgedachten, jüngsten praktischen Studien kamen vier neue Vorrichtungen zurErprobung, nämlich Apparate von Cousin, Rochatte und Soubrier, dann solche von Marin, von Vilpon und von Neyten und Querpooud, von denen jedoch bislang nur die zuerst angeführten im grösseren Massstabe versucht wurden, insofern zur Zeit, wie die Revue industrielle vom 27. Juli 1901 berichtet, 26 Lokomotiven und eine Reihe von Hauptstationen der Französischen Staatsbahnen damit ausgerüstet sind. Die genannte Einrichtung von Cousin, Rochatte und Soubrier besteht aus einem Knallsignal, das auf der Lokomotive zur Wirksamkeit kommt, sobald diese eine ins Geleis gelegte, mit dem Streckensignal verbundene Anlaufschiene überfährt, vorausgesetzt, dass diese knieförmig gebogene Schiene genügend hoch liegt, um auf einen an der Lokomotive angebrachten Drehhebel einwirken zu können. Letzteres ist jedoch stets der Fall, sobald das sichtbare Signal auf der Strecke „Halt“ zeigt, während die Anlaufschiene im anderen Falle, wenn das Signal die Fahrt erlaubt, eine so tiefe Lage einnimmt, dass die Lokomotive unbeeinflusst darüber wegfährt und also die Auslösung des Knallsignals unterbleibt. Wie man sieht, entspricht diese Anordnung, was das Grundsätzliche daran anbelangt, ganz denjenigen einer grossen Zahl anderer ähnlicher Warnungs- oder Mahnungssignale, doch besitzen die Einzelnheiten manches Eigentümliche und mehrfache Vorzüge, wodurch sich eben die französische Staatsbahn veranlasst gefunden hat, den erweiterten Versuch anzuordnen. Der im Fahrgeleise der Bahn anzubringende Teil, nämlich die Anlaufschiene p (Fig. 1), ist auf einem Stahlblechgestell ll gelagert, welches im Geleise, 200 mm vom linken Schienenstrang entfernt, parallel zur Geleiseachse auf zwei der gewöhnlichen hölzernen Bahnschwellen m1 und m2 des Oberbaues durch Schraubennägel festgehalten wird. Die um a drehbare Anlaufschiene p besteht aus einem 65 mm breiten -Eisen, dessen Steg zunächst der Drehachse a und an der Nase n durch beiderseits angenietete Zulageplatten verstärkt ist; zur teilweisen Entlastung trägt das eine Ende ein Gegengewicht g, während das vordere, schräg abgebogene Ende c in dem Schlitze eines Bügels b Führung und Anschlag besitzt. Die aus Gussstahl hergestellte, auf der Achse z festgekeilte Daumenscheibe d steht, wenn die Anlaufschiene hochgehoben ist, mit ihrem äussersten Rande unter der Nase n, wie es Fig. 1 darstellt, während bei der tiefsten Stellung die Nase n ganz in der Einkerbung i liegt. Auf der Drehachse z sitzen, rechts und links neben der Daumenscheibe d, noch zwei kreisrunde Nutscheiben r2 und r3 (in der Zeichnung ist nur r2 teilweise sichtbar, r3 hingegen als weggenommen gedacht) fest, von denen die eine durch ein Drahtseil k2 mit einem bei q angedeuteten Hängegewicht in Verbindung steht, welches sich in einem in die Kiesbettung des Fahrgeleises eingebauten Gewichtsrohr f auf und nieder bewegen kann. An der zweiten Nutscheibe schliesst hingegen das Seil oder die Kette k1 an, welche im Winkel über die Leitrolle r1 laufend mit der Stellvorrichtung des zugehörigen Streckensignals (allenfalls auch einer Drehbrücke, einer Ueberwegschranke o. dgl.) in Verbindung gebracht ist. Dabei entspricht der nachgelassene Drahtzug stets dem Fahrverbote, der angezogene hingegen der Signallage für „Freie Fahrt“. Würde also beispielsweise das zur Bedienung der geschilderten Anlaufschiene bestimmte Stück der Drahtzugvorrichtung reissen, so würde die Anlaufschiene