Titel: Beitrag zur Theorie und Berechnung der hydraulischen Regulatoren für Wasserkraftmaschinen.
Autor: Adolf Schmoll von Eisenwerth
Fundstelle: Band 319, Jahrgang 1904, S. 326
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Beitrag zur Theorie und Berechnung der hydraulischen Regulatoren für Wasserkraftmaschinen. Von Dipl.-Ing. Adolf Schmoll von Eisenwerth, Darmstadt. (Fortsetzung von S. 309 d. Bd.) Beitrag zur Theorie und Berechnung der hydraulischen Regulatoren für Wasserkraftmaschinen. Verwendung der Kolbenwegdiagramme zur Untersuchung des Reguliervorganges. Wir benützen in diesem Abschnitte die Voraussetzungen und Ergebnisse des obigen Zahlenbeispieles. Ist hier, wie gewöhnlich, die gezwungene Bewegung der Tachometerhülse unmittelbar von der Kolbenbewegung abgeleitet, derart, dass die Hülsenwege den Kolbenwegen proportional sind, so stellen die Kolbenwegdiagramme gleichzeitig die Tachometerbahnen dar (ganzer Kolbenhub = Hülsenhub gesetzt). Dagegen kann im vorliegenden Falle der Verlauf der Füllungen nicht ohne weiteres aus den Kolbenwegdiagrammen entnommen werden, denn es ist ein veränderliches Uebersetzungsverhältnis zwischen Kolben- und Schaufelbewegung vorausgesetzt. Im allgemeinen haben Aenderungen dieses Uebersetzungsverhältnisses auch (meist annähernd proportionale) Aenderungen des Verhältnisses zwischen Kolbenweg und Schaufelöffnung zur Folge. Zwischen Schaufelöffnung und Füllung (arbeitender Wassermenge) der Turbine bestehe im vorliegenden Falle Proportionalität, wie dies im allgemeinen auch der Fall ist. Doch kann auch jedem anderen Zusammenhange zwischen Schaufelöffnung und Füllung in entsprechender Weise Rechnung getragen werden, sofern dieser Zusammenhang (etwa aus Bremsergebnissen des betreffenden Turbinensystemes) bekannt ist. Textabbildung Bd. 319, S. 326 Fig. 13. Es sei also für verschiedene Kolbenstellungen die Grösse der Schaufelöffnung bezw. der Füllung ermittelt und im Diagramme Fig. 13 dargestellt. Als Abszissen sind die Kolbenwege (1 cm = 0,05 m Kolbenweg) aufgetragen,als Ordinaten die Füllungen (1 cm = 0,1 Füllung). Mit Hilfe dieses Diagrammes ist aus dem Kolbenwegdiagramme für „Schliessen“ die Füllungskurve (Fig. 14 unten) konstruiert, unter der Voraussetzung, dass die Füllungsänderung von 0,75 Füllung aus erfolge. Maasstab der Abszissen (Zeit): 1 cm = 0,1 sek., Maasstab der Ordinaten: 1 cm = 0,1 Füllung. Textabbildung Bd. 319, S. 326 Fig. 14. Zum Vergleiche ist auch die ideelle Füllungskurve entsprechend der ideellen Schlusszeit von Si = 1,13 sek. (für „Schliessen“) eingetragen, sowie die Kurve, welche der Asymptote des Kolbenwegdiagrammes entspricht. Unter Voraussetzung des proportionalen Verlaufes von Turbinenfüllung und -Drehmoment (s. Einleitung S. 257 links) stellt 1 cm Ordinate = 0,1 Füllung im Füllungsdiagramm (Fig. 14 unten) ein Turbinendrehmoment von 0,1. T1 mkg dar, wenn T1 das Drehmoment bei Füllung 1 und normaler Umdrehungszahl ist. Wir wollen annehmen, dass der Servomotor von den vorausgesetzten Abmessungen in Verbindung mit einem gegebenen Tachometer eine Turbine von T1 = 573 mkg, n1 = 250 Umdr./min. regulieren soll, und dass die erforderlichen Schwungmassen zu berechnen seien. Als Regulierbedingung sei vorgeschrieben: Eine plötzliche Belastungsänderung um 20 v. H. der vollen Leistung in dem Gebiete zwischen 0,5 und 1,0 Füllung darf höchstens eine Aenderung der Umdrehungszahlen von 2 v. H. hervorrufen. Das Tachometer sei derart gewählt, dass der höchsten