Titel: Das System der drahtlosen Telegraphie von Marconi vom Anbeginn bis zu seiner gegenwärtigen Entwickelung.
Fundstelle: Band 317, Jahrgang 1902, S. 453
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Das System der drahtlosen Telegraphie von Marconi vom Anbeginn bis zu seiner gegenwärtigen Entwickelung. Das System der drahtlosen Telegraphie von Marconi vom Anbeginn bis zu seiner gegenwärtigen Entwickelung. Die Grundlage für die drahtlose Telegraphie mittels elektrischer Wellen wurde eigentlich von Clerk Maxwell gelegt, welcher auf deduktivem Wege in seiner berühmten Schrift „Die elektromagnetische Theorie des Lichtes“ den Nachweis zu liefern suchte, dass das Licht elektromagnetischen Ursprunges sein müsse. Die erste Mitteilung, welche Maxwell hierüber vor die Oeffentlichkeit brachte, datiert aus dem Jahre 1867, wogegen die volle Entwickelung dieser Theorie erst im Jahre 1873 in dessen grossem Werke „Elektrizität und Magnetismus“ gebracht wurde. Der Ausgangspunkt dieser Untersuchungen war die bekannte Thatsache, dass sich Elektrizität und Licht im Aether mit der ganz gleichen Geschwindigkeit fortpflanzen. Auf Grund seiner eigenen, sowohl auch der von anderen Gelehrten durchgeführten Experimente gelangte er zu dem auch mathematisch wohlbegründeten Schlusse, dass die Fortpflanzung der Elektrizität mit jener des Lichtes vollkommen identisch sein müsse. So wohl diese Theorie nun auch begründet war, so fehlte es dennoch an der positiven Beglaubigung durch das Experiment. Dem genialen Physiker und Forscher Heinrich Hertz war es nun gelungen, diesen Nachweis in der überzeugendsten Weise zu erbringen. Nach Maxwell's Theorie muss sich jede Störung des elektrischen Gleichgewichtes als Welle durch den Raum mit einer Geschwindigkeit gleich der des Lichtes fortpflanzen. Wird nun diese Fortpflanzung elektrischer Wellen in dem kleinen Raume eines Laboratoriums hervorgerufen, so müssen die diese Wellenbewegung hervorrufenden Störungen sehr rasche sein und sich in sehr schnellen und regelmässigen Intervallen folgen, um der Beobachtung überhaupt zugänglich zu werden. Mit anderen Worten, es müssen periodische Störungen oder Oszillationen von ausserordentlicher Frequenz hervorgerufen werden, so dass die korrespondierende Wellenlänge in Anbetracht der hohen Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Elektrizität von 300000 km in der Sekunde nur wenige Centimeter beträgt. Hertz ging hierbei von der oszillatorischen Natur der Leydener Flaschen aus, welche bereits im Jahre 1847 von Helmholtz auf dem Wege der theoretischen Deduktion nachgewiesen wurde. Im Jahre 1853 gab Lord Kelvin die mathematische Begründung für diese oszillatorische Natur der Entladung von Leydener Flaschen unter gewissen Vorbedingungen und im Jahre 1859 gelang es Feddersen durch Untersuchung des Entladungsfunkens solcher Flaschen mittels rotierender Spiegel den experimentellen Nachweis hierfür zu liefern. Wie Kelvin nachgewiesen hat, ist die Entladung einer Leydener Flasche oder eines Kondensators von der Kapazität K dann oszillatorischer Natur, wenn der Widerstand des Entladungsstromkreises W kleiner ist als 2 √L/K, wobei L die Selbstinduktion des Stromkreises bedeutet. In diesem Falle ist die Schwingungsperiode oder Amplitude durch die Gleichung T = 2πK/L bestimmt. Angeregt zu diesen Versuchen wurde Hertz durch die Ausschreibung eines Preises, der dem gewährt werden sollte, welcher den experimentellen Nachweis einer Beziehung zwischen elektrodynamischen Kräften und dielektrischer Polarisation in Isolatoren zu liefern in der Lage war. Nachdem jedoch die bisher bekannten Oszillationen, wie solche mittels Wechselstrommaschinen oder Induktorien erzeugt werden