Titel: Kommutator-Motore für einphasigen Wechselstrom.
Autor: Albert Hoerburger
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, S. 738
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Kommutator-Motore für einphasigen Wechselstrom. Von Dr. Albert Hoerburger, Berlin. Kommutator-Motore für einphasigen Wechselstrom. Seit einiger Zeit ist die Aufmerksamkeit nicht nur der Fachleute, sondern, durch die Berichte der Tageszeitungen über die Erfolge einzelner Wechselstrombahnen, auch der Laien auf die einphasigen Wechselstrom-Kommutatormotore gelenkt worden und man erhofft von diesen Motoren eine weitere Ausdehnung der Elektrotechnik auf ein Gebiet, das sich bisher ihr nur zu einem Versuch erschlossen, nämlich auf die Vollbahnen. Die einphasigen Wechselstrom-Kommutatormotore sind nicht etwa eine neue Erfindung der letzten Jahre, sondern nahezu so alt wie die Elektromotore überhaupt. Aber wie so oft in der Welt, hat man auch hier Bestrebungen wieder fallen lassen, nur weil nicht gleich die allerersten Bemühungen mit Erfolg gekrönt waren und weil kein dringendes Bedürfnis dafür vorlag, sondern anderweitiger Ersatz vorhanden war. Bei dem ersten Auftreten der elektrischen Motore hatte man, da beinahe ausschliesslich Gleichstrom in Anwendung kam, in dem Nebenschluss- und Hauptstrommotor für alle praktisch vorkommenden Bedürfnisse ausgezeichnete Maschinen. Diese beiden Arten wurden daher sorgsam ausgebaut und verbessert und allmählich zu einer staunenswerten Höhe in bezug auf Wirkungsgrad und Anpassungsfähigkeit gebracht. Als dann später der Drehstrom zur Verwendung kam und die Drehstrommotore zunächst in der bestechend einfachen Form mit Kurzschlussankern ihren Siegeszug durch das ganze Gebiet der Technik antraten, da vergass man in der Freude, nun auch einen Motor für hohe Spannung zu besitzen, und vor allem die Sorgen, die auch die vollkommenste Gleichstrommaschine mit den besten Einrichtungen durch das feuern am Kommutator bereitet, mit einem Schlage los zu sein, ganz, dass man die Einfachheit der doppelten Stromzuleitung hatte aufgeben müssen. Auch die einphasigen Induktionsmotore fanden hier und da Anwendung, indem man durch Hilfsphase und Leerlaufscheibe über die Schwierigkeit des Anlassens hinwegzukommen trachtete. Welche Erfolge durch Ausdauer und rastlose Bemühungen auch unter den schwierigsten Verhältnissen erzielt werden können, das beweisen die glänzend gelungenen Versuche mit der elektrischen Schnellbahn, wo die Schwierigkeiten der Zuleitung des hochgespannten Drehstroms, der Beschleunigung in der Anlaufperiode und der Tourenregulierung überwunden wurden. Aber trotzdem hat der Drehstrom keine Aussicht bei einer wirklichen Praktischen Ausführung einer elektrischen Vollbahn verwendet zu werden; hier kann nur ein System in Frage kommen, und das ist der einphasige Wechselstrom. Seine Vorteile bestehen gegenüber Gleichstrom in der leichteren Streckenausrüstung wegen der Möglichkeit der höheren Spannung am Fahrdraht und dem Fortfall der vielen Unterstationen, gegenüber Drehstrom in der einfacheren Stromzuleitung und der Unabhängigkeit der Motore von einer Tourenzahl. Der Induktionsmotor allerdings kann nicht benutzt werden, denn auch mit den besten Hilfsmitteln lässt sich das Anlaufdrehmoment nicht über das Normale steigern, der Anlaufstrom und die Rückwirkung aufs Netz verkleinern oder eine rationelle Tourenregulierung ermöglichen. Hier tritt nun der einphasige Kollektormotor ein, der in den letzten Jahren durch