Titel: Gruppierung der bekanntesten Selbstschlussventile auf Grund ihrer Eigenschaften.
Autor: Hermann Haedicke
Fundstelle: Band 317, Jahrgang 1902, S. 186
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Gruppierung der bekanntesten Selbstschlussventile auf Grund ihrer Eigenschaften. Von Hermann Haedicke in Siegen. Gruppierung der bekanntesten Selbstschlussventile auf Grund ihrer Eigenschaften. A. Einleitung. Die Selbstschlussventile haben den Zweck, den weiteren Ausfluss eines eingeschlossenen gasförmig oder tropfbar flüssigen Körpers dann zu hemmen, wenn die Geschwindigkeit desselben bestimmte ihm zugedachte Grenzen überschreitet, wie es namentlich bei Rohrbrüchen vorkommt. In einem solchen Falle soll irgend ein mehr oder weniger vollkommener Verschluss selbstthätig eintretenDie ersten offiziellen diesbezüglichen Bestrebungen stammen aas dem Jahre 1884, wo der französische Minister der öffentlichen Arbeiten die Anbringung von selbstthätigen Abschlüssen an Dampfleitungen empfahl. (Vgl. Bd. 264 S. 358 und Bd. 311 S. 51.). Die zu einem solchen Verschlusse erforderliche und naturgemäss durch die plötzliche Vermehrung des Stromes eingeleitete Kraft kann in verschiedener Weise entnommen und auch in verschiedener Weise verwertet werden. Man kann entweder unmittelbar die mitreissende Kraft der gewachsenen Strömung oder auch mittelbar die Druckdifferenz verwenden, welche in einem solchen Falle vor und hinter einer gewissen Stelle der Leitung entsteht und irgend eine bewegliche Druckfläche, einen Kolben oder eine Membran, bethätigt. Den ersteren Fall wollen wir mit Stromschluss und den letzteren mit Kolbenschluss bezeichnen. Auch die Vereinigung beider Anordnungen ist durchgeführt worden. Zur Regulierung dieser Kräfte kann eine in ihrer Spannung verstellbare Feder oder ein Gegengewicht beigegeben werden. Endlich können sowohl Strom- wie Kolbenschluss auslösend verwendet werden, so also, dass eine stets bereite äussere Kraft, ein Gewicht, eine Feder, gespanntes Gas u.s.w. im gegebenen Moment wirksam gemacht wird. Diese Kraft muss nunmehr verwertet, also auf irgend einen Verschlusskörper geleitet werden: Drosselklappe, Ventil oder Schieber. In den bis jetzt vorliegenden Ausführungen ist die Drosselklappe trotz ihrer wertvollen Eigenschaft, entlastet zu sein, nur einmal (Farcot, Fig. 9) verwendet worden. Die nicht vollkommene Dichtung derselben kann kein Grund hierfür sein, weil man sogar Ventilscheiben mit Löchern versehen hat, um absichtlich noch nach dem Schluss einen geringen Durchlass zu gestatten. Auch der Schieber, welcher sich als Kolbenschieber zu diesem Zweck eignet, ist nur einmal, ebenfalls von Farcot (Fig. 10) in Verwendung gekommen. Dagegen finden wir die Ventilkörper mit Ausnahme der Klappe in allen ihren üblichen Formen: Kugel-, Teller und Kegelventile angewendet. Ein weiterer Unterschied liegt in dem Sinne der angeordneten Leitung. Es liegt in dem Begriffe des Ventils, den Durchgang nur in einer gewissen Richtung zu gestatten. Bei der gewöhnlichen Anordnung öffnet sich das Ventil im Sinne dieser Richtung; wir bezeichnen dies mit Gleichstrom. Dagegen finden wir Anordnungen, bei denen das Ventil im entgegengesetzten Sinne geöffnet wird, was wir Gegenstrom nennen wollen. Endlich haben wir noch solche Apparate zu unterscheiden, welche nur den Selbstschluss zu bewirken haben, und solche, welche gleichzeitig als Absperrventile verwendet werden können. Es ist zwar ein jedes Selbstschlussventil nicht unschwer zu einem Absperrventil umzugestalten, indem man den Verschlusskörper von aussen her, etwa durch eine Spindel, bethätigt; indessen werden hiermit zuweilen Eigenschaften hineingetragen, welche dem Ziel nach möglichster Sicherheit der Wirkung entgegenstehen. In einem solchen Falle ist es besser, Absperr- und Selbstschlussventil getrennt hintereinander anzuordnen. Als Eigenschaften, welche bei der Konstruktion der Selbstschlussventile anzustreben sind, dürften folgende aufzuführen sein: 1. Unempfindlichkeit gegen zulässige Schwankungen der Spannung. 