Titel: Die Bergwerks- und Hüttenmaschinen auf der Düsseldorfer Ausstellung.
Fundstelle: Band 317, Jahrgang 1902, S. 310
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Die Bergwerks- und Hüttenmaschinen auf der Düsseldorfer Ausstellung. Die Bergwerks- und Hüttenmaschinen auf der Düsseldorfer Ausstellung. Fördermaschine. Aus der Lage des Ausstellungsgebietes und der Quelle seiner Hauptbetriebszweige, dem Erz- und Kohlenreichtum seines Bodens, sowie den zu ihrer Verwertung notwendigen Hilfsmitteln ergibt sich naturgemäss, dass die bergbaulichen Maschinen eine von anderen Ausstellungen sich wesentlich unterscheidende wichtige Rolle spielen. Zufälligerweise ist auch im Weltverkehr gerade in diesem Augenblick ein Wendepunkt eingetreten, der vor allem die Schätze der Erde nach dem Massstabe ihrer leichteren und billigeren Verwertung in die Wage wirft. Der Wettbewerb der neuen mit der alten Welt auf dem Weltmarkte, der schon seit Jahren sich immer mehr verschärfte, hat heute eine nahezu gefahrdrohende Gestalt angenommen, und obgleich die Bergbaulöhne in Amerika viel höher sind, ja in einigen Bergbaubezirken, nach Berichten von Riedler, das 10- bis 20fache der unsrigen befragen, ist doch gerade durch eine regelrecht durchgeführte Benutzung der Maschinenkraft alle Aussicht vorhanden, dass an die neue Welt als der jüngeren Kraft, wie überall, so auch im Bergbaubetrieb, die führende Stellung verloren geht. Dafür sprechen einmal der drüben in viel grösserem Masse vorhandene Unternehmungsgeist, der vor keinen althergebrachten Regeln und Formen Halt macht – sie zuweilen nicht einmal kennt –, sodann auch die Leitung dieses Geistes, durch wenige sich ihres Wollens und ihrer Macht bewussten Männer, welche fast einen ganzen Weltteil vertreten, während auf dieser Seite des Weltmeers bisher Weder eine solche Leitung vorhanden ist, oder, wo sie sich bildete, häufig ihre Kraft in Bekämpfung ihrer lebenden Hilfsmittel festlegte; hinzu kommen dann noch die politischen Verhältnisse, welche bei uns die Staaten zwingen, durch gegenseitigesdBeschneiden und Schädigen der wirtschaftlichen und politischen Machtverhältnisse ihrer Nachbarstaaten die Förderung des Wohles ihrer eigenen Untertanen zu erlangen. Das sind aber Zustände, welche eine freie und einheitliche Kräfteentfaltung der alten Welt in sich unmöglich machen. Kamen wie Morgan – Carnegie – Schwab sind heute nicht nur in Kreisen des Gewerbes und Handels genannt, pudern in aller Welt Munde, und fast täglich dringt die Kunde von neu gegründeten und erweiterten Unternehmungen in der Eisenerzeugung oder von dem Aufkaufen ganzer Dampferlinien und ähnliches zu unseren Ohren. Andererseits liegen die Aussichten für eine gedeihliche Entwickelung auch bei uns nicht ungünstig. Einmal ist le in Amerika wachgerufene Aufwärtsbewegung nicht im stande, die eigenen dadurch entstandenen Bedürfnisse – z.B. an landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten, welche von neu erschlossenen und neu besiedelten Länderstrecken aus gestellt werden – zu befriedigen oder den Ansprüchen der neu Eingewanderten gerecht zu werden, welche sich infolge der Zustände hüben und drüben wieder in grosser Zahl dorthin wenden. Es ist also bis jetzt die Ausfuhr nach Amerika nicht ausgeschlossen. Sodann ist nach der bereits erfolgten Erschliessung des asiatischen Russlands mit seinen ungeheuren zu hebenden Bodenschätzen, sowie nach Eintreten friedlicher Zustände und nur einigermassen gesunder Lebensbedingungen in Südafrika, in beiden Fällen bei dem zu erwartenden gewerblichen Aufschwung und den damit verbundenen Bedürfnissen, namentlich im Bergbaubetrieb, dann aber auch auf allen anderen Gebieten des Eisenbedarfs auch dem deutschen Unternehmungsgeist ein weites Thätigkeitsfeld eröffnet. Dazu gehört freilich in erster Linie die Nutzbarmachung bezw. die Aneignung aller der Vorteile, durch die uns Amerika vor allem überlegen ist, nicht in zweiter Linie gehören dahin die Lebensbedingungen des Menschen. