Titel: Neuerungen auf dem Gebiete der drahtlosen Telegraphie.
Autor: Adolf Prasch
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 140
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Neuerungen auf dem Gebiete der drahtlosen Telegraphie. Von Ingenieur Adolf Prasch, Wien. (Schluss von S. 126 d. Bd.) Neuerungen auf dem Gebiete der drahtlosen Telegraphie. Die Strahlentelegraphie von Dr. Rudolf Blochmann. Den bestehenden Systemen der drahtlosen Telegraphie haften nach Ansicht des Erfinders die Mängel an, dass es unmöglich ist, störungsfrei zu arbeiten, die Nachrichten geheim zu halten, und deren Herkunftsrichtung zu bestimmen. Die Analogie zwischen Licht und elektrischen Strahlen führte zur Ausarbeitung eines Systems der drahtlosen Telegraphie, welche seitens des Erfinders als elektrische Strahlentelegraphie bezeichnet wurde. Zu diesem Zwecke wird von der Verwendung eines Luftdrahtes zum Ausstrahlen bezw. Aufnehmen der elektrischen Wellen ganz abgesehen. Die Apparate der Sendestation werden vielmehr in eine für elektrische Strahlen oder Wellen undurchlässige Kammer eingesetzt. In dieser Kammer ist eine Oeffnung freigelassen, welche durch eine Paraffinlinse von 80 cm Durchmesser verschlossen ist. Die ausgestrahlten Wellen werden durch diese Linse ganz ähnlich wie die optischen Strahlen parallel in eine bestimmte Richtung gelenkt. Der Wellenausstrahler ist hierbei genau im Brennpunkte der Linse angeordnet. In der Empfangsstation wird der Wellenanzeiger gleichfalls in einem ähnlichen Kasten mit Paraffinlinse so eingebaut, dass er wieder in den Brennpunkt der Linse zu liegen kommt. Alle Apparate ausser dem Wellenstrahler und dem Wellenanzeiger können ausserhalb der Kammer untergebracht werden. Da die Linsen für die elektrischen Strahlen durchlässig sind und diese Strahlen von der Senderlinse parallel gerichtet werden, ist sofort ersichtlich, dass die in der Empfangsstelle einlangenden elektrischen Wellen nur dann eine Wirkung ausüben können, wenn sie die Linse treffen und von selber im Brennpunkte auf den Wellenanzeiger konzentriert werden. Es müssen daher die Linsen für diesen Zweck parallel oder nahezu parallel einander gegenüber liegen. Ebensowenig wie es nun bei Scheinwerfern gelingt, die Lichtstrahlen nur in achsialer Richtung auszusenden, ebensowenig ist dies bei den elektrischen Strahlen der Fall. Es pflanzen sich diese Strahlen infolge der Streuung auch in seitlicher Richtung fort und erhält man daher statt eines Strahlenzylinders einen Strahlenkegel, was sich für die angestrebten Zwecke als! vorteilhaft erweist, weil sonst das Auffinden anderer Stationen von grossen Schwierigkeiten begleitet wäre. Will man nun mit einer Station in Verbindung treten, so ist es notwendig, den Kasten mit dem Wellenanzeiger so lange zu verdrehen, bis Zeichen anlangen. Sobald dies erfolgt, ist man sicher, die Richtung der Station, mit welcher man in Verbindung treten will, gefunden zu haben. Da der Streukegel der elektrischen Wellen kein zu grosser ist, wird die Geheimhaltung der Nachrichten wesentlich gefördert und die Wahrscheinlichkeit einer Störung durch eine andere Station in gleichem Masse herabgemindert. Das wichtigste hierbei ist jedoch die genaue Richtungsorientierung. Ein Schiff kann, wenn es mit zwei an verschiedenen Punkten gelegenen Landstationen. abwechselnd in Verkehr tritt, den Ort, an welchem es J sich befindet, aus dem Winkel, um welchen der Empfänger oder Sender gedreht werden muss, um von dem Gespräche mit einer dieser Stationen auf die andere überzugehen, mit ziemlich grosser Genauigkeit bestimmen, was insbesondere bei Nebel, wo jede andere genaue Orientierung