2. Einstellbarkeit für verschiedene Spannungen. 3. Möglichkeit der Prüfung der laufenden Teile von aussen her auf ihre Beweglichkeit. 4. Sicherheit gegen Vernachlässigung, Festsetzen u.s.w. (Selbsterhaltung). 5. Unabhängigkeit vom Willen des Bedienungspersonals. 6. Möglichkeit, den Schluss zu jeder Zeit von fernher zu bewirken. 7. Verwendungsfähigkeit als Absperrventil. 8. Unabhängigkeit von Schwankungen (Seedampfer). 9. Möglichkeit, die Apparate verschiedener miteinander arbeitenden Kessel von einer Zentrale aus zu bethätigen. B. Beschreibung der Einrichtung und Wirkungsweise verschiedener Selbstschlussventile. I. Lethuillet und Pinel, Rouen. – Schumann und Co., Leipzig (Fig. 1). Das Ventilgehäuse hat die für einfache Ventile übliche Form, ist jedoch mit dem Deckel nach unten gerichtet. Derselbe trägt einen Führungsstift, auf welchem sich der Kegel leicht bewegt. Bei einer Ausführung von Schumann und Co. in Leipzig-Plagwitz (Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1898 S. 1280) ist der Ventilkegel noch mit einem kleinen eingeschliffenen Kolben versehen, welcher die Heftigkeit des Schlages zu mindern hat. Für gewöhnlich streicht der Dampf einfach über dem Kegel bezw. der Scheibe fort, übt jedoch dann eine mitreissende Wirkung aus, wenn er mit übergrosser Geschwindigkeit, wie nach einem Rohrbruch, durchströmt. In diesem Falle wird der Ventilkegel emporgerissen und setzt sich fest gegen den Rand. Um den Dampfaustritt aus dem Kessel nicht sofort ganz zu hemmen, sondern nur so zu beschränken, dass das eigentliche Absperrventil geschlossen werden kann, ist die Scheibe C mit kleinen Löchern versehen. Textabbildung Bd. 317, S. 187 Fig. 1. Selbstschlussventil von Lethuillet und Pinel. Das Ventil wird je nach der Schwere des Kegels erst einem kräftigen Dampfstrom nachgeben, also die unter 1. angegebene Eigenschaft besitzen können und ist auch unabhängig von dem Willen des Bedienungspersonals (5), welches nicht ohne weiteres dasselbe abstellen kann. Dagegen sind die anderen Eigenschaften nicht vorhanden. II. Lethuillet und Pinel, Rouen. – Schumann und Co., Leipzig (Fig. 2). Das Gehäuse hat zwei Deckel, welche als Stützen für eine zentrale Führungsstange dienen, auf welcher sich die beiden Ventilscheiben V und V1 lose bewegen. Die untere Scheibe lässt sich durch einen Hebel h anheben. Bei einem Rohrbruch wird, wie bei der vorhergehenden Einrichtung, die untere Scheibe emporgerissen und so ein Abschluss bewirkt. Auch ist ein solcher zu jeder Zeit mittels des Hebels h herzustellen. Findet auf irgend eine Weise ein Rückstrom statt, so tritt der Körper V1 in Thätigkeit und schliesst denselben ab. Bei einer Ausführung von Schumann und Co., Leipzig, ist, wie bei dem Ventil I, die Stange noch mit einem eingeschliffenen Kolben versehen, dessen unten abgeschlossener Raum die Heftigkeit des Schlages durch Luftverdünnung zu hemmen hat. Textabbildung Bd. 317, S. 187 Fig. 2. Selbstschlussventil von Lethuillet und Pinel. Die Vorrichtung hat sich bei einer Ausführung der genannten Firma gelegentlich einer unvorhergesehenen Undichtheit bewährt. Das Ventil erfüllt in der Schumann'schen Ausführung die unter 1, 3, 6 und 7 angegebenen Bedingungen. Diese beiden