Titel: Klassifikation der Dampfkessel mit Hilfe logischer Diagramme.
Autor: G. Hartig
Fundstelle: Band 319, Jahrgang 1904, S. 20
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Klassifikation der Dampfkessel mit Hilfe logischer Diagramme. Von G. Hartig, Zwickau S.-Schedewitz. (Fortsetzung von S. 15 d. Bd.) Klassifikation der Dampfkessel mit Hilfe logischer Diagramme. In Feld 1 gehört z.B. der Bergmannkessel, es ist ein stehender Kessel ohne Heizröhren mit mehreren Siedern ohne Unterfeuerung (Fig. 14). Textabbildung Bd. 319, S. 20 Fig. 14. Bergmannkessel. Textabbildung Bd. 319, S. 20 Fig. 15. Fieldkessel ohne Feuerbüchse. In dasselbe Feld gehört auch der seit der letzten Chicagoer Ausstellung öfters genannte Climaxkessel. Auch dieser stehende Kessel hat keine Heizrohre, besitzt viele Sieder und Unterfeuerung. Der Climaxkessel, von der Clonbrock Steam Boiler Co., Brooklyn, gebaut, besteht aus einem stehenden Zylinder und je nach der Grösse aus 280 bis 1000 Stück Schleifenröhren von 40 bis 75 mm Durchmesser in einer Gesamtlänge von 300 bis 3600 m. Die Röhrenenden liegen 45 cm höher als deren Wassereintrittsöffnungen. Schlamm setzt sich am Boden des Hauptrohres ab. Kurz über dem Wasserspiegel liegt eine Scheidewand, welche als Wasserabscheider dient. Zwischenwände zwingen den Dampf, die oberen Rohre – Ueberhitzerrohre – zu passieren. Oben liegt ein Speisewasseranwärmerohr.Der Mantel besteht aus mit Feuerziegeln ausgekleideten Eisenplatten. Der Rost ist mit vier Türen versehen oder drehbar angeordnet. Die in Feld 2 gehörenden „Liegenden Wasserrohrkessel“ bilden eine so wichtige Gruppe, dass vereinzelte Beispiele anzugeben nicht genügen würde. Wir wollen dieses Feld später noch genauer betrachten und es für sich weiter klassifizieren. Ein Beispiel für Feld 3 gibt uns der Fieldkessel ohne Feuerbüchse (Fig. 15). Es ist ein stehender Kessel mit mehreren Siedern – Fieldrohren und Unterfeuerung, auch ist ein Heizrohr, dasjenige zur Abführung der Rauchgase vorhanden. Der von Piedboeuf ausgeführte Röhrenkessel mit zwei Bouilleurs (Fig. 16) gibt uns ein Beispiel für Feld 4. Dieser Kessel ist charakteristisch durch seine langen Feuerplatten, welche länger als der Rost sind, so dass die erste Rundnaht ausserhalb der Flammen liegt. Die Rauchgase werden um die Bouilleurs, durch die Heizröhren und dann um den oberen Kessel herum geführt. Vier weite Verbindungsstutzen lassen den Dampf bequem nach dem Oberkessel übertreten. Textabbildung Bd. 319, S. 20 Fig. 16. Röhrenkessel mit zwei Bouilleurs von Piedboeuf. Der Lachapellekessel (Fig. 17) hat Innenfeuerung, mehrere Querrohre und ein Heizrohr, nämlich dasjenige zur Abführung der Rauchgase, gehört also in Feld 5. Er eignet sich bekanntlich nur für kleine Heizflächen bei sehr beschränkten Raumverhältnissen. Da er schwer zu reinigen ist, kann nur ganz reines Speisewasser verwendet werden. Als Repräsentanten für Feld 6 kann man den Gallowaykessel (Fig. 18) betrachten, der ja im allgemeinen bekannt ist. Dass bei ihm durch die Quersieder – die Gallowayröhren – die Heizfläche