durch die Wirkung des im Rohre f niedergehenden Gewichtes für alle Fälle in die Gefahrlage gehoben werden. Textabbildung Bd. 316, S. 647 Fig. 1.Selbstthätiges Knallsignal von Cousin, Rochatte und Soubrier; Seitenansicht der Anlaufschiene. Textabbildung Bd. 316, S. 647 Fig. 2.Vorderansicht des Knallsignalapparates. Der in einem gusseisernen Kästchen B (Fig. 2) mit Hilfe einer Hängeplatte WW am Lokomotivgestelle angebrachte Knallsignalapparat befindet sich stets an der Führerseite der Maschinen. Auf der anderen Seite ist gegenüber WW lediglich ein starkes Wangenblech an das Lokomotivgestelle genietet, welches das zweite Lager für die Welle w (Fig. 2 bis 4) trägt. Diese letztere bildet nämlich mit ihren Armen t und mit dem aussen an der Hängeplatte WW (Fig. 2 und 3) angebrachten Winkelhebelh1h2 das zwischen den Anlaufschienen in der Strecke und der Signalvorrichtung der Lokomotiven erforderliche Vermittelungsorgan. Auf der unterhalb des Lokomotivkörpers wagerecht überquer liegenden Welle w sitzen stets zwei Arme t (Fig. 3 und 4), welche von der senkrechten Achsenebene der beiden Schienenstränge des Fahrgeleises gerechnet je 200 mm weit gegen die Geleisemitte seitlich gerückt sind, so dass sowohl beim gewöhnlichen Vorwärtsfahren, als bei verkehrter Lokomotive einer der beiden Hebearme t auf die Anlaufschienen p (Fig. 1) gelangen wird. Damit die Vorrichtung aber auch ohne weiteres auf eingeleisigen Bahnen Verwendung finden könne, wo die Lokomotiven Anlaufschienen für die beiden entgegengesetzten Zugrichtungen passieren müssen, aber doch nur bei Ueberfahrung der ihrer jeweiligen Fahrtrichtung geltenden Haltsignale ansprechen dürfen, sind die Hebearme t nicht aus einem Stück hergestellt, sondern mit einem Anlaufdaumen v (Fig. 4) versehen, der scharnierartig an t angelenkt ist. Der Gelenkslappen von v ist exzentrisch zur Drehachse o gestaltet, und wenn also die Lokomotive in der Richtung des Pfeiles 1 eine Anlaufschiene überfährt, dann wird v beim Anlaufen links ausweichen, wie es der Pfeil 2 andeutet, und dabei keinerlei Aenderung in der Lage des oberen Armes t eintreten. Nähert sich hingegen die Lokomotive der gehobenen Anlaufschiene in der dem Pfeil 1 entgegengesetzten Richtung, dann klemmt sich das Exzenter des Gelenkslappens gegen f, und v kann nicht ausweichen, sondern muss nun entlang der Anlaufschiene emporlaufen, wodurch die Welle um einen gewissen Winkel gedreht wird. Die Lage des Exzenters ist bei den beiden Armen t einer und derselben Lokomotive angemessen der Fahrtrichtung verschieden, wodurch eben die Verwendbarkeit auf der eingeleisigen Bahn ermöglicht wird; die Drehung der Welle w aber ist es, was die Auslösung des Knallsignals bewirkt. Textabbildung Bd. 316, S. 647 Fig. 3 Ansicht; Fig. 4 Querschnitt der Auslösewelle mit Hebstift. Wie Fig. 2 ersehen lässt, wirkt die Drehung von w durch den Hebelarm h1 im Sinne des Pfeiles 3 auf eine Schiebstange s, die vermöge einer nach abwärts drückenden, in der Stangenhülse T eingeschlossenen Spiralfeder durch Vermittelung des Winkelhebels h1h2 die Ruhelage der Welle w bestimmt, welche andererseits durch den vor h2 stehenden Anschlagstift a1 abgegrenzt wird. Erfolgt also durch das Auffahren eines der beiden Daumen v (Fig. 3 und 4) die oben besprochene Drehung der Welle w, so hebt h1 (Fig. 2) die Stange s, den Federdruck überwindend, nach aufwärts, und bringt auf diese Weise im Kästchen B einen Alarmschuss zur Lösung. Im ganzen sind im Kästchen B (Fig. 