Muffenstellung eine Umdrehungszahl no = 260, der untersten eine Umdrehungszahl n1 = 250 entspreche. Also \begin{array}{rcl} \mbox{Ungleichförmigkeitsgrad }\delta &=& \frac{260-252}{255}\\ &=&0,0392\\ \mbox{(oder }\ \ \ \ \ \beta &=&\frac{260-250}{250}\\ &=&0,04\end{array} nach A. Pfarr). Wir wollen eine plötzliche Entlastung von 0,75 auf 0,55 der vollen Leistung annehmen, da hierbei die erste Füllungsänderung mit kleinerer Reguliergeschwindigkeit, also ungünstiger, verläuft als bei einer entsprechenden Belastungszunahme. (Für „Schliessen“ vi = 0,266 m/sek., für „Oeffnen“ vi = 0,324 m/sek., vergl. S. 307 u. 309.) Die Stellung der Tachometermuffe bei 0,75 Füllung ergibt sich aus der zugehörigen Kolbenstellung. Nach Fig. 13 steht der Kolben 5 cm von seinem Hubende entfernt, also um 5/30 = 0,1667 seines Hubes. Dementsprechend ist auch die Tachometermuffe um 0,1667 ihres Hubes von der untersten Stellung entfernt. Daraus folgt die zugehörige Umdrehungszahl na = 250 + (260 – 250) . 0,1667 = 251,67. Bei der angenommenen Entlastung darf nun höchstens eine Aenderung um 251,67 . 0,02 = 5,03 Umdr./min. eintreten. Die Eigenreibung des Tachometers und die Reibung des vom Tachometer zu bewegenden Steuerorganes erfordere zur Bewegung der Muffe eine Aenderung von n um 0,5 v. H., d.h. um 1,25 Umdr./min. (gutes Tachometer und entlastetes Steuerorgan vorausgesetzt). Die Massenwirkung des Tachometers und des Steuerorganes seien zu vernachlässigen (Federregulator, leichte Steuerteile bei Anwendung von Vorsteuerung). Wir behalten zunächst noch die Voraussetzung bei, dass sogleich nach Ueberwindung der Unempfindlichkeit des Tachometers die Steuerkanäle als voll eröffnet befrachtet werden können (s. S. 257 rechts). Nach Berechnung der Schwungmassen wird diese Voraussetzung auf ihre Zulässigkeit zu prüfen sein. Zur Sicherheit und zur Deckung etwaiger Spielräume in den Gelenken wollen wir aber noch eine weitere Steigerung der Umdrehungszahlen um 0,25 nach Ueberwindung der Unempfindlichkeit annehmen, bis das Regulierventil auf „Schliessen“gesteuert ist, so dass also die Umdrehungszahl im Augenblicke der Einwirkung des Servomotors beträgt: ns= na + 1,25 + 0,25 = na + 1,50. Von diesem Augenblicke an bleibt also noch eine Steigerung um 5 – 1,5 = 3,5 Umdr./min. zulässig. Unter Einfluss der Schliessbewegung ändert sich nunmehr die Umdrehungszahl nach der Beziehung \begin{array}{rcl} n&=& \frac{30}{\pi\,J}\,\int\,M\,dt+C\mbox{ (s. Einleitung S. 257),}\\ &=&\frac{30}{\pi\,J}\,\int_0^1\,M\,dt+n_s, \end{array} wobei: J = Trägheitsmoment der Schwungmassen, M = beschleunigendes Moment, t = Zeit vom Beginn der Einwirkung des Servomotors auf die Füllung. Die Momente M ergeben sich aus dem Füllungs- bezw. Momentendiagramm Fig. 14, wenn wir noch das konstante widerstehende Moment der Belastung 0,55 . T1 als Gerade parallel der Zeitachse im Abstande 5,5 cm von der Füllung 0 aus eintragen. Die Ordinatenstücke zwischen der Geraden und der Füllungs- bezw. Momentenkurve stellen dann die beschleunigenden Momente M dar im Maasstabe: 1 cm = 0,1 . 573 = 57,3 mkg. Die Flächenstücke zwischen der Geraden und der Kurve stellen somit die Grössen ∫M dt dar im Maassstabe 1 qcm = 0,1 . 