unablässige Bemühungen weiter ausgebildet wurde und nun schon seine ersten Proben auch bei schwierigem Bahndienst glänzend bestanden hat. Heute baut nahezu jede grössere Elektrizitätsfirma ihren Wechselstrom-Kommutatormotor und alle erreichen ein gutes Anlaufmoment, einen guten Leistungsfaktor und Wirkungsgrad und fast funkenfreien Lauf. Er scheint nicht nur berufen zu sein, der Bahnmotor der Zukunft zu sein, da er im Notfalle sogar auf bestehende Gleichstrombahnen übergehen kann, sondern wird auch noch manches Gebiet erobern, das bisher der Anwendung der Elektrizität verschlossen blieb. Im Nachstehenden soll nun nicht nur kurz über die einzelnen möglichen Arten von einphasigen Wechselstrom-Kommutatormotoren berichtet werden, sondern auch nach Möglichkeit über die ausgeführten Konstruktionen, so weit sie aus Patentschriften und anderen Berichten zur Verfügung standen. Es soll dies eine zusammenfassende Darstellung der Ansichten sein, die man zur Zeit über diese Motore hat und die von mehr oder weniger berufener in Büchern und den verschiedensten Zeitschriften des In- und Auslandes niedergelegt wurden. Dabei geht natürlich eine eingehende theoretische Behandlung der Motore über den Rahmen eines solchen Berichts weit hinaus und ist auch wohl mehr Sache der speziellen Fachzeitschriften. Zur Zeit ist die Ansicht über den wirklichen Wert der einzelnen Motore noch nicht geklärt, sondern alles ist noch im Versuchsstadium, und es ist zu erwarten, dass erst in einiger Zeit sich die eine oder andere Konstruktion siegreich im Felde behauptet, während die übrigen wieder verschwinden. Die ersten Wechselstrom-Kommutatormotore entstanden aus der Tatsache, dass man an einem Gleichstrommotor die Polarität vertauschen kann, ohne dass sich die Drehrichtung ändert, und dem daraus gefolgerten Schluss, dass man also auch einen Gleichstrommotor mit Wechselstrom müsse betreiben können. Natürlich kannte man schon aus dem Transformatorenbau, dass es dazu nötig sei, das Eisen des Feldes fein zu unterteilen, da sonst unzulässige Verluste und Erwärmungen durch Hysterese und Wirbelströme auftreten. Jedoch die ersten Versuche waren nicht sehr ermunternd. Die Motore gaben trotz grosser Stromaufnahme nur eine kleine Leistung und die Kollektoren waren durch das Feuer bald zerstört. Zwar war auch bei den Gleichstrommotoren der Kollektor immer der schwächste Punkt, und selbst heute, nachdem eine Erfahrung von etwa dreissig Jahren den Konstrukteuren zur steht, wird der Kollektor als notwendiges Uebel betrachtet, jedoch bei den Wechselstrommotoren verzagte mancher an einer Möglichkeit der Besserung. Daneben hatten die Motore noch einen schlechten Wirkungsgrad und einen sehr kleinen Leistungsfaktor. Ganz ruhten die Versuche mit solchen Motoren wohl niemals und einzelne Firmen, wie insbesondere Ganz & Co. in Budapest unter Ingenieuren wie Blathy und Déri, Oerlikon unter Prof. Arnold, und einzelne amerikanische Firmen unter Steinmetz und Eickemeyer befassten sich mehr oder weniger immer mit dem Problem des Wechselstrom-Kommutatormotors. Die heutigen intensiven Bestrebungen mit dem Kommutatormotor für einphasigen Wechselstrom sind zeitlich eingelenkt von dem Amerikaner B. G. Lamme, der im Oktober 1902 vor der „American Institution of Electrical Engineers“ einen Vortrag über den Bau und Betrieb der Washington–Baltimore–Annapolis-Bahn, mit einer Länge von etwa 73 km mit einphasigem Wechselstrom, hielt und damit das grösste Aufsehen erregte. Textabbildung Bd. 320, S. 738 Fig. 1. Nebenschlussmotor. 