Titel: Die elektrische Steuerung von Schiffen.
Autor: Wittmaack
Fundstelle: Band 328, Jahrgang 1913, S. 36
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Die elektrische Steuerung von Schiffen. Von Dipl.-Ing. Wittmaack in Berlin-Zehlendorf. (Schluß von S. 21 d. Bd.) WITTMAACK: Die elektrische Steuerung von Schiffen. Die Versuche wurden unter folgenden Bedingungen vorgenommen: 1. Volle Fahrt voraus (14 bis 15 Knoten). 2. Fahrt von 11 Knoten voraus. 3. Fahrt von 6 Knoten voraus. 4. Ganz langsame Fahrt oder vor Anker. 5. Volle Fahrt rückwärts. Das Ruder wurde immer in folgender Weise bewegt: 1. Von der Mittellage nach hart Backbord, von hart Backbord nach hart Steuerbord und zurück in die Mittellage. 2. Von der Mittellage nach hart Steuerbord, von hart Steuerbord nach hart Backbord und zurück in die Mittellage. Diese Ruderbewegungen wurden immer mit drei verschiedenen Geschwindigkeiten ausgeführt: a) Dauer der Bewegung von der Mittellage nach der Hartlage gleich 1 Minute; b) Dauer derselben Bewegung gleich ½ Minute; c) Größte mögliche Geschwindigkeit (Dauer etwa 5 Sekunden). Wenn man die Wiederholungen einzelner Versuche nicht mitzählt, die öfters ausgeführt wurden, waren also 30 systematisch durchgeführte Versuche mit Aufnahmen von Diagrammen erforderlich. Die Ergebnisse dieser Versuche sollen, um Wiederholungen zu vermeiden, nur in einzelnen Beispielen hier angeführt werden. Zur Bestimmung der Zeit, um die die Bewegung des Ruderkopfes der des Handrades nacheilte, wurde ein Apparat konstruiert, der diese Verzögerung aufzeichnete. Er bestand in der Hauptsache aus einem in einer Führung verschiebbaren Brett, auf dem ein Blatt Papier aufgespannt wurde und einem Schreibstift, der sich in einer zur Bewegung des Brettes senkrecht stehenden Richtung verschieben konnte. Das Brett wurde mit dem Ruderkopf, der Schreibstift mit dem Telemotor verbunden. Auf der Abb. 8 ist der Apparat skizziert. Der Charakter der mit demselben erhaltenen Aufzeichnungen ist aus der Abb. 9 zu ersehen. Wenn beide Bewegungen gleichzeitig erfolgen, ergibt sich eine gerade Linie, die in einem Winkel zu den Bewegungsrichtungen steht, der von der Geschwindigkeit der beiden Bewegungen abhängig ist. Wenn die eine Bewegung aber der andern nacheilt, ergibt sich beim Legen des Ruders von mittschiffs nach hart Backbord, dann nach hart Steuerbord und zurück in die Mittschiffslage eine geschlossene Figur, deren Flächeninhalt desto größer wird, je mehr die eine Bewegung der anderen nacheilt. Dieser Flächeninhalt gibt daher die Empfindlichkeit der Steuereinrichtung an. Textabbildung Bd. 328, S. 36 Abb. 8. Textabbildung Bd. 328, S. 36 Abb. 9. Textabbildung Bd. 328, S. 36 Die Abb. 10 bis 13 stellen derartige bei den Versuchen erhaltene Diagramme dar. Da die Bewegung des Schreibstiftes direkt durch den Telemotor, die des Brettes mit dem Papier aber indirekt durch einen Hebel vom Ruderkopf aus geschah, weichen die Formen der Diagramme etwas von der ab die das theoretische Diagramm auf Abb. 9 zeigt. Die Wellen in den Linien wurden durch die stoßweise Bewegung des Handrades hervorgerufen, das nach den Angaben des Beobachters auf der Brücke in sekundenlangen Intervallen bewegt wurde. Das obere Diagramm gibt die beim elektrischen Betrieb sich ergebende, das untere die beim Dampfbetrieb bei den gleichen Verhältnissen auftretende Verzögerung an. Die Diagramme der Abb. 10 wurden bei 11 Knoten Geschwindigkeit und einer Zeitdauer der Ruderbewegungen von 2 Minuten, die Diagramme der Abb. 12 bei voller Fahrt voraus und möglichst schneller Ruderbewegung, die der Abb. 13 bei voller Fahrt rückwärts und möglichst schneller Ruderbewegung aufgenommen. Auf Abb. 11 ist dann noch ein mit dem elektrischhydraulischen Apparat vor Anker und bei einer Zeitdauer der Ruderbewegung von 4 Minuten erhaltenes Diagramm