Titel: Booster-Berechnung.
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 105
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Booster-Berechnung. Booster-Berechnung. In No. 15 des „Electrical World and Engineer“ tvom 9. IV. 04 veröffentlicht Wm. A. Del Mar ein graphisches Verfahren zur Berechnung von Booster, das in eleganter Weise durchgeführt viel Interessantes bietet. Der Booster ist ein Generator, der mit einer elektrischen Strom führenden Leitung in Serie geschaltet ist, um den Spannungsabfall in dieser Leitung ganz oder teilweise aufzuheben Die Vereinigung beider wirkt also wie ein Leiter ohne oder mit nur geringem Widerstand. Seine hauptsächliche Verwendung hat er bei elektrischen Bahnanlagen gefunden, da die hier zur Verwendung kommenden grossen Ströme bedeutende Spannungsverluste in den Kraftleitungen herbeiführen. Anstatt nun ein ausgedehntes Netz von Speiseleitungen anzuwenden, verschafft der Booster dieselben Vorteile mit weit geringeren Kosten. Am häufigsten wird er verwendet, um den Spannungsabfall in der geerdeten Rückleitung zu verringern, nicht etwa weil derselbe eine besondere Höhe erreicht, sondern um die gewaltigen Zerstörungen, welche die im Erdboden vagabundierenden Ströme an fremden Kabeln und Rohrleitungen herbeiführen, zu verringern. Der Booster ist gewöhnlich eine Maschine mit Serienwicklung, deren Spannung nahezu proportional mit dem Strom ansteigt. Fig. 1 zeigt die Charakteristik einer solchen Maschine; dieselbe weicht tatsächlich nur wenig von der daneben gezeichneten geraden Linie ab. Bei Behandlung der Probleme einer Bahnanlage ist es allgemein gebräuchlich, den Strom längs der Leitung als gleichförmig verteilt anzunehmen, derartig, dass er am Endpunkt der Leitung Null ist und mit der Annäherung an die Zentrale gleichförmig zunimmt. Die Stromverteilung längs einer Bahnleitung kann also durch die gerade, gleichförmig ansteigende Linie der Fig. 2 dargestellt werden. Schliesst man, wie es Fig. 3 schematisch zeigt, an die geerdete Rückleitung bei J das isolierte Kabel eines Boosters an, so wird man je nach den Spannungsverhältnissen Diagramme erhalten, wie sie in Fig. 4 als typische Beispiele gegeben sind. Fall I zeigt einen Booster, der den gesamten Spannungsabfall in seinen Kabeln aufhebt und das Potential des Anschlusspunktes J auf das Potential der Verteilungsschienen in der Zentrale bringt. Das Boosterkabel nimmt nicht bloss den gesamten Strom von dem Endpunkt bis zum Anschlusspunkt auf, sondern auch noch einen Teil des Stromes zwischen dem Anschlusspunkt und dem Maschinenhause. In diesem Abschnitt der Rückleitung teilt sich der Strom in einem Punkt I, der so gelegen ist, dass der Widerstand der Leitung von I bis zu der Zentrale gleich ist dem Widerstand von I bis zum Anschlusspunkt J. In dem ganz ähnlichen Falle II hebt der Booster den Spannungsabfall in seinen Kabeln nur zum Teil auf, trotzdem nehmen die Boosterkabel ausser dem rechtsseitigen Strom (nach der Figur bezeichnet) auch einen Teil des linksseitigen Stromes auf. Fall III stellt den Grenzfall dar, dass der Booster den Spannungsabfall in seinen Kabeln nur soweit aufhebt, dass der ganze rechtsseitige Strom in die Boosterkabel übergeht. Im Fall IV nimmt der Booster nur einen Teil des rechtsseitigen Stromes in seine Kabel auf, der Rest und der ganze linksseitige Strom fliesst durch die geerdete Leitung zurück. Denkbar ist noch ein V. Fall, der eigentlich noch vor Fall I hätte behandelt werden müssen, wenn nämlich der Punkt J auf ein