Titel: Automatisch arbeitendes Geschütz.
Autor: Gustav Schatzlvon Mühlfort.
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 286
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Automatisch arbeitendes Geschütz. Von Gustav Schatzlvon Mühlfort. Automatisch arbeitendes Geschütz. Die bisher angewandten Systeme von Schnellfeuergeschützen beschränken sich bei der Erreichung einer tunlichst hohen Feuergeschwindigkeit einerseits auf die Anbringung eines rasch funktionierenden Verschlusses am Rohre selbst und anderseits auf eine möglichst weitgehende Hemmung des Rücklaufes. Die im Rückstoss aufgespeicherte Arbeit wird nicht weiter nutzbringend verwertet und geht für die beim Gebrauch der Geschütze erforderlichen Massnahmen verloren. Die vorliegende Erfindung bezweckt nun die im Rückstosse aufgespeicherte Arbeit zu verwerten und von dieser das Oeffnen des Verschlusses, das Auswerfen der ausgeschossenen Patronenhülse und nach Einbringung einer scharfen Patrone von Hand, das Einführen der Patrone in ihr Lager, das Schliessen des Verschlusses und erforderlichen Falles auch das Abfeuern des Schusses besorgen zu lassen. Die Erfindung umfasst Geschützrohre aller Art, gleichviel aus welchem Material sie bestehen, welchen Zwecken sie dienen und welches Kaliber sie besitzen. Die Erfindung ist in Fig. 13 in zwei verschiedenen Längsschnitten und Arbeitsstellungen dargestellt. Als Beispiel wurde das Rohr eines 7,5 cm Feldgeschützes gewählt. Das selbsttätig arbeitende Geschütz besteht aus dem Rohre mit dem Verschluss, dem Gehäuse mit der Führung für das Rohr, den Federgarnituren, dem Schlossmechanismus mit der Vorrichtung zum Zurückholen des Rohres vor Abgabe des ersten Schusses, und einer Lafette mit Sporn oder sonstiger Bremse. Das Rohr a führt sich mit doppelten Nasenleisten b auf den Gleitflächen c des Gehäuses d. Am vorderen und unteren Teile des Rohres ist mit diesem fest verbunden eine starke symmetrisch gestaltete Brille e angebracht, die mit ihren Bohrungen auf zwei Führungsstangen f läuft und auf diesen eine hin- und hergehende Bewegung annehmen kann. In zwei parallelen Nuten g dieser Brille ist der gegabelte Hebel h, der den Verschlussblock f trägt, auf zwei eingeschraubten Bolzen schwingend gelagert. Die Brille e ist in ihrem mittleren Teile prismatisch durchbrochen und trägt an der unteren Fläche den als Rast dienenden Stahlwinkel k eingeschoben und angeschraubt. Am unteren und rückwärtigen Teile des Rohres befindet sich der Patronenauswerfer l, der bei der Aufwärtsbewegung des Verschlussblockes i gespannt wird. Seine Auslösung erfolgt, sobald die Ladeöffnung genügend freigegeben ist, durch den Anschlag der Sperrklinke m an den Rahmen n. Der gegabelte Verschlusshebel h trägt in seinen beiderseitigen Wänden die kurvenartigen Schlitze o, die sich an einem im Gehäuse fest gelagerten Bolzen p führen. Im Verschlussblocke i ist die Perkussionsvorrichtung, welche die Zündkapsel im Boden der Patrone losschlägt, untergebracht; die Spannung des Schlosses erfolgt durch einen Spannhebel q, der an einer vorstehenden Warze r des Abfeuerungsriegels s streift, die selbsttätige Auslösung des Schlosses durch Drehung des Daumens am Abfeuerungsriegel s nach rechts. Unter dem Verschlussblock i steckt im massiven Teile des Verschlusshebels h ein Querkeil t, der beim Rückprall des Rohres lediglich dessen Bewegung begrenzt und die Deckelschrauben des Gehäuses entlastet. Das Gehäuse d hat den aus der Zeichnung ersichtlichen Querschnitt. Im beiderseitigen muldenartigen Teile des Gehäuses sind die Führungsstangen f