wiedergegeben. Das Handrad wurde hierbei jede Sekunde um eine Speiche weitergedreht. Das Diagramm zeigt, daß die Verzögerung bei langsamem Legen des Handrades minimal ist. Mit demselben Schreibapparat wurden dann noch die Verzögerungen während einer Fahrt über eine Strecke von 6 Meilen (9,6 km) einmal für den Dampfsteuerapparat und dann für den elektrisch-hydraulischen Apparat aufgezeichnet. Diese Diagramme sind auf Abb. 14 für den elektrischen und auf Abb. 15 für den Dampfbetrieb wiedergegeben. Die schwarz angelegten Flächen in der Mitte zeigen an, daß der Schreibstift diese Flächen wiederholt umschrieben hat. Sie zeigen, daß bei dem Dampfbetrieb größere Ruderbewegungen nötig waren, als beim elektrischen Betrieb. Wie aus den Abb. 5 u. 6 (S. 20) zu ersehen ist, kann der Dampfsteuerapparat und das Handrad durch Lösen einer Kupplung von der elektrisch-hydraulischen Einrichtung getrennt werden. Nach der Auskuppelung dieser Teile wurde der Druck in den hydraulischen Zylindern während der Bewegung des Ruders mit einem besonderen Crosby-Indikator gemessen. Der Kolben des Indikators wurde hierbei durch die Flüssigkeit bewegt und die Trommel war mit einem Hebel am Ruderkopf verbunden. Nachdem auf diese Weise der Widerstand des Ruders bestimmt war, konnte man mit ziemlicher Genauigkeit den Wirkungsgrad der beiden Steuerapparate bestimmen, indem man beim Dampfsteuerapparat einen vollständigen Satz von Indikatordiagrammen aufnahm und bei dem hydraulisch-elektrischen Apparat die Stromstärke mittels eines selbstregistrierenden Amperemeters bestimmte. Da die Form des Ruders und seine Lage zum Hinterschiff und den Schraubenströmen von großem Einfluß auf die am Ruderkopf zu überwindenden Drehmomente ist, ist sie auf Abb. 16 maßstäblich aufgezeichnet. Auf Abb. 17 und 18 sind dann Indikatordiagramme der beiden hydraulischen Zylinder für eine volle Kreisbewegung wiedergegeben. Textabbildung Bd. 328, S. 37 Abb. 14. Textabbildung Bd. 328, S. 37 Abb. 15. Textabbildung Bd. 328, S. 37 Abb. 16. Textabbildung Bd. 328, S. 37 Abb. 17. Textabbildung Bd. 328, S. 37 Abb. 18. Textabbildung Bd. 328, S. 37 Abb. 19. Textabbildung Bd. 328, S. 37 Abb. 20. Textabbildung Bd. 328, S. 37 Abb. 21. Textabbildung Bd. 328, S. 37 Abb. 22. Textabbildung Bd. 328, S. 37 Abb. 23. Auf den Abb. 19 bis 23 sind für verschiedene Schiffsgeschwindigkeiten die bei den verschiedenen Ruderlagen infolge des Drucks auf das Ruder auftretenden Drehmomente von der 0-Linie nach oben (ausgezogene Linie), und die infolge der Reibung auftretenden Drehmomente von der 0-Linie nach unten (strichpunktierte Linie) aufgetragen. Diese Diagramme geben ein gutes Bild von der zur Bewegung des Ruders bei verschiedenen Geschwindigkeiten erforderlichen Kraft. Sie zeigen auch, daß der Einfluß der von den Schrauben herbeigeführten Bewegung des Wassers ein ganz bedeutender ist, so daß der Druck auf das Ruder erst bei einer Lage von etwa 10° nach Steuerbord gleich Null wird. Auf der Abb. 24 sind die Diagramme übereinander aufgezeichnet, die erhalten wurden, wenn das Schiff vor Anker lag und das Ruder in 120 Sekunden, 60 Sekunden und 11 Sekunden von der einen Hartlage nach der andern gebracht wurde. Da diese drei Diagramme praktisch zusammenfallen, kann man annehmen, daß der Einfluß der Trägheit ein ganz geringer ist und bei der Berechnung vernachlässigt werden kann. Hierbei ist noch hervorzuheben, daß eine Gruppe von Versuchen, die bei vor Anker liegendem Schiff gemacht wurden, zeigte, daß die zum Legen des Ruders erforderliche Kraft annähernd gleich groß blieb, wenn daß Ruder schnell oder langsam gelegt wurde. Man kann hiernach annehmen, daß der auf das Ruder wirkende Druck nur von der Schiffsgeschwindigkeit und nicht auch von der Geschwindigkeit abhängt, mit der das Ruder gelegt wird. In der Abb. 25 ist der für einen bestimmten Fall