2) sechs Alarmschüsse vorgesehen, für welche die aus Gelbguss hergestellten, nach unten offenen Patronenverschlüsse bezw. Läufe y1 bis y6 aus der Bodenplatte des Kästchens nach abwärts ins Freie ragen. Die Anordnung der Verschlüsse y2 (Fig. 5), in welchen die kupfernen, mit 8 g feinkörnigem Schiesspulver geladenen, mit Zentralzündung versehenen Patronen u2 eingesetzt sind, erhellt des näheren aus dem Querschnitte des Knallsignalkastens Fig. 5. Oberhalb jeder Patrone befindet sich im Kastenboden eine kleine Bohrung j2, durch welche der an einem messingenen Fallklötzchen m2 angebrachte Zündstift s2 soweit nach abwärts eindringen kann, als es notwendig ist, um an den Knallquecksilbersatz der Patrone zu stossen und diese zur Explosion zu bringen. Für die sechs Schüsse sind ebenso viele Fallklötzchen m vorhanden, welche alle nebeneinander in einer Reihe, jedes einzelne genau senkrecht über seinem Patronenverschluss y, ihren Platz haben. Jedes Klötzchen hängt zwischen zwei senkrechten, glatt polierten Führungsstangen n, welche es mit halbrunden Einkerbungen umfassen. Oberhalb jedes Fallklötzchens befindet sich eine an der Kastendecke befestigte Spiralfeder v2, welche bei der in Fig. 5 dargestellten Ruhelage das Bestreben hat, das Fallklötzchen n2 nach abwärts zu schnellen, was jedoch durch einen von der Feder V2 beeinflussten, sich gegen m2 stemmenden Sperrkegel d2 verhindert wird. Würde jedoch die wagerechte Welle x im Sinne der Gangrichtung eines Uhrenzeigers gedreht, so brächte der auf x sitzende Daumen i1 eine Ausrückung des Sperrkegels d2 hervor, so dass das Fallklötzchen seinen Halt verliert und zufolge seines Eigengewichtes, sowie getrieben von der Spiralfeder v2 zwischen seinen zwei Führungsstangen n mit grosser Geschwindigkeit nach abwärts gleitet, wobei der Stift s2 plötzlich durch j2 dringend auf die Patrone stosst und den Schuss löst. Genau dieselbe, oben geschilderte, in Fig. 5 gekennzeichnete Anordnung besitzen alle sechs Schussvorrichtungen, die der Breite des Apparatkastens nach in einer Reihe dicht nebeneinander angebracht sind. Vor jedem der rot und weiss bemalten Fallklötzchen m befindet sich in der aufklappbaren, aus Blech hergestellten Vorderwand des Kastens B (Fig. 2 und 5) ein verglastes Fensterchen f1 bis f6, wodurch es möglich ist, gleich von aussen zu erkennen, ob alle Fallklötzchen auf ihrem Platz sind oder ob eines abgefallen ist. Textabbildung Bd. 316, S. 648 Fig. 5.Querschnitt des Knallsignalapparates. Um den Sperrkegel des Fallklötzchens auszulösen, befinden sich auf der Welle x (Fig. 5), welche fast ebenso lang als der Apparatkasten B breit ist, immer je zwei diametral gegenüberstehende Hebedaumen i1 und i2. Da nun niemals bei der Ueberfahrung eines Haltsignals auf der Strecke mehr als ein Schuss gelöst werden soll, so müssen diese Daumenpaare auf x immer um ein Sechstel, d. i. um 60° hintereinander versetzt sein, wodurch also im ganzen 12 um je 30° auseinander stehende Hebedaumen auf x vorhanden sind. Eine volle Umdrehung von x entspricht demnach zwölf Schüssen. Nach dem Vorgesagten ist es ersichtlich, dass zur Lösung eines Schusses eben nur notwendig ist, die Welle x um 1/12 ihres Umfanges zu drehen. Es geschieht dies durch Vermittelung eines zwölfzähnigen, am Ende der Welle x aufgesteckten Sperrrades und einer hineinpassenden Schiebklaue, die von der Stange s (Fig. 2) bei der Bethätigung der Welle w (Fig. 2 bis 4) emporgeschoben wird. Die in Rede stehende Schiebklaue