1. Der Nebenschlussmotor. Beim Nebenschlussmotor, dessen allgemeines Schema in Fig. 1 gegeben ist, werden Anker A und Feld F von verschiedenen Strömen durchflössen. Die Feldwindungen besitzen bei Wechselstrom, abgesehen von den kleinen ohmschen Verlusten, hauptsächlich induktiven Widerstand und verbrauchen daher nahezu nur wattlosen Strom, der um 90° gegenüber der Spannung verschoben ist. Im Anker überwiegt für den Augenblick des Anlaufens ebenfalls der induktive Widerstand der Ankerwindungen, es ist daher auch im Anker nahezu nur wattloser Strom vorhanden. Beide Ströme sind demnach unter sich in Phase; der Motor läuft wie bei Betrieb mit Gleichstrom mit kräftigem Drehmoment an. Allein während des Betriebes ändern sich die Verhältnisse. Im Feld ist nach wie vor wattloser Strom vorhanden, doch im Anker vermindert sich mit zunehmender Geschwindigkeit und zunehmender Belastung die Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung mehr und mehr, da der Anker zunehmend auch Wattstrom aufnehmen muss, um überhaupt Arbeit leisten zu können. Da nun der Maximalwert des Stromes im Anker immer dann eintritt, wenn das Feld, das ja mit dem Strom in den Feldwindungen in Phase ist, erst einen kleinen Wert hat, so wird der Motor für die entsprechende Leistung einen unverhältnismässig grossen Strom aufnehmen müssen und infolge der dadurch entstehenden grossen. ohmschen Verluste einen kleinen Wirkungsgrad besitzen. Auch die Phasenverschiebung wird immer eine beträchtliche bleiben und so auch der Leistungsfaktor klein sein. Da das anfängliche Drehmoment beim Lauf des Motors immer kleiner wird, so wird der Nebenschlussmotor, da es kein Mittel gibt, diesen Schwierigkeiten zu entgehen, für die Praxis unbrauchbar bleiben. 2. Der reine Serienmotor. Beim reinen Serienmotor liegen die Verhältnisse demgegenüber bedeutend günstiger, da bei ihm Feld und Anker in demselben Stromkreis liegen und daher notwendigerweise immer in Phase sein müssen. Fig. 2 zeigt schematisch den Stromverlauf. Bei ihm wird man unter allen Umständen ein günstiges Drehmoment haben, da der Strom im Anker mit dem Feld, das mit dem Feldstrom in Phase ist, zu gleichen Zeiten seinen Maximalwert erreicht. Dagegen wird der Leistungsfaktor gering sein und einen gewissen ziemlich niedrigen Wert niemals übersteigen können. Die Selbstinduktion der Feldwindungen und der Ankerspulen bewirkt unter allen Umständen eine Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung, die durch kein Mittel völlig zu beseitigen ist. Die Spannungen im Serienmotor verteilen sich kurz folgendermassen: Textabbildung Bd. 320, S. 738 Fig. 2. Reiner Serienmotor. Das Feld besitze p Windungen f. d. Pol, der Motor besitze ausgeprägte Pole und sei der Einfachheit wegen zweipolig angenommen, habe also 2 p Feldwindungen. Der benutzte Wechselstrom habe v Perioden in der Sekunde und die im Feld erzeugte Induktion sei BF. Dann herrscht an den Enden der Feldwicklung eine elektromotorische Kraft eF i= C1 . v. 2 p. Bf. Die im Feld erzeugten Kraftlinien durchsetzen den Luftspalt und werden bei der Rotation des Ankers von den auf dem Umfang desselben verteilten wirksamen Ankerdrähten geschnitten. Dadurch entsteht im Anker eine elektromotorische Kraft eAg, die abhängig ist von der Feldinduktion Bf, von der Zahl der wirksamen Leiter z und von der Geschwindigkeit, also etwa der minutlichen Umdrehungszahl n, eAg = C2 . n . z . Bf. Textabbildung Bd. 320, S. 738 Fig. 3. Vereinfachtes Diagramm