Titel: Ueber neuere Riemengetriebe.
Autor: Rudolf Hundhausen
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 393
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Ueber neuere Riemengetriebe. Von Rudolf Hundhausen, Berlin-Halensee. (Fortsetzung von S. 360 d. Bd.) Ueber neuere Riemengetriebe. Der Verfasser hatte nun vor einigen Jahren als technischer Leiter der Maschinenfabrik Gustav Fischer & Co., Berlin, Veranlassung, die ihm früher als Oberingenieur der Firma Siemens & Halske näher bekannt gewordenen Einrichtungen, welche im vorstehenden ausführlich beschrieben wurden, zu übertragen auf den elektrischen Antrieb der Zeilengiessmaschine „Monoline“. Fig. 22 gibt eine Abbildung der damaligen SetzerschuleBemerkenswert ist auch die in Fig. 22 links stehende Maschine, eine von der Firma Fischer & Krecke (Bielefeld und Berlin SW 48) gebaute selbstfärbende Abziehpresse, welche in der Setzerschule wie auch in Zeitungsdruckereien dazu dient, schnell und bequem von einer gesetzten Spalte Korrekturabzüge anzufertigen: Durch Drehung der Kurbel wird der Wagen mit der Papierrolle, den Farbwalzen und dem Druckzylinder derart über den Satz hinweggeführt, dass dieser beim Hingange eingefärbt wird und dass beim Hergänge dann das von der Rolle abgewickelte Papier bedruckt und am Schlusse des Weges abgeschnitten wird. mit einer Anzahl Maschinen älterer Bauart. Die beiden zuvorderst stehenden Maschinen zeigen die für uns hier bemerkenswerten Eigentümlichkeiten des elektrischen Antriebes in zweierlei Anordnungen: bei der ersten Maschine (links) steht der Motor auf einem rechtwinkligen Konsol, welches mit seiner senkrechten Fläche seitwärts am Tischgestell der Maschine in einer prismatischen Führung verschiebbar gelagert ist, um, der jeweiligen Länge des Riemens entsprechend, mittels einer Knebelschraube von unten her auf Höhe eingestellt und dann durch zwei Klemmschrauben festgespannt werden zu können; bei der zweiten Maschine (rechts) ist das verschiebliche Konsol durch einen festen Bock ersetzt, an welchem nun aber eine Spannrolle auf einem exzentrisch verstellbaren Zapfen gelagert angebracht ist, um so die Länge des Riemens zwischen der kleinen Motorscheibe und der grossen Antriebsscheibe des Vorgeleges ausgleichen zu können. Ursprünglich war der Motor, wie bei der zweiten Maschine hier, unveränderlich fest aufgestellt, und sein Abstand gegenüber der anzutreibenden Achse bezw. Riemscheibe des unteren Vorgeleges konnte nicht der Länge des Riemens angepasst werden, welches Verhältnis auch zutraf für den andern Riemen, welcher vom Vorgelege zur Maschine führt; es mussten also umgekehrt die Riemen sich nach den gegebenen Achsenentfernungen richten. In Fällen, wo letztere verhältnismässig gross sind, wie es bei Triebwerken in Gebäuden wohl meist zutrifft oder sich erreichen lässt, und wo der Riemen mehr oder weniger horizontal verläuft, wirkt sein natürlicher Durchhang bis zu einem gewissen Grade ausgleichend und nachspannend. Sind aber die Achsen in geringem Abstande und übereinander angeordnet wie im vorliegenden Falle, so müssen besondere Hilfsmittel angewandt werden, um die naturgemäss eintretende Dehnung des Riemens auszugleichen. Die einfachste und roheste, allerdings wohl meist gebräuchliche Art, dem Gleiten des Riemens für längere Zeit vorzubeugen, besteht darin, dass man ihn von vornherein übermässig reckt und ihn anfänglich mit bedeutend grösserer Anspannung arbeiten lässt, als erforderlich wäre. Dies bringt aber verschiedene sehr erhebliche Nachteile mit sich, welche bisher leider allgemein zu wenig berücksichtigt wurden und im vorliegenden besonderen Falle früher bereits Veranlassung geboten hatten, die oben beschriebenen Spannvorrichtungen einzuführen. Textabbildung Bd. 320, S. 393 Fig. 22. („Setzerschule“). Elektrisch angetriebene Matrizen-Zeilensetz- und -Giessmaschinen „Monoline“ mit amerikanischen Gleichstrommotoren auf verschieblichem Konsol und mit exzentrisch verstellbaren Spannrollen. Diese beiden