ist jedoch, um sie von allfälligen Ungleichheiten in der Hubhöhe der Stange s unabhängig zu machen, nur mittelbar und nicht unmittelbar mit der letzteren verbunden, sondern an einer zweiten, dünneren Stange mit Gegenfeder angebracht, die sich lediglich innerhalb einer genau ausgemittelten und gleichbleibenden Ganghöhe bewegen kann. Hinsichtlich der angestrebten Ueberwachung kommt noch zu bemerken, dass die Beschickung des Knallsignalapparates mit Patronen und das Aufrichten abgefallener Fallklötzchen nur nach Aufklappen der Vorderwand des Kästchens erfolgen kann, weshalb letztere nur von den befugten Aufsichtsbeamten geöffnet werden darf und unter Bleisiegelverschluss steht. Durch die sechs Fensterchen lässt sich schon von aussen feststellen, ob und wie oft mitder Lokomotive seit der letzten Nachschau Haltsignale überfahren worden sind. Endlich erhält auch noch jeder einzelne Schuss eine besondere Nummernbezeichnung, indem beim Laden der Patrone auf den Pulversatz ein kräftiger Filzstöpsel festgetrieben wird, in welchen drei dünne, mit einer eingedruckten Ziffer versehene Weissblechscheibchen zwischengelegt sind. Aus der Entfernung zwischen der Fundstelle eines während der Fahrt gelösten Schusses und der Anlaufschiene im Geleise soll sich ein gewisser Anhalt über die Fahrgeschwindigkeit gewinnen lassen, mit welcher der Zug die Stelle passiert hat. Ob auf diesem Wege sich wirklich etwas halbwegs Sicheres erzielen lässt, erscheint uns allerdings fragwürdig. Laut der weiter oben bereits angeführten Quelle hat sich der geschilderte Apparat bei allen Erprobungen, die bis zu Fahrgeschwindigkeiten von 85 Std/km ausgedehnt worden sind, stets als vollständig verlässlich bewährt. Seit Februar 1901 haben die Konstrukteure es übrigens versucht, das Knallsignal noch durch ein auf der Lokomotive angebrachtes, mit einer roten Abfallscheibe versehenes Läutewerk zu verschärfen. Ausserdem ist eine vervollständigende Anordnung getroffen und mit Erfolg versucht worden, durch welche die Knallsignaleinrichtung auch mit den Vorsignalen derart verbunden werden kann, dass die Auslösung eines Schusses erfolgt, sobald der Führer an einer solchen Stelle vergessen würde, das vorgeschriebene Dampfpfeifensignal zu geben, den Regulatorhebel der Lokomotive zu schliessen und den Steuerungsapparat auf die Mitte einzustellen. II. Selbstthätige Signal- oder Bremsenauslösung von Dr. Steiner, C. Boltshausen und Graber (Zürich). Aehnlich wie die früher besprochene Vorrichtung stellt sich auch die hier zu schildernde die Aufgabe, ein auf der Bahnstrecke erteiltes Haltsignal durch ein besonderes Warnungssignal am Zuge zu verschärfen oder dem Zuge beim Ueberfahren bestimmter gefährlicher Bahnstellen oder bei Nichtbeachtung von Haltsignalen die Weiterfahrt einfach durch Thätigmachung der Zugbremse zu verwehren. Auch hier zerfällt die Gesamtanordnung wieder in zwei räumlich voneinander getrennte Hauptteile, von denen der eine sich auf der Strecke befindet, während der zweite auf der Lokomotive oder allenfalls auch auf einem sonstigen Fahrzeug der Züge mitgeführt wird. Textabbildung Bd. 316, S. 648 Fig. 6 Seitenansicht; Fig. 7 Vorderansicht der selbstthätigen Signal- oder Bremsenauslösung von Steiner, Boltshausen und Graber. Der erstgedachte Teil ist zur Seite des Fahrgeleises, knapp neben dem erlaubten Profil der Fahrzeuge angebracht und besteht aus einer Welle w (Fig. 6), auf welcher der Winkelhebel h1h2 festsitzt, mit dem der zum zugehörigen