Titel: POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
Fundstelle: Band 327, Jahrgang 1912, S. 349
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POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. Polytechnische Rundschau. Telefunken auf der Allgemeinen Luftschiff-Ausstellung (Ala). Die Notwendigkeit einer Signalverbindung zwischen Luftfahrzeugen und der Erdoberfläche ist in jeder Phase der Entwicklung der Flugzeugtechnik als dringend notwendig erkannt worden. Es würde zu weit führen, hier die verschiedenen Möglichkeiten aufzuzählen, wo eine schnelle Benachrichtigung aus dem Fahrzeug nach unten wünschenswert oder gar notwendig ist. Der Hinweis auf das oft nötige schnelle Herbeiholen von Hilfsmannschaften oder auf andere eilige Vorbereitungen für die Landung dürfte wohl genügen. Daß als Signalmethode ganz allein nur die Funkentelegraphie in Betracht kommt, ist allen Fachleuten von Anfang an klar gewesen. Seit längerer Zeit kann man daher in der Tagespresse oder in einschlägigen Fachzeitungen Mitteilungen finden, daß und in welcher Weise funkentelegraphische Einrichtungen hierzu benutzt worden sind. Besonders in der ausländischen Presse sind solche Nachrichten zahlreich. Der Materie ferner Stehende haben vielleicht aus der Tatsache, daß in der deutschen Presse von solchen Einrichtungen selten berichtet worden ist, den Schluß gezogen, daß hier auf diesem Gebiete weniger gearbeitet wurde als beispielsweise in Frankreich. Dies trifft aber nicht zu. Denn Telefunken hat in aller Stille eine ganze Reihe von Stationseinrichtungen und Spezialapparaten ausgearbeitet, welche lediglich für die Nachrichtenübermittlung aus Luftfahrzeugen und nach Luftfahrzeugen hin bestimmt sind. Diese Einrichtungen wurden jetzt zum ersten Male in der „Ala“ ausgestellt. Die einzelnen Ausstellungsgegenstände waren, kurz beschrieben, folgende: 1. Zwei Empfangsapparatmodelle für Luftfahrzeuge jeglicher Art von sehr geringem Gewicht, sehr einfacher Bedienung und so zusammengebaut, daß empfindliche Teile gegen äußere mechanische Verletzungen, wie sie beispielsweise bei einer Landung vorkommen, geschützt sind. 2. Eine komplette Sende- und Empfangseinrichtung für Aeroplane, ebenfalls von kleinen Raumabmessungen, großer Einfachheit und Leichtigkeit. 3. Eine komplette Sende- und Empfangsstation für einen Motorballon, welche entsprechend der größeren Tragfähigkeit dieser schwerer ausgeführt war, dafür aber mit größerer elektrischer Leistung arbeitet und größere Entfernung überbrückt. 4. Eine Einrichtung zur Ortsbestimmung in Luftfahrzeugen, kurz Telefunken-Kompaß“ genannt. Diese auf einem neuen Prinzip beruhende Anordnung wurde in der Ausstellungshalle täglich im Betriebe vorgeführt. Es wurde hiermit eine Ortsbestimmung gezeigt gegen eine feste Richtstation, welche in Gartenfelde bei Spandau zu diesem Zwecke installiert war. Der Telefunken-Kompaß arbeitet unter Benutzung eines normalen einfachen Empfängers, wie er beispielsweise als Ausstellungsobjekt unter Nr. 1 aufgeführt war. Die Ortsbestimmung erfordert keine rechnerische oder sonstige komplizierte Tätigkeiten, sondern wird durch eine einfache Stoppuhr, welche vom Luftschiffer bedient wird, vorgenommen. Zur Ermöglichung der Demonstration der Stoppuhr vor einem größeren Auditorium war für die Ausstellung ein besonderer Apparat hergestellt worden. Hinter der Windrose befand sich ein ständig laufender Elektromotor, mit