57,3 = 5,73 mkg × sek. Nach der Beziehung n=\frac{30}{\pi\,J}\,\int\,M\,dt+C erhalten wir einen Zuwachs um 1 Umdr./min. für \int\,M\,dt=\frac{\pi\,J}{30}\,\mbox{mkg}\,\times\,\mbox{sek.,}, also entspricht 1 qcm Fläche des Momentendiagrammes eine Aenderung der Umdrehungszahlen von 5,73\,:\,\left(\frac{\pi\,J}{30}\right) Umdr./min. In Fig. 14 oben sind für die verschiedenen t die zugehörigen Flächenstücke \int_0^t\,M\,dt als Ordinaten aufgetragen im Maasstabe 1\mbox{ cm }=1\mbox{ qcm }=\frac{5,73}{\left(\frac{\pi\,J}{30}\right)} Umdr./min. Die Kurve stellt also den Verlauf der Umdrehungszahlen während der Schliessbewegung des Regulators dar; n wird ein Maximum für den Zeitpunkt, wo M = 0 ist (Schnittpunkt der Geraden des widerstehenden Momentes mit der Momentenkurve). Handelt es sich nur um Bestimmung der maximalen Aenderung von n, so braucht man nur die Fläche bis zu diesem Punkte auszumitteln. Es ergibt sich \frakfamily{F}=4,1 qcm, also wächst die Umdrehungszahl unter Einwirkung des Servomotors noch um \frac{4,1\,\cdot\,5,73}{\left(\frac{\pi\,J}{30}\right)}. Es soll nun im vorliegenden Falle diese Steigerung der Umdrehungszahl ≦ 3,5 sein (s. o.), also \frac{4,1\,\cdot\,5,73}{\left(\frac{\pi\,J}{30}\right)}\,\leq\,3,5, mithin ist erforderlich eine Schwungmasse mit Trägheitsmoment J\,\geq\,\frac{4,1\,\cdot\,5,73\,\cdot\,30}{\pi\,\cdot\,3,5}=\,\sim\,64,2, was einem Schwungkranzgewicht von ∾ 630 kg bei 1 m Schwerpunktsradius entspricht. Die Umkehrung der Aufgabe, nämlich bei gegebener Schwungmasse (J) die höchste Umdrehungszahländerung zu bestimmen, oder überhaupt den zeitlichen Verlauf der Umdrehungszahlen, ist leicht in entsprechender Weise durchzuführen. Zum Vergleiche ist in Fig. 14 ausser der schon ermittelten n-Kurve noch eine „ideelle“ n-Kurve punktiert eingetragen. Sie entspricht der ideellen Füllungskurve, stellt also den Vorgang unter Vernachlässigung der Massen des Servomotors dar. Die grösste Aenderung der Umdrehungszahlen während der Schliessbewegung ist hier etwa das 0,42-fache der vorher ermittelten; es hätte sich daher bei Zugrundelegung eines masselosen Servomotors eine Schwungmasse ergeben, die noch nicht die Hälfte der richtigen ausgemacht hätte. Der Punkt x in Fig. 14 entspricht der maximalen Umdrehungszahl unter der Annahme, dass die Füllungsänderung nach der um ts verschobenen ideellen Füllungskurve erfolge (entstanden aus der Asymptote des Kolbenwegdiagrammes). Es ist also angenommen, dass die Turbine noch während einer weiteren Zeit ts nach erfolgter Steuerbewegung regulatorlos sei. Die hiernach gefundene grösste Aenderung der Umdrehungszahl nach Eingriff der Steuerung ist ∾ 1,2-mal so gross als die oben genauer ermittelte; es würde sich hiermit ein nur wenig zu grosser Wert der erforderlichen Schwungmasse (J) ergeben. Aus Fig. 14 ist ersichtlich, dass für die betrachtete Füllungsänderung auch ohne weiteres die geringfügige Krümmung der ideellen Füllungskurve hätte vernachlässigt werden können. Man hätte also eine proportionale Aenderung der Füllungen mit den Kolbenwegen annehmen dürfen gemäss der für eine mittlere Füllung zwischen 0,75 und 0,55 geltenden Beziehung zwischen Kolbenweg- und Füllungsänderung. Es ist jetzt zu untersuchen, ob sich infolge der endlichen Geschwindigkeit der Steuerbewegung (allmähliche Oeffnung der Steuerkanäle) im Gegensatz zu der bisher gemachten Annahme der plötzlichen Oeffnung eine merkliche Abweichung des Vorganges von dem soeben ermittelten ergibt. Die Zeit, während der das Steuerventil geöffnet wird, bestimmen wir aus der vorläufig als richtig angenommenen n-Kurve, Fig. 14 oben. Es sei der Ventilhub 12 mm, der entsprechende Tachometerhub bei Hebelübersetzung 1 : 2 daher gleich 6 mm. Der gesamte mögliche Tachometerhub für die Aenderung