Titel: Rauchlose Feuerung in Amerika.
Autor: G. R.
Fundstelle: Band 317, Jahrgang 1902, S. 402
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Rauchlose Feuerung in Amerika. Rauchlose Feuerung in Amerika. Wie in Europa, so beschäftigt auch in Amerika die Frage der rauchlosen Verbrennung Stadtverwaltungen und Techniker. Im Ingenieurverein zu St. Louis hat kürzlich W. H. Bryan einen interessanten Vortrag über diesen Gegenstand gehalten, dem wir folgendes entnehmen: St. Louis ist von Natur eine raucherfüllte Industriestadt, und gerade hier hat darum die Rauchfrage eine grosse Wichtigkeit gewonnen. Wenn es möglich sein sollte, sie hier zufriedenstellend zu lösen, so darf man nach Lage der Sache annehmen, dass dies auch anderswo der Fall sein wird, da gerade hier die Verhältnisse möglichst ungünstig liegen. St. Louis verdankt seine industrielle Entwickelung der Nähe nur etwa 20 km entfernter Kohlenlager, die zwar äusserst ergiebig sind, jedoch ein Erzeugnis liefern, das in manchen Beziehungen viel zu wünschen übrig lässt. Die Kohle enthält einen hohen Prozentsatz an flüchtigen Bestandteilen, an Feuchtigkeit und an Asche, und ist von verhältnismässig geringem Heizwert. Sie neigt namentlich wegen ihres Gehaltes an vergasbaren Bestandteilen leicht zur Rauchbildung, wenn sie auf gewöhnlichen Rosten verbrannt wird. Schon seit langem ist man der Rauchfrage näher getreten, aber erst in den letzten Jahren hat man eifriger an ihrer Lösung gearbeitet, nachdem man durch eifriges Studium ihr eigentliches Wesen hatte kennen lernen und zu der Erkenntnis gelangt war, dass sie keineswegs unlöslich sei, wie man früher leichthin anzunehmen geneigt war. Alle Brennstoffe können als aus flüchtiger Substanz, aus fester Kohle und aus Asche bestehend angesehen werden. Die letztere trägt zur Rauchbildung nicht bei, ausgenommen, wenn sie in so grosser Menge vorhanden ist, dass sie die Bedienung der Feuer stark erschwert. Die feste Kohle, die wir insbesondere in der Form von Koks kennen, verbrennt ohne Rauchentwickelung. Die flüchtige Substanz dagegen, die in unseren Brennstoffen in grosser Menge vorhanden ist, ist das, was den Rauch verursacht. Wenn ein an flüchtigen Bestandteilen reicher Brennstoff in einen gewöhnlichen Ofen eingeworfen wird, so wird die flüchtige Substanz zunächst in Gasform in Freiheit gesetzt, welche Gase hauptsächlich aus Kohlenwasserstoffen bestehen. Von diesen zersetzen sich grosse Mengen bei Rotglühhitze; ein Teil des Kohlenstoffes wird hierbei als solcher in Freiheit gesetzt, der, wenn er nicht verbrannt wird, als sichtbarer Rauch aus der Feuerung entweicht. Es ist allerdings möglich, diesen durch Zersetzung der Kohlenwasserstoffe entstandenen Kohlenstoff zu verbrennen, und es muss hierzu eine genügende Menge an Sauerstoff bei genügend hoher Temperatur vorhanden sein. Ist eine dieser beiden Bedingungen nicht erfüllt, so raucht die Feuerung. Das ganze Geheimnis der Erzielung einer rauchlosen Feuerung besteht darin, diese beiden wichtigen Bedingungen für die Verbrennung des wieder ausgeschiedenen Kohlenstoffes zu schaffen. Schon lange ist durch sorgfältige Versuche nachgewiesen worden, dass der selbst in dem dichtesten Rauche enthaltene Kohlenstoff an Gewicht nur sehr wenig ausmacht und etwa nur ⅙ bis ½ oder höchstens ein ganzes Prozent von dem Gewichte eines bestimmten Volumens Steinkohlenrauch beträgt. Indessen hat er eben eine ungemein starke Färbekraft, so dass er grosse Mengen von Kohlenstoff mit sich zu führen scheint. Aus diesen Betrachtungen kann man schon entnehmen, wie falsch alle jene in den Anpreisungen rauchverzehrender Feuerungen oft zu findenden Behauptungen sind, dass man durch ihren Gebrauch schon durch die blosse Verbrennung des Rauches an Brennstoff sparen würde. Und doch hat es sich häufig genug herausgestellt, dass die besten Formen rauchloser Feuerungen Ersparungen an Brennmaterial mit sich gebracht haben, nicht weil sie Rauch verbrennen, sondern weil sie an sich besser konstruiert und sachgemässer durchgebildet sind, wodurch sich der Nutzeffekt