Titel: Die Betriebsmaschinen auf der Düsseldorfer Ausstellung.
Fundstelle: Band 317, Jahrgang 1902, S. 325
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Die Betriebsmaschinen auf der Düsseldorfer Ausstellung. Die Betriebsmaschinen auf der Düsseldorfer Ausstellung. Die Versorgung der Ausstellung mit Licht und Kraft geschieht durch eine Anlage, deren Gesamtleistung nahezu 13000 PS umfasst, welche sich auf 28 Motoren, darunter 26 Dampfmaschinen und zwei Gasmotoren, verteilen; es kommen mithin bei 180000 qm überbauter Fläche 14 qm derselben etwa auf 1 PS Betriebskraft; in Paris mit 650000 qm überbauter Fläche und 40000 PS Betriebskraft kamen 16,25 qm auf 1 PS – Chicago mit nur 20000 PS Betriebskraft kann kaum zum Vergleich herangezogen werden. Die Anforderungen an die Betriebskraft der Ausstellungen sind also in stetem Wachsen begriffen. Von den neun Maschinen, die bei der Betriebsanlage in Paris auf die Länder vorwiegend deutscher Zunge – Deutschland, Oesterreich, Schweiz – entfielen, waren fünf Maschinen mit 5650 PS liegend und vier Maschinen mit 7350 PS stehend ausgeführt und leisteten also zusammen etwa gleichviel wie die Betriebsanlage in Düsseldorf und etwa ein Drittel der Gesamtbetriebsleistung in Paris. In Düsseldorf übernehmen 16 Maschinen liegender Bauart etwa 6700 PS der Betriebskraft, während 8 Maschinen stehender Bauart etwa 6000 PS leisten. Zwei Dampfmaschinen abweichender Bauart erzeugen dann noch 125 PS und zwei Gasmotoren 300 PS. An allen Maschinen ist die nahezu gleich tadellose Ausführung zu loben, die für den Stand des deutschen Maschinenbaus ein glänzendes und beredtes Zeugnis ablegt. Waren es in Paris sieben Werke von vornehmlich gutem Klang – Vereinigte Maschinenfabrik Augsburg und Maschinenbau-Gesellschaft Nürnberg – zwei stehende Maschinen mit zusammen 3500 PS, eine liegende mit 2000 PS –, Borsig in Berlin – eine stehende mit 2250 PS –, Ringhoffer in Prag – eine stehende mit 1600 PS –, L. Lang in Budapest – eine liegende mit 1000 PS –, Erste Brünner Maschinenfabriksgesellschaft – eine liegende mit 1000 PS –, Escher, Wyss und Co. in Zürich – eine liegende mit 900 PS –, Gebr. Sulzer in Winterthur – eine liegende mit 750 PS –, welche die deutsche Betriebsmaschine in so ruhmvoller Weise zur Geltung brachten, so treten uns hier 20 Werke eines weit engeren Bezirkes im Wettbewerb entgegen und zeigen, wie einheitlich durchgebildet die Leistungsfähigkeit des deutschen Maschinenbaues ist und zwar in einer Weise, die jeden Ingenieur mit gerechtem Stolz erfüllen darf. Ein weiteres Kennzeichen dieser Ausstellung in der Betriebsabteilung ist die einheitliche Verwendung des überhitzten Dampfes, welche ein Endergebnis jahrelangen Mühens und Forschens einer Anzahl hervorragender Ingenieure bedeutet. Schmidt's erste Heissdampfmaschine war eine einfach wirkende Eincylindermaschine, dann baute man Verbundmaschinen mit einfach wirkendem Hochdruck- und doppelt wirkendem Niederdruckcylinder, bis die Erfahrung lehrte, dass jede gute und sorgfältig gearbeitete Maschine unter Verwendung geeigneter Dichtungen, namentlich in den Stopfbüchsen, sowie entsprechender Schmieröle mit hohem Entflammungspunkt, mit Heissdampf leiten kann. Sogar