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, gewinnt dann unsere diesjährige Ausstellung bergbaulicher Maschinen in Düsseldorf eine noch erhöhte Bedeutung. Ist es doch ein Hauptzweck der Ausstellungen, den thatsächlichen Stand der Leistungen gegenüber den gestellten bezw. den im Gange der Entwickelung noch zu stellenden Anforderungen festzulegen. Zu derartigen Vergleichen und Festlegungen ist nun dem Fachmann in Düsseldorf die denkbar beste Gelegenheit geboten. Walzwerke, Wasserhaltungen, Fördermaschinen sind dort von Werken ersten Ranges in einer Vorzüglichkeit vorgeführt, die sowohl hinsichtlich Ausführung als Leistungsfähigkeit wenig zu wünschen übrig lässt. Aber auch frühere Leistungen und Erfahrungen bedeutender Werke finden sich dort belegt. Die bei weitem wichtigste Maschine im bergbaulichen Betrieb ist die Fördermaschine. Hier streiten sich augenblicklich die Zwillingsdampfmaschine, die Verbunddampfmaschine sowie der elektrische Antrieb mit einer Hauptkraftstelle um den Vorrang. Bei dem unmittelbaren Dampfbetrieb wird bei grossen Teufen und schweren Lasten – acht Wagen mit 4000 bis 4400 kg Nutzlast – auf die Momentausgleichung durch Spiraltrommeln und wegen der ungeheuren Abmessungen, auf welche man für den grössten Durchmesser kommt – man erhält hier Abmessungen von 11 m grösstem bei 7 m kleinstem Durchmesser –, meistens verzichtet und zur Verwendung cylindrischer Seilscheiben mit oder ohne Ausgleich durch Unterseil gegriffen. Unter den letzteren hat sich die Koepe-Förderung vorteilhaft eingeführt. Bei ihrer Anordnung wird das um eine einnutige Treibscheibe geschlungene Seil durch die Reibung mitgenommen; man erhält also schmale Seilscheiben, und haben dieselben daher oft dort Eingang gefunden, wo die Trommelbreite bereits bestehender Anlagen für die anwachsende Teufe nicht mehr genügte. Bei dieser Förderung muss schon behufs Erzeugung des nötigen Gewichts mit Unterseil gearbeitet werden. Die Möglichkeit jedoch, bei Förderung aus verschiedenen Sohlen die eine Trommelhälfte gegen die andere zu verdrehen, ist hier ausgeschlossen. Bei Spiraltrommeln andererseits entsteht im Falle der Verwendung von Förderkörben mit mehreren Böden infolge der ungleichen Auf- und Abwickelung des Seiles am grossen und kleinen Trommelumfang die Notwendigkeit des zweimaligen Umsetzens – an der Hängebank für sich und an der Sohle für sich –, was natürlich in vielen Fällen gegen die Verwendung dieser Förderung spricht. Eine weitere Gattung der Seilscheiben, „die Bobine“, bei der sich ein Flachs eil in einer genügend breiten und tiefen Seilrinne über sich selber in der Weise des Bandmasses aufwickelt, bietet zwar die Vorteile der Spiraltrommel hinsichtlich des Momentausgleichs, hat sich aber trotzdem, wahrscheinlich infolge der dem Flachseil entgegen gebrachten Bedenken, keiner allzugrossen Verbreitung zu erfreuen. Textabbildung Bd. 317, S. 310 Fig. 1. Man sollte nun denken, dass bei Herabminderung der Belastungsschwankungen durch den Seilausgleich und bei den grossen zur Verwendung kommenden Kraftleistungen die Verbundmaschine mit ihrem Dampfverbrauch von 20 bis 30 kg für 1 PS/Std. – gegenüber 40 bis 50 kg für 1 PS/Std. bei der Zwillingsmaschine – sich sehr bald und zwar in