des reinen Serienmotors. Diese im Anker durch Rotation erzeugte elektromotorische Kraft ist die elektromotorische Gegenkraft des Ankers und steht als motorisch wirkende und daher in Phase mit dem Strom befindliche Spannung senkrecht auf der rein induktiven Spannung im Feld (Fig. 3). Der im Anker fliessende Wechselstrom erzeugt nun ebenfalls ein Feld, welches natürlich auch ein Wechselfeld ist, und als solches in den Ankerdrähten unabhängig von der Rotation eine Wechselspannung erzeugt. Dieses Querfeld besitze eine Induktion BA und die von ihm erzeugte Spannung ist natürlich abhängig von der Periodenzahl, der Zahl der Ankerdrähte und der Stärke des Feldes also: eAi = C3 . v . z . BA. C3 ist in diesem Falle natürlich gleich C2, doch ist hierauf wie auch später keine Rücksicht genommen. Diese induzierte Spannung ist im Gegensatz zu der vorigen wieder rein induktiv; sie steht senkrecht auf der Ankerspannung und ist in Phase mit der Feldspannung. Rein induktiv sind endlich auch noch die durch die Streufelder erzeugten Spannungen von der gesamten Grösse es. Dieselben sind abhängig von der Gestaltung der Pole, von der Grösse des Luftspaltes und von der Zahl und Form der Zähne. Dagegen sind die durch die ohmschen Verluste im Feld und im Anker entstehenden Spannungen reine Arbeitsspannungen und darum in Phase mit der Ankerspannung. Da Anker und Feld von dem gleichen Strom durchflössen sind, so ist der ohmsche Spannungsabfall, wenn wA der Ankerwiderstand, wF der Feldwiderstand ist, ew = J . (wA + wF). Wie man ohne weiteres aus Fig. 3 ersehen kann, ist die Motorspannung als geometrische Summe dieser einzelnen Teilspannungen gegeben durch E=\sqrt{{E_A}^2+{E_J}^2}, wenn EA die Summe der Arbeitsspannungen, EJ die Summe der induktiven Spannungen bezeichnet. Der Leistungsfaktor ist gegeben durch: cos\,\varphi=\frac{E_A}{E}. Hieraus lassen sich die Möglichkeiten entnehmen, die zur Verbesserung des Leistungsfaktors gegeben sind, ferner sieht man auch, dass man einen gewissen Wert desselben nicht wird überschreiten können. Zunächst wird man die Selbstinduktion des Feldes möglichst verkleinern, d.h. dem Felde möglichst wenig Windungen geben, und den Motor mit schwachem Felde arbeiten lassen, um die induktive Spannung eF im Felde zu verkleinern. Auf diese schädliche Wirkung des Feldes haben Steinmetz und Kapp schon in den achtziger Jahren hingewiesen. Da aber der Motor natürlich ein magnetisches Feld besitzen muss, um überhaupt arbeiten und ein Drehmoment entwickeln zu können, ist man mit der Verkleinerung der Windungszahl p an eine gewisse Grenze gebunden. Ist nämlich das Feld zu schwach, so kann unter Umständen das Querfeld des Ankers überwiegen und störend einwirken. Die geringe Feldwindungszahl sucht man durch grösseren Eisenquerschnitt und einen kleineren Luftspalt auszugleichen. Freilich sind hier durch die technische Ausführbarkeit Grenzen gezogen, immerhin ist man schon bis auf 1 mm einseitigen Luftspalt sogar bei Bahnmotoren heruntergegangen. Den induktiven Spannungsabfall im Anker eAi durch Verringerung der Ankerspulen zu verkleinern, ist nicht ohne weiteres möglich, da man damit auch die gegenelektromotorische Kraft des Ankers eAg verkleinern würde und damit dem Anker die Möglichkeit nähme, nützliche Arbeit zu leisten. Nun will man doch gerade vom Anker nützliche Arbeit, also ein grosses eAg; es ist damit ein Widerspruch geschaffen, und wie so oft in der Technik muss der Konstrukteur auch hier einen Kompromiss zwischen den nützlichen