konnten, viel zu langsam waren, um damit zu einem Ziele zu gelangen, gab er die weiteren Forschungen zwar auf, war aber immer auf der Suche nach Erscheinungen, welche ihm Anhaltspunkte für seine weiteren Forschungen auf diesem Gebiete geben konnten. Gelegentlich Vorführung eines Experimentes mit kurzen, flach gewundenen Spulen aus isoliertem Drahte, sogen. Riess'schen oder Knochenhauer'schen Spulen, beobachtete er, dass die Entladungen einer Leydener Flasche oder eines Induktoriums in diesen Spulen, wenn dieselbe eine schmale Funkenstrecke enthielt, Induktionsströme erregten, welche sich durch Ueberspringen von Funken in der Funkenstrecke kundgaben. Hierdurch ward die hochwichtige Entdeckung der wirksamen Funkenstrecke gegeben, welche Hertz zu seinen weiteren bewundernswerten Entdeckungen führten. Aber bereits vor Hertz kam Prof. Hughes auf Grund zufälliger Beobachtungen dazu, alle die Grundlagen für die drahtlose Telegraphie festzulegen. Er gelangte hierbei auch zum Schlusse, dass der Entstehung elektrischer Wellen die von ihm beobachtete Uebertragung von Zeichen durch den Raum ohne Zuhilfenahme eines künstlichen Leiters der Entstehung elektrischer Wellen, wie solche durch die an einem gewöhnlichen Klingelwerk auftretenden Unterbrechungsfunken hervorgerufen wurden, zuzuschreiben sei. Wenn nun auch diese durch mehrere Jahre fortgesetzten Versuche, welche seitens Hughes nur aus dem Grunde aufgegeben wurden, weil hervorragende englische Fachmänner, denen er Mitteilung hiervon machte, sich dahin aussprachen, dass die Ergebnisse der Versuche in einfacher Weise durch Induktionswirkungen erklären lassen, keine praktische Bedeutung erlangten, dürfte es doch von Interesse sein, einige Detail über die von Hughes benutzten Einrichtungen zu bringen, weil sich daraus ersehen lässt, dass er alle die notwendigen Behelfe für die drahtlose Telegraphie, nämlich die Funkenstrecke zur Erzeugung elektrischer Wellen, sowie den empfindlichen Empfangsapparat, den Kohärer, bereits geschaffen hat. Der einzige Teil der Einrichtung, welcher späterhin von Marconi, aber dies auch nicht als erstem, hinzugefügt wurde, ist die Auffang- und Sendestange, oder, wie solche der Kürze halber in der Folge bezeichnet werden soll, die Antenne. Zu bemerken ist noch, dass der Versuche von Hughes erst lange nachdem Marconi mit seiner Erfindung das Erstaunen und die Bewunderung der Mitwelt erregt hatte, und zwar nicht durch ihn selbst, sondern durch seine Freunde, in der Oeffentlichkeit gedacht wurde. Hughes selbst erkannte die hervorragenden Verdienste Marconi's um die Entwickelung der drahtlosen Wellentelegraphie in neidloser Weise an. Anregung zu den im Jahre 1877 begonnenen Versuchen gab Hughes eine zufällige Beobachtung. Bei seinen Arbeiten mit der von ihm erfundenen Induktionswage, bei welchen er eine Batterie mit der primären und ein Telephon mit der sekundären Spule des Induktoriums verband, wurde er einigemal durch ein Geräusch im Telephon gestört, welches es zur Unmöglichkeit machte, einen Ausgleich zu erzielen. Bei Untersuchung der Einrichtung zeigte sich als Ursache dieser Störung eine lose Verbindung in dem Drahte der Sekundärspule. Er setzte nun ein Mikrophon zwischen diese Verbindung ein und konstatierte hierbei, dass diese konstante Störung fortbestehen blieb. Da diese Störung augenscheinlich nicht durch Induktionswirkungen in der Sekundärspule, die sich ja unterdrücken liessen, hervorgerufen wurde, kam er auf die Vermutung, dass die Ursache derselben vielleicht in dem an dem Unterbrecher entstehenden Tunken zu suchen sei. Er verfolgte nun diese ihm neue Erscheinung, indem er hierfür von ihm selbst gefertigte Instrumente, für deren Herstellung die