geringeres Potential gebracht wird, als die negative Verteilungsschiene. In Fig. 5 ist für die Stromrückleitung HIJD der Stromverlauf ohne Booster gegeben durch ABCD entsprechend Fig. 2. Ist bei J ein Booster angeschlossen, der so wie in Fall II angegeben wirkt, so ist die Stromverteilung gegeben durch G/KCD. Kennt man die Punkte I und J, so kann man die Stromkurve zeichnen, indem man IJK= CEB und IHG = BFA macht. Der Verlauf des Spannungsabfalles ist in Fig. 6 gegeben, wobei die Punkte HIJD den gleichnamigen Punkten in Fig. 5 entsprechen. Der Spannungsabfall IN ist hervorgebracht durch den Strom HGI, LN durch IJK, MP durch DJC und JM durch den Strom in den Boosterkabeln. Die Grösse des Spannungsabfalles MP ist für jede Lage des Punktes J gegeben in Fig. 7. Man erhält diese Kurve aus Fig. 8, wo die Kurve R den Verlauf des Spannungsabfalls ohne Booster gibt, und die Ordinaten RS den Ordinaten der Spannungskurve in Fig. 7 entsprechen Den Spannungsabfall IN erhält man aus Fig. 9, indem man verschiedene Punkte I annimmt und zu den jeweiligen Strömen IG den entsprechenden Verlust IT entnimmt. Fig. 10 zeigt zwei Kurven des Spannungsverlustes, die zwei Stromkurven entsprechen, die in D bezw. in 5 ihren Anfang nehmen. Die Differenz zwischen den beiden Stromkurven ist UV = HT, ebenso ist HU = TV; den Spannungsabfall SV2 kann man ansehen als die Summe aus zwei Spannungsabfällen, hervorgebracht durch den anwachsenden Strom TV und den gleichförmigen Strom HT. Entsprechend ist der Spannungsabfall fall SV, hervorgebracht durch den Strom HU. Man hat also SV1 = SV2 + HT × (Widerstand von HS) oder SV1 = SV2 – HT × (Widerstand von HS). Textabbildung Bd. 320, S. 106 Entfernung der Punktes J von der Zentrale. a. Neg. Speisekabel; b. Neg. Verteilungsschiene; c. Booster-Anschluss; d. Drei Polig.-Ausschalter; e. Drehstrommotor; f. Anker; g. Feldregulierung; h. Hauptstrom-Feld; i. Nebenschluss; k. Ampèremeter; l. Maximal-Ausschalter; m. Umschalter. Hat man für die in Frage kommende Bahnlinie die Kurven von Fig. 7 und 9 konstruiert, so ist es leicht, einen Booster für jeden gewählten Spannungsabfall zu berechnen. Da man aus Fig. 1 ersieht, dass der Booster infolge der Beschaffenheit seiner Charakteristik günstiger bei halber Belastung arbeitet, als bei Vollast, so ist es besser, bei Neuberechnungen den Booster reichlich gross zu nehmen, und auch kommende Vergrösserungen gleich mit in die Berechnung einzuziehen. Die Spannung V, die der Booster liefern muss, kann man aus Fig. 3 entnehmen; da bekanntlich die Summe der Spannungen in jedem geschlossenen Stromkreis gleich 0 sein muss, so ergibt sich für den Stromkreis RJIH: V = Spannungsabfall in IH + Spannungsabfall in RJ – Spannungsabfall in IJ – V = 0 oder daraus V = Spannungsabfall in RI + Spannungsabfall in IH – Spannungsabfall in IJ. Die Grösse des Spannungsabfalles in IH und IJ entnimmt man aus Fig. 6 als IN und LN; ferner ergibt sich aus der gleichen Fig. 6 JM = DP – MP und LN = IN – JM = IN – DP + MP . . a), so dass man die Gleichung für die Spannung des Boosters auch schreiben kann V = Spannungsabfall in den Boosterkabeln + DP – MP . . . . . . . b) Die Punkte J und I müssen immer so gewählt sein, dass die beiden Gleichungen a) und b) erfüllt sind. Mit Rücksicht auf Fig. 6 und 9 erkennt man, dass für einen bestimmten Spannungsabfall DP der Punkt I nur so weit sich von der Zentrale entfernen kann, bis sich nach Fig. 9 der Spannungsabfall DP ergibt; J kann sich im äussersten Fall so weit von I entfernen, bis