Titel: Prüfung von Isolationsmaterialien.
Autor: P.
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 319
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Prüfung von Isolationsmaterialien. Prüfung von Isolationsmaterialien. Eine Reihe sehr interessanter Versuche, deren Ergebnisse in erster Linie den Konstrukteuren von Dynamomaschinen und Transformatoren zugute kommen werden, sind kürzlich von dem „Engineering Standards Committee“ (Kommission für Maschinennormalien) der Institution of Electrical Engineers unter Mitwirkung des National Physical Laboratory ausgeführt worden und geben wir nachstehend aus einem von E. H. Rayner erstatteten Bericht folgende Einzelheiten wieder. Die erste Versuchsreihe erstreckte sich auf die Untersuchung der gebräuchlichsten Isolationsmaterialien in elektrischer und mechanischer Hinsicht sowie auf die Feststellung des Einflusses längerer Erwärmungen. Zu diesem Zweck wurden etwa dreissig Proben von Isolationsmaterialien, unter anderen z.B. Presspan, Mikanit, Fibre, Isolierleinwand, Isolierband, wasserfester Karton, Manilapapier und verschiedene andere Papierproben zunächst in dem Zustand geprüft, wie sie von den Fabrikanten erhalten wurden; die Versuche wurden dann nach erfolgter Dauererwärmung wiederholt. Für die Erwärmung standen drei Oefen für Temperaturen von 75–100° C, 100–125 und 125–150° C zur Verfügung. Die Materialien wurden diesen Temperaturen während längerer Zeit und zwar bis zu drei Monaten lang ausgesetzt und dann wiederum hinsichtlich ihrer elektrischen und mechanischen Festigkeit geprüft. Bei der Prüfung der mechanischen Festigkeit fand man, dass die Feststellung der Zugfestigkeit unzuverlässige Ergebnisse lieferte; man beschränkte sich infolgedessen darauf, die Abscherfestigkeit und die Biegungsfestigkeit zu ermitteln. Zu diesem Zweck wurde diejenige Kraft ermittelt, welche erforderlich war, um ein Loch von gegebenem Durchmesser in das betreffende Material zu stanzen; die Biegeprobe bestand darin, dass man die Materialien um einen Salz von Rundstäben von 1,5 mm bis 300 mm Durchmesser herumbog. Man fing mit dem grössten Durchmesser an und fuhr fort mit immer dünneren Stäben, bis das Material gebrochen oder rissig geworden war. Hielt das Material alle diese Biegeproben aus, so wurde es zum Schluss noch solange um den Stab von 1,5 mm Durchmesser hin- und hergebogen, bis es brach oder bis sich seine mechanische Festigkeit äusserlich merkbar beträchtlich verringert hatte. Die Prüfung des elektrischen Widerstandes erfolgte in der Weise, dass die Materialien zwischen zwei kreisförmige Metallelektroden von 25 mm Durchmesser gelegt wurden, welche mit etwa 2,5 kg Druck zusammengehalten waren. Bei schmalem Isolierband wurden halbkuglige Elektroden von etwa 5 mm Durchmesser verwendet. Zur Prüfung diente Wechselstrom von fünfzig Perioden. Zwischen diesen Elektroden wurde die Spannung innerhalb ¼ Minute so weit gesteigert, bis ein Durchschlagen des Isolationsmaterials eintrat. Die erhaltene Durchschlagsspannung wurde dann auf Volt f. d. Millimeter Dicke umgerechnet. Die für die Durchschlagsspannung f. d. Millimeter Dicke erhaltenen Werte lagen für die Materialien ohne vorangegangene Erwärmung zwischen 3300 Volt (Isolierband) und 35000 Volt (Excelsiorpapier No. 1). In den meisten Fällen erhöhte sich die Durchschlagsspannung durch vorangegangene Erwärmung. So hielt das oben erwähnte Excelsiorpapier z.B. nach Dauererwärmung auf 100° C und Wiederabkühlung 53000 Volt f. d. Millimeter Dicke aus. Presspan ergab folgende Werte: Ohne vorherige Erwärmung 2920 Volt f. d. Millimeter, nach voraufgegangener Erwärmung auf 125° C 3700 Volt f. d. Millimeter, nach voraufgegangener Erwärmung auf 150° C 3330 Volt f. d. Millimeter. Andere