primitivsten Hilfsmittel verwertet wurden, verwendete. Ein detailliertes Eingehen auf alle diese Versuche würde den für diese Arbeit zur Verfügung stehenden Raum bei weitem überschreiten, weshalb hier nur einiger derselben gedacht werden soll. Bei seinen ersten Versuchen verband er eine Batterie B mit einem selbstthätigen Unterbrecher J der Primärspule seiner Induktionswage. Der Unterbrecher selbst stand durch einen mehrere Meter langen Draht W mit dem Telephon T in Verbindung, welches wieder mit dem Mikrophon M in einen Stromkreis geschaltet war (Fig. 1). Hierbei konnte jedes Auftreten eines Funkens am Unterbrecher mittels des Telephons deutlich abgehört werden. Als merkwürdige Erscheinung zeigte sich, dass das Geräusch im Telephon viel deutlicher zu vernehmen war, wenn nur eine sehr kleine Spannung, etwa 0,02 Volt, zur Anwendung gelangte. Desgleichen war der Ton bei Verwendung von Metallkontakten am Unterbrecher viel lauter, als wenn an Stelle derselben Kohlekontakte verwendet wurden. Die Einschaltung einer Eisenspule in den primären Kreis, welche den Funken verstärkte, blieb ohne Einfluss auf die Wirkung des Telephons. Ebensowenig übte ein starker durch eine Grove-Batterie erregter Elektromagnet einen bemerkenswerten Einfluss auf das Telephon und Mikrophon aus. Hingegen gab ein schwacher Funke, wie solcher einem Stück geriebenen Siegellacks entzogen wurde, eine viel bessere Wirkung als die Entladung einer Leydener Flasche. Textabbildung Bd. 317, S. 454 Fig. 1. Bei diesen Beobachtungen ergab sich, dass ein schmaler dünner und stark zischender Funke, wie sich Hughes ausdrückte, für die gedachten Zwecke besser geeignet war, als ein breiter dicker langsamer oder fetter Funke. Es ist sohin ein kurzer plötzlicher Wechsel des Potentiales und nicht ein langsamer gradualer desselben erforderlich, um eine Wirkung im gedachten Sinne zu erzielen und ergibt sich hieraus, dass eine Vergrösserung des Funkens den Wirkungsgrad nicht besonders beeinflusst. Auch konstatierte er, dass sinoidal verlaufende Ströme, wie sich solche für die Sprachübertragung als notwendig erweisen, sich für den Mikrophonkohärer nicht recht geeignet zeigten und daher mit solchen eine drahtlose Telegraphie nur schwer durchzuführen ist. Besondere Sorgfalt verwendete Hughes darauf, die empfindlichste Form der auf Wellen ansprechenden Empfangsapparate zu finden, und konstruierte er zu diesem Zwecke eine grosse Anzahl der verschiedensten Mikrophontypen unter Verwendung der heterogensten Materialien. Hierbei zeigte sich nun auch die später von Calzecchi und nach demselben von Branly konstatierte Thatsache, dass lose Metallkontakte nach Einwirkung der elektrischen Wellen, denn dieselben nahm Hughes schon damals an, aneinander haften blieben, als wenn dieselben aneinander geschweisst worden wären. Unter den vielen Mikrophonformen, welche hierfür verwendet wurden, ist auch bereits eine mit Metallspänen gefüllt gewesene Röhre zu erwähnen, und hierdurch der Nachweis erbracht, dass Hughes schon lange vor Branly das Instrument geschaffen hat, welches unter dem Namen Kohärer oder nach Slaby auch Fritter, dermalen allgemein bekannt ist. Unter den vielen diesbezüglich verwendeten Mikrophontypen seien hier nur zwei hervorgehoben. Eine derselben bestand (Fig. 2) aus einem Kohlenstift C, welcher mit der Messingfeder S fest verbunden war und sich mit einem gewissen Drucke an die Nadelt anlegte. Dieser Druck konnte durch die Scheibe D, je nachdem dieselbe auf- oder abwärts geschoben wurde, innerhalb gewisser Grenzen reguliert werden. Die Nadel N und die Messingfeder S, welche mit dem Metallstück M verbunden war, stand mit den Leitungen in Verbindung und ging daher der Strom in diesem