unmöglich wird, von grossem Vorteile ist. Dieses System der drahtlosen Telegraphie ist nur für den Verkehr zwischen Schiffen unter sich, oder von Schiffen und Landstationen bestimmt und soll nicht etwa den allgemeinen drahtlosen Verkehr mit Luftdrähten verdrängen. Hierzu wäre es auch wenig geeignet, da die Tragweite dieser Art der drahtlosen Telegraphie nur eine sehr geringe sein kann und auf Grundlage der bisherigen Versuche 15–20 km kaum überschreiten wird. Es wird diese Entfernung für die angestrebten Zwecke auch als ausreichend erachtet, in dem auf grössere Entfernungen jede der bisher üblichen Methoden der drahtlosen Telegraphie in Verbindung mit den Luftdrähten ohne weiteres benützt werden kann und sich die beiden Einrichtungen in entsprechender Weise leicht kombinieren lassen. Der Hauptwert bei dieser Neuerung, welche in grösserem Umfange bisher noch nicht ausgeprobt wurde, wird auf die Möglichkeit der genauen Bestimmung der Richtung, von welcher die Signale einlangen, gelegt und ist dies auch vollkommen berechtigt, da dies bei Nebel eine rasche Orientierung ermöglicht und diese Signale denn doch ä viel weiter reichen, als die im Nebel bisher allein anwendbar gewesenen akustischen Signale, wie Nebelhorn oder Glocken, welche gleichfalls zu Täuschungen Veranlassung geben können. Textabbildung Bd. 320, S. 140 Fig. 19. Neuerungen an dem Systeme der drahtlosen Telephonie bezw. Telegraphie von James T. Armstrong und Axel Orling. Die bisherigen Versuche haben ergeben, dass durch passende Anordnung einer Induktionspule in Verbindung mit einem entsprechend gebauten Mikrophone, auch die Sprache durch die Luft auf eine wenn auch beschränkte Entfernung übertragen werden kann. Diese Entfernung lässt sich beträchtlich vergrössern, wenn sowohl die beiden Funkenkugeln des Senders als auch die beiden Enden des Empfängers geerdet sind. Auf Grundlage dieser Erfahrungen haben die erwähnten Erfinder ein System der drahtlosen Telephonie aufgebaut, welches die Entfernungen, über welche noch gesprochen werden kann, wesentlich erweitert. Das Prinzip dieser Neuerung beruht darauf, dass Ströme von niederer Spannung und Entladungen mit hohem Potential gleichzeitig erzeugt werden und zusammen wirken. Zu diesem Zwecke wird die bei j anderen Systemen verwendete Induktionsspule der Sendestelle S (Fig. 19) durch eine Reaktanzspule R ersetzt, und mit dem Uebermittler T, der Batterie B und der Erde E so verbunden, dass die durch die Widerstandsschwankungen des Uebermittlers entstehenden Niederspannungswellen durch die gleichzeitig entstehenden mächtigen Selbstinduktionsströme der Spule unterstützt werden. Der im Nebenschlusse zu den beiden Erdverbindungen geschaltete Uebermittler (Mikrophon) ruft nicht nur die Stromänderungen in dem durch die Erdverbindungen gegebenen Stromkreise hervor, sondern beeinflusst auch gleichzeitig die Reaktanzspule. Erhöht sich beispielsweise der Widerstand des Uebermittlers plötzlich, so wird ein stärkerer Strom, von der Batterie ausgehend, sowohl die Reaktanzspule als die Erde durchfliessen. Dieser Strom wird durch den in der Reaktanzspule infolge der Stromänderung erregten Selbstinduktionsstrom unterstützt. In der Empfangsstelle werden die beiden Enden des Empfängers J ebenfalls in geeignetem Abstande geerdet. Nach den durchgeführten Untersuchungen scheint der Strom nicht in gerader Linie von einer der Erdplatten des Senders zur anderen zu gehen, sondern sich über eine weite Fläche in Form von elektrischen Kräuselwellen nach allen Richtungen auszubreiten, wobei die von den beiden Erdstellen ausgehenden Wellen um 180° in Phase zu einander verschoben sind. Wird