Ventile können als Vertreter einer ganzen Gruppe von Konstruktionen dienen, bei denen zum Teil die Einrichtung vorhanden ist, dass man den Sperrkegel von aussen her durch einen Hebel handhaben bezw. durch ein Gewicht auswiegen kann. Es gehören daher hierher die Ventile von Schäffer und Budenberg (Bd. 264 Taf. 21 Fig. 4), Boivin (Fig. 8) und Lozai (Fig. 13). Ferner die Konstruktion Hirsch (Bd. 267 Taf. 13 Fig. 1), Mesnard und Francq (Fig. 2), Lefèvre (Fig. 17) und Compagnie des Hautes Fourneaux (Fig. 11 und 12). Auch findet man die Achse horizontal gelegt, wie bei Haffner (Bd. 264 Fig. 9), Carette (Fig. 4 bezw. Bd. 267 Taf. 13 Fig. 3), sowie Belleville (Fig. 10) und Brower und Proud (Fig. 6). Letztere bringen noch eine durch den Ventilkörper in Thätigkeit zu setzende Warnungspfeife an. III. Matthias Stinnes (D. R. P. Nr. 88396, Fig. 3 und 3a). Der Verschlusskörper besteht aus einer in der Höhe genau einstellbaren Kugel F, welche an Schneiden so aufgehängt ist, dass sie beim Pendeln sich genau in den seitlich angebrachten Sitz legen kann. An dem Hals des hierfür verwendeten -Stückes befindet sich ein kleines Ventil v, welches sich gegen das Ende eines eingeschraubten Stutzens setzt und die Bohrung desselben, soweit dieselbe von dem lose darin befindlichen Stift a freigelassen ist, von innen nach aussen abschliesst. Dieser Stift a ist mit der Pendelstange p so verbunden, dass er der letzteren ihre volle Pendelbewegung nach dem Sitz zu gestattet und nach der anderen Seite zu so begrenzt, dass das Ventil v in der Ruhelage eben gut schliesst. Die Regulierung dieser Stellung erfolgt mit Hilfe der Mutter m. Textabbildung Bd. 317, S. 187 Selbstschlussventil von Stinnes. Der in dem Gehäuse befindliche Dampfdruck presst zunächst das Ventil v gegen seinen Sitz und hält somit die Kugel in ihrer Mittellage fest, jedoch nicht genug, um sie zu verhindern, einem besonders starken Dampfstrome zu folgen und den weiteren Austritt des Dampfes abzusperren, worauf der Schluss des eigentlichen Absperrventils erfolgen kann. Nach dem Zurückgehen der Spannung in dem Gehäuse begibt sich die Ventilkugel von selbst wieder in die Mittellage zurück. Textabbildung Bd. 317, S. 187 Fig. 4. Selbstschlussventil von Macfarlane und Bryant. Diese Konstruktion hat einen Vorgänger in der Anordnung von Labeyrie (Bd. 264 Taf. 21 Fig. 4), bei welcher die Kugel lose in einer Vertiefung liegt. Das Ventil erfüllt die Bedingungen 4 und 5 und eventuell 1. IV. Macfarlane und Bryant (D. R. P. Nr. 89549, Fig. 4). Die Ventilspindel B ist durch eine Hülse geführt, auf welcher sich eine Scheibe b lose bewegt. Innerhalb des Ventilgehäuses läuft ein Stufenkolben E mit durchbrochenem Boden, welcher durch die Scheibe b abgeschlossen werden kann und durch welchen der von dem Hauptkegel durchgelassene Dampf seinen Weg nimmt. Die Stange B trägt unten den Verschlusskegel für den im übrigen als Absperrventil eingerichteten Apparat. Der Stufenkolben E unterliegt der mitreissenden Kraft des Dampfes und legt sich im Falle einer plötzlichen Ausströmung gegen die Scheibe b, welche ihrerseits gegen die Hülse gedrängt wird. Da die beiden Kolbenflächen sich in demselben Dampfraum befinden, so ist der Apparat nicht dem eigentlichen Kolbenschluss, sondern dem Stromschluss zuzuweisen. Das Ventil erfüllt die unter 1, 7 und 8 angegebenen Bedingungen. V. Groignard (D. R. P. Nr. 91237, Fig. 5). Die Ventilstange besitzt oberhalb und unterhalb des für Gegenstrom eingerichteten Ventilkörpers je einen Kolben P und p, von denen der obere der grössere ist. Der untere Kolben p liegt mit seinem Cylinder in der Kammer C und ist von