hervorragender Weise Eingang verschafft habe, doch ist dem nicht so. Die Belastungsschwankungen durch das Anwachsen und Abnehmen der Beschleunigung, das häufige Unterbrechen der Arbeit, vor allem die Notwendigkeit, bei ungünstiger Kurbelstellung mit der Niederdruckseite anfahren zu müssen, sind Schwierigkeiten, die in sehr vielen Fällen gegen die Verbundmaschine den Ausschlaggegebenhaben, dazu kommt dann noch, dass auch die Steuerung der letzteren nicht so übersichtlich und einfach ist, wie bei der Zwillingsanordnung. Die Vorteile der Dampfausdehnung in mehreren Cylindern können nicht in allen Fällen in der Weise ausgenutzt werden wie es die wirtschaftliche Handhabung der Verbundmaschine bedingt. Der Maschinen führ er fährt mit voller Füllung an, um die Beschleunigungsarbeit möglichst schnell zu leisten, bereits nach wenigen Umdrehungen ist die Fahrt zu Ende und die lebendige Kraft des ganzen Systems muss durch Bremsen, und wo nötig, sogar durch Gegendampf vernichtet werden. Textabbildung Bd. 317, S. 311 Fig. 2. Zwillingsfördermaschine von der Maschinenbau-Aktiengesellschaft Union. Ueber die elektrisch betriebene Förderung liegen bislang noch keine endgültigen Betriebsergebnisse vor, doch hat dieselbe bereits manchen Fürsprecher und so sind auch schon eine Anzahl Anlagen für kleinere Leistungen in Betrieb. Bei der Einführung für grosse Schachtförderung spielt die Frage der Wirtschaftlichkeit gegenüber den höheren Anschaffungskosten selbstverständlich die erste Rolle, dem dann ja die grossen Kosten des Dampfverbrauchs, welchem die Dampffördermaschinen – sowohl Verbund- wie Zwillingsbauart – unterworfen sind, in einer den elektrischen Betrieb befürwortenden Weise gegenüberstehen. Nach bisher gesammelten Erfahrungen ist die bei elektrischem Betrieb erzielte Kohlenersparnis ganz beträchtlich – in mehreren Fällen sank der Verbrauch auf die Hälfte des früheren und wird noch weiter herabgedrückt werden können, wenn man für die gleichmässig arbeitenden Dampfmaschinen der Kraftquelle alle Vorteile des modernen Dampfmaschinenbaues, Ueberhitzung, zwei- bezw. dreifache Dampfausdehnung und Niederschlagung derselben ausnutzen kann. Die jedoch bis jetzt zwecks Kraftausgleichs in den Betrieb eingeschaltete Pufferbatterie schliesst noch zuviel Kraftverlust in sich, der vermieden werden muss; auch das Anwachsen der Geschwindigkeit von Null bis zum Höchstwert und ihre entsprechende Abnahme bis zu Null, bieten den Elektrikern Gelegenheit, ihren bisherigen Ruf in Beseitigung von Schwierigkeiten zu bewähren. Die Verwendung von Drehstrom und einer Zusatzmaschine – wie solche von der Union Elektrizitätsgesellschaft eingeführt ist –, welche anfangs eine der Netzspannung entgegengesetzte Spannung gleicher Grösse, bei erreichter Höchstgeschwindigkeit eine zusätzliche Spannung vom Werte der Netzspannung erzeugt, wodurch dem Kraftbedarf der Förderung Rechnung getragen wird, dürfte der Lösung zur Zeit am nächsten kommen. Augenblicklich hat, soweit das Ausstellungsgebiet in Betracht kommt, die Gelsenkirchener Bergwerksgesellschaft für ihren Schacht Zollern II der Friedrich-Wilhelmshütte und Siemens und Halske die Lieferung einer elektrischen Hauptfördermaschine übertragen, während es hier wohl auch erwähnt werden dürfte, dass für die Preussengrube in Oberschlesien eine grosse elektrische Anlage bei Schuckert und Co. ausgeführt wird, welche im Gesamt 5600 PS zu leisten haben wird. Textabbildung Bd. 317, S. 312 Fig. 3. Anfang der Conenauslage. Textabbildung Bd. 317, S. 312 Fig. 4. Ende der Conenauslage. Die hohe Bedeutung, welche der elektrischen Förderung zuzuerkennen