Streckensignal (oder zur Wegschranke, zur Drehbrücke u.s.w.) geführte Drahtzug k derart in Verbindung steht, dass der längere Arm h1 niedergekippt ist, wenn das Streckensignal auf „Freie Fahrt“ steht, und umgekehrt die in der Zeichnung dargestellte gehobene Lage einnimmt, wenn das Streckensignal „Halt“ zeigt. Auf einem am Arm h1 angebrachten Drehzapfen ist auch noch ein zweiter, frei beweglicher Doppelarm gh vorhanden, der zufolge des Gewichtes g stets die senkrechte Lage behält, und der hochgehoben genau in das Profil des am Zuge befindlichen zweiten Teiles der Auslösevorrichtung hineinreicht. Hinsichtlich der Gesamtanlage des ersten Teils ist jedoch in Fig. 6 noch ein Arm nicht eingezeichnet, der ein schweres Gegengewicht trägt und so auf der Welle w festsitzt, dass das Emporgehen des Hebels hg auch in dem Falle sicher erfolgt, wenn die Verbindung k reissen würde. Der zweite Teil, den Fig. 6 in der Vorderansicht und Fig. 7 in der Seitenansicht darstellt, besteht aus einem zweilaschigen, an dem Längsträger des Eisenbahnfahrzeuges angeschraubten oder angenieteten Blechträger w1w2. Während die in Fig. 6 weggenommen gedachte Vorderwand W1 vorwiegend nur zum Schutze der Vorrichtung dient, ist an der rückwärtigen der Drehzapfen o für einen s-förmigen Doppelhebel angebracht, welch letzterer zwei seitlich vorstehende Rollenstifte r1 und r2 trägt. Auf der Drehachse des s-förmigen Hebels sitzt eine Wurmfeder, welche die beiden Arme wie die Zeiger einer Uhr zu drehen bestrebt ist. Zwischen die beiden Blechplatten w1 und w2 reicht auch ein am Lagergehäuse der nächsten Radachse steif befestigter Arm d aus Flacheisen hinein, der einen Drehzapfen i trägt, auf dem ein nach abwärts reichender Stahlarm p sitzt. Auf der Nabe dieses zuletzt genannten Armes d reitet ein geschlitztes Stahllineal, das oben an den runden Stiel s befestigt ist. Dieses nach abwärts verschiebbare Lineal hat einerseits durch die Nabe von d, andererseits durch die Bohrung des Längsträgers t, in welcher der Stift s läuft, seine Führung; dasselbe hat nicht nur vermöge seines Eigengewichtes, sondern auch insbesondere zufolge der Einwirkung einer kräftigen Spiralfeder f das Bestreben, sich nach abwärts zu bewegen, ist hieran aber durch einen Stift verhindert, der bei a von einer am oberen Arm des vorerwähnten Doppelhebels r1or2 angebrachten Nase festgehalten wird. Am oberen Ende des Stieles s schliesst ein Drahtseil l an, das über die Rolle m und dann weiter zu jener Vorrichtung läuft, welche ausgelöst werden soll, sei dies ein Alarmsignal, sei es unmittelbar die Zugbremse selbst. Die praktische Anwendung der Einrichtung wickelt sich in folgender Weise ab: Fährt ein Zug, von dem mindestens ein Fahrzeug mit der Auslösevorrichtung ausgerüstet ist, an einem hochgehobenen Winkel h1wh2 vorüber, so stösst der Arm p mit seinem unteren, schneidenförmig gestalteten Ende an die Zunge h. Infolge dieses Stosses wird der Hebel hg zur Seite geschleudert und sich möglicherweise sogar überschlagen, was selbstverständlich ganz belanglos ist; es wird aber auch der um i frei bewegliche und nur von den beiden Rollenstiften r1 und r2 in der senkrechten Ruhelage festgehaltene Arm p einen Stoss bekommen und, falls der Zug beispielsweise aus der Richtung von links nach rechts eingetroffen wäre, gegen den Rollenstift r1 gepresst werden. Der s-förmige Hebel r1or2 weicht demzufolge im oberen Teile nach links, im unteren Teile nach rechts aus, wodurch das Lineal die