nun der Empfänger so geerdet, dass seine Enden in entgegengesetzter und hinreichend kräftiger Weise von den zwei Wellenkreisen beeinflusst werden können, so wird im Empfänger der Ton zu vernehmen sein, welcher das Entstehen dieser Wellen veranlasst hat. Textabbildung Bd. 320, S. 141 Fig. 20. Diese Art der Einrichtung eignet sich auch zur Uebertragung telegraphischer Zeichen, zu welchem Zwecke ein äusserst empfindliches Relais konstruiert wurde, welches auf scharfe Stromimpulse anspricht und die Uebertragung auf einen Fernschreiber besorgt. Hierzu wird der telephonische Uebertrager durch einen Taster in Verbindung mit einem Kondensator ersetzt. Die über die beiden Erden E (Fig. 20) der Empfangsstelle einlangenden Stromimpulse wirken auf den Elektromagneten M, welcher die Membrane des Mikrophons m in Schwingungen versetzt, die sich wieder auf das Telephon T übertragen. Die Telephonmembrane wirkt nun indirekt auf eine von einer Kammer umschlossene, äusserst empfindliche Flamme ein. Diese Flamme F ist normal so eingestellt, dass sie einen äusserst feinen Platindraht p gerade beleckt und ihn entsprechend erhitzt. Die hierdurch hervorgerufene Erhöhung des Widerstandes dieses Drahtes ist ausreichend um eine Wirkung des Relais R zu behindern. Wird nun die Flamme unter dem Einflüsse der Diaphragmawirkung des Telephons in der bekannten Weise verkürzt, so verringert sich infolge Abkühlung der Widerstand des Platindrahtes ausreichend, um die Batterie C und mit ihr das Relais R zur Wirkung zu bringen. Diese Art Relais soll sich besonders empfindlich und wirksam erweisen. Ein neuer Wellenanzeiger für drahtlose Telegraphie. Ingenieur W. Schloemilch hat bei seinen Versuchen über das Verhalten von Polarisationskapazitäten gegenüber elektrischen Wellen, die Beobachtung gemacht, dass sich eine Polarisationszelle für die Bestrahlung durch elektrische Wellen empfindlich erweist. Auf Grund der eingehenderen Untersuchung dieser Eigenschaft ist es Schloemilch gelungen, einen Wellenempfänger zu schaffen, mittels welchem die Aufnahme wellentelegraphischer Zeichen durch den Morseapparat ermöglicht wird. Die Grundlage für den Aufbau dieser neuen Einrichtung bildet folgender Versuch. Wird eine Polarisationszelle aus Gold oder Platinelektroden an eine Stromquelle angeschlossen, deren elektromotorische Kraft um einen geringen Betrag höher ist als die elektromotorische Kraft der Zelle, so wird durch die Zelle ein dauernder Zersetzungsstrom fliessen und sich eine schwache Gasentwicklung an den Elektroden einstellen. Wird diese Zelle von elektrischen Wellen bestrahlt, so zeigt ein in den Stromkreis eingeschalteter Stromanzeiger eine Verstärkung des Stromes an. Von dieser Erfahrung ausgehend suchte Schloemilch die beobachtete Wirkung zusteigern und erhielt hierbei sehr günstige Ergebnisse, wenn er der positiven Elektrode eine sehr kleine Oberfläche gab. Die auf Grund dieser Ergebnisse von der Gesellschaft für drahtlose Telegraphie gebauten Wellenanzeiger sind mit Elektroden versehen, welche einen Durchmesser von 0,001 mm und eine Länge von annähernd 0,01 mm besitzen. Die negative Elektrode spielt hierbei keine wesentliche Rolle und kann ihr daher jede beliebige Form und Grösse gegeben werden. Der physikalische Vorgang an der elektrolytischen Zelle hat sich noch nicht vollständig erklären lassen, ebenso lässt sich z. Z. noch nicht feststellen, ob dieser Wellenanzeiger eine Kapazität oder einen Ohmschen Widerstand darstellt, wiewohl für die letztere Annahme mehr Wahrscheinlichkeit vorhanden ist. Tatsache ist jedoch, dass bei Bestrahlung dieser Zelle durch elektrische Wellen eine leichtere Ablösung der