ist, lässt es am Platz erscheinen, auf bereits gemachte Erfahrungen etwas näher einzugehen. Vor allem kommen die drei Hauptfälle in Betracht, gegen welche vor allem Sicherheit verlangt wird: 1. Ueberschreiten der Höchstgeschwindigkeit, 2. zu schnelles und plötzliches Ankommen der Förderschale an der Hängebank, 3. Zuweitfahren über die Hängebank hinaus. Was die Sicherheit gegen das Ueberschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit anlangt, so bietet sowohl der Drehstrom- wie auch der Gleichstromelektromotor selbst genügenden Schutz, da die Umdrehungszahl derselben durch die Spannung der zugeführten Energie bezw. die Periodenzahl bedingt ist; diese Werte können ohne weiteres in der Primärstation in zulässigen Grenzen gehalten werden. Wird beim Einhängen von Fördergut die Schale stark belastet, so ist dennoch ein Durchgehen des Motors ausgeschlossen, da sich derselbe in dem Augenblick, wo seine Umdrehungszahl über die festgelegte Höhe steigt, in eine Dynamo verwandelt und stark bremsend wirkt. Die beiden anderen besonderen Forderungen, die Sicherung gegen Zuweitfahren und gegen zu schnelles und plötzliches Ankommen der Förderschale an der Hängebank, sind bei elektrischem Antrieb ohne Schwierigkeit durch geeignete Vorrichtungen erfüllt worden. Eine andere Forderung, dass nämlich der bedienende Maschinenführer die Fördermaschine stets in seiner vollen Gewalt habe und sie mit wenigen einfachen Handgriffen bedienen kann, erfüllt der elektrische Antrieb thatsächlich in weit höherem Mass als derjenige durch Dampf. Bei dem letzteren Betrieb kommen für die Anforderungen des – je nach Bedarf – langsamen oder schnellen, aber stets stossfreien Anfahrens und ebenso auch des langsamen oder schnellen, aber stets stossfreien Anhaltens jedesmal die hin und her gehenden Massen mit einem Richtungswechsel von Kräften mit mehr oder weniger starker Neigung zu Stössen in Betracht, während bei elektrischem Antrieb nur umlaufende Massen in Rechnung zu ziehen sind. Dies ist für den Betrieb von Fördermaschinen von grösster Wichtigkeit; denn es ermöglicht eine vollkommen gleichmässige und sanfte Steigerung der Geschwindigkeit, welche in kurzer Zeit auf den Höchstwert gebracht werden kann. Ebenso kann der Maschinenführer aus diesem Grunde viel genauer fahren, da die an der Trommelwelle angreifenden Kräfte als gleichbleibend zu betrachten sind, während sie beim Dampfbetrieb zeitweilig sehr auseinanderliegen. Er kann z.B. mit voller Geschwindigkeit bis in die Nähe der Hängebank fahren und dann schnell und stossfrei anhalten, er kann aber auch ebenso sicher die Förderschale um ein ganz Geringes aus der Ruhelage heben oder senken. Diese weitgehende Manövrierfähigkeit hat bei allen bisherigen Ausführungen die ungeteilte Anerkennung gefunden. Auch die sehr kleine Geschwindigkeit von 0,5 m/Sek. oder besser noch von 0,2 m/Sek. bei Seiluntersuchungen lässt sich mit Leichtigkeit einhalten. Die Frage der elektrischen Förderung dürfte wohl im Zusammenhang mit der Frage der elektrischen Wasserhaltung, der Sohlenförderung und anderer durch die Elektrizität vorteilhafter zu erledigenden Aufgaben und einer allen Zwecken gemeinsamen Kraftquelle ihrem siegreichen Ende entgegengeführt werden. Wir finden daher heute die Zwillingsfördermaschine noch am weitesten verbreitet und sind in der Lage, unseren Lesern zwei von der Maschinenbau-Aktiengesellschaft Union in Essen-R. ausgeführte Anlagen in den Fig. 1 bis 12 vorzuführen, von welchen die Zeichnungen in der Sammelausstellung des Vereins für bergbauliche Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund ausgestellt sind. Die erste Anlage (Fig. 1 und 2) ist für die Zeche Hansa der Gelsenkirchener Bergwerks-Aktiengesellschaft als liegende Zwillingsmaschine mit Ventilsteuerung ausgeführt und zwar für eine Nutzlast von 4400 kg, entsprechend acht Wagen Kohlen, aus einer Teufe von 1000 m. Vorerst wird freilich noch aus 600 m Teufe gefördert. Die grösste Seilgeschwindigkeit beträgt 18 m, entsprechend einer höchsten Nutzleistung der Maschine von \frac{4400\,\cdot\,18}{75}=1056\mbox{ PS.