und schädlichen Wirkungen schliessen. Das beim reinen Serienmotor nicht zu umgehende Querfeld sucht man daher durch mechanische Mittel an seiner Ausbildung möglichst zu hindern, indem man z.B. die Pole gegen den Anker hin abschrägt oder schlitzt, oder Quernuten in dem Eisen anbringt (vergl. unten). Die Zahl der Streulinien und damit die induktive Spannung es ist wie bei allen Maschinen möglichst klein zu halten. Man sucht dies durch die besondere Form der Pole und der Zähne in den Ankerblechen auch durch kleinen Luftspalt zu erziehen. Da auch der ohmsche Widerstand Einfluss auf den Leistungsfaktor hat, sucht man hier durch Vergrösserung des Ankerwiderstandes einzuwirken, doch darf man nicht zu weit gehen, da anderseits die ohmschen Verluste im Anker den Wirkungsgrad ungünstig beeinflussen. Ein letztes Mittel, den Leistungsfaktor zu erhöhen, ist dadurch gegeben, dass, wie man aus den oben gegebenen Formeln für eFi und eAi ersieht, diese Grössen unmittelbar von der Periodenzahl v des Wechselstromes abhängig sind, dass also ein Verkleinern der Periodenzahl ein Verkleinern der induktiven Spannungen und damit einen besseren Leistungsfaktor zur Folge hat. Am besten wird natürlich ein Motor mit der Periodenzahl o, d.h. mit Gleichstrom arbeiten. In der Tat sind die von Lamme vorgeschlagenen und bei Serienmotoren allgemein benutzten Periodenzahlen ungewöhnlich niedrig; sie betragen nur etwa 15–17 in der Sekunde und übersteigen keinesfalls 25 Perioden. Auch der Wirkungsgrad des reinen Serienmotors ist nicht allzu günstig, einmal da man, wie oben erwähnt, den Widerstand im Motor absichtlich nicht allzuklein wählt und damit die ohmschen Verluste vergrössert, ferner da auch die Eisenverluste gegenüber Gleichstrom grösser sind. Ein weiterer bedeutender Verlust ist durch die Kurzschlusströme gegeben, die in den durch die Bürsten kurzgeschlossenen Windungen entstehen. Diese sind bedeutend grösser als bei Gleichstrommaschinen. In den kurzgeschlossenen Spulen (vergl. Fig. 4) wird nämlich durch das Wechselfeld ein Strom erzeugt, wie in der kurzgeschlossenen Sekundärspule eines Transformators. Diese Ströme, die nicht bloss am Kommutator ein unzulässiges Feuern erzeugen, sondern auch bedeutende Verluste durch Erwärmung im Anker herbeiführen, sind natürlich um so grösser, je grösser die induzierte Spannung in den Spulen ist, d.h. je mehr Spulen in Serie geschaltet an die kurzgeschlossenen Kollektorlammellen angeschlossen sind. Man wird daher an jede Lammelle nur eine Windung anschliessen, und da die Zahl der Kollektorlammellen wegen der Grösse des Kollektors beschränkt ist, ist auch die Zahl der Ankerwindungen beschränkt. Das hat nun weiter zur Folge, dass ein Wechselstromserienmotor nur für eine beschränkte Spannung gebaut werden kann, im allgemeinen noch niedriger als die Gleichstrommotors Die Wechselstromserienmotore werden in der Tat nur für etwa 100 bis höchstens 200 Volt am Kollektor bei besonders grossen Motoren gebaut, und müssen daher meistens in Verbindung mit einem Transformator gebraucht werden, um die hohe Spannung der Zuleitung zu ermässigen. Textabbildung Bd. 320, S. 739 Fig. 4. Schema des Kurzschlusstromes unter des Bürste. Ein solcher Transformator kann nun nach dem Vorschlag von Lamme als Spannungsregler gebaut sein, das heisst mit einer beweglichen sekundären Windung, so dass man die dem Motor zugeführte Spannung in weiten Grenzen verlustlos ändern und so den Motor anlassen und in der Geschwindigkeit ändern kann, ohne in