auf den Vorteil der Verlegung des Niederdruckcylinders an die Rahmengradführung in der Tandemanordnung glaubt man verzichten zu dürfen und stützt sich dabei auf das Arbeiten von Eincylindermaschinen mit Heissdampf, wie solches in der Ausstellung von der Dingler'schen Maschinenfabrik Zweibrücken in tadelloser Weise an vier kleinen Maschinen von 30 bis 85 PS gezeigt ist. Ebenso ist nicht zu bestreiten, dass die Verbundanordnung notwendig werden kann, ohne auf die Vorteile der Ueberhitzung verzichten zu wollen und sind dann durch entsprechende Ausführung die schädlichen Einflüsse der leitenden Zusatzwärme, welche die Ueberhitzung mit sich bringt, vom Kreuzkopfglitscher und seiner Führung fernzuhalten bezw. ihre Einwirkung abzuschwächen, desgleichen werden die Fälle vorkommen, dass die stehende Anordnung in der Verbundmaschine oder der Maschine mit mehrfachen Kurbeln die gleiche Aufgabe stellt. Trotzdem dürfte es aber immer vorteilhaft bleiben, im Falle der Tandemmaschine von der Rückwärts Verlegung des Hochdruckcylinders Gebrauch zu machen, namentlich da bei entsprechender Ausführung des Zwischenstückes eine Herausnahme des Niederdruckkolbens durch die Mundöffnung desselben keine grosse Schwierigkeit bietet, und zwar um so weniger, wenn schon bei der Ausführung eine geeignete Hebevorrichtung für diesen Zweck in Aussicht genommen war. Ein weiterer nicht zu unterschätzender Vorteil ist, dass dann der rückwärts liegende Hochdruckcylinder als derjenige Teil, welcher der Wärmeausdehnung unter dem Einfluss der Dampfüberhitzung am stärksten und schnellsten folgen muss, auch für diese Ausdehnung am zweckentsprechendsten gelagert werden kann. Wie weit sich die einzelnen Steuerungsorgane in besonderer Weise für die Verwendung der Dampfüberhitzung empfehlen, ist zur Zeit noch nicht ganz klargestellt; jedenfalls lassen die von Seiten des Maschinenlaboratoriums der Berliner Hochschule angestellten Versuche einigen Zweifel aufkommen, ob die allgemein gültige Bevorzugung von Ventilsteuerung in Verbindung mit überhitztem Dampf richtig ist. Sowohl bei diesen Versuchen, als auch im Berliner Elektrizitätswerk und ähnlichen Fällen sind nach Verwendung von überhitztem Dampf Undichtigkeiten an den Ventilen zu Tage getreten, und glaubt Prof. Josse dieselben auf die Dampfüberhitzung zurückführen zu sollej; es fragt sich dann freilich, ob nicht vielleicht der Zustand der Rohrleitung und Dampfkanäle derartig war, dass der Heissdampf, welcher mehr noch wie der gesättigte Dampf aus der Leitung alles überhaupt Lösbare mitnimmt, auf den Sitzflächen Fremdkörper ablagern konnte. Im Angesicht dieser letzteren Eigenschaft dürften möglichst grosse Wasserabscheider kurz vor der Maschine am zweckmässigsten sein, welche einmal die grossen Mengen Wasser beim Anlassen aufnehmen, sodann auch durch Umkehr und Verlangsamung der Bewegung kurz vor dem Eintritt in die Maschine die Ausscheidung der Fremdkörper ermöglichen. Es dürfte hier darauf hinzuweisen sein, dass man nirgends die Sparsamkeit schlechter hervorkehren kann, als am sogen. Wasserabscheider vor der Maschine, und doch ist es erstaunlich, wie selbst die besten Maschinenfabriken oft jämmerlich kleine Töpfe als Abscheider