der Umdrehungszahlen von no = 260 bis n1 = 250 sei 60 mm. Dann ist für den vollen Ventilhub eine Aenderung der Umdrehungszahlen von (260-250)\,\cdot\,\frac{6}{60}=1 Umdr./min. erforderlich. In der ermittelten /z-Kurve stellt nun 1 cm dar: \frac{5,73}{\left(\frac{\pi\,J}{30}\right)} Umdr./min.; mit J = ∾ 65 ist daher 1\mbox{ cm }=\frac{5,73\,\cdot\,30}{\pi\,\cdot\,65}=0,84 Umdr./min. Einer Umdrehung pro Minute entsprechen also \frac{1}{0,84}=1,19\mbox{ cm}. Die zugehörige Abszisse der n-Kurve beträgt ∾ 0,55 cm = 0,055 sek. Also wird das Ventil in ∾ 0,055 sek. voll eröffnet, vorausgesetzt, dass die von der Kolbenbewegung abgeleitete „Rückführung“ auf die Ventilbewegung noch ohne merklichen Einfluss ist. Dies trifft hier genau genug zu, da während 0,055 sek. der Kolben des Servomotors (nach Kolbenwegdiagramm Fig. 5, S. 274) erst um ca. 2 mm vorgerückt ist. Die Steuerbewegung erfolgt annähernd mit konstanter Geschwindigkeit, da die n-Kurve in der Zeit der Steuerbewegung fast geradlinig verläuft. Um nun den Bewegungsvorgang entsprechend der Veränderlichkeit der Steuerquerschnitte während des Ventilhubes annähernd richtig verfolgen zu können, nehmen wir zur Vereinfachung an, dass die Steuerbewegung stufenweise unstetig erfolge, derart, dass das Ventil eine kleine Strecke plötzlich bewegt wird, eine Zeit lang in dieser Stellung bleibt, dann wieder plötzlich um eine weitere Strecke bewegt wird usw. Es ist dann nur noch erforderlich, die Durchflusswiderstände für die betreffenden Ventilstellungen zu kennen, um die Untersuchung nach der bisher angewandten Methode durchführen zu können. Es erscheint nicht zweckmässig, eine strenge Lösung der Aufgabe dadurch anzustreben, dass man die Durchflusswiderstände als Funktion der Zeit in die Differentialgleichung der Kolbenbewegung einführt. Denn einmal sind genaue Werte für die Durchflusswiderstände der verschiedenen Ventilstellungen schwer zu erlangen und dann würde die Lösung der Differentialgleichung sehr verwickelt, wo nicht undurchführbar. Die Durchflusswiderstände sind in der Differentialgleichung in den Koeffizienten a und b enthalten (bezw. in a' für die vereinfachte, angenäherte Form, vergl. S. 276). Für unser Beispiel war: a' = 16,45. Der Anteil des Steuerventils an a' war dabei nach S. 293 a'_s=\frac{w_s}{10\,v^2}\,\cdot\,\frac{1}{\frakfamily{M}}=5,16 (für volle Oeffnung). Bei geschlossenem Ventil ist nun a's und somit auch a' = ∞. Für die Annäherungsrechnung wollen wir annehmen, dass a's bezw. a' sich in drei Stufen plötzlich ändere und zwar sei für die Zeit (gerechnet von Anfang des Steuerhubes an): t = 0 bis t = 0,025 sek., a' = 100; (also a's für etwa ein drittel offenes Ventil = 88,7), t = 0,025 bis t = 0,055 sek., a' = 40; (also a's für etwa zwei drittel offenes Ventil = 28,7), nach t = 0,055 sek., a' = 16,45; (also a's für offenes Ventil = 5,16). Die Zahlen für a' sind in Ermanglung von Versuchswerten geschätzt, dürften aber eher zu hoch als zu niedrig gegriffen sein. Für den ersten angenommenen Abschnitt der Steuerbewegung (von t = 0 bis t = 0,025 sek.) kann in der S. 276 angegebenen Weise der Kolbenweg s als Funktion von t berechnet werden. Also: s=\frac{1}{a'}\,\left(ln\,\frac{e^{2\,\sqrt{a'\,e_0}\,\cdot\,t}+1}{2}-t\,\sqrt{a'\,c_0}\right). Dabei ist a' = 100 und co wie bisher = 1,16 zu setzen. Textabbildung Bd. 319, S. 329 Fig. 15. Beim Uebergang zum nächsten Abschnitte entsteht zufolge der plötzlichen Aenderung der Widerstände (Aenderung von a' = 100 