Titel: Ueber Ausgleichmaschinen.
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 366
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Ueber Ausgleichmaschinen. Ueber Ausgleichmaschinen. In No. 1 des Electrical World and Engineer vom 27. Januar 1905 bringen A. E. Kennelly und S. E. Whiting einen Aufsatz über Ausgleichmaschinen. Die darin enthaltenen theoretischen Abhandlungen bilden eine gute Fortsetzung des Heft 5 S. 92 d. J. erschienenen Berichtes von F. Hardie Jeannin über Dreileitersysteme. Ausgleichmaschinen werden bekanntlich beim Drei- oder Mehrleitersystem angewendet, um bei wechselnder Belastung in den einzelnen Teilen des Systems einen beständigen gleichmässigen Ausgleich herbeizuführen. Solche Ausgleichmaschinen sind meist Nebenschlussmaschinen, die auf derselben Achse sitzen oder sonst irgendwie mechanisch starr gekuppelt sind und elektrisch in Serie geschaltet sind. Mit ihren Aussenklemmen sind sie an die Aussenleiter, mit ihrem Verbindungspunkt an den Mittelleiter geschaltet. Wird in einem Teil mehr Energie verbraucht, so werden die an den anderen Teilen befindlichen Maschinen zu Motoren, die die an dem mehr belasteten Teil befindliche Maschine als Dynamo antreiben. Den einfachsten Fall eines Systems mit Ausgleichmaschinen zeigt Fig. 1. Der Generator Q liefert die konstante Spannung E Volt in die Aussenleiter A und C eines Dreileitersystems. Die Ausgleichmaschinen sind als Nebenschlussmaschinen gekennzeichnet, deren Felder in Serie geschaltet an den Aussenleitern liegen. Bei gleichbelastetem Netz laufen beide Maschinen leer als Motore und nehmen eine bestimmte Energie p Watt auf zur Ueberwindung der sogen. Leerlaufsverluste. Beide Maschinen sind als gleich angenommen, sie besitzen also den gleichen Ankerwiderstand r und liefern bei der Rotation die gleiche elektromotorische Kraft e. Bezeichnet man den Leerlaufstrom mit i1, so ist p = 2 ei1 . . . . . . . . . . 1) und E = 2 e + 2 ri1 . . . . . . . 2) Nimmt man beispielsweise E = 200 Volt, r = 0,1 Ohm, i1 = 1 Amp, so wird e=\frac{E}{2}-r\,i^1=99,9 Volt und p = 199,8 Watt. In Fig. 2 ist der Fall einer ungleichmässigen Belastung schematisch dargestellt, und zwar ist BC mit dem Strom J2 mehr belastet. Wie oben dargelegt, wird die Maschine zwischen BC mit der Spannung e2 Dynamo, die Maschine zwischen A B mit der Spannung e1 Motor. Die Ströme in den Maschinen sind entsprechend i1 und i2. Für die weitere Behandlung macht man nun die sehr nahe zutreffende Voraussetzung, dass die Leerlaufsverluste, das ist die zur Deckung von Reibung, Hysteresis und Wirbelströme aufzuwendende Energie, konstant bleiben auch bei belasteter Maschine, und dass ferner der Widerstand der Maschine sich nicht ändert. Aus Gleichung 2 wird demnach: E = 2 e + i1r – i2r . . . . . . . 3) Durch Anwendung des Kirchhoffschen Gesetzes auf den Vereinigungspunkt der Maschinen mit dem Mittelleiter erhält man J2= i1+ i2 . . . . . . . . 4) Die Maschine BC liefert als Dynamo e . i2 Watt. Die Maschine AC verbraucht dieselbe Energie als Motor, man hat also: ei1= ei2+ p . . . . . . . . . . 5) oder mit Berücksichtigung von Gleichung 1) i_1=i_2+\frac{p}{e}=i_2+2\,i^1 . . . . . . 6) Aus Gleichung 6) und 4) ergibt sich i_2=\frac{J_2}{2}-i^1 . . . . . . . . . . 