der Feuerung im ganzen hebt. Die durch die Anwendung wirklich gut konstruierter Feuerungen erzielten Ersparnisse an Brennstoff verzinsen die dafür aufgewendeten Kosten reichlich, und machen auch sonst alle Ausgaben für ihre Unterhaltung gut bezahlt. Man kann drei Arten der Rauchverhinderung unterscheiden. Die erste besteht darin, dass man Anlagen schliesst, die zu viel Rauch entwickeln, die zweite besteht in dem Gebrauche von rauchlos verbrennenden Heizstoffen, und die dritte stellt sich als die Kunst dar, unsere gewöhnlichen Brennstoffe ohne Rauch zu verbrennen. Den ersten dieser drei Wege wird man allerdings nur in Ausnahmefällen betreten, obschon zu hoffen ist, dass die weitere Ausdehnung unserer elektrischen Kraftanlagen es vielen kleinen bisher viel Rauch verursachenden Betrieben nahe legen wird, ihre kleinen Dampfkesselfeuerungen aufzugeben, und sich statt dessen an die die Städte und die Industriebezirke durchziehenden Leitungsnetze für elektrische Kraft anzuschliessen. Auch der zweite Weg, der sich wesentlich als ein Uebergang zur Feuerung mit Koks, Petroleum oder Petroleumrückständen darstellt, ist nicht überall gangbar, so dass also hauptsächlich die Forderung ins Auge zu fassen ist, unsere gewöhnlichen Brennstoffe rauchfrei zu verbrennen. Die meisten Kohlen werden der Lage der Sache nach von den Dampfkesselfeuerungen verschlungen, und zahllose Vorschläge sind gerade für deren Vervollkommnung gemacht worden. Doch haben die betreffenden Erfinder es meist versäumt, die von ihnen erdachten Apparate und Betriebsvorschriften mit den Bedingungen in Uebereinstimmung zu bringen, deren Einhaltung im wirklichen Betriebe unerlässlich ist. Schon eine gewöhnliche Feuerung kann man bei der nötigen Aufmerksamkeit so bedienen, dass die Menge des aus ihr entweichenden Rauches wesentlich vermindert wird, vorausgesetzt natürlich, dass man sie nicht zu überanstrengen gezwungen ist. Eine Rostfläche von genügend grosser Oberfläche, eine hohe Feuerbrücke, hinreichender Raum für die Entfaltung der Flamme und genügender Zug sind für eine möglichst rauchfreie Verbrennung unerlässlich. Ein derartig gebauter Ofen kann bei geschickter Bedienung, indem man abwechselnd durch jede Feuerthüre verhältnismässig kleinere und sich stets gleichbleibende Mengen von Brennmaterial aufwirft, ausserordentlich zufriedenstellend in dieser Hinsicht arbeiten. Feuert man dagegen nur in längeren Zwischenräumen immer gleich mit grösseren Mengen Brennstoff, ohne auf eine sich gleichbleibende Höhe der Brennstoffschicht zu achten, so wird eine grosse Rauchentwickelung unausbleiblich sein. Ist die Feuerung dagegen in der Anlage missraten, oder wird sie stark überanstrengt, so kann kein Aufwand an Sorgfalt oder Geschicklichkeit den Rauch verhindern. In solchen Fällen muss man zu besonderen Hilfsmitteln greifen, von denen man fünf Klassen unterscheiden kann. Textabbildung Bd. 317, S. 402 Anwendung von mit Dampf zerstäubter vorgewärmter Luft.a Luft und Dampf; b Lufteinlass; c Frischdampf; d Luftrohr, 76 mm Durchmesser; e Dampfrohr, 19 mm Durchmesser; f Luftauslass, 38 mm Durchmesser; g Dampfdüse, 8 mm Durchmesser. Zunächst sind hier die Dampfzerstäuber zu nennen, die sehr einfach in der Handhabung sind und auch sehr leicht in jeder Werkstätte hergestellt werden können. Man bringt sie mitunter unter dem Roste an, aber besser finden sie ihren Platz darüber, entweder unmittelbarunmittelber über der Feuerthür oder in den Seitenwänden. Diese Dampfzerstäuber, deren Anordnung aus Fig. 1 bis 3 ersichtlich ist, saugen Luft an, die dann in geeigneten Zügen erwärmt wird, und blasen sie so vorbereitet in die aus der Zersetzung der Brennstoffe sich entwickelnden Gase. Derartige Apparate sind in Amerika vielfach im Gebrauch. Sie sind zur Rauch Verhütung sehr wirksam, jedoch nicht sparsam im Brennmaterialverbrauch. Die Zerstäuber sind entweder in fortwährender Thätigkeit, oder sie sind nur zu den Zeiten der Brennstoffaufgabe im Betrieb, werden aber dann nach 2 oder 3 Minuten wieder abgestellt, sobald der frisch