welchem durch den Druck auf einen Kontaktknopf in jedem Moment der anfänglich stillstehende Zeiger verbunden werden konnte. Sobald der Zeiger mit dem Motor gekuppelt ist, beginnt er eine synchrone Drehung mit dem fernen Richtsender. Das Laut- und Leiserwerden der Signale der hierfür in der Ala aufgestellten Demonstrations-Empfangsstation war ebenfalls einem größeren Auditorium wahrnehmbar gemacht dadurch, daß die Signale nicht wie sonst in der Gondel des Luftschiffes subjektiv mit dem Telephonhörer aufgenommen wurden, sondern durch einen Tonverstärker auf das 1000fache verstärkt im Raum wahrnehmbar waren und gleichzeitig mit der Bewegung des Telefunken-Kompasses verglichen werden konnten. Zur Erklärung des in Gartenfelde aufgebauten Richtsenders war in der Halle ein Demonstrationssender aufgestellt. Dieser bestand aus zwei auf einer sich drehenden wagerechten Stange installierten Antennen, welche durch einen unten angebauten Motor in gleichmäßiger Geschwindigkeit herumgedreht wurden. Die Sendeapparatur war dauernd mit dieser sich drehenden Richtantenne verbunden und gab kurze, gleichförmige Signale in regelmäßigen Zwischenräumen. Wenn die Antenne die Nord-Süd-Richtung passierte, ertönte jedesmal ein elektrisches Glockensignal. Zeigte die Antennenebene gerade auf den Empfänger hin, so addierten sich die Wirkungen der beiden Antennenhälften und man hörte im Empfänger ein Maximum der Signalstärke. Hatte die Antenne die hierzu senkrechte Richtung erreicht, so hoben sich die Wirkungen der beiden Antennenhälften im Empfänger auf und erschien in diesem das Minimum der Signalstärke. Bei der wirklichen Ausführung in der entfernten Station Gartenfelde werden nicht die Antennen gedreht, sondern die nach Art einer Windrose fest angeordneten Antennen werden nacheinander mit dem Senderapparat durch rotierende Kontakte verbunden. Es wird hierbei die gleiche Wirkung erzielt. –––––––––– Die Einführung einer Versicherung gegen Hochwasserschäden. Von einer Reihe unten besonders aufgeführter Industriellen-Verbände wird folgender sehr zeitgemäßer Aufruf versandt: „Alle Wasserkraftanlagen und sonstigen bekanntlich sehr kostspieligen Wasserbauten sind selbst bei solider Ausführung einer Gefährdung durch das Wasser ausgesetzt. Aber auch Fabriken, Lagerhäuser und die verschiedensten Objekte werden durch große Hochwässer, Wolkenbrüche usw. nicht selten bedeutend beschädigt. Die Regulierungen und Schutzbauten, deren Wert gewiß sehr groß ist und deren Ausführung die größte Förderung verdient, können in der Regel diese Gefahr leider nur teilweise beseitigen, schon weil die Ausführung solcher Bauten in einem Maßstabe, der auch den größten Hochwässern gewachsen wäre, meist unerschwingliche Kosten verursachen würde, die in keinem Verhältnis mehr zu dem erzielten Vorteil stehen würden. In den Kreisen der Industrie ist daher das Bedürfnis nach Einführung einer Versicherung gegen Wasserschäden laut geworden. Erhebungen, die die Wasserwirtschaftsverbände Oesterreichs und der Schweiz angestellt haben, ergeben einerseits, daß das Bedürfnis nach einer solchen Versicherung sehr weit verbreitet ist, indem sofort für eine sehr große Zahl von Betrieben – von der kleinen Mühle bis zu den größten Unternehmungen – die Beteiligung angemeldet und die gewünschten statistischen Angaben zur Verfügung gestellt wurden, andererseits, daß die Versicherung gegen eine mäßige Prämie durchgeführt