Gasblasen von den Elektroden erfolgt, welche bei stärkerer Beeinflussung so auffällig bemerkbar wird, dass sich die Wellenimpulse bezw. die Morsezeichen an der Zelle direkt ablesen lassen. Durch Umkehren der Polarität dieser Zelle, indem man den negativen Pol an die kleinere Elektrode anschliesst, verschwindet diese Erscheinung fast vollständig, wodurch der Beweis gegeben ist, dass auch die Gasart eine wesentliche Rolle spielt. Die Zelle hat ferner die Eigenschaft, bei zu geringer und zu reicher Gasentwicklung in bezug auf die Empfindlichkeit gegenüber dem Einflüsse elektrischer Wellen nachzulassen, und ist es daher notwendig, die für jede Zelle verschiedene kritische Spannung vorher festzustellen. In gewissen Fällen kann auch die Hilfsbatterie entbehrt werden, nur müssen dann für die Elektroden Materialien gewählt werden, die in der Spannungsreihe möglichst weit auseinander liegen, so dass die Zelle selbst ein kleines galvanisches Element bildet, welches sich nach der Bestrahlung durch elektrische Wellen immer von selbst wieder in Bereitschaft setzt. Die Empfindlichkeit einer solchen Zelle ist aber bedeutend geringer als die einer mittels Hilfsbatterie betätigten Zelle und kann daher nur dort mit Erfolg Anwendung finden, wo grössere Wellenenergien zur Aufwendung gelangen. Die Empfindlichkeit der Zelle lässt sich leicht und sicher durch Veränderung des Zersetzungsstromes regulieren, sie ist in ihrer Wirkung stets gleichbleibend und gegen Erschütterungen unempfindlich. Diese Zelle zeigt ferner die Eigenschaft, bei abnehmender Wellenintensität im Verhältnis schwächer zu reagieren, nie aber gänzlich zu versagen. Alle diese Eigenschaften machen diese Zelle in Verbindung mit einem Telephon, einem Galvanometer oder einem anderen ähnlichen Instrumente zu einem sehr brauchbaren Hilfsmittel für Wellenuntersuchungen. Eine Ueberreizung dieses Wellenanzeigers und die damit verbundene Unsicherheit, wie solche bei Frittern mit Metallpulvern bei zu intensiver Bestrahlung leicht auftritt, ist nicht möglich, da er nur um so stärker anspricht, je kräftiger die Wellenimpulse einwirken. Bei diesem Wellenanzeiger kann das für gewöhnlich benutzte Relais für den Empfang entbehrt und ein Telephon benutzt werden, da sich mit diesem Empfänger die Morsezeichen ebenso gut abhören lassen. Die Abstimmung des Empfangssystemes bei Anwendung dieses Wellenanzeigers lässt sich ebenso gut durchführen, wie bei Verwendung anderer Wellenanzeiger. Wenn auch die bisherigen Ergebnisse dafür sprechen, dass dieser Wellenanzeiger eher ein Ohmscher Widerstand, denn eine Kapazität sei und sich hieraus auf eine weniger scharfe Abstimmung schliessen lässt, so erweist sich diese Befürchtung dennoch nicht als gerechtfertigt, wenn, wie dies aus Fig. 21 ersichtlich, zu dem Wellenanzeiger F eine regulierbare Kapazität K parallel gelegt wird. Diese Schaltung, bei welcher ausserdem B die Zersetzungsbatterie, W einen regulierbaren Widerstand, T das Empfangstelephon, E die Erde und L den Luftleiter darstellt, soll sich in der praktischen Anwendung bestens bewährt haben. Textabbildung Bd. 320, S. 142 Fig. 21. Die Anwendung einer Zersetzungszelle für die Anzeige elektrischer Wellen wird seitens des Erfinders als vollkommen Fig. 21. neu bezeichnet. Dies ist jedoch nur insofern zutreffend, als hier unter dem Einflüsse der elektrischen Wellen eine Widerstandsverminderung aufzutreten scheint. Es ist jedoch hervorzuheben, dass Lee de Forest in seinem bekannten „Responder“ bereits eine Zersetzungszelle anwendet, bei welcher jedoch im Gegensatze zur vorbeschriebenen Neuerung unter der Einwirkung elektrischer Wellen eine Widerstandserhöhung