bisher bei a besessene Stütze verliert und nach abwärts schnellt, das zum Bremsventil oder zu einem Alarmsignalapparat geführte Drahtseil l in der durch den Pfeil angedeuteten Richtung mit sich ziehend. Diese Auslösung würde aber genau in derselben Weise erfolgen, wenn der Zug sich etwa aus entgegengesetzter Richtung dem Hebel h1wh2 genähert hätte, lediglich mit dem Unterschiede, dass im zweiten Falle der Arm p gegen den Rollenstift r2 stösst, wodurch der Doppelhebel r1or2 ebenso und in gleicher Richtung zum Ausweichen gebracht wird wie vorhin und das Lineal seinen Halt bei a verliert. Durch einen kräftigen Zug an der Drahtseilleine l oder am Stifte s lässt sich die Gabel b sofort nach erfolgtem Anhalten des Zuges seitens der Zugbeamten mit der Hand wieder in die Normallage zurückstellen. Eine interessante Eigentümlichkeit der geschilderten Anordnung besteht darin, dass die Auslösung beim Ueberfahren eines der Streckenhebel nicht für alle Fälle erfolgt, sondern erst dann, wenn der Zug eine gewisse unterste Fahrgeschwindigkeit überschreitet, weil bei langsamerer Fahrt nur der Arm hg (Fig. 6) ausweicht, die Verrückung des Armes p aber durch die Gegenwirkung der früher erwähnten Wurmfeder, welche auf den Doppelhebel r1or2einwirkt, verhindert wird. Durch Abschwächung oder Verstärkung dieses Federdruckes oder durch Vergrösserung oder Verminderung des Gewichtes g lassen sich die äussersten Grenzen der Fahrgeschwindigkeit, bei welchen noch die Auslösung erfolgen soll, beliebig regulieren. In Anbetracht dessen ist es also möglich, die neben den Geleisen anzubringenden, mit Streckensignalen zu verbindenden Winkelhebel nicht allzuweit vor diesen Signalen anzubringen und die Stellvorrichtung der letzteren nicht zu sehr damit zu belasten. Einem Zug, der bei Annäherung an das Signal das Halt verbot bereits bemerkt und die erforderlichen Anstalten zum Stehenbleiben rechtzeitig getroffen hat, wird also kein überflüssiges Alarmsignal erhalten bezw. hinsichtlich der Bremsung lediglich dem Ermessen und der Einsicht des Maschinenführers überantwortet bleiben. Es liegt auf der Hand, dass die auf der Strecke anzubringenden Winkelhebel auch ohne Verbindung mit den Signalen Anwendung finden können und zwar überall, wo es aus was immer für Gründen notwendig ist, dass die Züge überhaupt langsam fahren oder eine bestimmte Fahrgeschwindigkeit nicht überschreiten. Mit der vorstehend in Betracht gezogenen Bremsenauslösung sind verflossenen Jahres auf verschiedenen Schweizerbahnen und namentlich auf den Strecken der Sihlthalerbahn Versuche mit günstigen Erfolgen vorgenommen worden. Daselbst wurden unter Kontrolle eines Regierungsingenieurs etwa zehn Probefahrten vorgenommen, wobei die betreffenden Züge mit Westinghouse-Bremsen ausgerüstet waren. Die Fahrgeschwindigkeiten wechselten zwischen 8 und 46 Std/km; die Entfernung, auf welche die Züge zum Stehen gebracht wurden, schwankten je nach der Fahrgeschwindigkeit, mit welcher die Versachszüge bei den Auslösehebeln eintrafen, zwischen 10 und 67 m. Aehnliche befriedigende Ergebnisse wurden auch in Oesterreich erzielt, worüber die Oesterreichische Eisenbahnzeitung vom 1. April 1901, S. 108, nachstehend berichtet: „Auch die am 15. Februar vor einer grösseren Kommission von Fachmännern auf der Probestrecke Langlebarn-Tulln der k. k. österreichischen Staatsbahnen durchgeführten Versuche lieferten ein durchaus günstiges Resultat. Der Sonderzug fuhr mit etwa 78 km Geschwindigkeit und