} Die Cylinder haben 1000 mm Durchmesser bei 2000 mm Hub und liegt der Leistung eine Eintrittsspannung von 8 kg/qcm zu Grunde. Die Entfernung von Mitte zu Mitte Cylinder beträgt 6400 mm. Textabbildung Bd. 317, S. 312 Die gusseisernen Maschinenrahmen mit dem bajonettförmigen Lagerbalken sind sehr kräftig gehalten und liegen ihrer ganzen Länge nach auf dem Grundgemäuer auf, mit welchem sie ausserdem durch eine genügende Anzahl schwerer Ankerbolzen in zweckentsprechender Anordnung starr verbunden sind. Die Lager haben bei einer Lauflänge von 650 mm eine Bohrung von 420 mm. Die Entfernung von Mitte zu Mitte Lager beträgt 4830 mm. Die Hauptwelle hat einen stärksten Durchmesser von 560 mm und ist ihrer ganzen Länge nach durchbohrt. Die Dampfcylinder, an einem Ende mit dem Rahmen verschraubt, lagern am anderen Ende derartig auf einer mit dem Grundgemäuer verankerten Sohlplatte, dass sie auf derselben bei der Wärmeausdehnung der Eisenmassen ungehindert gleiten können. Geheizt sind nur die Dampfmäntel, gegen Strahlungsverluste schützt eine sorgfältige Umhüllung. Die vier Steuerventile, sowie die zugehörigen Ventilkästen sind entsprechend der für Fördermaschinen üblichen Bauart seitlich der Cylinder angeordnet. Diese Anordnung befähigt den Maschinenführer, sich jederzeit durch den Augenschein von der richtigen Arbeitsweise seiner Ventile zu überzeugen; jedes Ventil kann leicht aus- und eingebaut werden, während die schädlichen Räume hierbei nicht viel grösser werden, als wenn die Ventile in der bei Betriebsdampfmaschinen üblichen Weise und zwar unter Aufgabe der Uebersichtlichkeit über und unter den Cylindern angeordnet werden. Ein- und Auslassventile liegen nebeneinander, die Spindeln führen durch die Stopfbüchsen der Kastendeckel nach aussen und werden von der Steuerwelle aus durch Kegel bethätigt, welche bei Drehung der Steuerwelle achsial verschoben werden. Diese Kegel (Conen) sind derartig angeordnet, dass, wenn der Steuerhebel seine Auslage beginnt, mit Vollfüllung, und wenn derselbe seine grösste Auslage erreicht hat, mit kleinster Füllung gearbeitet wird. Die inneren Kegelbahnen, welche für Vollfüllung – ohne Voröffnen und ohne Kompression – eingerichtet sind, ergeben bei der achsialen Verschiebung einen Ventilhub von 0 bis 15 mm und haben das Arbeiten mit der Maschine beim Käpsen, Umsteuern und Schachtuntersuchungen zu erleichtern. Die äusseren Kegelbahnen ermöglichen sämtliche Füllungen zwischen 100 und 40 v. H. bei einem Voröffnen von 0,8 v. H., einem Vorauslass bis zu 10 v. H., einer Kompression bis zu 13,5 v. H. und einem Ventilhub von 15 bis 33 mm. Der aus dieser Anordnung entspringende Vorteil ist, dass eine hohe Ventilerhebung schon bei Förderung mit gewöhnlicher Betriebsgeschwindigkeit erreicht wird. Die Schaulinien (Fig. 3 und 4) geben Aufschluss über die Dampfverteilung zu Beginn und am Ende der Kegelauslage. Zwecks möglichst leichter Handhabung der Steuerung sind die Ventilhebel an den mit den Kegeln in Berührung kommenden Enden mit zum Nachstellen eingerichteten kalibrierten Stahlkugeln versehen. Um zu verhindern, dass die Kompression über die Eintrittspannung hinaus