eintritt. Die verhältnismässige Zuverlässlichkeit der drahtlosen Telegraphie und der Telegraphie über Drähte, Zu der wichtigen Frage, ob die drahtlose Telegraphie jene wünschenswerte Zuverlässigkeit hat, wie die Telegraphie über Drähte, bringt Professor Reginald A. Fessenden in Electrical World and Engineer auf Grund mehrjähriger Beobachtung sehr wertvolle Angaben. Wenn sie sich auch nur auf Beobachtung mit dem Systeme von Fessenden beziehen, so gestatten sie dennoch einen Rückschluss auf das Arbeiten anderer, vollkommen ausgebildeter Systeme, welche nicht minder verlässlich arbeiten dürften. Im Jahre 1900 und 1901 war zwischen Cape Hatteras und Manteo, Roanake eine drahtlose Verbindung in ununterbrochenem Betriebe. Diese beiden Stellen waren ausserdem durch eine Telegraphen- und eine Telephonleitung verbunden. Während der ganzen Zeit der Versuche waren die beiden erwähnten Leitungen gleichzeitig durch 27 Tage unbrauchbar, da sie durch Stürme zerrissen waren. Der Betrieb zwischen den beiden drahtlosen Stationen konnte jedoch jederzeit aufrecht erhalten werden. Zu Beginn der Versuche wurde auch keine Behinderung durch atmosphärische Störungen wahrgenommen. Im Frühjahr des folgenden Jahres verursachten einige heftige atmosphärische Störungen ein Ausbrennen der verwendeten Wellenempfänger. Dieser Uebelstand wurde jedoch durch scharfe gegenseitige Abstimmung vollkommen behoben, trotzdem späterhin noch viel empfindlichere Wellenanzeiger verwendet wurden. Im allgemeinen wird das Hinneigen der Wellenanzeiger zum Ausbrennen als eine Sache von geringer Wichtigkeit bezeichnet, weil ein System, welches nicht hinreichend scharf abgestimmt ist, um den Einfluss atmosphärischer Störungen auszuschliessen, ohnehin nur eine sehr beschränkte Anwendungsfähigkeit hat. Im Jahre 1902 wurden Stationen auf Cape Charles City, Fortress Munroe und Ocean View errichtet, welche zwischen 40–45 km voneinander entfernt waren. Auch hier konnte während des ganzen Jahres keine Störung verzeichnet werden, wohingegen die Telegraphen und Telephonlinien, in drei Fällen durch äussere Einflüsse ausser Betrieb gesetzt wurden. Selbst bei unterirdischen Telephonlinien traten Störungen durch Ausbrennen der Schmelzsicherungen auf, und ist dies ein Beweis, dass selbst Untergrundlinien von atmosphärischen Störungen beeinflusst werden. Im spanisch-amerikanischen Kriege zeigte sich häufig, dass die Telegraphenlinien unter dem Einflüsse atmosphärischer Ereignisse gerade zu den kritischsten Zeitpunkten im Dienste durch längere Zeit versagten. Aus einem Berichte über die Schäden, die ein am 10. Mai 1903 wütender, äusserst heftiger Sturm an den Leitungen verursachte, geht hervor, dass der grösste Teil der nach Westen führenden Telegraphenleitungen der „Postal Telegraphe Company“ zerstört war, so dass nur die wichtigsten Nachrichten befördert werden konnten. Der Betrieb der „Southern Bell Telephone Company“ musste wegen Zerstörung von drei Ueberland-, drei Kabel- und sechs Lokalleitungen gänzlich eingestellt werden. Die erwähnten Stationen für drahtlose Telegraphie blieben jedoch, trotzdem der Sturm von einem heftigen Gewitter begleitet war, völlig unversehrt und hielten den Betrieb aufrecht. Im Jahre 1903 wurde in New-York und in Philadelphia je eine Station für drahtlose Telegraphie nach dem Systeme von Fessenden errichtet. Die Entfernung beträgt über Land etwa 128 km. Die Höhe der Luftdrähte betrug 48 m. Wiewohl nun diese Stationen mit einem Energieaufwand von nur ¼ PS arbeiteten, und nicht weniger als 135 drahtlose Stationen in beiden Städten zusammen einwirkten, erwies sich die Abwicklung des Dienstes als