ermittelte Energieverbrauch, der notwendig ist, um das Ruder von der Hartbackbordlage in die Mittschiffslage zurückzubringen, in Kurven aufgetragen. Die ausgezogene Linie gibt die zur Ueberwindung des Ruderdrucks, die gestrichelte Linie die zur Ueberwindung der Reibung erforderliche Energie an. Da nach der Druckkurve Arbeit erforderlich ist, um das Ruder bei Fahrt voraus in die Mittschiffslage zurück zu bringen, scheint die Ausbalanzierung des Ruders zu groß zu sein. Nachdem im Vorhergehenden angegeben ist, wie die zur Bewegung des Ruders nötigen Kräfte ermittelt werden, bliebe nun noch die Ausführung eines Vergleichs der Arbeit der beiden Ruderapparate. Bevor aber auf die Ergebnisse der Messungen mit dem Indikator und Amperemeter eingegangen wird, muß noch erwähnt werden, daß in den hydraulischen Zylindern, wohl weil sie mit Oel betrieben wurden, keine merkbaren Reibungsverluste auftraten. Dies wurde festgestellt, indem man den Dampf- und den elektrischen Apparat abkuppelte und das Ruder sowohl mit den Druckzylindern wie ohne diese mit dem Handrad bewegte. Hierbei konnte kein Unterschied in der zur Bewegung des Ruders erforderlichen Kraft bei mitbewegten und bei stillstehenden Druckkolben gefunden werden. Die Messungen mit dem Indikator an den Dampf-Zylindern wurden nicht in der üblichen Weise vorgenommen. Während der Druck in der üblichen Weise bestimmt wurde, wurde die Trommel direkt mit dem Ruderkopf verbunden. Für jede Ruderbewegung wurde ein besonderes Diagramm aufgezeichnet. Die Diagramme hatten die auf der Abb. 26 wiedergegebene Form. Aus ihnen konnte man den Anfangs- und Enddruck bei jedem Hub und die Zahl von Hüben bestimmen. Nach einer Anzahl derartiger Diagramme wurden die Dampfdrucke bestimmt. Die mit diesem Dampfdruck berechneten Drehmomente wurden dann mit den für den elektrischen Betrieb ermittelten und den Widerstandsmomenten des Ruders verglichen. Auf den Abb. 27 bis 31 sind diese verschiedenen Momente für verschiedene Ruderwinkel und für verschiedene Geschwindigkeiten in Kurven zusammengestellt. Textabbildung Bd. 328, S. 38 Abb. 24. Textabbildung Bd. 328, S. 38 Abb. 25. Der zum Betrieb des elektrisch-hydraulischen Steuerapparates benutzte Strom wurde von einem Turbogenerator geliefert, der gleichzeitig den zur Beleuchtung, zum Betrieb der Ventilatoren und zu anderen Zwecken erforderlichen Strom lieferte. Die Spannung betrug 100 Volt. Der die Pumpe des Steuerapparates antreibende Motor mit Verbund-Wickelung leistete, wie schon gesagt wurde, 10 PS und war bedeutend stärker als zum Steuern erforderlich war. Der Verlust beim Leerlauf des Motors betrug 7 bis 8 Amp. Da der Motor andauernd läuft, hätte sich dieser Verlust bei Verwendung eines schärferen Motors bedeutend verringern lassen. Zum Aufzeichnen der Stromstärke diente ein selbstregistrierender Siemens-Amperemeter, bei dem kein Schreibstift benutzt wird. Da die Aufzeichnung durch einen Funken erfolgt, der das Papier durchlocht, sind die Schwingungen der beweglichen Teile dieses Apparates sehr gering, so daß sie praktisch vernachlässigt werden können. Das Papier wurde durch ein Uhrwerk ohne Unterbrechung weiterbewegt. Die Aufzeichnungen liefen daher ununterbrochen weiter, so lange das Uhrwerk in Gang war. Diese Diagramme sind nicht zur Wiedergabe geeignet. Nach ihnen gemachte aufgezeichnete Diagramme sind auf den Abb. 32 und 33 wiedergegeben. Jedes von ihnen umfaßt eine volle Kreisbewegung des Ruders, das Diagramm auf Abb. 32 bei voller Fahrt vorraus, das Diagramm auf Abb. 33 bei voller Fahrt rückwärts. Die eingeschriebenen Buchstaben bezeichnen die einzelnen Teile der Kreisbewegung und zwar a die Bewegung von mittschiffs nach Backbord b Backbord nach Steuerbord c Steuerbord nach mittschiffs d mittschiffs nach Steuerbord e Steuerbord nach Backbord f Backbord nach mittschiffs. Textabbildung