Materialien wie z.B. Oelleinwand verschlechterte sich in bezug auf die Durchschlagsspannung, wenn es erwärmt wurde. Ferner wurde eine Reihe von Isolationsmaterialien untersucht, welche mit einem dünnen Ueberzug von „Berrite-Lack“ versehen waren, hierbei konnte man den günstigen Einfluss dieser Behandlung einwandsfrei feststellen. Das mit Berrite-Lack überzogene Excelsiorpapier hielt z.B. 65000 Volt f. d. Millimeter aus. Die gleichfalls vorgenommenen Messungen des Isolationswiderstandes ergaben, dass zwischen diesem und der Durchschlagsspannung keine feste Beziehung besteht. Die Messung erfolgte bei Spannungen von 200 bis 1000 Volt. Die niedrigsten Werte nämlich 40000 Megohm f. d. ccm nach einer Elektrisierung von einer Minute ergab Oelleinwand; den höchsten Wert, nämlich 25 × 106 Megohm f. d. ccm, ergab ein bei 75° C getrocknetes wasserfestes Kartonpapier. Bei der Messung des Isolationswiderstandes hatte naturgemäss der Feuchtigkeitsgehalt einen beträchtlichen Einfluss. Der Isolationswiderstand eines Stückes Presspan von 1,07 Millimeter Dicke, welcher zuerst 0,42 Megohm betragen hatte, erhöhte sich während einer zwölftägigen Behandlung im Exikkator allmählich auf 800000 Megohm. Ein anderes gleiches Stück zeigte nach einer einstündigen Erwärmung einen Widerstand von 4 × 106 Megohm. Diese Zahlen zeigen, dass die Austrocknung durch Erwärmung eine bessere ist als die im Exsikkator. Während sich die elektrischen Eigenschaften der weitaus meisten Materialien durch die Dauererwärmung verbesserten, verschlechterte sich dabei ihre mechanische Festigkeit. Pressspan von 0,56 Millimeter Dicke erforderte nach vorangegangener Erwärmung auf 100° C einen Druck von 47 kg = 7 kg/qmm Scherspannung um ein Loch von 12 Millimeter Umfang zu stanzen. Ebenso konnte das Muster um den ganzen Satz von Stäben gebogen und danach noch sechsmal um einen Stab von 1,5 Millimeter hin- und hergebogen werden ohne zu brechen. Nach längerer Erhitzung auf 125° C erniedrigte sich die Scherkraft auf 35 kg = 5,7 kg/qmm und das Material brach bereits beim Biegen um einen Stab von 25 Millimeter Durchmesser. Nach einer weiteren Erwärmung auf 150° C erniedrigte sich die Scherkraft auf 10 kg = 2,7 kg/qmm, und der Bruch trat bei einem Stab von 65 Millimeter Durchmesser ein. Eine zweite ebenso interessante Reihe von Versuchen sollte die Verteilung der Wärme im Innern elektrisch geheizter Spulen, also z.B. Feldspulen für Dynamos oder Spulen für Transformatoren feststellen. Um die in verschiedenen Lagen der Spulen herrschende Temperatur zu ermitteln, wurden kleine Thermoelemente mit eingewickelt. Untersucht wurden frei und auf Spulenkästen verschiedener Bauart gewickelte Spulen. Die Versuche zeigten, dass die im Innern der Spulen herrschende Temperatur bis zu 25° C höher liegen kann, als sie sich durch Umrechnung aus der Erhöhung des ohmschen Widerstandes ergibt. Der Temperaturunterschied der äussersten und innersten Lagen kann bis zu 80° C betragen. Bestimmt man also die Temperatur einer derartigen Wicklung durch äusseres Anlegen eines Thermometers, wie dies bei Maschinenprüfungen meist geschieht, und lässt dabei Temperaturerhöhungen von 40–50° C zu, so kann im Innern der Spule sehr wohl eine Temperatur von 120–130° C herrschen, die wahrscheinlich auf die Dauer die verwendete Baumwollbespinnung zerstören wird. Rayner stellte zwar fest, dass Baumwollbespinnung Temperaturen von 125° C noch ohne Beschädigung aushalten kann; es beginnt hierbei allerdings bereits eine leichte Schwärzung, welche auf Verkohlung hindeutet. Wenn auch hierdurch die mechanische Festigkeit herabgesetzt wird, so scheint das Isolationsvermögen bei den hier vorkommenden niedrigen Spannungen noch nicht zu leiden. P.