unten her dem Druck des frischen Dampfes ausgesetzt, wird also nach oben gepresst, so lange sich der abgeschlossene Raum über demselben nicht auch mit Dampf von gleicher Spannung gefüllt hat, was vermöge der eventuell beabsichtigten Undichtheit desselben bald nach dem Oeffnen geschieht. Er wirkt also für diese Zeit im Sinne des Schlusses. Ihm entgegen wirkt der obere, grössere Kolben P, der übrigens unter gleichen Umständen arbeitet wie der Kolben p und unten durch eine Stopfbüchse abgedichtet, von dem Dampf der Kammer bezw. des der Leitung niedergepresst wird. Die Ventilspindel hat über dem Kopf der Ventilstange, als welcher der Oberkolben dient, für ihre senkrechte Bewegung etwas Luft. Textabbildung Bd. 317, S. 188 Fig. 5. Selbstschlussventil von Groignard. Das Ventil wird zunächst als Absperrventil durch Niederschrauben der Spindel geöffnet, wodurch der Oberkolben P nach dem Erfüllen der Leitung Gegendruck erhält und den Druck des Unterkolbens p ausgleicht; es ist also nunmehr einigermassen entlastet. Der Maschinist hat jetzt, wenn das Ventil zum Selbstschluss eingestellt werden soll, die Spindel nach dem Oeffnen wieder etwas zurückzudrehen, wozu der am Kopfe der Ventilstange befindliche Spielraum dient. Die Ventilstange ist alsdann mit dem Körper und den beiden Kolben völlig frei dem Spiel des Dampfes bezw. der Schwerkraft überlassen, denen nur die Kolben- und Stopfbüchsenreibungen entgegenstehen. Bei schneller Entnahme des Dampfes sinkt die Spannung auf dem Oberkolben und die mitreissende Kraft des durchströmenden Dampfes, eventuell unterstützt durch die Wirkung des Unterkolbens, reisst den Ventilkörper zusammen mit den beiden Kolben nach oben, wobei der Selbstschluss eintritt. Für eine Abführung des Druckes in dem abgeschlossenen Raum über demselben ist nicht gesorgt. Der Apparat erfüllt die unter 1, 3, 4, 7 und 8 angeführten Bedingungen. VI. Hübner und MayerZeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1902 Nr. 2. (Fig. 6 bis 8). Unter einem für Gleichstrom konstruierten Absperrventil, dessen Ventilring auch von unten her geschliffen ist, befindet sich ein auf einem Stift a gleitender Kegel b, dessen obere Fläche zu der unteren Sitzfläche passt. Ein scharfer Dampfstrom ist im stände, diesen Kegel, der übrigens unten zugespitzt ist, zu heben und zum Schluss zu bringen. Dasselbe ist durch ein Handrad c (Schnitt CD) zu erreichen, mit Hilfe dessen man den Hebel d bethätigen kann, der seinerseits in eine Lücke des Ventilkegels eingreift. Das Oeffnen desselben wird selbstthätig bewirkt nach Schluss des Absperrventils, indem der Dampf durch die den Führungsstift des unteren Ventilkegels umgebende Spalte eindringt und den über demselben befindlichen Druck ausgleicht, wobei der Kegel durch seine eigene Schwere zurücksinkt. Textabbildung Bd. 317, S. 188 Selbstschlussventil von Hübner und Mayer. Das Absperrventil hat noch die Eigenschaft, selbstthätig auch dann zu schliessen, wenn der Druck in der Leitung den im Kessel befindlichen übersteigt. Der Ventilkegel (Teller) ist nämlich auf der Schraubstange verschiebbar, so dass er von dem durchströmenden Dampf getragen wird. Er legt sich also in dem angegebenen Falle auf seinen Sitz und verhindert das Rückströmen in den Kessel. Zur Bethätigung dieses Ventils dient das Handrad f (Schnitt AB), soweit die Schraubspindel, welche das Ventil nur herunterpressen, nicht aber aufheben kann, dazu nicht im stände ist. Das durch das Gewicht des unteren Kegels abgestimmte Ventil besitzt also die Eigenschaften 1, 3 und 7. VII. Farcot (Fig. 9 und 10). Farcot benutzt die Spannungsdifferenz zwischen dem normalen