aufstellen, die dann mehr Schaden wie Vorteil verursachen. In der uns beschäftigenden Betriebsanlage erfolgt nun die Dampfverteilung an den stehenden Maschinen zum grössten Teil durch Schiebersteuerungen, und zwar am Hochdruckcylinder durch Kolbenschieber, während bei den liegenden Maschinen in den meisten Fällen die Ventilsteuerung und zwar sowohl am Niederdruck- wie am Hochdruckcylinder durchgebildet ist; nur in einzelnen Fällen findet sich die Steuerung des Niederdruckcylinders mit Corliss-Drehschieber bei der Verbundanordnung vor. Textabbildung Bd. 317, S. 326 Tandem-Verbundmaschine von der Maschinenbau-Aktiengesellschaft Union. Die Ventilsteuerung der liegenden Maschinen ist dann wiederum von den Maschinenbauanstalten Union, Hohenzollern, Kirberg und Hüls nach der Anordnung Kaufhold, von Schüchtermann und Kremer nach dem neueren Patent Kollmann, von Haniel und Lueg nach Bauart Wiegleb (D. R. P. Nr. 110362 und Nr. 124381), von Humboldt nach Patent Stumpf ausgeführt (D. R. P. Nr. 118855). Die vorgenannten sind alle auslösende Ventilsteuerungen mit Flüssigkeitspuffern. O. Recke in Rheydt hat zwangläufige Ventilsteuerung eigener Bauart, ebenso Friedrich Spiess Söhne in Barmen. Den ersten Platz unter den liegenden Maschinen nimmt die Zwillings-Tandemmaschine der Maschinenfabrik Grevenbroich vorm. Langen und Hundhausen in Grevenbroich ein. Von Langen und Hundhausen 1878 gegründet, wurde diese Anstalt 1890 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und arbeitet heute mit einer Betriebskraft von 280 PS – 1 Verbunddampfmaschine 180 PS, sowie 5 Gasmotoren von zusammen 100 PS – und beschäftigt 600 Arbeiter. Die Erzeugung der Anstalt umfasst ausser Dampfmaschinen und Wasserwerksanlagen Speisewasserreinigung, Kühlanlagen, Maschinen Textabbildung Bd. 317, S. 327 Tandem-Verbundmaschine von der Maschinenbau-Aktiengesellschaft Union. und Vorrichtungen für Rohzuckergewinnung, Brennereien u.s.w. Der Jahresumsatz im Jahre 1901 betrug 4500000 M., Das Absatzgebiet verteilt sich auf die ganze Welt. Textabbildung Bd. 317, S. 328 Fig. 6. Ventilsteuerung, System Kaufhold. Die Maschinen selbst werden wir später besprechen. Die von der Maschinenbau-Aktiengesellschaft Union ausgestellte liegende Tandem-Verbundmaschine (Fig. 1 bis 5) hat 500 bezw. 930 mm Cylinderdurchmesser bei 1100 mm Hub und leistet – mit Dampfniederschlagung arbeitend – bei einer Eintrittsspannung von 11 kg/qcm absolut und 94 minutlichen Umdrehungen 500 PSe; dabei ist Vorkehrung getroffen, dass auch mit unmittelbarem Auspuff gearbeitet werden kann. Der sehr starke Maschinenrahmen mit bajonettförmigem Lagerbalken liegt fast seiner ganzen Länge nach auf dem festen Grundgemäuer, mit dem er kräftig verankert ist, auf, nur der Anschlussflansch für den Niederdruckcylinder hängt frei über das nach unten abgesetzte Grundgemäuer hinweg. Anschliessend an den Rahmen erstreckt sich eine gusseiserne Grundplatte, fest in das Grundgemäuer eingelassen, bis über das Ende des hinteren Cylinders hinaus, auf welcher Cylinder und Zwischenstück in sicherer, die Ausdehnung berücksichtigender Weise gelagert sind. Wie schon erwähnt, schliesst sich der Niederdruck an den Rahmen an und liegt der