aufgeworfene Brennstoff in Brand geraten ist. Dies wird zweckmässigerweise durch eine von den Feuerthüren zu bethätigende selbstthätig wirkende Vorrichtung bewirkt. Alsdann sind Feuergewölbe zu erwähnen, die recht gute Ergebnisse in der Rauchverhinderung erzielt haben, vorausgesetzt, dass sie sorgfältig eingerichtet sind, und dass die dazu gehörige Feuerung zweckmässig bedient wird. Hierbei ist – wenigstens bei einigen Ausführungsformen – der Feuerraum von dem eigentlichen Kessel abgerückt, und die in ihm befindlichen Gase sind demnach der abkühlenden Wirkung des Kesselinhaltes entzogen; sie können somit stets leicht auf der zu einer vollkommenen Verbrennung erforderlichen hohen Temperatur erhalten werden. Durch Einschaltung eines schachbrettartig gelochten Gewölbes oder eines engen Feuerhalses wird eine vollkommene Mischung der Feuergase erzielt. Die Luft wird oftmals einer Vorwärmung unterzogen. Die Ausführung dieser Feuerungen geschieht in mancherlei Form. Sie sind vielfach befähigt, sogar äusserst schlechtes Brennmaterial zu verarbeiten. Namentlich eignen sie sich für solche industrielle Anlagen, bei denen die Anforderungen an die Dampferzeugung sich ziemlich gleich bleiben. Man wirft ihnen mitunter vor, dass sie einen ziemlich grossen Raumbedarf hätten, und dass das in ihnen verwendete Mauerwerk, wann es nicht ganz besonders gut konstruiert sei, nicht lange aushalte und beträchtliche Ausbesserungskosten verursache. Indessen sind diese früher wohl berechtigten Einwände mit der Zeit um so mehr hinfällig geworden, je mehr man es lernte, die Ausführung dieses Systems zweckentsprechend zu gestalten. Der Hauptvorzug ist aber, dass sie gegenüber den gewöhnlichen Feuerungen eine wesentliche Ersparnis an Brennstoff zu erzielen gestatten. Textabbildung Bd. 317, S. 402 Fig. 4. Anwendung eines Feuergewölbes. Die Fig. 4 bis 7 zeigen bewährte Anlagen nach dem Feuergewölbesystem, und zwar Fig. 4 das System von Reynolds, Fig. 5 bis 7 das System von Kent. Der Berichterstatter möchte hier einschalten, dass das erstere System, das von Reynolds, doch vor dem letzteren wesentliche Vorzüge zu haben scheint. Denn gerade bei dem System von Reynolds ist in der That die Feuerung vor der abkühlenden Wirkung der in dem Kessel enthaltenen Wassermenge geschützt, während bei dem System von Kent sich über dem Roste unmittelbar die blanke Kesselfläche befindet, und ein Schutz der Kesselbleche erst dann eintritt, wenn die Flamme bereits durch die erste Berührung mit dem Kessel eine wesentliche Abkühlung erfahren hat. Textabbildung Bd. 317, S. 402 Flügelmann-Ofen. Doch um nun zu dem Berichte über jenen Vortrag wieder zurückzukehren, so werden hier an dritter Stelle Feuerungen mit niederschlagender Flamme erwähnt. Auch diese hätten sich als sehr vorteilhaft erwiesen und fänden namentlich da vielfache Anwendung, wo es häufig vorkomme, dass man an seinen Kessel grössere Anforderungen als gewöhnlich zu stellen gezwungen sei. Eine der besten Ausführungsformen dieses Systems sei die nach Hawley. Hierbei befänden sich zwei Roste übereinander. Der obere Rost bestehe aus einer Reihe von Wasserrohren, die zugleich einen Teil der Siederohre des Kessels selber ausmachten. Roststäbe von gewöhnlicher Art seien nicht befähigt, der hier herrschenden hohen Temperatur zu widerstehen. Die Wasserrohre haben nach der Tiefe zu eine Neigung nach aufwärts, um einen schnellen Kreislauf des sie durchströmenden Wassers hervorzurufen. Die von diesem Rost wegziehenden Verbrennungsgase können nicht frei entweichen; sie müssen vielmehr durch den Brennstoff nach unten abziehen. Ferner fallen beträchtliche Mengen nur teilweise verbrannten Feuerungsmaterials von hier aus auf den unteren Rost, wo sie unter äusserst günstigen Umständen verbrennen. Die beiden Flammen treffen sich hinter den Rosten und bilden einen Feuerstrudel, durch den fast unmöglich irgend welche Kohlenteilchen unverbrannt hindurchgelangen können. Diese Feuerung verlangt etwas grösseren Zug als die gewöhnliche Anordnung. Die meiste zur Verbrennung nötige Luft tritt