Mikrophon von 1 über MSCN zu 2. Die gesamte Einrichtung wurde auf einem Rähmchen aufmontiert. Textabbildung Bd. 317, S. 454 Fig. 2. Das in Fig. 3 dargestellte Mikrophon zeichnet sich durch seine ausserordentliche Empfindlichkeit aus, hat aber den Nachteil, leicht in Unordnung zu geraten. Dasselbe ist aus dem Stahlhaken S und einem am Ende in einer Schlinge um S gelegten feinen Kupferdrahte C zusammengesetzt, welche beide an dem Deckel D befestigt sind und in das Glasgefäss B eingesetzt werden. Die Schlinge des Kupferdrahtes wurde vorerst oxydiert und sodann in einer Flamme leicht karbonisiert. Textabbildung Bd. 317, S. 454 Fig. 3. Textabbildung Bd. 317, S. 454 Fig. 4. In Fortsetzung seiner Untersuchung%n mit diesen zarten Empfängern ging Hughes zunächst daran, die Verbindung zwischen W und C (Fig. 1) zu lösen. Anfänglich gelangte die in Fig. 4 dargestellte, einer primitiven Handskizze von Hughes nachgebildete Anordnung zur Anwendung, in welcher B die Batterie, C die Erregerspule des Unterbrechers, J den Unterbrecher, M das Mikrophon, T das Telephon, W die Leitung und EE' die Erdverbindungen darstellen sollen. Anfänglich wurde die Verbindung zwischen der Batterie und der Leitung nur auf eine Entfernung von 2 m unterbrochen und diese Entfernung, nachdem sich die Uebertragung als gut erwies, successive vergrössert, wobei der Empfänger, wie dies aus Fig. 5 zu ersehen ist, stets mit der Erde verbunden wurde. Auf diese Weise gelangte Hughes bis auf eine Entfernung von 500 m, bis zu welcher sich die Verständigung noch als ganz gut möglich erwies. Textabbildung Bd. 317, S. 454 Fig. 5. Es ergab sich bei diesen Versuchen auch, dass an gewissen Punkten der Strecke gar nichts gehört wurde, während bei entfernteren Punkten die Verständigung noch ganz gut von statten ging. Dies lässt sich nach Hughes nur durch Knotenpunkte, wie solche bei der Interferenz der elektrischen Wellen entstehen, erklären. Dadurch, dass Hughes die Versuche, enttäuscht durch die Beurteilung der Ergebnisse seitens der Fachkollegen, nicht weiter verfolgte, wurde die Entwickelung der drahtlosen Telegraphie um Jahre zurückgedrängt, da bei der anerkannten Beobachtungsgabe und des gründlichen methodischen Vorgehens, welche Hughes auszeichneten, mit Bestimmtheit zu erwarten war, dass derselbe zu einem greifbaren Resultate gelangt wäre. Nach Hughes war es Prof. William Crookes, welcher sich, wenn auch auf dem Gebiete der Wellentelegraphie nicht praktisch bethätigend, dennoch in einem bemerkenswerten Artikel über die Möglichkeit, elektrische Wellen zur drahtlosen Telegraphie zu verwerten, in eingehender Weise verbreitete und hierbei auch alle jenen Anhaltspunkte gab, auf Grund welcher diese Art der Telegraphie aufzubauen sein wird. Er gab auch gleichzeitig der Ueberzeugung Ausdruck, dass sich diese Art der Telegraphie in nicht zu ferner Zeit im praktischen Leben einbürgern und verbreiten werde. Die Thatsache, dass mit den bisherigen Apparaten Wellen beliebiger Länge erzeugt werden können, gab ihm zu der weiteren Erläuterung Anlass, dass die langen elektrischen Wellen durch zwischenliegende Hindernisse nur im geringen Masse absorbiert werden und sohin viel weittragender sein müssen als die Lichtwellen. Nach dessen Ansicht wären nur noch einfachere und zuverlässigere Apparate zur Erzeugung elektrischer Wellen zu schaffen und müssten dieselben so eingerichtet werden, dass mit denselben durch entsprechende Regulierung Wellen beliebiger Länge geschaffen werden können, um hierdurch, da sich eine Abstimmung des Empfängers erreichen lassen müsse, unter Anwendung verschiedener Wellenlängen das Depeschengeheimnis wahren zu können. Allerdings findet er es hierbei notwendig, den