festgelagert, auf diesen stecken je eine Reihe von Federn irgendwelcher geeigneter Form. In der Zeichnung sind je drei Pufferfedern vorgesehen, die sich selbst wieder in ihrem rückwärtigen Teile in eigenen Führungsstellern lagern. (Man kann selbstredend auch eine kleinere oder grössere Anzahl von Federn auf einer beliebigen Zahl von Führungsstangen anwenden. Mehr Federreihen anzuordnen hätte den Nachteil, dass das Gehäuse plump ausfällt, den Vorteil, dass mehr Federn von geringerer Ausdehnung angebracht werden können, der noch wirksam bleibende Rest der Rückstossarbeit kleiner ausfällt, das Rohr von dem Gehäuse ganz umfasst wird und die Achse der Schildzapfen mit der Rohrachse genau zusammenfällt). Das Gehäuse trägt in seiner rückwärtigen Wand die für die Einbringung der Pufferfedern u erforderlichen Oeffnungen, die durch starke Deckel v verschliessbar sind. Im mittleren trogartigen Teile des Gehäuses ist der Schlossmechanismus mit der Vorrichtung zum Zurückholen des Rohres vor Abgabe des ersten Schusses untergebracht. Ein Schlitten w, der mittels einer an der rechten Gehäusewand gelagerten Kurbel x, einem Kegelräderantrieb und einer flachgängigen Schraubenspindel angetrieben werden kann, trägt oberhalb auf seiner weit ausladenden Wand die Sperrklinke y, die sich längs der linken Gehäusewand in die Abzugstange verlängert. Die Sperrklinke y ist federnd angeordnet. Das rückwärtige Ende der Abzugstange reicht unter den Daumen des Abzughebels z, der an der linken Gehäusewand angebracht ist. Textabbildung Bd. 320, S. 287 Fig. 1. Stirnansicht. Textabbildung Bd. 320, S. 287 Fig. 2. Schnitt A–B. Textabbildung Bd. 320, S. 287 Fig. 3. Schnitt C–D. An den Wänden des Gehäuses befinden sich die Schildzapfen. Vorn ist das Gehäuse durch einen aufgeschraubten Deckel geschlossen. Die Wirkung des Geschützes ist die folgende: Durch den beim Schuss entstehenden Rückstoss bewegt sich das Rohr a nach rückwärts. Die mit demselben verbundene Brille e drückt auf die auf den Führungsstangen f gelagerten Federn u ein und schiebt diese soweit zusammen, bis die Rast k der Brille in die Klinke y einfällt und festgehalten wird. Mit der Einleitung der Rückwärtsbewegung bewegt sich aber gleichzeitig der Verschlusshebel h und zwar zunächst geradlinig und hierauf, entsprechend seinen Kurven o, nach abwärts und öffnet den Verschluss i. Innerhalb derselben Zeit geht der gespannte Patronenauswerfer mit dem Rohre nach rückwärts bis am Ende der rückläufigen Bewegung der Arm des Sperrwinkels m an den Rahmen n anschlägt und damit die Patronenhülse ausgeworfen wird. Ferner bewegt sich der Verschlussblock i nach abwärts und spannt selbsttätig das zur Abfeuerung der Patrone dienende Perkussionsschloss, welches durch Anschlag seiner aus dem Block vorstehenden Stange an den in die senkrechte Stellung gedrehten Abzugriegel s selbsttätig ausgelöst werden kann. Nun wird die scharfe Patrone eingeführt; sie braucht nicht in ihr Lager eingedrückt zu werden, weil diese Arbeit durch die Bewegung des Verschlusses selbst besorgt wird. Ein Zug an dem Abzughebel z bewirkt eine Drehung, des Hebdaumens, durch welchen die Stange gehoben und die Sperrklinke y ausser Eingriff mit der Rast k gebracht wird. Es schnellt nun das Rohr vor, hierbei die Patrone eindrückend und den Verschluss schliessend. Soll das Geschütz für den ersten Schuss geladen werden, so wird die Kurbel x solange nach links gedreht, bis die Klinke y in die Rast k einfällt; die nun einzuleitende Rechtsdrehung der Kurbel x bewirkt denselben Vorgang, wie er sonst vom Rückstoss selbst besorgt wird.