werden kann. Eine solche Versicherung würde insbesondere auch die Belehnbarkeit der Wasserkraftanlagen fördern, da heute der Geldgeber mit einer Zerstörung der Anlage samt ihren Folgen rechnen muß. Es wird daher erst möglich sein, der Wasserkraftverwertung einen entsprechenden Kredit zu verschaffen, wenn die Anlagen versichert werden können. Es soll nunmehr auch in Deutschland eine statistische Erhebung durchgeführt werden, deren Ergebnisse von großer Wichtigkeit für die Verwirklichung des Planes wären. Alles Nähere ist einem Fragebogen zu entnehmen, der an Interessenten versendet wird. Die einlaufenden Angaben werden selbstverständlich streng vertraulich behandelt und nur zur Anstellung statistischer Berechnungen benutzt, auch bedeutet die Ausfüllung des Fragebogens noch keinerlei Verpflichtung, ist vielmehr vollständig unverbindlich. Seine sorgfältige Beantwortung, wobei auch schätzungsweise Angaben von Wert sind, würde die im gemeinnützigen Interesse geplante Aktion sehr fördern und wird daher angelegentlich empfohlen. Auch wird ersucht, andere Interessenten aufmerksam zu machen und sie zur Beantwortung des Fragebogens zu veranlassen. Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Angelegenheit für die mit Wasserkraft arbeitenden oder an den Wasserläufen liegenden Industriebetriebe haben die unterzeichneten Verbände beschlossen, ihren Mitgliedern die Beteiligung an den statistischen Erhebungen nahezulegen. Es wird gebeten, die ausgefüllten Bogen möglichst bald zurückzusenden. Die Einsammlung der ausgefüllten und die Zusendung weiterer Fragebogen sowie die Erteilung von Auskünften usw. hat für ganz Deutschland der Verband bayerischer Wasserkraftbesitzer in Schoenmühle bei Penzberg übernommen, mit Ausnahme des Großherzogtums Baden, von Rheinhessen und Elsaß-Lothringen, wo der Verband südwestdeutscher Industrieller in Mannheim, Prinz-Wilhelm-Straße 23, Sammelstelle ist. Verband bayerischer Wasserkraftbesitzer, Schoenmühle bei Penzberg; Bund der Industriellen, Berlin; Verband mitteldeutscher Wasserkraftbesitzer, Duderstadt-Eichsfeld; Verband sächsischer Industrieller, Dresden; Verband württembergischer Wasserkraftbesitzer, Stuttgart; Verband südwestdeutscher Industrieller, Mannheim; Bund der Industriellen am Riesengebirge, Hirschberg, Schlesien.“ Im Hinblick auf die großzügigen Bestrebungen der letzten Jahre, die reichen Wasserkräfte der verschiedenen Länder in rationeller Weise auszubauen und der Industrie nutzbar zu machen, ferner mit Rücksicht auf die kolossalen in großen Wasserkraftanlagen investierten Kapitalien wäre es dringend zu wünschen, daß der obige Aufruf bei allen Interessenten eingehendste Beachtung finden möge. Große Wasserkatastrophen, etwa wie die noch in frischer Erinnerung befindliche unheilvolle Dammbruchkatastrophe in Amerika werden in Zukunft nicht selten die Haftpflicht der Wasserkraftunternehmungen in einer Weise in Anspruch nehmen, der sie kaum gewachsen sein dürften. Man denke nur an die unabsehbaren Folgen, die der Bruch eines großen viele Millionen cbm Wasser enthaltenden Staubeckens nach sich ziehen kann, an die verheerende Wirkung, die der Bruch einer Hochdruckwasserleitung eines verhältnismäßig kleinen Wasserkraftwerkes hervorrufen würde, und man wird sich der Einsicht nicht verschließen, daß es höchste Zeit ist, den wirtschaftlichen Folgen solcher Katastrophen durch eine umfangreiche Versicherung zu begegnen.