Dampfdruck und dem der durch den Bruch gestörten Leitung durch Verwendung eines belasteten Kolbens, welcher beim normalen Betriebe vom Dampfdruck hochgehalten wird und sich nach der Spannungsminderung senkt. Dabei wird der Abschluss durch eine Drosselklappe (Fig. 9) oder einen Kolbenschieber (Fig. 10) bewirkt. Diese Einrichtungen entsprechen den Eigenschaften 2 und 3. VIII. Koch I (Fig. 11). Textabbildung Bd. 317, S. 188 Fig. 9. Drosselklappe von Farcot. Textabbildung Bd. 317, S. 188 Fig. 10. Kolbenschieber von Farcot. Das wie gewöhnlich gebaute Ventilgehäuse läuft nach oben in einen Cylinder aus, in welchem sich ein mit dem Ventilkegel V fest verbundener Kolben K bewegt, der seinerseits mit einem kleinen Ventil v versehen ist. Kolben und Ventil werden von einer Spiralfeder f getragen. Ein durch eine Schraube verschliessbarer Umlauf U – punktiert gezeichnet – verbindet die Eintrittskammer E mit dem Windkessel B über dem Kolben. In der gezeichneten – geöffneten – Stellung ist das Ventil zum Selbstschluss vorbereitet. Der durchgehende Dampf hat mittels des Ventils v auch den oberen Saum B erfüllt, so dass Ventil und Kolben in demselben Dampf schweben, von der Feder f getragen. Sobald sich die Spannung in A eventuell bereits durch das regelmässige Pulsieren des Dampfes in der Leitung mindert, gewinnt der in B durch das Ventil v nach unten hin abgesperrte Dampf an Uebermacht und drückt die Feder zusammen, wobei sich Kolben und Ventil senken müssen: Sie bewegen sich nach dem Takte der Dampfentnahme auf und nieder. Wird letztere sehr gross, so kann das Ventil zum Schluss kommen, und es hängt dann von den Spannungsverhältnissen in den Räumen E, A und B ab, ob der Schluss ein bleibender wird. Würde die Spannung in B erhalten bleiben können, so würde das Ventil geschlossen bleiben. Ist ersteres nicht der Fall – Kondensation und Undichtheit werden sie herabziehen –, so wird sich das Ventil wieder öffnen. Kann man bei Zeiten frischen Dampf in den Raum B gelangen lassen, wie etwa durch Oeffnen des Umlaufes U, so würde der Abschluss bestehen bleiben. Da Undichtheiten und Abkühlung sehr bald die Spannung in B mindern, so wird sich das Ventil V auch bald wieder abheben. Um dies zu vermeiden, ist das Umlaufventil U angebracht, welches also geöffnet gehalten werden muss, wenn das Ventil als Selbstschlussventil arbeiten soll. Textabbildung Bd. 317, S. 189 Fig. 11. Selbstschlussventil von Koch I. Der Beschreibung dieses Ventils in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1898, ist der nachstehende amtliche Versuchsbericht beigefügt: „Das für das Dampfboot ‚Württemberg‛ in Auftrag gegebene selbstthätige Dampfabsperrventil wurde am heutigen Tage in Friedrichshafen in Gegenwart der Unterzeichneten und, bei den letzten drei Versuchen, auch im Beisein des Inspektors Kapitänleutnant Bethgen den folgenden drei Proben unterworfen: Das Ventil von 110 mm Durchmesser war dabei an Stelle des früheren gewöhnlichen Absperrventils angebracht und an das Ventil schloss sich die für gewöhnlich nach der Maschine führende Dampfleitung von 100 mm lichter Weite und 6 m Länge in der Weise an, dass diese Leitung, um die Versuche vornehmen zu können, nicht nach der Maschine, sondern über das Deck des Schiffes ins Freie führte. Am freien Ende der Leitung war ein weiter Hahn angebracht und durch einen mit 50 mm Bohrung versehenen Blindflansch geschlossen. In diese Bohrung wurden bei den Versuchen nacheinander Messingstutzen mit 40 mm, 35 mm, 30 mm, 25 mm und 20 mm Bohrung eingeschraubt und dadurch Oeffnungen für den entweichenden Dampf geschaffen, welche Rohrbrüchen von gleichen