vermehrt, die Heizgase durcheinandergewirbelt werden, der Wasserumlauf befördert wird und dass dieselben Absteifungsmittel für die Flammrohre bilden, braucht nicht näher erörtert zu werden. Textabbildung Bd. 319, S. 21 Fig. 17. Lachapellekessel von Piedboeuf. In Feld 7 würde ein stehender Zylinderkessel gehören. Solche Kessel werden vielfach in der chemischen Technologie verwendet. Als Beispiel sei der Retortenkessel von A. Leinveber & Co., Gleiwitz angeführt. Der einfachste aller Kessel, der gewöhnliche Walzenkessel (Fig. 19), ist in Feld 8 einzuordnen, ein Kessel ohne Heizröhren mit nur einem Sieder und Unterfeuerung. Infolge der grossen Einfachheit dieses Kessels ist hier nichts weiter zu erwähnen. Textabbildung Bd. 319, S. 21 Fig. 19. Walzenkessel. Einen stehenden Zweikammerheizröhrenkessel ohne Feuerbüchse der Dampfkesselfabrik A. Leinveber & Co. zeigt, Fig. 20. Der Kessel ist durch eine zylindrische Zwischenwand in zwei Teile – Kammern – geteilt. Das Wasser wird in die äussere Kammer gespeist, steigt darin langsam in die Höhe, den Schlamm am Boden zurücklassend, fällt durch eine besondere Kammer herab, um in der Heizrohrabteilung als Dampf- und Wassergemisch wieder nach oben zu steigen. Die Luft bestreicht vor Eintritt unterden Rost den Chamottemantel der Feuerung und wird so vorgewärmt. Die in Feld 10 gehörenden Heizröhrenkessel (Fig. 21) – liegende Kessel mit nur einem Sieder und Unterfeuerung – werden so vielfach verwendet, dass ein näheres Eingehen auf dieselben nicht erforderlich ist. Textabbildung Bd. 319, S. 21 Fig. 18. Gallowaykessel von Piedboeuf. Dass diese Bauart sich bei Verwendung unreinen, Kesselstein bildenden Wassers nicht bewähren kann, ist ja sehr naheliegend. Für Feld 11 finden wir ein Beispiel im stehenden Heizröhrenkessel mit Feuerbüchse (Fig. 22). Die Kesselfabrik Piedboeuf empfiehlt diese Kessel nicht. Obgleich sie wegen ihrer Fähigkeit, rasch und reichlich Dampf zu entwickeln, weit verbreitet sind, sind sie doch vielfach Reparaturen unterworfen, was sich dadurch erklärt, dass die Heizröhren oben durch den Dampfraum hindurchgehen und in der Wasserlinie leicht zerstört werden. Hierher gehört auch der Fieldkessel. Der zweifellos am meisten verbreitete Kessel ist der Cornwallkessel mit zwei Feuerröhren (Fig. 23), auch Zweiflammrohrkessel genannt. Dieses System gibt uns ein Beispiel für Feld 12, liegende Kessel mit Heizröhren mit nur einem Sieder und Innenfeuerung. Die Vorzüge dieser Kessel infolge einfacher Bauart, bequeme Befahrbarkeit, grosser Wasser- und Dampfraum, gute Ausnutzung des Brennmaterials usw., sind allgemein so anerkannt, dass dadurch dieser Kessel eine so grosse Verbreitung gefunden hat. Noch zu erwähnen ist der Lokomotivkessel, welcher, wie ersichtlich, ebenfalls in Feld 12 einzureihen ist. Besondere Bedeutung und vielseitigen Ausbau haben in der jüngsten Zeit die in Feld 2 eingereihten Siederund Wasserrohrkessel erfahren. Es empfiehlt sich daher, auf diese Gruppe noch etwas näher einzugehen. Wir teilen das in Fig. 24, S. 23 als Kreis dargestellte, die