Hochdruckcylinder hinter dem Zwischenstück, durch dessen Mundöffnung der Niederdruckkolben herauszunehmen ist; im übrigen sei für diese Anordnung auf das früher Erwähnte verwiesen. Die Kolbenstange ist innerhalb des Zwischenstücks durch einen eingebauten Säulenfuss mit Auflagerungsfläche unterstützt, letztere ist mit Weissmetall ausgegossen. Der Hochdruckcylinder liegt in der Frischdampfkammer der Einlassventile, ebenso ist der Aufnehmer auf seiner geraden Länge vom Frischdampf beheizt, während der Niederdruckcylinder seinerseits mit dem Arbeitsdampf des Aufnehmers geheizt ist. Am Hochdruckcylinder ist eine auslösende Ventilsteuerung mit Sicherheitsschluss – System Kaufhold – angebracht, deren nähere Einzelheiten sich an Hand der Zeichnung Fig. 6 ergeben. Die Steuerwelle bethätigt getrennte Einlass- und Auslassexzenter, welche durch Gestänge und Kniehebel auf die Ventilstangen wirken, während der Regulator, am Hebelarm ab des Winkelhebels abc angreifend, durch die Druckstange cd im Punkte d das Gestänge des Exzenters und damit den auf die Ventilspindel wirkenden Winkelhebel efg bethätigt. Der Niederdruckcylinder ist mit Corliss-Steuerung versehen. In dem Ausstellungsbetrieb ist die Maschine mit einer Gleichstromdynamo der Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. W. Lahmeyer und Co. in Frankfurt a. M. unmittelbar gekuppelt. An Stelle des Schwungrades auf der Hauptachse tritt später noch eine Drehstromdynamo. Textabbildung Bd. 317, S. 328 Tandem-Verbundmaschine von Recke. Die Maschinenbau-Aktiengesellschaft Union arbeitet in ihren Werkstätten in Essen a. R. mit elektrischem Betrieb von 300 PS und beschäftigt etwa 500 Arbeiter. Die Thätigkeit des Werkes umfasst den Dampfmaschinenbau im allgemeinen, für Bergbau- und Hüttenbetrieb, sowie für elektrischen Betrieb, Expresspumpenbau, Wasserwerke, Eisen- und Metallgiesserei, sowie Eisenbau – als Brücken, Dächer, Hallen u.s.w. Im Jahre 1900 betrug der Umsatz 6000 t im Werte von etwa 2600000 M. Das Absatzgebiet umfasst das Deutsche Reich, Luxemburg und Russland. Textabbildung Bd. 317, S. 329 Fig. 9. Steuerung zum Hochdruckcylinder (System Recke). Die Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. W. Lahmeyer beschäftigte im Jahre 1900 2000 Arbeiter und 670 Beamte und kehrte an ein alle Weltteile umfassendes Absatzgebiet 2200 Dynamo und Motoren mit einer Gesamtleistung von 72000 PS aus. Die von O. Recke in Rheydt ausgestellte liegende Tandem-Verbundmaschine mit Ventilsteuerung (Fig. 7 bis 10) hat im Hochdruckcylinder 425 mm und im Niederdruckblinder 650 mm Bohrung bei 800 mm Hub, 135 minutlichen Umdrehungen und einer Eintrittsspannung von 11 at absolut, und leistet mit Dampfniederschlagung arbeitend 350 PS. Maschinenrahmen und bajonettförmiger Lager-Balken zeigen auch hier wieder die starke und kräftige Form, doch hat Recke seine Geradführung nicht fest und der ganzen Länge nach auf das Grundgemäuer gelagert, pudern derselben am hinteren Ende nur einen starken Fuss gegeben, während der eigentliche Balken – vom vorderen Ende der Geradführung ab – wiederum satt aufliegt und kräftig verankert ist. Auf die Rückwärtsverlegung des Hoghdruckcylinders ist verzichtet und so schliesst sich