auf a' = 40) ein Sprung in der Grösse der Kolbenbeschleunigung. Dagegen muss die Geschwindigkeit für das Ende des ersten und den Anfang des zweiten Abschnittes denselben Wert haben; nur entwickeln sich die Geschwindigkeiten im zweiten Abschnitte nach einem anderen Gesetze, entsprechend der neuen Grösse von a'. D.h. im zeitlichen Verlaufe der Geschwindigkeiten entsteht an der Uebergangsstelle zum neuen a' ein Knick. Die Wege s sind zu Ende des ersten und zu Anfang des zweiten Abschnittes ebenfalls gleich gross; da auch die Geschwindigkeiten in diesem Zeitpunkte übereinstimmen, so schliesst die Wegkurve des neuen Abschnittes an der Uebergangsstelle mit gleichbleibender Tangente an die des vorhergehenden Abschnittes an. Entsprechend vollzieht sich der Uebergang zu den weiteren Bewegungsabschnitten. Fig. 15. Auf Grund dieser Ueberlegung lassen sich die in jedem Abschnitte zurückgelegten Wege leicht berechnen, indem man zur Bestimmung der jeweiligen Anschlusspunkte der Wegkurven die Endgeschwindigkeit des vorhergehenden Abschnittes berechnet und diese als Anfangsgeschwindigkeit des neuen Abschnittes einführt. Dabei sind die Formeln für v, t und s (S. 276) zu benützen. Die auf solche Weise berechneten Werte für das Kolbenwegdiagramm mit Berücksichtigung der endlichen Geschwindigkeit der Steuerbewegung sind im folgenden den entsprechenden Werten für unendliche Steuergeschwindigkeit (plötzliche Eröffnung) gegenübergestellt: Steuerbewegungmit endl. Geschw. Steuerbewegung mitunendl. Geschw. t = 0 sek. s = 0 m s = 0 m 0,025 0,00036 0,00036 0,055 0,00170 0,00176 0,300 0,03895 0,04180 Die Unterschiede in der Kolbenbewegung sind hiernach ganz unbedeutend. Die Voraussetzung der plötzlichen Eröffnung war somit im vorliegenden Falle hinlänglich genau. Auch bei noch bedeutend kleineren Steuergeschwindigkeiten würde das Kolbenwegdiagramm nur sehr wenig von dem ursprünglich angenommenen abweichen, wenn sich dabei nicht auch der Einfluss der Rückführung auf die Steuerbewegung stärker geltend machen würde. Bei der Bewegung des Kolbens während der Steuerbewegung wirkt nämlich die von der Kolbenbewegung abgeleitete Rückführung der vom Tachometer ausgehenden Steuerbewegung entgegen. Daher kann bei langsamer Tachometerhülsenbewegung das Steuerventil unter Umständen schon geschlossen werden, ehe noch die volle Oeffnung der Kanäle hergestellt war. Die grösste mögliche Kolbengeschwindigkeit ist daher in diesem Falle auch von der Hubgeschwindigkeit des Tachometers abhängig, also in letzter Linie auch von der Belastungsänderung und den Schwungmassen der Turbine. Diese Vorgänge, die hauptsächlich bei sehr kleinen Belastungsänderungen in Frage kommen, lassen sich zwar schrittweise verfolgen, aber eine Vorausberechnung dürfte kaum noch Anspruch auf Genauigkeit machen, weil hier die Unsicherheit in der Annahme der Reibungs- und Durchflusskoeffizienten allzusehr die Rechnungsresultate beeinflussen würde. Für die mittleren Belastungsänderungen, bei denen im allgemeinen die Voraussetzung plötzlicher Eröffnung zulässig ist, dürfte dagegen das im Beispiele angewandte Verfahren genügend genau sein. Uebersicht über das vereinfachte Verfahren für praktische Rechnungen. Für die Praxis ist die Lösung der folgenden Aufgaben besonders wichtig: Bei vorgeschriebenen Regulierbedingungen und angenommenen Konstruktionsdaten für den Servomotor sind die erforderlichen Schwungmassen zu ermitteln: oder: Bei gegebenen Schwungmassen und angenommenen Konstruktionsdaten