vorgeschalteten Widerständen Energie zu verlieren. Man kann aber auch den Transformator in den Motor einbauen und den Serienmotor mit einem Serientransformator nach der schematischen Zeichnung der Fig. 5 verwenden. Diese Schaltungsweise ist von Skott angegeben und in dem englischen Patent 19520/1903 enthalten. Textabbildung Bd. 320, S. 739 Fig. 5. Hauptstrommotor mit Serientransformator. Von den reinen Serienmotoren sind es hauptsächlich zwei Arten von Maschinen, die mehr bekannt geworden sind und sich auch praktisch bewährt haben, das ist der schon mehrfach erwähnte Serienmotor von Lamme, der von der Westinghouse Electric Mfg. Co. gebaut wird, und der Motor von Finzi, der auf der elektrischen Bahn in Mailand im Betrieb ist. Beide haben ihre günstigen Resultate hauptsächlich der ungewöhnlich niederen Periodenzahl von etwa 17 Perioden i. d. Sekunde zu verdanken. Die Einzelheiten des Lammeschen Motors sind in der britischen Patentschrift 26746/1902 enthalten. In einer langen theoretischen Abhandlung legt Lamme dar, dass die Selbstinduktion des Motors mit dem Strom anwächst und bald eine solche Grösse erreicht, dass sie die von aussen aufgedrückte Spannung nahezu erreicht und der Motor keinen wirksamen Arbeitsstrom mehr aufnehmen kann. Da das Querfeld des Ankers eine gleich schädliche Wirkung ausübt, so sind beide klein zu halten, damit die Selbstinduktionsspannung im Motor auch bei grösstem Strom noch unter der zugeleiteten Spannung bleibt. Es hat sich nun durch Versuche ergeben, dass ein günstiges Arbeiten erzielt werden kann, wenn zwischen der Selbstinduktion des Feldes und der gegenelektromotorischen Kraft des Ankers ein bestimmtes Zahlenverhältnis besteht; es muss also sein \frac{e_{F\,i}}{e_{A\,g}}=M.. Setzt man die aus den früheren Gleichungen bekannten entsprechenden Grössen ein, so muss die Gleichung bestehen: C_4\cdot \frac{v\cdot 2\,p\cdot }{P\cdot n\cdot \xi}=M, wenn man z = P . ξ, also wirksame Leiter auf der Ankeroberfläche ersetzt durch einen Ausdruck, der die Zahl der Pole und der hintereinander geschalteten Leiter zwischen den Bürsten enthält. Das Produkt aus Polzahl und Zahl der sekundlichen Umdrehungen gibt die Ankerperiodenzahl. Das Verhältnis zwischen der Windungszahl des Feldes und der Windungszahl des Ankers muss im allgemeinen grösser als 0,5 sein und darf höchstens den Wert 0,75 erreichen, also: 0,5\,<\,\frac{2\,p}{\xi}\,\leq\,0,75. Das Verhältnis zwischen Periodenzahl des zugeführten Wechselstroms und der Periodenzahl im Anker muss ungefähr den Wert 0,625 haben, und der Wert der Konstanten beträgt C_4=\frac{1}{0,625}=1,6; daraus ergibt sich, dass das Verhältnis zwischen der Selbstinduktionsspannung des Feldes und der gegenelektromotorischen Kraft des Ankers den gleichen Zahlenwert haben muss, wie das Verhältnis der Windungszahlen in Feld und Anker; also: 0,5\,<\,\frac{e_{F\,i}}{e_{A\,g}}\,<\,0,75. Für eine bestimmte Umdrehungszahl von etwa 700 ist daher aus der Polzahl der Maschine die Wechselzahl des Stromes bestimmt, und umgekehrt; für einem achtpoligen Motor ist die Periodenzahl 16,6, für einen zwölfpoligen Motor die Periodenzahl 25. Die Einzelheiten der Konstruktion sind aus Fig. 6a zu entnehmen. Der Anker hat ganz die Bauart eines gewöhnlichen Gleichstromankers mit Schleifenwicklung (Fig. 6b). Die Ankerbleche sind in einzelnen Paketen 6 zwischen denen Ventilationsschlitze 7 vorgesehen sind, durch ein Kreuz 2 auf der Nabe 3 aufgebaut und durch ein Gusstück 1 zusammengehalten. Die Nabe ist auf