7) i_1=\frac{J_2}{2}+i^1 . . . . . . . . . . 8) und aus Gleichung 3), 7) und 8) E = 2 e + 2 ri1 . . . . . . . 9) Da Gleichung 2) und 9) völlig übereinstimmen, so ersieht man, dass unter den oben angegebenen Voraussetzungen die elektromotorischen Kräfte der Ausgleichmaschinen, also auch die Umdrehungszahlen nicht durch Belastungsschwankungen beeinflusst werden. Aus Gleichung 7) und 8) kann man ferner entnehmen, dass der Strom J2 zur Hälfte bis auf den kleinen Rest i1 von der Maschine AC und zur Hälfte von BC geliefert wird. Bei ungleichmässiger Belastung sind natürlich auch die Spannungen an den Maschinen verschieden, während die elektromotorischen Kräfte, wie vorher gesagt, konstant sind. eAB= e1 + i1r (Motorgleichung) . . . . 10) eBC= e2– i2r (Generatorgleichung) . . 11) Unter Fortführung des obigen Beispiels wird für J2 = 100 Amp. eAB = 99,9 + 51. 0,1 = 105 Volt eBC = 99,9 – 49. 0,1 =   95 Volt –––––––– e A0 =E = 200 Volt. Die bisher abgeleiteten Gleichungen gelten unter den gleichen Voraussetzungen ganz allgemein. Fig. 3 gibt ein allgemeines Schema für ein Netz mit n-Ausgleichmaschinen und n + 1 Leitern. Bezeichnet wieder e die elektromotorische Kraft einer Ausgleichmaschine, r ihren Widerstand, i1 den Leerlaufsstrom, Jn den Mehrbedarfsstrom eines Zweignetzes, nach Fig. 3 den Strom Zwischen den Leitern N und N+ 1, so hat man zunächst bei gleichbelastetem System: E = ne + i1nr . . . . . . . . 12) und daraus e=\frac{E}{n}-i^1\,r . . . . . . . . . 13) bei ungleichmässiger Belastung mit dem Strom Jn E = ne + i1 (n – 1) r – inr . . . 14) Jn= i1+ in . . . . . . . . . . . . . .  15) Ei1= (n – 1) . ei1 – ein . . . . . 16) Zur Bestimmung der unbekannten Grössen e, i1, in hat man: i_1=\frac{J_n}{n}+i^1 . . . . . . . . . . 17) i_n=J_n\cdot \left(1-\frac{1}{n}\right)-i^1 . . . . . . . . . . 18) e=\frac{E}{n}-i^1\,r . . . . . . . . . . 19) Textabbildung Bd. 320, S. 367 Aus diesen Gleichungen ergibt sich unter den gleichen Voraussetzungen wie oben (konstante Leerlaufsverluste und konstanter innerer Widerstand) folgendes: Die Hauptmaschine Q und die Aussenleiter führen bei der ungleichmässigen Belastung mit dem Strom Jn in einem Zweige bei der vollen Spannung E nur den \frac{J_n}{n}, also den nten Teil dieses Mehrbedarfsstromes; die betreffende Ausgleichmaschine in diesem Teil der Anlage samt ihren Leitungen führen bei der Spannung \frac{E}{n} den vollen Strom Jn. Ganz gleiche Verhältnisse hat man in Wechselstromkreisen bei Verwendung eines Autotransformators. Nach Fig. 4 liefert die Wechselstrommaschine G den beiden Leitern A und C eine konstante Spannung E1 und führt mit diesen Leitern neben dem Erregerstrom i1 zur Bestreitung der Magnetisierungsarbeit den Betriebsstrom \frac{J}{n} Amp., bei der vollen Spannung E. Die Leiter für den Niederspannungskreis mit dem sekundären Teil des Transit formators führen bei der Teilspannung von ungefähr \frac{E}{n} Volt den vollen sekundären Strom J. Bisher waren die einzelnen Ausgleichmaschinen unter sich völlig gleich. Praktisch kommen auch Fälle vor, wo dies nicht zutrifft. Ein solches System ist in Fig. 5 dargestellt. Darin bezeichnet E die Gesamtspannung zwischen den Aussenleitern, e1, e2 und e3 die unter sich in einem bestimmten Verhältnis stehenden elektromotorischen Kräfte