kam nach etwa 30 Sekunden automatisch zum Stehen. III. Hattemer's neuer Schienenstromschliesser. Obwohl kaum irgend eine Hilfsvorrichtung für Eisenbahnsignalanlagen in grösserer Zahl und in mannigfacheren Formen herzustellen versucht worden ist, als diese Art Stromschliesser, welche ins Eisenbahngeleise eingelegt und von den darüber wegfahrenden Zügen thätig gemacht werden sollen, so scheint hierin das bisher Erreichte die Praxis noch immer nicht in dem Masse zu befriedigen, als es wünschenswert wäre. Es ist das eine Erscheinung, die allerdings nicht besonders Wunder nehmen kann, wenn man die Gewalten in Betracht zieht, welche auf diese Vorrichtungen bei den derzeitigen Zuggeschwindigkeiten und den jetzigen Radbelastungen, namentlich bei Verwendung auf Vollbahnen, einwirken. Nebst der in dieser Beziehung zuvörderst gebotenen, angemessenen Widerstandsfähigkeit wird von einem Schienenstromschliesser eben auch gefordert, dass er bei allen regelrechten Bethätigungen durch die Züge sicher und gleichmässig anspricht, während ihn leichte Fahrzeuge, wie z.B. Draisinen oder Bahnwagen, ebensowenig wirksam machen sollen, wie etwa mut- oder böswillige oder zufällige Beeinflussungen, sei es unmittelbar durch Personen, sei es gelegentlich der am Geleise vorzunehmenden Unterhaltungsarbeiten u.s.w. Ihr richtiges Arbeiten soll weder durch Witterungseinflüsse noch durch Temperaturänderungen gestört werden können, und die einzelnen Teile der Vorrichtung müssen kräftig bemessen, nur einer geringen Abnutzung unterworfen, sowie leicht zu überwachen und mit den geringsten Kosten zu unterhalten sein. Auf Grund dieses Programms hat H. Hattemer, der sich seit Jahren eingehend mit dem praktischen Studium der Stromschliesser für Voll- und Nebenbahnen besonders beschäftigt (vgl. D. p. J. 1894 294 184), den in Fig. 8 bis 10 dargestellten Schienenstromschliesser konstruiert, welche Vorrichtung sich die letzten Jahre überall, wo sie in Versuch genommen wurde, bezüglich aller obgedachten Anforderungen als durchaus entsprechend erwiesen hat. Dieser Stromschliesser zählt zu den sogen. Schienendurchbiegekontakten und kann demnach nur bei Eisenbahnoberbausystemen mit Querschwellen Verwendung finden; er ist ferner bestimmt für alle darüber wegfahrenden Züge oder Lokomotiven anzusprechen, gleichgültig, welche Fahrtrichtung dieselben besitzen. Zur Anbringung des Stromschliessers wählt man stets die Geleisstelle zwischen zwei zunächst der Schienenmitte unterlegten Querschwellen w1 und w2 (Fig. 10), auf denen das Winkeleisen p (Fig. 8 bis 10), welches genau in seiner Mitte den eigentlichen Kontaktapparat trägt, mittels besonderer an p durch einen Schraubenbolzen verbundener Unterlagplatten und Schraubennägel unverrückbar festgemacht wird. Das gleichfalls mittels zweier Schraubenbolzen an p befestigte gusseiserne Gehäuse des eigentlichen Kontaktapparates, das vorne durch einen staub- und regendicht verschraubbaren Deckel d (Fig. 9 u. 10) abgeschlossen ist, enthält einen Spangenumschalter uv (Figur 8) mit der winkelhebelförmigen Umschalterkurbel mnw und eine Anzahl von Hebeln, welche auf die ebenerwähnte Kurbel einwirken. Von den letztgemeinten Hebeln h, h1 und h2 hat der zuerst angeführte, bei i drehbare Hebel h einen kurzen Seitenarm, welcher die Stellschraube r trägt, die sich auf den lose durch das Gehäuse gesteckten und unterhalb der Bodenwand ein Stückchen frei vorstehenden, cylindrischen Bolzen s stützt; das obere Ende von h, welches