vollkommen zufriedenstellend, indem täglich während der Dienststunden gegen 40 Telegramme entsendet und aufgenommen wurden. Es zeigte sich auch hierbei, dass durch entsprechende Einstellung der eigenen Apparate mit jeder anderen Station nach Wahl gesprochen werden konnte. Unter anderem konnten Nachrichten von den in der Auster-Bay liegenden Kriegsschiffen aufgenommen werden, während die Schiffswerfte in Brooklyn mit diesen Schiffen nicht in Verbindung zu treten vermochte. Dieses Ergebnis ist um so bemerkenswerter, als die eingelangten Nachrichten über ganz New-York mit seinen zahlreichen hohen Häusern geleitet wurden. In gleicher Weise konnten anlässlich der Jachtrennen von der Station Philadelphia alle Nachrichten aufgenommen werden und war sie in der Lage, jede Station, von welcher sie Nachrichten zu erhalten wünschte, unter vollkommenem Ausschlusse aller anderen Stationen genau auszuwählen. Trotzdem während der Zeit des Betriebes dieser beiden Stationen in der Umgebung ziemlich zahlreiche Gewitterstürme auftraten, ergab sich in keinem Falle die Notwendigkeit dieselben ausser Betrieb zu setzen. Alle diese Ergebnisse, welche sich auf Beobachtungen innerhalb einer Reihe von Jahren beziehen, führen zu dem Schlusse, dass die drahtlose Telegraphie in bezug auf Sicherheit des Verkehres der Telegraphie über Drähte überlegen ist. Schon bei dem gegenwärtigen Stand der Entwicklung dieser Art der Telegraphie lässt sich behaupten, dass bei jeder Wetterbeschaffenheit Nachrichten ohne besondere Schwierigkeit drahtlos vermittelt werden können. Selbst Gewitter von solcher Heftigkeit, dass grosse Funken aus den senkrechten Drähten gezogen werden können, vermögen, wiewohl gelegentlich ein Wort verloren geht, die Uebertragung von Nachrichten nicht zu verhindern. Die Stationen zwischen New-York und Philadelphia waren zu dem Zwecke errichtet, um den Einfluss länger währender Sommerdürre und des Winterwetters festzustellen. Es wurde nämlich vorausgesetzt, dass durch längere Dürre und Temperaturen unter Null einige Schwierigkeiten entstehen würden. Das Ergebnis der Versuche zeigte jedoch, dass mit einem entsprechend konstruierten Wellenfall sich keine Schwierigkeit in der Nachrichtenübertragung bei trockenen Zeiten ergibt. Die Marine hat bei ihren Versuchen zwischen Washington und Annapolis gefunden, dass die Nachrichtenübertragung über Land im Winter viel leichter war als im Sommer. Es ist in dieser Beziehung zu vermuten, dass die Abwesenheit von Pflanzensaft in den Bäumen den Einfluss der gefrorenen Wasseroberfläche mehr als zu kompensieren vermag, so dass die Kälte sich nicht als ein ernstes Hindernis erweist. Wiewohl die Einstellung der Station New-York so scharf gemacht werden konnte, dass nahegelegene Stationen wie Coney-Island unhörbar wurden, so fehlte es nicht an mehrfachen Versuchen von nahegelegener Stationen, die Uebertragung zwischen New-York und Philadelphia zu stören. Hierbei wurde die interessante Beobachtung gemacht, dass, wenn die störenden Impulse verstärkt, die Signale von Philadelphia hingegen geschwächt wurden, das Ablesen der Nachrichten mittels Telephon sehr leicht war. Dies lässt darauf schliessen, dass, wenn der Intensitätsunterschied hinreichend gross ist, die beiden Töne leicht unterschieden werden können. Hieraus ergibt sich ein weiterer Vorzug des Telephonempfängers gegenüber anderen Empfangsinstrumenten. Die Berichte über die gesammelten Erfahrungen bei Uebertragung der Nachrichten zeigen, dass zu Beginn ungefähr die Hälfte der Nachrichten wiederholt werden musste; späterhin besserte sich dies zusehends und sank die Zahl der zu wiederholenden Nachrichten auf 5 