anwachse, sind auf beiden Seiten der Ventilkästen mit Frischdampf belastete Sicherheitsventile angeordnet, welche gegebenen Falles den zu hoch komprimierten Dampf in die Frischdampfleitung zurückführen. Für die Schmierung des Gestänges ist durch Schmierzungen, die von der Steuer welle aus bethätigt werden, in Ausgiebiger Weise gesorgt. Textabbildung Bd. 317, S. 313 Fernschluss-Sicherheitsdrosselklappe mit steter freier Handbewegung von der Maschinenbau-Aktiengesellschaft Union. Die Treibscheibe hat einen Arbeitsdurchmesser von 8 m und ist für ein Rundseil von 55 mm Durchmesser berechnet. Zwecks Erreichung eines ruhigen und gleichmässigen Ganges und der dadurch bedingten möglichst geringen Seilschwankungen wurde die Verlegung der genügenden Schwungmassen in den Kranz des Rades mit besonderer Sorgfalt durchgeführt, was zur Zeit des Arbeitens mit Expansion von erhöhter Wichtigkeit ist. Ausserdem zeigt die Treibscheibe eine Neuerung, welche der Maschinenbau-Aktiengesellschaft Union in Essen-R. durch D. R. G. M. Nr. 150073 geschützt ist. Dieselbe ermöglicht den Fortfall eines besonderen Dampfkabels oder einer besonderen Wickelvorrichtung, welches bislang nötig wurde, sobald das Förderseil bei Treibscheiben auf- oder abgelegt werden musste – wobei die starken Seile bei dem verhältnismässig kleinen Trommeldurchmesser oft schadhaft wurden – und gestattet es für diese Hantierung die Treibscheibe selbst zu benutzen. Der für die Seilrille vorgesehene Holzring ist in das Bodenblech eingelassen – wie Fig. 5 zeigt –; durch entsprechende Erhöhung der Seiten Wandungen, sowie durch Verbreiterung des Raumes zwischen denselben, wird es möglich, das Seil in einer der Förderteufe entsprechenden Länge in zwei bis drei Lagen übereinander innerhalb dieser Breite in höchst einfacher Weise auf- bezw. abzuwickeln. Die in Fig. 6 dargestellte ältere Ausführung nach der Koepe-Bauart wurde von der Union wieder verlassen. Die zu beiden Seiten der Seilgrube angeordneten Bremsringe bleiben dabei von der Auf- bezw. Abwickelung vollständig unberührt; ebenso die übrigen Sicherheitsvorrichtungen, so dass der Maschinenführer jederzeit Herr seiner Maschine bleibt. Für die Sicherheit der Mannschafts- und Güterförderung ist in weitgehendster Weise gesorgt. Die Bremsringe sind derartig mit der Treibscheibe vereinigt, dass die Wirkung der Bremse ganz vom Umfang der letzteren aufgenommen wird; es ist ferner eine Dampf- und eine Fallgewichtsbackenbremse vorgesehen. Um nur senkrechte Drücke auf das Grundgemäuer zu übertragen, ist der Bremscylinder senkrecht angeordnet. Eine von der Steuerwelle angetriebene Baumann'sche Sicherheitsvorrichtung verhindert sowohl das Ueberschreiten der zulässigen Fördergeschwindigkeit als auch ein Ueberheben der Förderkörbe, indem dieselbe nicht nur die Fallgewichtsbremse auslöst, sondern auch gleichzeitig vermittelst einer geeigneten Absperrvorrichtung – Drosselklappe, Ventil o. dgl. – den Frischdampf absperrt. Das Hauptabsperrventil, die Drosselklappe, die Dampf- und Fallgewichtsbremse, sind jede für sich vom Maschinenführerstand aus bequem und sicher zu bedienen. Nach Wegnahme des Admissionsdampfes jedoch verlor bislang der Maschinenführer die Gewalt über seine Maschine, weshalb nur ungern in dieser Weise gearbeitet wurde, obwohl die Vorteile der gleichzeitig mit der Bethätigung der Bremse erfolgenden Absperrung des Frischdampfes ganz unverkennbare sind. Auch hier hat nun die Union eine Vorkehrung ersonnen – und auch bereits zum Patent angemeldet –, die es dem Maschinisten jederzeit ermöglicht, die Drosselklappe von Hand zu bethätigen, ganz unbeschadet