Einrichtungen an den älteren Maschinen nach Fig. 22 erwiesen sich nun zwar bei sachverständiger Benutzung wohl als zweckentsprechend; sie verfehlten aber ihre Bestimmung unter Umständen gänzlich in der Hand eines unkundigen, gleichgültigen oder gar böswilligen Arbeiters. Häufig zeigte sich nämlich, dass in ganz unverständiger Weise Gewalt angewandt wurde, um den Riemen viel stärker, als nötig, anzuspannen, was meist in der Absicht geschah, für eine gewisse Zeit der Notwendigkeit eines erneuten Anspannens überhoben zu sein. Die Folge davon war dann, dass alle jene Uebelstände in mehr oder minder unzuträglicher Weise in die Erscheinung traten, die bei Riementriebwerken überhaupt zu beachten sind, in dem eigenartigen Falle bei der „Monoline“ sich aber besonders stark bemerkbar machten; es sind dies namentlich folgende: 1. Der Riemen wird übermässig stark beansprucht und infolgedessen vorzeitig verbraucht, indem er ausgezogen, brüchig und rissig wird. 2. Die Achsen und Lager werden unter dem übermässigen Riemenzuge in unnötiger Weise beansprucht und zum Teil in unzulässigem Masse überlastet, so dass sie warm laufen, unter Umständen „sich festfressen“ und jedenfalls stark abgenutzt werden. Es kommt dies sowohl für die sonstigen Triebwerke, als namentlich auch für die bei ihrer hohen Umlaufgeschwindigkeit besonders empfindlichen Elektromotoren in Betracht. 3. Infolge der vorerwähnten, vielfach ganz sinnlosen und ausserordentlich starken Ueberlastung der Triebwerke, bezw. infolge der dadurch bedingten vergrösserten Reibungswiderstände an den Laufstellen, welche selbst unter Vergeudung von Schmiermaterial sich nicht fortschaffen lassen, wird dauernd der durch die Nutzarbeit verlangte Energieaufwand erheblich überschritten, was auf jeden Fall einen unnützen und kostspieligen Kraftverbrauch bedeutet und bei elektrischem Betriebe unter Umständen eine schädliche Ueberlastung des Motors verursacht. 4. Schliesslich ist noch ein Moment zu erwähnen, welches in vielen Fällen, wie gerade im vorliegenden, von grösster Bedeutung ist. Dasselbe besteht darin, dass der Riemen als solcher in vorzüglicher Weise die wesentliche Eigentümlichkeit jedes Reibungsgetriebes besitzt, bei Ueberschreitung einer gewissen Schlusskraft die zwangläufige Bewegung der durch ihn verbundenen Zylinder eines Mechanismus oder einer Maschine derart zu beeinflussen, dass die „Haftung“ in „Gleitung“ übergeht, dass also keine unbedingte Mitnahme, sondern bei Ueberschreitung einer gewissen Kraft ein Gleiten der Reibflächen aufeinander bezw. ein Gleiten des Riemens auf den Riemscheiben erfolgt. Textabbildung Bd. 320, S. 394 Fig. 23. Setzmaschine „Monoline“ mit Siemens & Halskeschem Kleinmotor „G M 3,5“ (⅙ PS) „auf Wippe“; Anspannung des vom Vorgelege zur Maschine hinauffahrenden Riemens und der Treibschnur vermittels exzentrisch verstellbarer Spannrollen. Als sodann im Jahre 1900 auf Veranlassung des Verfassers an Stelle der bis dahin verwandten amerikanischen Motoren (s. Fig. 22) die neuen, von Oberingenieur Gärtner konstruierten Kleinmotoren der Siemens & Halske A.-G. eingeführt wurden, welche sich inzwischen vorzüglich bewährt haben und auch bei der jetzigen Anordnung (s. Fig. 24) beibehalten wurden, da erfolgte eine erste kleine Verbesserung zunächst durch Anwendung des Elektromotors „auf Wippe“ nach Fig. 23, ähnlich der Anordnung nach Fig. 6, worauf deshalb hier nochmals verwiesen sei: Der Motor ist in einem Scharnier am Gestell beweglich gelagert und durch eine Schraubenfeder unterstützt. Diese Federung bewirkt nun, dass der Riemen bei eintretender Streckung längere Zeit hindurch keiner Nachspannung bezw. Verkürzung bedarf, indem die Feder vermöge ihrer Ausdehnung den Motor in entsprechendem Masse und mit nahezu unveränderter Kraft selbsttätig in die Höhe hebt. Diese Selbsttätigkeit der Nachstellung ist nun von grösster grundsätzlicher Bedeutung, da sie die Betätigung der Spannvorrichtungen von dem Verständnisse und dem guten Willen des die Maschine bedienenden