Wasserrohrkessel umschliessende Feld 2 der Fig. 13, S. 14 durch eine Gerade a in zwei Teile nach dem Vorhandensein von Wasserkammern; auf der Seite + a liegen alle Kessel mit Wasserkammern, auf der Seite – a alle solche ohne Wasserkammern. Da man bei verschiedenen Kesselsystemen in Zweifel geraten kann, was man als Wasserkammer bezeichnen will, so sei bei unseren Untersuchungen für Wasserkammern die folgende Definition gewählt. „Wasserkammern sind flachwandige Gefässe, welche den – in den Röhren – erzeugten Dampf nach dem Dampfsammler führen.“ Wenn wir von Wasserkammern sprechen, sind also stets die das Wasser- und Dampfgemisch nach oben führenden, meist vorderen Wasserkammern und nicht die das Wasser nach den Röhren leitenden, meist hinteren Verbindungen gemeint. Die Kessel ohne Wasserkammern, also der obere Kreisabschnitt (Fig. 24) wirddurch eine Gerade b senkrecht zu a in zwei Teile zerlegt, nach dem Merkmal, ob der Normalwasserstand des Kessels im Dampfsammler liegt oder nicht, derart, dass Textabbildung Bd. 319, S. 22 Fig. 20. Zweikammerheizröhrenkessel von Leinveber. Textabbildung Bd. 319, S. 22 Fig. 21. Heizröhrenkessel von Piedboeuf. alle Kessel, welche Dampfsammler mit Wasserinhalt besitzen (+ b) links von b liegen, alle jene, deren Dampfsammler nur Dampf enthalten (– b) rechts von b eingeordnet werden. Zu ersterer Art gehört z.B. der Stirlingkessel, zu letzterer der Bellevillekessel. Textabbildung Bd. 319, S. 23 Fig. 22. Heizröhrenkessel von Piedboeuf. Die Kessel mit Wasserkammern kann man nach zwei wesentlichen Merkmalen einteilen: 1. durch die Gerade c in solche, deren Rohre beidseitig offen, und solche, deren Rohre nur einseitig offen sind, erstere liegen auf der Seite + c, letztere auf der Seite – c. Textabbildung Bd. 319, S. 23 Fig. 24. Wasserrohrkessel. 2. kann man nach der Anordnung der Wasserkammern unterscheiden in Kessel, deren Wasserkammern aus einem Stück bestehen und solche, deren Wasserkammern aus einzelnen Abschnitten bestehen. Sie werdendurch die Gerade d gekennzeichnet. Die ersteren liegen auf der Seite + d, die letzteren auf der Seite – d. Textabbildung Bd. 319, S. 23 Fig. 23. Cornwallkessel von Piedboeuf. Für die so entstandenen vier Felder γ – ζ sei nun je ein Beispiel angeführt. 1. Kessel γ, deren Wasserkammern aus einem Stück bestehen und deren Rohre beiderseitig offen sind: Steinmüllerkessel (Fig. 25). Textabbildung Bd. 319, S. 24 Fig. 25. Steinmüllerkessel. 2. Kessel ε, deren Wasserkammern aus einem Stück bestehen und deren Rohre nur einseitig offen sind: Dürrkessel (Fig. 26). 3. Von Kesseln δ, deren Wasserkammern aus Abschnittenbestehen, und deren Rohre beiderseitig offen sind, gibt es sehr viele Ausführungen, so z.B. Root- oder Babcock & Wilcox-Kessel (Fig. 27). Textabbildung Bd. 319, S. 24 Fig. 26. Dürrkessel. Textabbildung Bd. 319, S. 24 Fig. 27. Babcock & Wilcoxkessel. Textabbildung Bd. 319, S. 24 Fig. 28. Niclaussekessel. 4. Kessel ξ, deren Wasserkammern aus Abschnitten bestehen, und deren Rohre nur einseitig offen sind: Niclaussekessel (Fig. 28). (Schluss folgt.)