Querschnitten entsprachen. Die Versuche wurden in der Weise vor: genommen, dass zunächst der Abschlusshahn der Leitung geschlossen, darauf durch gänzliches Oeffnen des Ventils Dampf von der Kesselspannung in die Leitung eingeführt und sodann der Hahn rasch geöffnet wurde. Bei den ersten drei Versuchen betrug der Dampfüberdruck im Kessel 1½ at und es genügten Messingstutzen mit 40 mm, 35 mm und 30 mm Bohrung, um durch Oeffnen des Hahns einen raschen, selbstthätigen Abschluss des Ventils zu bewirken, während bei Einsetzung des Stutzens mit nur 25 mm ein Schluss des Ventils nicht mehr erfolgte. Nachdem darauf der Dampfdruck im Kessel bis auf 3 at gestiegen war, wurde der Versuch unter Anwendung der Verschraubung mit 25 mm zweimal wiederholt, wobei bei dem ersten Versuche der Abschluss nicht, bei dem zweiten Versuche dagegen erfolgte, nachdem etwa 2 Sekunden nach Oeffnung des Hahns verflossen waren. Nach weiterer Steigerung des Dampfdruckes auf das für den Kessel höchste zulässige Mass von 5 at wurden die Versuche unter Anwendung der Verschraubung mit 20 mm Oeffnung fortgesetzt. Auch hier erfolgte noch stets ein Schluss des Ventils etwa 3 Sekunden nach Oeffnung des Hahns, sofern diese rasch bewirkt wurde. Bei dem angegebenen Verfahren haben sich nur bei der plötzlichen Oeffnung der Leitung schwache und ganz unbedenkliche Stösse bemerkbar gemacht, während solche bei dem Abschluss des Ventils nicht beobachtet wurden. Die kurze zwischen dem Oeffnen des Hahns und dem Abschluss des Ventils liegende Zeit von höchstens 3 Sekunden (bei der geringsten Bohrung) entspricht offenbar der Zeit, welche zum Ausströmen einer zur Erzielung einer genügenden Druckverminderung unter dem Kolben des Absperrventils nötigen Dampfmenge erforderlich ist. Da das Ventil nach den vorgenommenen Versuchen den bei seiner Bestellung gemachten Bedingungen vollkommen entsprach, so wurde es abgenommen.“ Friedrichshafen, den 18. März 1896. Blum, Maschineninspektor. Koch, Werkstättenvorsteher. IX. Koch II (Fig. 12). Die Austrittskammer A ist in der Richtung der Ventilachse zu einem Cylinder ausgebildet, in dessen metallener Ausbuchsung ein Kolben K läuft. Derselbe ist etwas grösser als das Ventil V und mit demselben fest verbunden. Er enthält ein kleines Ventil v, welches sich nach oben öffnet, und wird oberhalb des Handrades mittels der dünnen Stange a durch eine Feder f getragen. Diese Stange u ist durch die gebohrte und aussen mit Gewinde versehene Ventilspindel S durchgeführt worden. Die Spindel S ist alwo nicht mit dem Ventilkörper bezw. dem Kolben verbunden, sondern dient nur zum Begrenzen der Bewegung dieser Körper nach oben hin. Der Raum B über dem Kolben ist durch das Umlaufventil U mit der Eintrittskammer E bezw. dem Kesselraum verbunden. Das Ventil ist zunächst ohne weiteres als Absperrventil zu verwenden. Der Kesseldampf ist bestrebt, dasselbe zu öffnen, woran es durch die Ventilspindel S gehindert wird. Dreht der Maschinist dieselbe zurück, so folgt das Ventil, und der Raum A und damit die Leitung füllen sich mit Dampf. Dieser wandert durch das Ventil v und erfüllt auch den Raum B, so dass der Kolben K entlastet und zugleich mit dem Ventil durch die Feder f getragen wird. Textabbildung Bd. 317, S. 189 Fig. 12. Selbstschlussventil von Koch II. Mit den Schwankungen in der Dampfleitung sind daher auch Schwankungen dieser Feder verbunden und Ventil und Kolben tanzen nach dem Gange der Dampfentnahme. Wird dieselbe, wie bei einem Rohrbruch, zu kräftig, so setzt sich das Ventil auf und wird dort mit einer Kraft niedergepresst, welche dem Druck in B auf den Kolben K gegenüber dem Kesseldruck