der Widerstand IJ = Widerstand JD geworden ist. Mit Rücksicht auf Fig. 6 und 7 erkennt man, dass J anderseits nur so nahe der Zentrale rücken kann, bis die Ordinate aus Fig. 7 die Grösse DP hat; da man I der Zentrale beliebig nahe rücken kann, ergeben sich für die Punkte I und J die in Fig. 11 angedeuteten Grenzen. Den günstigsten Punkt I und den dazu gehörigen Wert für J findet man nur durch probieren. Man wählt also beliebige Worte für I natürlich innerhalb seiner Grenzen und bestimmt den entsprechenden richtigen Werr für J. Dazu legt man sich zweckmässig eine Tabelle mit folgenden sechs Rubriken an: 1. Länge HJ in m. 2. Spannungsabfall LN = IN + MP – DP . 3. Länge IJ in m. 4. Stromstärke JK in Amp. 5. Widerstand IJ in Ohm. 6. Spannungsabfall in IJ = ½ I K Amp. × IJ Ohm. Wählt man innerhalb der Grenzen der Fig. 11 einige Worte HJ, so wird man für den gewählten Punkt I den richtigen Wert von J, der sich dadurch kennzeichnet, dass die Rubriken 2 und 6 gleiche Werte ergeben, bald finden. Aus dem früher Gesagten ergibt sich, dass es falsch wäre, IN < DP – MP zu machen, denn LN muss dasselbe Vorzeichen haben wie DP – MP und DP kann niemals kleiner als MP werden. Man braucht also nicht HJ < HI zu machen und diese Bedingung verringert den Bereich für die Wahl von HJ, so dass man selten mehr als drei oder vier Versuche zu machen braucht, um zu einem gewählten I das richtige J zu finden. Für jeden gewählten Punkt I kann man sodann die Kosten der Booster-Anlage in folgender Weise finden. Der Strom im Boosterkabel ist die Summe von JC + JK (Fig. 5). Beide Grössen sind bekannt, wenn I und J bekannt sind. Der Querschnitt des Kabels ist dem Strome entsprechend zu wählen, daraus kann man den Widerstand des Kabels und den Spannungsabfall in demselben berechnen. Die Spannung im Booster ergibt sich aus der früher abgeleiteten Formel zu V = Spannungsverlust in dem Boosterkabel, + DP – MP. Aus Strom und Spannung berechnet sich die Leistung des Boosters. Die Kosten der Maschine nimmt man zu einem bestimmten Satze an, etwa 300 M./KW. und schlägt dazu die Kosten für Schaltbrett und Installationsmaterial zwischen 2000 und 6000 M., endlich die Kosten für das Kabel und seine Verlegung und erhält so die Gesamtkosten der Boosteranlage. Im weiteren sollen noch einige Betrachtungen an die Fig. 4 angeschlossen werden. Zunächst an den Fall III, als an den einfachsten. Man hat hier zwei vollständige Verlustkurven, jede wird einzeln horizontal, wenn in dem betreffenden Abschnitt kein Strom fliesst. Jede dieser Kurven kann aus Fig. 7 und 9 abgeleitet werden. Der gesamte Spannungsverlust von der Zentrale bis zum Ende der Linie ist unabhängig von der Lage des Punktes J und ist die Summe der beiden Kurven. In Fig. 12 sind die beiden Kurven übereinander gelegt und die Summenkurve W eingezeichnet. Wenn der Spannungsverlust kleiner ist als der kleinste Wert von W, dann ist der Fall III ausgeschlossen. Im andern Falle sind zwei Lagen für den Punkt J möglich, die beide den gleichen Spannungsverlust ergeben (Fig. 13). Im Fall II ist für eine gegebene Lage von J der gesamte Spannungsverlust ein Maximum, wenn I und J zusammenfallen (Fall III). Der totale Spannungsabfall kann also die Kurve W nicht überschreiten. Mit Berücksichtigung von Fig. 14 erkennt man, dass für einen berechneten Spannungsabfall HQ der Punkt J rechts vom Schnittpunkte von QE mit der Kurve V gewählt werden muss, da sonst der Spannungsabfall am Ende der Leitung grösser als HQ ist. Da ferner der Punkt J nicht