für den Servomotor sind die zu erwartenden grössten Aenderungen der Umdrehungszahlen für bestimmte Belastungsänderungen zu berechnen. Für diese Zwecke genügt im allgemeinen ein vereinfachtes Verfahren, das im Vorstehenden bereits mehrfach berührt worden ist und nun übersichtlich wiedergegeben werden soll. Die Rechnung sei vorzunehmen für eine plötzliche Aenderung des Belastungsdrehmomentes der Turbine von der anfänglichen Grösse Ta auf Tb (mkg). Das Drehmoment der Turbine bei Füllung 1 und der normalen Umdrehungszahl n1 sei T1. Der Regulator soll demnach die anfangs vorhandene Füllung f_a=\frac{T_a}{T_1} auf f_b=\frac{T_b}{T_1} ändern. 1. Berechnung der treibenden und widerstehenden statischen Drücke für die Oeffnungs- bezw. Schliessbewegung des Servomotors. Der Ueberdruck ist Co kg/qcm (vergl. S. 262). 2. Berechnung der Durchflusswiderstände in kg/qcm bezogen auf das Quadrat der Kolbengeschwindigkeit v. Der Koeffizient von v2 ist A'=A+\frac{B}{\sqrt{v}} (vergl. S. 262 und 276). 3. Berechnung der ideellen Kolbengeschwindigkeit vi aus der Gleichung: {v_i}^2+v_i^{\frac{3}{2}}\,B=C_0 (vergl. S. 274). 4. Berechnung der ideellen Schlusszeit S_i=\frac{\mbox{Kolbenhub}}{v_i}, bezw. bei veränderlichem Verhältnis zwischen Kolbenweg- und Füllungsänderung: S_i=\frac{\mbox{Kolbenweg entsprechend }(f_a-f_b)}{v_i\,\cdot\,(f_a-f_b)}, 5. Berechnung der Umdrehungszahländerung infolge Unempfindlichkeit des Tachometers und etwa vorhandener Spielräume in den Steuerungsteilen. Die Umdrehungszahl ändert sich bis zum Eingreifen des Servomotors von na auf ns (vergl. S. 327). Bis hierher ist das Verfahren genau so wie ohne Berücksichtigung der Massenwirkung des Servomotors. Die Berechnungen 1. bis 5. sind daher auf jeden Fall vorzunehmen. Ist Massenwirkung zu berücksichtigen (namentlich bei verhältnismässig langen Rohrleitungen und dabei verhältnismässig kleiner Betriebspressung, vergl. S. 275, so folgt: 6. Berechnung der Beschleunigungsdrucke (in kg/qcm) herrührend von den Massen der Betriebsflüssigkeit und den Massen der Getriebeteile des Servomotors, bezogen auf die Kolbenbeschleunigung i=\frac{dv}{dt}. Verhältnismässig langsam sich bewegende Getriebeteile können dabei unberücksichtigt bleiben, sofern ihre Massen nicht ungewöhnlich gross sind (vergl. S. 305). Der Koeffizient von \frac{dv}{dt}, die reduzierte Masse, ist \frakfamily{M}. 7. Berechnung der Zeit ts (Spielraumzeit infolge Massenbeschleunigung) aus der Beziehung: t_s=0,693145\,\frac{\frakfamily{M}}{C_0}\,\cdot\,v_i (vergl. S. 276). 8. Berechnung der Fläche \frakfamily{F} des Füllungsdiagrammes (s. Fig. 14), angenähert, mit Benützung der Asymptote der Kolbenweglinie: \frakfamily{F}=(f_a-f_b)\,t_s+\frac{(f_a-f_b)^2}{2}\,\cdot\,S_i; daraus folgt: 9. Grösste Umdrehungszahl des ersten Regulierabschnittes: n_{\mbox{max}}\,\sim\,=n_s+\frac{30\,T_1\,\cdot\,\frakfamily{F}}{\pi\,J}, oder, wenn grösste zulässige Aenderung der Umdrehungszahl vorgeschrieben ist, folgt die erforderliche Schwungmasse aus: J=\frac{30\,T_1\,\cdot\,\frakfamily{F}}{\pi\,(n_{\mbox{max}}-n_3)}. Die Fläche \frakfamily{F} ist bei der angenäherten Rechnung etwas zu gross; daher liefert das Verfahren die nmax oder die J etwas zu gross und zwar um so mehr, je grösser ts im Verhältnis zu Si und je kleiner die Füllungsänderung fafb (absolut) ist. Darin liegt eine gewisse Sicherheit, die gegenüber der etwas zu günstigen Annahme der plötzlichen Eröffnung der Steuerkanäle zu j statten kommt. (Schluss folgt.)