derselbe an den hinteren Geradführungsflansch an, auch das Zwischenstück ist infolgedessen mit zwei seitlichen statt einer oberen Aussparung versehen. Der Niederdruckcylinder hat eine hintere Kolbenführungsstange erhalten. Sowohl das Zwischenstück wie der hinten angehängte Niederdruckcylinder sind auf getrennten Sohlplatten aufgebaut, während im übrigen das jetzt allgemein in gutem Beton ausgeführte feste Grundgemäuer das alle einzelnen Teile verbindende Ganze bildet. Auch die Oelfanggrube der Kurbel ist nicht am Rahmenbalken angegossen, sondern für sich gegen das vordere Ende der Geradführung verschraubt und auf das Grundgemäuer gelagert; im Anschluss an diese Oelgrube ist die Schutzkappe für die Kurbel ausgebildet, beide Teile bilden ein durch Mittelflanschen verbundenes Ganze mit seitlichen kreisrunden Oeffnungen. Die Cylinder liegen beide in den Kammern für den Arbeitsdampf ihrer Einlassventile, mit welchen sie in einem Stück gegossen sind, ein Aufnehmer kommt hier daher in Wegfall. An beiden Cylindern werden die zweisitzigen Ein- und Auslassventile nach dem System Recke gesteuert. Diese Ventilsteuerung arbeitet zwangsläufig mit von 0 bis 60 v. H. veränderlichen Füllungen. Auf der Steuerwelle der Maschine ist die Exzenterscheibe a (Fig. 9) aufgekeilt. Der Bügel bezw. Ring b dieses Exzenters steuert das Auslassventil, hat aber gleichzeitig ein Auge c, von welchem die Bewegung der Einlassventile abgeleitet wird, indem die elipsenförmige Bewegung dieses Auges durch den Lenker cd auf den Hebel dfg und mittels Lenker ef auf den in k festgelegten Doppelhebel ekl übertragen wird. Die Druckstange lm verbindet weiter den Hebel ekl mit dem freien Ende des Rollhebels p, welcher durch Vermittelung des in q fest gelagerten Ventilhebels o das Einlassventil anhebt. Textabbildung Bd. 317, S. 329 Fig. 10. Steuerung zum Niederdruckcylinder. Die Bewegung des Reglers wird durch den Winkelhebel r mittels einer kleinen Zugstange auf die Achse h und den Hebel hg übertragen, so dass der äusserste Punkt g dieses Hebels bei jeweiliger Reglerstellung als Stützpunkt für die Uebertragung der ganzen Bewegung von dem Exzenterring b auf das Einlassventil dient. Mit dem Regler hebt sich der Stützpunkt und der Hebel gfd; hierdurch verkürzt sich die Bewegungsdauer des Rollhebels p samt Ventilhebel o, die Füllung der Maschine wird also verringert. Beim Sinken des Reglers tritt der umgekehrte Fall ein, nämlich Vergrösserung der Füllung. Für diese Anordnung der Steuerung nimmt Recke folgende Vorteile in Anspruch: 1. Gleichbleibende anfängliche Füllung am toten Punkt und nahezu gleichbleibende Voröffnung bei den verschiedenen Füllungsgraden. 2. Ausgehend von der Ventilstange werden die Hebelverhältnisse zwischen derselben und dem Exzenter bei kleinen Füllungen vergrössert, bei grösseren verkleinert, derart, dass selbst bei kleinsten Füllungen ein genügender Ventilhub verbleibt, ohne dass man zu dem Mittel einer unverhältnismässig grossen Voröffnung zu greifen braucht – ein Verfahren, welches sehr viele der bisherigen zwangläufigen Ventilsteuerungen bedingen. 3. Die Druckübertragung erfolgt unfehlbar in der Mittelrichtung – Seitendrucke, Neigung zum Ecken oder einseitiger Verschleiss bleibt ausgeschlossen. 