oberhalb des oberen Rostes ein, nur ein kleinerer Teil aber unterhalb des unteren Rostes. Dieser Ofen soll von der Geschicklichkeit des Heizers ganz besonders unabhängig sein. Jedoch soll er ziemlich hohe Anlagekosten erfordern, hat auch weiter den Uebelstand, dass seine Roststäbe einen Teil des Kessels bilden, weshalb er namentlich bei zur Kesselsteinbildung neigendem Wasser nicht zu empfehlen sein dürfte. Leider hat der Vortragende den Bericht über dieses System nicht durch Abbildungen unterstützt, die bei der schwierigen Konstruktion des Granzen doch recht erwünscht gewesen wären. Sodann bespricht der Vortragende die Vorrichtungen, die zum selbstthätigen Beschicken der Feuerung dienen. Auch diese haben namentlich in grossen Anlagen vielfache Verwendung gefunden und beruhen durchgängig auf den nämlichen Grundsätzen. Manche von ihnen sind besonders auch mit Rücksicht auf die kleineren Korngrössen von Kohlen konstruiert worden, an denen ja immer ein unwillkommener Ueberfluss zu sein pflege, und deren Preis sich im allgemeinen im Verhältnis zu ihrem Brennwerte günstiger stelle, als der Preis von Stückkohle. Jedoch hat sich dies Verhältnis der namentlich durch die hier erwähnten Vorrichtungen gesteigerten Nachfrage entsprechend in der neuesten Zeit nicht mehr als so vorteilhaft erwiesen, wie es früher der Fall war. Ja man hat sogar neuerdings vielfach gröbere Kohlen zerkleinern müssen, um mit ihnen die für die Verwendung von Kohlenklein berechneten Heizvorrichtungen zu beschicken. In Verbindung mit grossen Vorräten an Kohle und mit mechanischen Vorrichtungen, die sie von dort entnehmen und ununterbrochen dem Kesselhause zuführen, haben sich die selbstthätig sich bedienenden Feuerungen recht gut bewährt; jedoch macht man ihnen ihre hohen Anschaffungskosten, ferner ihren verwickelten, öftere Ausbesserungen erfordernden Mechanismus, sowie schliesslich den hohen, zu ihrer Bedienung nötigen Dampfverbrauch zum Vorwurf. Diese Vorwürfe sind aber durchaus nicht so berechtigt, wie sie wohl scheinen, da sie andererseits doch eine ganze Menge von Arbeitskräften und Löhnen zu ersparen gestatten. Indessen muss man sich bei ihrer Auswahl stets genau darüber unterrichten, ob die betreffende Vorrichtung auch für die gerade an dem betreffenden Orte gebräuchliche Kohlensorte passt, und ob sie auch bei einer gelegentlichen stärkeren Anstrengung des Betriebes nicht versagt. In Amerika sei namentlich das System von Roney (1900 315 * 170) und das von Green gebräuchlich. Schliesslich kommt der Vortragende auch auf die Kohlenstaubfeuerung zu sprechen, die namentlich in der Cementfabrikation, aber neuerdings auch für Dampfkesselfeuerung mit bestem Erfolge angewendet worden sei. Hier führt der Vortragende keine Beispiele aus Amerika selbst auf, sondern beschränkt sich auf den Hinweis, dass Versuche in dieser Richtung in Europa schon seit längerer Zeit mit bestem Erfolge im Gange seien. Es habe sich hier am meisten bewährt, die Kohle zu einem fast unfühlbaren Pulver zu zerkleinern, und sie dann unter Druck in die Feuerung einzublasen, genau als wenn es sich um eine Oel- oder Gasfeuerung handele. Der grösste Vorteil sei hierbei der Umstand, dass man den Kohlenstaub aus jedem beliebigen Abfall herstellen könne, und dass somit die Kosten des Rohmaterials an sich nur sehr gering seien. Dagegen sei allerdings die zur Zerkleinerung der Kohle dienende Vorrichtung um so kostspieliger, als man eine solche für jeden einzelnen Betrieb benötige, wo Staubkohle verbrannt würde. Denn da sie sehr zur Selbstentzündung neige, so sei es unthunlich, sie auf Vorrat herzustellen, oder sie gar zu einem Handelsartikel zu machen. Es sei hier eingeschaltet, dass sich auch Häussermann kürzlich in der Chemischen Zeitschrift vom 1. Februar 1902 über die Kohlenstaubfeuerung ausgesprochen hat und ihr aus ähnlichen Gründen, wie die hier erwähnten, keine grosse Zukunft hat zusprechen können, wogegen allerdings der Amerikaner glaubt, dass sie sich in nicht zu ferner Zeit in weiterem Umfang Eingang verschaffen werde. G. R.