der einen verlängert, um den Platz für den Kollektor 14 zu schaffen. Die Ankerbleche haben auf dem Umfange 72 Nuten, in denen je sechs isolierte Kupferleiter untergebracht sind. Die Wicklung ist als Schablonenwicklung hergestellt und in die Nuten eingelegt. Am Kollektor sind, um Ausgleichströme durch die Bürsten zu verhüten, sogenannte Aequipotentialverbindungen (12.13) vorgesehen. Die verlängerten Verbindungen der Ankerspulen zum Kollektor (15 u. 16) sind aus einem Material mit hohem spezifischen Widerstand, etwa aus Neusilberstreifen hergestellt um den früher erwähnten Vorteil des hohen ohmschen Ankerwiderstandes zu erreichen. Textabbildung Bd. 320, S. 740 Lammes Serienmotor. Textabbildung Bd. 320, S. 740 Fig. 7. Kurven des reinen Serienmotors nach Lamme. Da nun diese künstlichen Zusatzwiderstände ausserhalb des eigentlichen Ankerkreises liegen, so wird erzielt, dass unnötige Verluste im Anker durch Stromwärme vermieden werden, der Vorteil der Verminderung der Kurzschlusströme aber trotzdem erreicht wird, da diese Widerstände nur in jene Ankerspulen eingeschaltet sind, die grade durch die Bürsten kurz geschlossen sind. Das Feld ist ebenfalls aus einzelnen Blechen zusammengesetzt, die in eigenartiger Weise durch einen gusseisernen Rahmen (26 u. 27) zusammengehalten werden. (Fig. 6c u. d.) Der gusseiserne Rahmen wird magnetisch nicht beansprucht. Die Polansätze 19 sind verhältnismässig kurz und in achsialer Richtung an den Enden von breiten aber niedrigen Nuten 20 durchsetzt, die entweder geschlossen, oder nur ganz wenig aufgeschlitzt sind. Durch diese Nuten soll eine hohe Zahnsättigung erzielt werden und dadurch die Ausbildung des Querfeldes des Ankers in massigen Grenzen gehalten werden. Die Schlitze dürfen deshalb nicht zu lang sein, damit dadurch nicht der magnetische Widerstand unnötig erhöht wird. Ihre günstige Wirkung wird noch verstärkt durch einen grösseren mittleren Schlitz 21, der einen massiven Leiter 22 oder eine in sich geschlossene Windung 24 aus gut leitendem Material enthält. Die Feldspulen 25 bestehen aus hochkantig gewickeltem Flachkupfer, und sind alle in Serie geschaltet. Das Verhältnis der Zahl der Pole zu der Zahl der minutlichen Wechsel des zugeleiteten Wechselstromes ist 1 : 250 und das Verhältnis der Feldamperewindungen zu den Ankeramperewindungen ist 20 : 27. Dass ein derartiger Motor bei guter Durchbildung aller Teile noch gute Ergebnisse erzielen kann, beweist die Fig. 7, die die Versuchsergebnisse in Kurven enthält. G ist die Geschwindigkeit in km/Std. bei einem Uebersetzungsverhältnis der Vorgelege Zahnräder von 10 : 31 und einem Raddurchmesser von 84 cm, η der Wirkungsgrad einschliesslich des Vorgeleges, P die Leistung des Motors in Pferdestärken, und Z die Zugkraft in mkg. Textabbildung Bd. 320, S. 741 Fig. 8. Stator nach Finzi mit abgeschrägten oder geschlitzen Polen. Ein zweiter ausgeführter Serienmotor ist der von Finzi, der viel Aehnlichkeit mit dem Motor von Lamme hat. Bei ihm sind zur Verhütung der Selbstinduktion des Ankers und des Ankerquerfeldes die Pole nach Fig. 8 gegen den Anker verjüngt, so dass ihre Stirnfläche einen kleineren Teil der Ankerfläche bedecken als gewöhnlich. Meist werden auch die Pole durch einen Spalt in zwei Teile getrennt, wie es der rechte Teil der Fig. 8 nach den Angaben im engl. Pat. 17185/1903 zeigt. Die Motore sind von der Firma Brioschi, Finzi & Co. in Mailand gebaut und sind auf der Mailänder Strassenbahn mit gutem Erfolg gelaufen. (Fortsetzung folgt.)