bezw. der Ventilfläche entspricht. Beim Anlassen erfordert der Apparat keine besondere Fürsorge, da Ventil und Kolben im Ruhezustande von der Feder f getragen werden, das Ventil also stets dem Dampf geöffnet ist. Auch liegt keine Gefahr vor, dass das Ventil im Laufe der Zeit sich festsetze, da dasselbe während der Dampfarbeit in steter Bewegung ist. Würde der Umlauf stets offen gehalten werden, so würde der Selbstschluss selbstthätig bleibend sein. Dann würde nur für das Anlassen ein Verschluss des Umlaufes erforderlich sein, damit der Dampf in E im stände sei, das Ventil zu heben. Nunmehr müsste der Umlauf geöffnet werden. Der Maschinist wird also den Umlauf stets offen halten müssen und den Abschluss nur bewirken, wenn sich das Ventil gesetzt hat. Die Einrichtung erfüllt die unter 2 angegebene Bedingung. Da ferner die sämtlichen inneren beweglichen Teile von aussen her zu bethätigen sind, so kann auch die Bedingung 4 als erfüllt erachtet werden; ebenso 7, da das Ventil als Absperrventil konstruiert ist. X. und XI. Koch III (Fig. 13 und 14). Das Ventil enthält, wie Koch II, über dem Sitz einen cylindrischen Raum, in welchem ein mit dem Kegel fest verbundener Kolben läuft. Derselbe besitzt wiederum ein kleines Ventil v und wird von einer oberhalb des Handrades angebrachten und leicht regulierbaren Feder getragen. Auch die Einrichtung zum Niederschrauben ist dieselbe; nur ist die Feder nach oben verlegt worden. Das Umlaufventil ist durch einen bequem von unten her zu bewegenden Umlaufschieber U ersetzt, der die Kanäle k, l und m bethätigt. Unter dem Kolben K befindet sich ein abgeschlossener Raum C, welcher durch wenige kleine Löcher mit dem Raum A in Verbindung steht. Die Einrichtung ist im übrigen dieselbe wie bei Koch II. Die Handhabung und Wirkung ist ebenfalls dieselbe, wie bei dem vorhergehenden Apparat. Letztere unterscheidet sich von dem früheren nur durch das Vorhandensein des Pufferraumes C, welcher den Zweck hat, den Einfluss des Pulsierens der Dampfspannung in der Leitung auf den Kolben abzuschwächen. Die Folge ist einerseits die Verringerung der Gefahr, dass sich das Ventil während des Gebrauches aufsetzt und so zur Unzeit abschliesst, während andererseits einige Zeit vergehen muss, bis nach einem Rolrbruch ein Schluss erfolgt. Die Versuche haben hierfür die Zeit von 2 bis 3 Sekunden ergeben. Der Umlauf ist gegenüber dem des vorhergehenden Apparates weiter ausgebildet und enthält anstatt des Ventils einen Schieber. Dieser gibt in seiner höchsten Stellung den Kanal m frei behufs Entleerung des Pufferraumes C. In seiner Mittelstellung verbindet er A mit B und in seiner tiefsten Stellung gestattet er dem frischen Kesseldampf den Eintritt durch das Rohr k in den Raum B. Der Schieber U hat also zur Einstellung des Apparates für den Selbstschluss auf Mitte zu stehen und muss, wenn ein Rohrbruch eingetreten ist, nach unten gezogen werden, falls das Ventil sich nicht nach einiger Zeit von selbst wieder öffnen soll. Textabbildung Bd. 317, S. 190 Selbstschlussventil von Koch III. Die Ventile Koch II und Koch III erfüllen die unter 2, 3, 4 und 7 angegebenen Bedingungen. Das Ventil Koch III hat ausserdem noch die wertvolle Eigenschaft, gemäss der Bedingung 6 zu jeder Zeit zum Schluss gebracht werden zu können, ohne dass der Maschinist an das Ventil selbst heranzutreten braucht, und das durch Ziehen des Umlaufschiebers U. Dieser Schieber indessen muss sich in seiner richtigen Stellung befinden, wenn der Apparat als Selbstschlussventil eingestellt sein soll. Der letztere ist also nicht unabhängig von eventuellen Vernachlässigungen. (Schluss folgt.)