v. H. herab, bis endlich nicht mehr als 2 v. H. wiederholt werden mussten. Es ist dies teilweise der grösseren Uebung, teilweise der verbesserten Abstimmung zuzuschreiben. Dieses Ergebnis ist um so günstiger einzuschätzen, als mit einer Geschwindigkeit von 25–35 Worten i. d. Minute telegraphiert wurde und eine grosse Zahl der Nachrichten in Chiffern oder in fremden Sprachen vermittelt werden musste. Versuche mit der Funkentelegraphie im Bahnbetriebe. Wie verlautet, wurden auch auf der Schnellbahn Marienfelde–Zossen Versuche unternommen, um die 'Möglichkeit eines funkentelegraphischen Verkehres zwischen einer feststehenden Station und dem fahrenden Schnellbahnwagen zu erweisen. Ueber die Einzelheiten der verwendeten Einrichtungen ist soviel wie nichts bekannt geworden, doch sollen die hierbei gewonnenen Ergebnisse, trotz der ungünstigen Verhältnisse, sehr zufriedenstellend gewesen sein. Anlässlich der Industrieausstellung in Teplitz sind über Anregung des Ingenieurs W. Biscan, Direktor des städtischen Elektrotechnikums dortselbst, gleichfalls Versuche unternommen worden, um sich vom fahrenden Zuge aus mit den Stationen auf funkentelegraphischem Wege zu verständigen. Zu diesem Zwecke wurde in einem von der Aussig-Teplitzer Bahn zur Verfügung gestellten Salonwagen eine vollständige Telegraphenstation der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft in Berlin nebst einer Akkumulatorenbatterie von 100 Volt Spannung installiert. Der den Fritter tragende Apparat und der Morseschreiber wurde federnd angeordnet, um die Stösse des Wagens zu mildern und ein unbeabsichtigtes Entfritten zu hindern. Dieser Wagen wurde an einen fahrplanmässigen Personenzug angekuppelt. Als Sende und Empfangsdrähte wurden zwei starke Kupferdrähte verwendet, welche aus der Stirnseite des Wagens heraustraten und längs vier Wagen an deren Seiten mittels Isolatoren und Spitzen befestigt, parallel weitergeführt wurden. Von der ruhenden Station aus wurden die Drähte längs des Gestänges der Telegraphenleitung nach beiden Seiten auf ungefähr 40 m Entfernung symmetrisch geführt. Die Gesamtanordnung wich mit Ausnahme der durch die Zugsverhältnisse bedingten abweichenden Lage der Empfangs- bezw. Sendedrähte von jenen der normalen Stationsanlagen nicht ab. Das Ergebnis der Versuche war ein durchaus günstiges, indem die übermittelten Zeichen klar und deutlich zum Ausdruck kamen. Die Entfernung betrug etwas über 7 km. Diese Versuche sollen nach Mitteilung im kommenden Frühjahre auf der Strecke von Teplitz nach Reichenberg wieder aufgenommen werden. Dass ein funkentelegraphischer Verkehr mit einem fahrenden Zuge möglich ist, hat Marconi bereits im Jahre 1901 erwiesen. Er verwendete für die auf einer englischen Bahnlinie durchgeführten Versuche die bekannte Zylinder-Antenne, welche jedoch, statt senkrecht in die Luft zu ragen, wagrecht auf dem Dache eines Wagens gelagert war. Die erreichte grösste Entfernung betrug gegen 40 km. Einen praktischen Wert dürften jedoch alle derartigen Versuche nicht haben, da vom betriebstechnischen Standpunkte das Bedürfnis für eine derartige Verständigungsmöglichkeit nicht besteht und besonders die Wellentelegraphie sich den eigenartigen Verhältnissen des Bahnbetriebes nicht anpassen lässt. Es sei nur auf die vielen Hindernisse verwiesen, welche sich der Fortpflanzung der Wellen bis zum Empfangswagen entgegensetzen, wie hohe Einschnitte, Bahnüberführungen, Tunnels usw. Der Betrieb dieses Verständigungsmittels wird namentlich in gebirgigen Gegenden nur ein intermittierender sein können und somit einem Bedürfnisse, wenn ein solches vorhanden wäre, nicht zu entsprechen vermögen.