durch eine Spiralfeder f dauernd so beeinflusst wird, dass die Schraube r stets einen gewissen Druck auf s ausübt, wirkt durch einen Mitnehmer auf den in c drehbaren Hebel h1 ein und erteilt also demselben eine bestimmte Lage. Ein dritter Hebel h2 sitzt auf der nämlichen Drehachse i, auf welcher der Hebel h sitzt, und ist mit h1 vermittelst einer Gelenkspange e verbunden. Der Hebel h2 beeinflusst nun schliesslich die um n drehbare Umschalterkurbel mnw dadurch, dass sein oberes geschlitztes Ende einen Mitnehmerstift umgreift, der aus dem kürzeren Arm der Umschalterkurbel bei m seitlich vorsteht. Der längere freie Arm der Umschalterkurbel, auf dessen Ende das Gegengewicht w sitzt, bildet den eigentlichen Kontaktarm und tritt je nach seiner Lage bloss mit der Kontaktspange u oder gleichzeitig auch mit der Kontaktspange v in leitende Berührung. Von den beiden Kontaktspangen ist v durch eine Ader des im Klemmkopf k (Fig. 8 und 9) festgelegten Zuführungkabels l mit der zur zugehörigen elektrischen Einrichtung führenden Fernleitung und u mit der Erdleitung oder auch mit einer zweiten Ader des Anschlusskabels, falls die Anordnung eine besondere Rückleitung erforderlich machen würde, verbunden. Einen zweiten Hauptteil des Stromschliessers bildet ein gusseiserner Bügel aa (Fig. 9), der gegenüber dem Gehäusemittel der Kontaktvorrichtung durch einen Klemmbacken und eine Klemmschraube t an dem Fuss der Fahrschiene S befestigt ist und mit dem oben beschriebenen ersten Teil der Einrichtung in keinem weiteren Zusammenhang steht, als dass aa mit einem tellerförmigen Endstück x unter den Bolzen s greift und hier die ganze von dem Kurbelgewicht w ausgeübte, von den drei bezw. vier Hebeln auf die Schraube r und den Bolzen s übertragene Belastung, nebst dem Druck der Feder f aufnimmt. Wird jedoch die Geleisstelle durch ein Eisenbahnfahrzeug überfahren und also infolgedessen die Schiene S eingebogen, so geht aa nach abwärts, wobei der Bolzen s sofort nachfolgt, demgemäss der Umschalterhebel mit dem Gewicht w sich ebenfalls nach abwärts neigen kann, soweit dies ein eigener Anschlagstift gestattet. Bei dieser zweiten Lage des Umschalterhebels berührt derselbe sowohl u als v (Fig. 8), und stellt somit den gewünschten Stromweg zwischen den beiden Leitungsanschlüssen her. Diese Arbeitsstellung der Kontaktvorrichtung bleibt so lange ungeändert, als überhaupt eine Einbiegung der Schiene stattfindet, ganz unabhängig von den Schwankungen in der Lage des Bügels aa, welche durch die sich fortwährend ändernde Stellung der Fahrzeugachse während des Befahrens des zwischen den beiden Schwellen liegenden Schienenstückes herbeigeführt werden. Erst bis jede Einbiegung der Fahrschiene S aufhört, wird im Umschalter der Arm mit dem Gewicht w wieder genügend hochgehoben, um die Unterbrechungslage zu bewirken. Bei der vorliegenden Anordnung kommt also ersichtlichermassen dadurch, dass das Trägerstück pp (Fig. 10) nicht, wie es sonst bei ähnlichen Anordnungen der Fall zu sein pflegt, an der Fahrschiene S selbst angeklemmt, sondern auf die beiden Schwellen gelegt ist, die ganze Durchbiegungsstrecke der Schiene zur Ausnutzung und demgemäss erfolgt denn auch die jedesmalige Stromschliessung um so sicherer, während sie zugleich auch um so länger andauert. Textabbildung Bd. 316, S. 650 Fig. 8 Inneres der Kontaktvorrichtung; Fig. 9 Querschnitt der Kontaktvorrichtung; Fig. 10 Vollständige Seitenansicht von Hattemer's neuem Schienenstromschliesser.