4. Die Rückwirkung auf den Regler ist gering. Die Steuerung für das Einlassventil des Niederdruckcylinders (Fig. 10), sowie diejenige der Auslassventile an beiden Cylindern geschieht in einfacherer Weise durch die Exzenterstange und Winkelhebel. Auf die Kurbelwelle der Maschine ist unmittelbar neben dem Schwungrade – welches sich seinerseits an die Steuerräder nächst dem Kurbellager anschliesst – eine Gleichstromdynamo der Elektrotechnischen Fabrik Rheydt, Max Schorch und Co., aufgebaut, welche 250 K.-W. leistet. Die ganze Anlage soll unmittelbar aus seinem Stromkreis die elektrische Rundbahn betreiben. Die Maschinenfabrik Rheydt, gegründet 1885, braucht heute für ihren Betrieb 150 PS, welche eine mit überhitztem Dampf betriebene Ventildampfmaschine liefert, die Kraftübertragung erfolgt teils elektrisch, teils durch Wellenleitung. Im Jahre 1900 wurden 250 Arbeiter beschäftigt und 55 vollständige Dampfmaschinenanlagen mit Wellenleitung und Zubehör von zusammen 6500 PS fertiggestellt, während die Eisengiesserei 1000000 kg Gussteile lieferte. Das Absatzgebiet für das Werk ist Deutschland. Textabbildung Bd. 317, S. 330 Fig. 11. Die von der Maschinenbauanstalt Humboldt in Kalk bei Köln ausgestellte liegende Tandem-Verbundmaschine (Fig. 11 bis 13) hat 475 bezw. 750 mm Cylinderdurchmesser bei 1000 mm Hub und leistet – mit Dampfniederschlagung arbeitend – bei einer Eintrittsspannung von 11 kg/qcm absolut und 90 minutlichen Umdrehungen 400 PSe mit 8 bis 9 v. H. Füllung bezogen auf den Niederdruckcylinder. Textabbildung Bd. 317, S. 331 Fig. 12. Tandem-Verbundmaschine von Maschinenbauanstalt Humboldt. Der Maschinenrahmen liegt in diesem Fall, ähnlich wie bei Recke, nicht der ganzen Länge nach auf dem Grundgemäuer auf, sondern nur der eigentliche Balken, hier ebenfalls in Bajonettform gehalten, während die Geradführung nur an dem Ende, welches den Cylinderflansch aufnimmt, durch einen kräftigen Fuss abgestützt ist. Humboldt legt ebenfalls den Niederdruckcylinder an den Rahmen bezw. die Geradführung, verzichtet aber auf die sofortige Unterstützung und beginnt erst mit der gusseisernen Grundplatte an Vorderkante des Zwischenstücks, an welch letzteres der Hochdruckcylinder angehängt ist. Zwischenstück und Hochdruckcylinder sind auf dieser Grundplatte in der Längsrichtung verschiebbar aufgebaut und können der Ausdehnung durch die Wärme ungehindert folgen. Weder Hoch- noch Niederdruckcylinder sind im vorliegenden Fall geheizt und erfolgt die Dampfzu- und -abführung beim Hochdruckcylinder mit Rücksicht auf die Ueberhitzung durch Rohre, die an jeden Ventilkasten einzeln angeschlossen sind und sich erst ausserhalb der Maschine vereinigen. Hierdurch soll eine einseitige Erwärmung des Cylinders, sowie ein Reissen der Wandungen vermieden und eine freie Ausdehnungsfähigkeit gefördert werden. Der Aufnehmer dagegen ist in seinem geraden Teil mit einer sehr kräftigen Röhrenheizung durch überhitzten Dampf versehen, so dass der Arbeitsdampf aufs neue überhitzt in den Niederdruckcylinder übertritt. Die aus Stahl hergestellte Kurbel ist auf die Welle aufgezogen und zur Ausgleichung der hin und her gehenden Massen ist an