Setzers oder Mechanikers unabhängig macht. Die praktische Ausbildung liess allerdings insofern noch zu wünschen übrig, als die den Motor tragende Schraubenfeder nur sehr kurz ausgeführt war, weshalb man, um grössere Unterschiede auszugleichen, wiederum auf eine willkürliche Nachstellung mittels Schraube von Hand angewiesen war. Um dies zu vermeiden, musste die Feder erheblich länger gemacht werden, so dass sie bei der grössten Auf- und Niederbewegung des Motors ihre Kraft nur in vernachlässigbar kleinem Masse änderte. Dies ist geschehen bei der jetzigen Anordnung des elektrischen Antriebes nach Fig. 24 und 25, schematisch auch in Fig. 26 dargestellt. Textabbildung Bd. 320, S. 394 Fig. 24 und 25. Des Verfassers „Doppeltes Riemenvorgelege mit selbsttätiger Nachstellung“ (D. R. P. No. 138124) zum Antriebe der „Monoline“: Die Feder d1 spannt den Riemen r1 und überträgt das Gewicht des Motors m auf den Vorgelegeträger v zum Spannen des Riemens r2; die Treibschnur zum „Oszillator“ (links) wird durch eine federnd gelagerte Rolle gespannt. Dabei ist aber gleichzeitig eine weitere wesentliche Vervollkommnung erzielt worden: es ist nämlich nicht mehr allein der erste, vom Motor m zum Vorgelege v führende Riemen r1, sondern nun zugleich auch der zweite, vom Vorgelege v zur Antriebsscheibe a der Maschine führende Riemen r2 mit selbsttätiger Nachstellung versehen worden, und zwar in der wohl am deutlichsten aus Fig. 26 zu ersehenden Weise, indem die Druckfeder d1 das Gewicht des Motors m von m1 nach v1 auf den Vorgelegeträger v überträgt, so dass es zum Spannen des Riemens r2 nutzbar gemacht wird, ebenso wie das Gewicht des Vorgelegeträgers v selbst. Letzterer wurde zu diesem Zwecke nämlich auf einem Drehzapfen v0 links am Maschinengestell beweglich („pendelnd“) angebracht in ähnlicher Weise wie der Motor bei m0 (Fig. 26); der zweite Zapfen k in Fig. 25 am rechten Ende des Vorgelegeträgers v dient diesem mit einem länglichen Auge als Führung. Textabbildung Bd. 320, S. 395 Fig. 26. Schema des vom Verfasser angegebenen Vorgeleges (vergl. Fig. 24 und 25). Textabbildung Bd. 320, S. 395 Fig. 27. Schema des Richter-Hoffmannschen Vorgeleges (vergl. die Fig. 13 bis 21). Der Riemen r1 wird nach wie vor durch die Feder d1 selbsttätig gespannt, indem diese Feder den Motor m bei m1 mit einer sein Gewicht übersteigenden Kraft anhebt. Mit derselben Kraft wirkt die Feder aber auch nach unten hin bei v1 auf den Vorgelegeträger v und spannt so, verstärkt durch das Gewicht des letzteren, den Riemen r2. Es ist zu bemerken, dass dieser zweite, vom Vorgelege zur Maschine führende Riemen r2 bei den früheren Anordnungen nach Fig. 22 und 23 mittels exzentrisch verstellbarer Rolle zu spannen war, in derselben Weise, wie der Motorriemen bei der zweiten Maschine in Fig. 22, wobei sich natürlich auch an dieser Stelle die oben aufgezählten Nachteile störend bemerkbar machten.Das Gleiche gilt für die vom Vorgelege v zur Maschine hinaufführende Treibschnur, welche den eigentlichen Setzmechanismus bezw. dessen Antriebsorgan, den sogen. Oszillator, betätigt. Es erschien deshalb selbst nach Einführung des Motors „auf Wippe“ nach Fig. 23 immer noch wünschenswert, auch für den Riemen r2 eine selbsttätig wirkende Nachstellung einzuführen, was in der vorbeschriebenen Weise geschah.Die Nachstellung der Oszillator-Treibschnur erfolgt vermittels einer Spannrolle, die in einem herabhängenden und durch eine Drehfeder gegen die Treibschnur gedrückten Hebel gelagert ist, so dass also auch hier eine selbsttätige Nachstellung erzielt wird (vergl. Fig. 24 und 25). Diese federnde Spannrolle ist, ebenso wie die früher mittels exzentrischen Zapfens verstellbare Spannrolle (vergl. Fig. 22 und 23), in dem geführten Riementrum angeordnet, wie es im Maschinenbau allgemein üblich ist. Aus der vorgängigen Beschreibung der Vorgelegeanordnungen nach den Fig. 13 bis 21 ergibt sich nun wohl ohne weiteres, dass diese neue, vom Verfasser angegebene Anordnung (D. R. P. 138124) eine gewisse