unterhalb der Kurve W liegen kann, so muss J zwischen A und B oder zwischen C und E gewählt werden. Nimmt man J zwischen A und B, so muss der Booster grossen Strom bei kleiner Spannung aufnehmen; da dies ungünstige Maschinen ergibt, wird man im allgemeinen J zwischen C und E legen. Ist HQ kleiner als der kleinste Wert von W, so kann J überall zwischen A und E liegen. Für den Punkt I gelten folgende Regeln: er kann nicht rechts vom Schnittpunkte von QE mit der Kurve U liegen, da sonst der Spannungsabfall zwischen J und der Zentrale grösser als QE wird. Diese Ueberlegungen verringern noch das Gebiet, in denen man bei den Versuchen für die richtige Wahl der Punkte I und J die Annahmen macht, so dass die Zahl der nötigen Versuche nicht gross werden kann. Wenn der Spannungsverlust unter einem gewissen Betrage bleiben soll, dann kommen die Fälle III und IV garnicht in Betracht, sondern nur I oder II, und hier muss die vorteilhafteste Anordnung durch probieren gefunden werden. Bei Fall I hat man noch die Wahl, ob man den grössten zulässigen Spannungsabfall zwischen H und J, also in die Nähe der Zentrale, oder zwischen J und D, also an das Ende der Leitung verlegen will. Hat man die Kosten der Booster-Anlage für verschiedene Lagen des Punktes I in der oben beschriebenen Weise berechnet, so zeichnet man sich nach Fig. 15 eine Kurve, für die Kosten als Ordinaten zu der Entfernung des Punktes I von der Zentrale als Abszisse, aus der sich dann die billigste Anordnung durch das Minimum der Ordinate ergibt. Fig. 16 gibt schematisch die Anordnung des Schaltbrettes und die nötigen Apparate, nämlich Amperemeter, Maximalausschalter und Umschalter. Letzterer gestattet den Booster auszuschalten und die Boosterkabel direkt mit den Verteilungsschienen zu verbinden. Der Antrieb des Boosters ist durch einen Drehstrommotor angedeutet. Ein Booster soll folgende Eigenschaften besitzen: Nachdem er 24 Stunden unter voller Belastung gelaufen, darf die Temperatur keines Teiles der Maschine mehr als 40° C über die Temperatur des Raumes betragen, vorausgesetzt, dass letztere nicht über 25° C liegt. Er muss 25 v. H. Stromüberlastung oder 50 v. H. Leistungsüberlastung während einer halben Stunde ohne übermässige Erwärmung aushalten, ebenso eine momentane Belastung mit der doppelten Leistung (100 v. H. Ueberlast). Zur Berechnung des Stromes in den Boosterkabeln, wenn der Booster selbst abgeschaltet ist, hat man, wenn I der gesamte Strom in der Leitung im Punkte J, i der Strom im Boosterkabel ist, ferner wenn R den Widerstand der Kraftleitung zwischen J und der Zentrale und v den Widerstand des Boosterkabels bezeichnet, wenn endlich der Spannungsabfall zwischen H und J sich zu R\,\times\,\frac{1}{2}\,(I-i) und der Spannungsabfall im Boosterkabel zu r. i sich berechnet, die Bedingung, dass diese beiden Spannungsverluste gleich sind; also v\cdot i=\frac{1}{2}\,R\cdot (I-i) und daraus i=\frac{R\cdot l}{2\,v+R}. Für den Vergleich der Kosten eines Systems mit Speiseleitungen, mit einem System mit Boosterverwendung sind selbstverständlich die Beträge der jährlich in den Leitungen verlorenen Energie als Kapital samt Zinsen einzubeziehen. Will man den Booster in Anlagen verwenden, die von beiden Seiten aus mit Kraft versehen werden, so muss man jede Station mit Boostern ausrüsten, denn sonst übernimmt jene Station, die allein einen Booster besitzt, einen übergrossen Betrag der Leistung. Zweckmässig wird es dabei immer sein, die positive Zuleitung in der Mitte zu unterbrechen.