darum, ob die Sicherheitsvorrichtung dieselbe geschlossen hat oder nicht. Nach Fig. 7 bis 9 besteht dieselbe in einer Klinkenanordnung, welche sich nach erfolgtem Klappenschluss selbstthätig auslöst, wodurch die Verbindung zwischen Drosselklappe und Sicherheitsvorrichtung unterbrochen ist. Die Drosselklappe bleibt zwar nach der Auslösung geschlossen, kann jedoch vom Maschinenführer jederzeit ohne weiteres und ohne Verlassen seines Standortes wieder geöffnet werden. Wir behalten uns vor, auf diese bemerkenswerte Neuerung im Zusammenhang mit anderem Neuen, welches die diesjährige Ausstellung bringt, zurückzukommen. Die zweite Anlage ist ebenfalls mit Zwillingsmaschine und zwar für die Zeche Crone in Hörde in Westfalen ausgeführt und namentlich dadurch gekennzeichnet, dass hier eine Koepe-Treibscheibe mit flachem Seil zur Anwendung gekommen ist. Bisher sprachen gegen die Verwendung von Flachseilen, die an Hand von Betriebsergebnissen belegte kurze Arbeitsdauer derselben, doch ist ja nicht zu bestreiten, dass sich diese Ergebnisse auf den Betrieb in Verbindung mit der Bobine beziehen, und dass die Dauer wesentlich durch die Bauart der letzteren und das Schleifen der Seilanlagen aufeinander bedingt wird. Es ist also wohl mit Sicherheit ein beträchtlich günstigerer Erfolg der neuen Anordnung zu erwarten. Im bisherigen Betrieb hat sich denn auch bislang ein sehr gutes Arbeiten ohne Rutschen ergeben. Textabbildung Bd. 317, S. 314 Zwillingsfördermaschine von der Maschinenbau-Aktiengesellschaft Union. Der Hauptvorteil des Flachseils ist seine grössere Biegsamkeit und vor allem seine grössere Auflagefläche gegenüber dem Rundseil von gleicher Tragfähigkeit. Dadurch ergibt sich: 1. geringere Abmessung des Treibscheibendurchmessers, 2. grössere Umlaufzahl zur Erreichung derselben Seilgeschwindigkeit, 3. kleinere Abmessung der Maschinenverhältnisse – Cylinderdurchmesser und Hub – und dadurch bedingt 4. Verbilligung der Gesamtanlagekosten a) der Maschine, b) der Gebäude – da die Maschine auch räumlich geringere Ansprüche stellt, 5. ruhigerer Gang des Förderkorbes, hervorgerufen durch die grössere Umlaufzahl sowie durch ein geringeres Schlagen des Flachseils. Im vorliegenden Fall hat die Maschine für Förderung einer Nutzlast von 2400 kg – vier Wagen Kohlen – aus einer Teufe von 400 m bestimmt, einen Cylinderdurchmesser von 550 mm und einen Hub von 1000 mm – vgl. Fig. 10 bis 12. Die Entfernung von Mitte bis Mitte Cylinder beträgt 4100 mm. Die Eintrittsspannung beträgt 6 kg/qcm. Der Durchmesser der Koepe-Treibscheibe konnte mit 3500 mm gewählt werden. Zum besseren Vergleich seien hier die Abmessungen einer Anlage gleicher Leistung und mit gleicher Eintrittsspannung arbeitend für Flachseil neben diejenigen für Rundseil gestellt: Flachseil Rundseil Nutzlast 2400 kg Teufe 400 m Seilgeschwindigkeit 11 m Seildurchmesser 110 × 19 mm     42 mm Treibscheibendurchmesser        3500   „ 6500   „ Cylinderdurchmesser          550   „   650   „ Hub        1000   „ 1300   „ Umlaufzahl            60     32 Hinsichtlich des Maschinenrahmens samt des bajonettförmigen Lagerbalkens, sowie seiner Verankerung gilt im allgemeinen das für die erste Anlage angeführte. Die Hauptlager haben hier bei einer Lauflänge von 430 mm eine Bohrung von 260 mm; bei einer Entfernung von 3170 mm von Mitte zu Mitte Lager hat die Hauptwelle einen mittleren Durchmesser von 360 mm. Die in Gusseisen hergestellte Koepe-Treibscheibe hat bei 3500 mm Arbeitsdurchmesser eine Kranzbreite von 600 mm. Die Cylinder sind ebenfalls derart gelagert, dass ihr freies Gleiten in der Längsachse gesichert