der unter sich mechanisch starr verbundenen Ausgleichmaschinen, i1 den Leerlaufstrom, p die Leerlaufarbeit, so dass also wieder p = E . i1 ist, n und m die Verhältniszahlen der elektromotorischen Kräfte der Maschinen, so dass also e2 = n . e1 und e3 = m . e1 ist, r1, r2 und r3 die Ankerwiderstände, R1 den Gesamtwiderstand, also R = r1 + r2 + r3; J1, J2, J3 die einzelnen Netzströme; endlich ist a=\frac{1}{1+n+m}, b=\frac{n}{1+n+m}, c=\frac{m}{1+n+m} und a + b + c = 1. Durch die gleichen Ueberlegungen wie früher findet man: i1 = i1 + (a – 1) J1 + bJ2 + cJ3i2 = i1 + aJ1 + (b – 1) J2 + cJ3i3 = i1 + aJ1 + bJ2 + (c – 1) J3 . . . . . . . 20) ferner e_1=\frac{E-R\cdot (i^1+a\,J_1+b\,J_2+c\,J_3)+J_1\,r_1+J_2\,r_2+J_3\,r_3}{1+n+m} 21) ebenso e2 und e3 endlich cAB = e1+ i1r1eBC = e2+ i2r2eCD = e3+ i3r3 . . . . . . . . . . . . . . 22) In all diesen Gleichungen sind Motorströme positiv, Generatorströme negativ zu setzen. Wenn \frac{e_1}{r_1}=\frac{e_2}{r_2}=\frac{e_3}{r_3} . . . . . . . 23) dann ändern die nach Gleichung 21) bestimmten Werte von e1, e2 und e3 ihren Betrag bei keiner Belastung und ein solches System heisst symmetrisch. Ist die Bedingung 23) nicht erfüllt dann ist das System ein unsymmetrisches. In einem solchen ändern sich mit der Belastung auch die elektromotorischen Kräfte der Maschinen und die Umdrehungszahlen. Für den in Fig. 5 dargestellten Fall sei beispielsweise die Gesamtspannung AD = 600 Volt, AB = 100 Volt, BC = 300 Volt und CD = 200 Volt. Ein solches System ist dann sehr wertvoll, wenn Nebenschlussmotore bei verschiedenen Tourenzahlen laufen sollen, da in ihm in Stufen von 100 Volt alle Spannungen von – 600 bis +690 Volt zur Verfügung stehen. Ferner ist angenommen i1 = 3 Amp., r1 = 0,1 Ohm, r2 = 1 Ohm, r3 = 0,4 Ohm, R = 1,5 Ohm, J1 = 0 Amp., J2 = 60 Amp., J3 = 90 Amp. Das System ist unsymmetrisch, da \frac{e_1}{r_1}=1000, \frac{e_2}{r_2}=300,, \frac{e_3}{r_3}=500. Es berechnet sich n = 3, m = 2, a=\frac{1}{6}, b=\frac{1}{2}, c=\frac{1}{3} ferner aus Gleichung 20) i_1=3+0+\frac{1}{2}\cdot 60+\frac{1}{3}\cdot 90=+63 Amp. i_2=3+0-\frac{1}{2}\cdot 60+\frac{1}{3}\cdot 90=+\ \ 3   „ i_3=3+0+\frac{1}{2}\cdot 60-\frac{2}{3}\cdot 90=-27   „ Die Maschinen e1 und e2 sind, wie man sieht, Motore, während e3 Generator ist. e_1=\frac{600-1,5\cdot (3+0+30+30)+0+60+36}{6}=100,25 Volt. e2 = 3 . 100,25 = 300,75 Volt. e3 = 2 . 100,25 = 200,50 Volt. Bei unbelastetem System J1 = J2 = J3 = 0 ist e_1=\frac{600-1,5\cdot 3}{6}=99,25 Volt. Aus dem Vergleich der beiden Werte für e1 ersieht man, dass bei diesem unsymmetrischen System bei der angenommenen Belastung die Umdrehungszahl um 1 v. H. zunimmt. Aus Gleichung 22) ergibt sich: eAB = 100,25 + 0,1 . 63 = 106,55 Volt. eBC = 300,75 + 1 . 3 = 303,75   „ eCD = 200,50 – 0,4 . 27 = 189,70   „ ––––––––––– e AD = E = 600,00 Volt. Die Gleichungen 20), 21) und 22) gelten ganz allgemein und können auf jedes Ausgleichsystem mit gekuppelten Nebenschlussmaschinen, konstanter Aussenspannung, konstanter Leerlaufsarbeit und konstantem Ankerwiderstand angewandt werden. Die Gleichungen 20) und 21) lauten in ihrer allgemeinsten Form: im= i1 + a . J1 + bJ2 +......+ (m – 1 > Jm +.....+ n . Jn e_1=\frac{E-R\cdot (i^1+\Sigma\,n\cdot J_n)+\Sigma\,J_n\cdot r_n}{1+\Sigma\,n}.