Empfänger so empfindlich als möglich auszugestalten und denselben auch auf verschiedene Wellenlängen einstellbar zu machen. Desgleichen traten in den Jahren 1895 und 1896 Popoff, Minchin, Rutherford u.a., also noch vor Marconi, mit Einrichtungen hervor, welche bezweckten, die von Hertz angegebenen Methoden zum Studium der atmosphärischen Elektrizität zu verwerten. Die Einrichtungen bestanden im Wesen darin, dass entsprechend konstruierte Empfänger mit einer vertikal in die Höhe strebenden Auffangstange oder Antenne verbunden wurden, welche dazu bestimmt ist, die von der Atmosphäre ausgehenden elektrischen Wellen dem Empfangsapparate zuzuführen und denselben hierdurch zur Registrierung derselben zu zwingen. Textabbildung Bd. 317, S. 455 Fig. 6. Insbesondere ist zu erwähnen, dass die von Popoff geschaffene Anordnung der Marconi'schen so ähnlich war, dass dieselbe nahezu für identisch angesehen werden kann. Auch Popoff sprach hierbei die Ansicht aus, dass sich seine Anordnung zur drahtlosen Telegraphie eignen müsse, dass aber vorher ein hinreichend kräftiger Generator für die Erzeugung elektrischer Wellen geschaffen werden müsse, um die Signale auf grössere Entfernungen vermitteln zu können. Nur in diesem einen Punkt ergibt sich eine wesentliche Verschiedenheit zwischen Marconi und Popoff, indem erster er in richtigerer Erkenntnis der Sachlage das Hauptaugenmerk darauf richtete, den Empfänger so empfindlich als möglich zu gestalten. Die Einrichtung von Popoff ist in Fig. 6 dargestellt. Die von der Auffangstange A aufgefangenen elektrischen Wellen werden dem Kohärer K zugeführt, welcher hierdurch leitend wird und den Stromkreis der Batterie B schliesst. Der Anker des Relais R gelangt hierdurch zur Anziehung und schliesst den Stromkreis für den Erschütterer E. Letzterer schlägt nicht nur an die Glocke G an, hierdurch ein hörbares Zeichen gebend, sondern auch gleichzeitig an den Kohärer K, erschüttert denselben und bringt denselben so in den nichtleitenden Zustand zurück. Die ursprüngliche Anordnung von Hertz zur Erzeugung elektrischer Wellen, von demselben mit dem Namen Oszillator belegt, bestand (Fig. 7) aus dem Induktorium J, von dessen beiden Enden der Sekundärspule je ein Draht zu den beiden Entladungskugeln bb' führte. Ausserdem sind diese beiden Entladungskugeln mit zwei Metallplatten AA' verbunden, die in einer Entfernung von 1 m voneinander abstehen. Die Funkenkugeln waren 10,6 mm voneinander entfernt. Die Anordnung der beiden Metallplatten, welche als Kapazitätsflächen bezeichnet, werden, hatte den Zweck, die Kapazität des Entladungsstromkreises zu erhöhen, indem dieselben, wenn auch in einer Ebene angeordnet, doch als nichts anderes denn ein Kondensator zu betrachten sind, für welchen Luft das Dielektrikum bildet. Durch die bei dieser Anordnung erreichte höhere Kapazität des Entladungsstromkreises liess sich auch die Spannung zwischen den beiden Funkenkugeln bedeutend erhöhen und erreichen, dass der Entladungsfunke rasch überspringt, somit die Bedingungen erfüllt, welche von einem wirksamen Funken verlangt werden, nämlich dass die Entladung oszillatorischer Natur sei. Die von Hertz in der Sekundärspule angewendete Spannung betrug bereits 20000 Volt. Textabbildung Bd. 317, S. 455 Fig. 7. Wie nun Hertz nachgewiesen hat, strahlt ein derartiger Oszillator in das Dielektrikum elektrische Wellen aus, deren Existenz mittels des von Hertz konstruierten Empfangsapparates, Resonator genannt, nachgewiesen werden konnte. Textabbildung Bd. 317, S. 455 Fig. 8. Dieser Resonator (Fig. 8) bestand aus einem nahezu in sich geschlossenen kreisförmigen Metallstabe, der in eine Funkenstrecke mit sehr geringem Abstande (etwa 1 mm) der Funkenkugeln