ist. Die grösste Seilgeschwindigkeit ist mit 13 m festgelegt. Textabbildung Bd. 317, S. 315 Fig. 12. Zwillingsfördermaschine von der Maschinenbau-Aktiengesellschaft Union. Die Maschine hat Gooch'sche Kulissensteuerung, welche die auch hier seitlich von den Cylindern angeordneten Ein- und Auslassventile bethätigt, deren Entfernung von Mitte bis Mitte Ventilkasten 2700 mm beträgt. Desgleichen sind Sicherheitsventile gegen die Gefahr zu hoch gesteigerter Kompression vorgesehen. Der Sicherheit der Förderung ist hier ebenfalls in der weitgehendsten Weise Rechnung getragen. Die Bremse hat vier kräftige Backen, welche in zwei Bremskränzen links und rechts vom Flachseil angeordnet sind. Um bei Rohrbrüchen ein Versagen der Bremse zu verhüten, kommt neben dem Dampf auch noch Pressluft zur Anwendung und sind folgende Neuerungen getroffen: Vor dem Bremscylinder ist ein Behälter angeordnet – derselbe kann angeschraubt oder mit ersterem ein Ganzes bilden – und sind in denselben Rückschlag- und Absperrventile so eingebaut, dass derselbe nach Belieben von Dampf oder Pressluft bethätigt werden kann. Bei einem Bruche der Dampfleitung schliesst sich das in derselben eingebaute Rückschlagventil, und der im Behälter eingeschlossene Dampf genügt, um die Bremse in Thätigkeit zu setzen. In dem Augenblicke, wo sich der Dampfdruck durch Verdichtung vermindert, tritt an Stelle des Dampfes die Pressluft selbstthätig in Wirksamkeit. Durch den Fortfall der Verdichtung und durch geringere Temperatur besitzt die Pressluft noch den Vorteil, den Bremscylinder bei sparsamster Schmierung flott und leichtgängig zu halten. So tritt, wie in anderen gewerblichen Betrieben auch hier die Pressluft als Kraftübertragung dem Dampf zur Seite. Es sei noch erwähnt, dass die Seilscheiben im Schachtturm 3000 mm Durchmesser und eine Rillenbreite von 130 mm haben. Das Eigenartige dieser Anlage besteht in der Verbindung von Treibscheibe und Flachseil und hat sich bis jetzt der Betrieb mit den letzteren bewährt. Bei den zunehmenden Teufen, mit denen man jetzt in der Zeche General Blumenthal I/II – als zur Zeit grösster Teufe in Rheinland und Westfalen –, auf 841 m angelangt ist, während weitere fünf Schachtanlagen Teufen von über 700 m besitzen, ist es eine Frage von höchster Wichtigkeit, ob sich das Flachseil für die Förderung überhaupt, besonders aber aus grösseren Teufen, den wachsenden Anforderungen entsprechend herstellen lässt. Ebenso hängt von der Weiterbildung der Treibscheibe ein gut Teil des Fortschritts in der Förderung ab, welch letztere ihr Aussehen in den letzten 20 Jahren kaum viel verändert haben dürfte. Die Einführung der Treibscheibe durch Direktor Fr. Koepe schreibt sich mehr wie 20 Jahre zurück und hat sich namentlich im Ruhrbergbau mit Erfolg eingeführt, vor allem dort, wo gut durchgearbeitete Anlagen vorhanden sind. Bisher ist das Rundseil für den Betrieb gewählt worden und bestand der Vorteil bei möglichst grossem Scheibendurchmesser namentlich in den geringen Raumbreiten und geringeren Anschaffungskosten, welche sich, für eine Anlage zur Förderung von acht Wagen Kohlen = 4400 kg aus 700 m Teufe bei Seiltrommel bezw. Treibscheibe auf 7000 mm bezw. 4500 mm Cylinderentfernung und etwa 100000 bezw. 70000 M. Anschaffungskosten stellen. Die stets steigenden Anforderungen und Bareinlagen – im Steinkohlenbergbau des Oberbergamtsbezirks Dortmund 615000000 M., und zwar ohne Grundschulden und Anleihen – haben nun zu weiterem Vorgehen auf der bereits eingeschlagenen Bahn gedrängt und ist zu erwarten, dass der bisherige Erfolg diesem Vorgehen treu bleiben wird. (Fortsetzung folgt.)