Verwandtschaft hat mit jener seit Jahren bereits vielfach und mit bestem Erfolge angewandten Anordnung, die, schematisch vergleichsweise zu Fig. 26, in Fig. 27 dargestellt ist und s. Zt. – wie schon erwähnt – von den Herren Richter und Hoffmann, Oberingenieuren der Firma Siemens & Halske, bezw. jetzt der Siemens-Schuckert-Werke G. m. b. h., angegeben wurde. Abgesehen davon, dass diese Anordnung aber im vorliegenden Falle nicht anwendbar war, zeigt ein Vergleich der beiden Fig. 26 und 27 übrigens einen nicht unwichtigen Vorteil der neuen Anordnung darin bestehend, dass innerhalb einer gegebenen Höhe die Riemenlängen verdoppelt werden können, oder dass bei gegebenen Riemenlängen nur die halbe Höhe der älteren Anordnung erforderlich ist. Ausserdem besass letztere, wie aus Fig. 27 ersichtlich, den Nachteil, dass bei eintretender Streckung beider Riemen r1 und r2 der Motor m etwa um den doppelten Weg oder Winkel sich abwärts senkt, als das Vorgelege v, während bei der neuen Anordnung des Verfassers, wie Fig. 26 erkennen lässt, der Motor m seine Lage nahezu unverändert beibehält, weil durch das Herabsinken des Vorgeleges v nicht nur der Antriebsriemen r2, sondern auch der Motorriemen r1 nach unten hin sich ausdehnen kann. Diese Vorzüge kommen nun auch bei der praktischen Anwendung des Patentes zum Antriebe der Zeilensetz- und -Giessmaschine „Monoline“ zur Geltung, wie aus Fig. 25 ohne weiteres ersichtlich ist: Bei der allmählich stattfindenden Streckung des ursprünglich möglichst kurz aufgelegten Riemens r2 senkt sich der Vorgelegeträger v mit seinem länglichen Auge auf dem Führungsbolzen k (Fig. 25) um einen Spielraum von etwa 40 mm abwärts, wogegen der Motor m, da sich dessen Riemen r1 annähernd gleich jenem r2 verhält, seine ursprüngliche wagerechte Stellung kaum merklich verändert; es ist dies namentlich bei Motoren mit Ringschmierlagern von Wichtigkeit, während es auch bei den hier vorzugsweise verwandten Motoren mit Kugellagern insofern von Bedeutung ist, als ein gefälligeres Aussehen dadurch erzielt wird. Die Maschine in der neuen Anordnung nach Fig. 24 wurde auf der Düsseldorfer AusstellungDas gesamte Ausstellerverzeichnis des offiziellen Katalogs wurde auf der „Monoline“ gesetzt, eine wegen der geringen Spaltenbreite für Zeilensetz- und -Giessmaschinen ungemein schwierige Arbeit, welche aber durch die Ersparnis an Letternmaterial und die bequemere Handhabung der gegossenen Zeilen grosse Vorteile bot. in Tätigkeit vorgeführt. Ingenieur Seyfferth hob in seinem Berichte über die Starkstromtechnik, insbesondere die elektrischen Einzelantriebe, auf der Düsseldorfer Ausstellung (Elektrotechn. Zeitschr. 1903, Heft 12) die vorliegende Neuerung als sehr bemerkenswert hervor. Inzwischen sind eine beträchtliche Anzahl Maschinen mit dieser neuen, selbsttätig nachstellbaren Antriebsanordnung in Betrieb gekommen, wobei sich diese überall vorzüglich bewährt hat. Der grösste Vorteil, welcher durch die vorliegende Neuerung für den Setzmaschinenbetrieb erzielt wird, dürfte in dem oben unter Punkt 4 angeführten Moment zu erblicken sein, dass nämlich die Antriebskraft niemals über dasjenige Mass hinaus anwachsen kann, welches bei ordnungsmässiger Beanspruchung der verschiedenen Arbeitsgetriebe erforderlich und gerade ausreichend ist; wenn also diese Kraft bei etwa eintretenden Störungen überschritten wird, so tritt ohne weiteres Gleiten der Antriebsriemen und somit Stillstand der Maschinen ein, welcher den sie bedienenden Setzer veranlasst, das störende Hindernis zu beseitigen, ohne dass Brüche oder andere erheblichere Nachteile entstehen können. Durch die einmal sorgfältig ausgeprobten, dann aber unabänderlich festgelegten Hebels-, Gewichts- und Federnverhältnisse dieses neuen „Vorgeleges mit selbsttätiger Nachstellung“ wird nun ein- für allemal und ohne jedes Zutun des Setzers stets die richtige – nicht zu grosse, aber auch nicht zu geringe – Anspannung der Riemen erzielt und dauernd richtig erhalten. (Fortsetzung folgt.)