derselben ein Gegengewicht vorgesehen, durch welches neben dem Kurbelarm noch ⅓ der Triebwerksteile ausgewogen werden. Als Steuerung ist bei beiden Dampfcylindern für den Einlass eine auslösende Ventilsteuerung, Patent Prof. Stumpf (Fig. 13), angeordnet, bei welcher die Auslösung durch das Zusammenwirken zweier Exzenter hervorgebracht wird, indem das die Auslösung beeinflussende und lose auf der Steuerwelle sitzende Exzenter von einem Achsenregler verstellt wird. Letzterer ist auf der Steuerwelle zwischen den beiden Steuerwellenlagern angeordnet. Gemäss seiner Bauart bewirkt neben der Fliehkraft die Trägheit der umlaufenden Massen eine Veränderung des Ausschleges, so dass ein ausserordentlich rasches und genaues Eingreifen bei Belastungsschwankungen die Folge ist. Durch eine entsprechende Vorrichtung ist die Umdrehungszahl der Maschine um 10 % während des Ganges zu verändern. Die Einlassventile sind mit einem Oelvakuumpuffer verbunden, welcher den Fall des ausgelösten Steuerungsorgans im Augenblick des Auftreffens auf die Sitzfläche abbremst. Textabbildung Bd. 317, S. 332 Fig. 13. Ventilsteuerung, Patent Stumpf. Das Eigentümliche der Anordnung besteht darin, dass beim Anhub des Ventils unter dem Oelkolben ein Vakuum gebildet wird, welches an Stelle einer Feder die Beschleunigungskraft für den Schluss ergibt. Die Pufferwirkung wird alsdann durch allmähliche Zusperrung der Durchtrittsöffnungen für das unter dem Pufferkolben befindliche Oel erzielt. Da das rechtzeitige Eintreten der Drosselung von aussen während des Ganges ohne jedes Lösen von Muttern u.s.w. auf das Feinste eingestellt werden kann, so ermöglicht der Puffer selbst bei hoher Umdrehungszahl der Maschine ein absolut geräuschloses Arbeiten der Ventile. Die Füllung des Niederdruckcylinders kann von Hand während des Betriebes in weiten Grenzen verstellt werden. Die Auslassventile werden von besonderen Exzentern durch Wälzhebel angetrieben. Die Schmierung aller bewegten Teile geschieht mittels feststehender Tropföler. Die Steuerwelle läuft in Ringschmierlagern. Für die Hauptlager der Kurbelwelle wird das Oel durch zwei Umlaufpumpen in fortwährendem Kreislauf gehalten, indem das mittels Oelfänger gesammelte Oel von neuem durch die Lager hindurch getrieben wird! Zwischen dem Kurbellager und dem um 3010 mm davon abgerückten Aussenlager der Hauptwelle ist eine als Schwungraddynamo ausgebildete Wechselstrommaschine der Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. W. Lahmeyer und Co. in Frankfurt a. M., Modell W. T. 500/90 angeordnet. Die Maschinenbauanstalt Humboldt wurde im Jahre 1856 begründet, gehört also zu den ältesten Heimstätten des deutschen Maschinenbaus und ebenfalls zu denjenigen mit mannigfaltigstem Thätigkeitsgebiet. Die Anstalt baut nicht nur Dampfmaschinen für Betrieb und Bergbau, Lokomotiven, Dampfturbinen u.s.w., sondern auch Dampfkessel, Aufzüge und in weitestem Umfang alle Ausführungen in Eisen. Für ihre Leistungen wurden der Anstalt 16 Ausstellungsanerkennungen zu teil. Im Jahre 1900 betrug die Arbeiterzahl 1700 und die Jahreserzeugung 18000000 kg im Werte von 9000000 M. Diese Erzeugung verteilt sich über die ganze Erde als Absatzgebiet. (Fortsetzung folgt.)