endigte. Wurde nun ein solcher Resonator von elektrischen Wellen getroffen, so begannen unter gewissen Voraussetzungen in der Funkenstrecke Funken überzuspringen, deren allerdings geringe Intensität mit der Lage und der Entfernung zum bezw. vom Oszillator eine sehr verschiedene war. Mitddiesem einfachen, aber wenig empfindlichen Instrumente gelang es Hertz, alle die Gesetze, welchen die elektrischen Wellen in ihrer Fortpflanzung im Raume folgen, nachzuweisen. Textabbildung Bd. 317, S. 455 Fig. 9. Das Bestreben, diesen Resonator empfindlicher zu gestalten und die Länge der Funkenstrecke genau einregulieren zu können, führte zur Konstruktion der in Fig. 9 dargestellten Vorrichtung, bei welcher in das eine Ende des Stabes eine Mikrometerschraube eingesetzt war, die nach Bedarf verstellt werden konnte. Ebenso wurden noch andere solche Resonatoren geschaffen, um deren Empfindlichkeit zu erhöhen, bei welchen in einigen Fällen auch die Entladungskugeln in eine Hülse eingeschlossen wurden, innerhalb welcher die Luft verdünnt wurde, um das Ueberspringen der Funken zu erleichtern. Diese Art der Wellenempfänger wirkte jedoch nur auf ganz kurze Entfernungen bis zu höchstens 50 m und war daher noch viel zu unempfindlich, um für eine drahtlose Wellentelegraphie verwertet werden zu können. Das elektrische Auge, wie Slaby den Empfänger ganz trefflich bezeichnet, welches auf weite Entfernungen hin noch zu schauen vermochte, musste daher erst gefunden werden und blieb es Branly vorbehalten, durch die Entdeckung der Eigenschaft lose aneinander gelagerter Metallfeilspäne, welche an und für sich Nichtleiter sind, unter der Einwirkung elektrischer Wellen leitend zu werden, den Weg. zu weisen, auf welchem dieses elektrische Auge zu suchen war. Wenn nun auch Branly in Bezug auf die Entdeckung dieser Eigenheit der Metallspäne in Varley und Calzecchi-Onesti Vorgänger hatte, so gebührt ihm hierbei doch das grosse Verdienst, das Verhalten der verschiedenen Metalle eingehend studiert und hierbei auch die weitere bisher nicht bekannte Entdeckung gemacht zu haben, dass die unter dem Einflüsse elektrischer Wellen leitend gewordenen Feilspäne bei der geringsten Erschütterung wieder nichtleitend werden. Textabbildung Bd. 317, S. 456 Fig. 10. Die erste Form dieses Versuchsinstrumentes ist in Fig. 10 dargestellt. In die vertikal gestellte Ebonitröhre E, welche durch zwei Metallpistons AB abgeschlossen waren, wurden Feilspäne aus Aluminium so eingefüllt, dass dieselben mit beiden Metallpistons in Berührung gelangten. Zwei von A und B abgehende Leitungsdrähte führten zu der Batterie und dem Galvanometer. Seitlich an dieser Röhre sind ferner zwei Klemmen angebracht, deren Fortsetzung gleichfalls das Metallfeillicht berührte. Diese beiden Zusatzklemmen wurden zu dem Zwecke angeordnet, um den Nachweis zu erbringen, dass das Metallpulver unter Einwirkung der elektrischen Wellen nach allen Richtungen hin leitend wird. Diese Einrichtung zur Wahrnehmbarmachung elektrischer Wellen wurde von Branly mit dem Namen Radio-Konduktor (Wellenleiter) bezeichnet. Textabbildung Bd. 317, S. 456 Fig. 11. Prof. Olivier Lodge nahm die Untersuchungen von Branly neuerdings auf und schuf die aus Fig. 11 ersichtliche Einrichtung. In derselben bezeichnet G eine mit Metallfassung an beiden Enden versehene Glasröhre, in welche die beiden Elektroden EE so hineinreichten, dass sie mit den Metallfassungen in leitender Verbindung standen. Der zwischen den beiden Elektroden gelegene Hohlraum der Röhre wurde mit Metallfeilspänen angefüllt. Die Ableitung erfolgte durch zwei Klemmen an den Trägern der Röhre, auf welchen die Metallfassung derselben lagerte. Die beiden Elektroden oder Pistons EE waren so eingerichtet, Fig. 11, dass der Druck auf das Metallpulver nach Bedarf vergrössert oder verringert werden konnte. Da Lodge, wme dies durch spätere Untersuchungen auch teilweise bestätigt wurde, annahm, dass die Wirkung dieses Instrumentes auf einem durch die Einwirkung der elektrischen Wellen bedingten Zusammenhaften oder einer Kohärenz der einzelnen Metallspäne beruhe, hat er dasselbe mit dem Namen „Kohärer“ bezeichnet, welcher von Slaby mit „Fritter“ verdeutscht wurde. Um die Feilspäne nach Einwirkung der elektrischen Wellen wieder in den ursprünglichen nichtleitenden Zustand zurückzubringen, hat Lodge auch bereits einen mechanischen Klopfer zur Erschütterung der Röhre angewendet, welcher entweder von einem Uhrwerk oder einem selbstunterbrechenden elektromagnetischen Mechanismus angetrieben wurde und selbstthätig wirkte. Die Bezeichnung Kohärer oder Fritter ist nicht glücklich gewählt, weil dieselbe die Wirkung der elektromagnetischen Wellen nur auf eine Reihe bestimmter Materialien zum Ausdrucke bringt. Wie nun Tommasina nachgewiesen hat, gibt es gewisse Körper, namentlich aber Kohle, welche zwar unter dem Einflüsse elektrischer Wellen leitend werden, ihre Leitungsfähigkeit aber nach Aufhören der Einwirkung derselben sofort wieder verlieren, sich also selbst dekohärieren oder entfritten. Bei diesen Körpern kann sonach von einem Zusammenschweissen der einzelnen lose aneinander gefügten Teilchen, wie solche bei Verwendung von Metallspänen der Eisen- und Goldgruppe thatsächlich beobachtet wurde, nicht die Rede sein. Prof. E. Chunder Bose hat nun eine Reihe der verschiedenartigsten Metalle in eingehender Weise in Bezug auf ihr Verhalten gegenüber der Einwirkung elektrischer Wellen untersucht und dabei das merkwürdige Verhalten gewisser Körper, wie Kalium, Natrium und Calcium, konstatiert, welche statt an Leitungsfähigkeit zu gewinnen, dieselbe grossenteils verlieren und daher als gegenkohärierende Körper zu bezeichnen sind. Desgleichen haben Neugschwender und Aschkinass fast gleichzeitig die Beobachtung gemacht, dass durch Feuchtigkeit vermittelte Kontakte zweier leitender Körper unter dem Einflüsse elektrischer Wellen ihre Leitungsfähigkeit verlieren. Durchschneidet man den Silberbelag einer Glasscheibe mit einem haarscharfen Schnitte, so wird hierdurch die leitende Verbindung zwischen den getrennten Belaghälften aufgehoben, jedoch wieder hergestellt, wenn man die Trennungsstelle befeuchtet, wobei es genügt, in der unmittelbaren Nähe derselben einen feuchten Schwamm oder ein Schälchen mit Wasser aufzustellen. Werden nun die beiden Belaghälften durch Drähte mit einer Batterie und einem Galvanometer verbunden, so wird die Galvanometernadel einen Ausschlag geben, welcher jedoch sofort wieder verschwindet, wenn der Schnitt von elektrischen Wellen getroffen wird. Die Leitungsfähigkeit stellt sich jedoch sofort nach Aufhören der Einwirkung dieser Wellen wieder selbstthätig her. Man hat hier sonach die entgegengesetzte Wirkung wie bei den Metallspänen, weshalb diese Gattung von Empfängern, welche bereits von Schäfer für die drahtlose WellentelegraphieDie hier häufiger zur Anwendung gelangende Bezeichnung drahtlose Wellentelegraphie, welche vielfach befremdend erscheinen dürfte, findet wohl darin ihre Begründung, dass in neuerer Zeit auch die Entsendung elektrischer Wellen längs Drähten zum Zwecke der Erzielung einer Mehrfachtelegraphie angestrebt wird. verwertet wurden, den Namen Antikohärer erhielten. Trotzdem sohin die Bezeichnung Kohärer oder Fritter für die Wellenempfänger oder Entdecker nicht ganz zutreffend ist, soll dieselbe dennoch, weil bereits allgemein eingebürgert, beibehalten werden. (Fortsetzung folgt.)