Bd. 328, S. 38 Abb. 26. Auch in diesen Diagrammen für die Fahrt voraus kann man den Einfluß des Schraubenstromes erkennen an dem Unterschied zwischen a und d, b und e und c und f. Auf dem Diagramm für die Fahrt rückwärts kann man die negative Arbeit bei a und d an dem Fallen der Stromstärke unter das normale Maß erkennen. Dieser letztere Umstand zeigt den guten Wirkungsgrad der Einrichtung, der es ermöglicht, daß mit der Uebertragung durch die hydraulischen Zylinder, die Pumpe und den Motor ein Teil des Stromes zurückgewonnen werden kann. Textabbildung Bd. 328, S. 38 Schließlich soll noch auf die zum Vergleich des Wirkungsgrades der beiden Steuereinrichtungen dienenden Diagramme der Abb. 27 bis 31 eingegangen werden. Der indizierte Dampfdruck, die mechanische Kraft des Motors des elektrisch-hydraulischen Steuerapparates und der Ruderwiderstand sind alle auf eine Vergleichsbasis, das auf den Ruderkopf wirkende Drehmoment in Fußtonne, gebracht. Die Diagramme umfassen aber nur die Bewegung des Ruders von Backbord nach Steuerbord mit der größten möglichen Geschwindigkeit der Ruderbewegung und eine Fahrt des Schiffes voraus von 14 Knoten, 11 Knoten und 6 Knoten, dem vor Anker liegenden Schiff und einer Fahrt achteraus von 5 Knoten. Diese Diagramme zeigen sehr deutlich, wie groß die Reibungsverluste bei der so viel verwandten Dampfsteuereinrichtung mit zwei Spindeln sind, und wie viel günstiger in dieser Beziehung das elektrisch-hydraulische Steuergeschirr arbeitet. Die gestrichelten Linien, die die dem Motor zugeführte elektrische Kraft und die von ihm abgegebene Kraft darstellen, zeigen, daß ein nicht unbedeutender Teil der elektrischen Energie dazu nötig ist, um den Motor selbst ununterbrochen in Gang zu erhalten. Diese Verluste sind bei dem elektrisch-hydraulischen Steuerapparat der Dampfjacht „Albion“ aber besonders groß, weil, wie schon gesagt wurde, der zehnpferdige Motor viel zu groß ist für die zu leistende Arbeit. Sie ließen sich durch die Verwendung eines passenden Motors von etwa 3 PS bedeutend verringern. Diese Verluste würden dann jedenfalls geringer sein als die, die sich beim Dampfsteuerapparat durch Leckagen und Kondensation in der langen Dampfleitung ergeben, die auf den Diagrammen nicht mit angegeben sind. Textabbildung Bd. 328, S. 39 Abb. 32.Vorwärts; Zeit in Minuten Textabbildung Bd. 328, S. 39 Abb. 33.Rückwärts; Zeit in Minuten Der dritten Gruppe der elektrischen Steuereinrichtungen, bei denen der Motor dauernd läuft und eine magnetische Reibungskupplung an der Motorwelle vorgesehen ist, gehört eine von B. Parker Haigh im Verein mit Brown Brothers and Co. entworfene Steuereinrichtung an, die auf den Abb. 34 und 35 dargestellt ist. Sie wurde für einen Ruderschaft von 29 cm ⌀ konstruiert, der für ein Fahrzeug von etwa 140 m Länge und einer Geschwindigkeit von 16 Knoten in der Stunde passen würde. In diesem Falle war ein Motor von 30 Brems-Pferdestärken vorgesehen, der imstande war, ein Drehmoment von 54 m/t auf den Ruderschaft auszuüben und das Ruder in 20 Sekunden in einen Winkel von 70° legen konnte. Diese Angaben beruhen auf der besonderen Gestaltung des Geschirrs und einem Wirkungsgrad des Getriebes von 64 v. H. Dieser Wirkungsgrad ist zwar hoch im Vergleich zu dem Wirkungsgrad von Einrichtungen mit rechts- und linksgängiger Schraube, ist aber nicht größer als wie er sich mit einem doppelten Schneckengetriebe erreichen läßt. Der 30 pferdige Motor würde ein Gleichstrommotor mit Nebenschlußwicklung sein und bei voller Belastung mit 500 Umdrehungen in der Minute laufen. Der bei voller Belastung erforderliche Strom würde 270 Amp. betragen bei 100 Volt. In gewisser Beziehung und besonders soweit die Zuverlässigkeit in Betracht kommt, ist ein Dreiphasen-Motor dem Gleichstrommotor vorzuziehen, er würde aber eine größere maximale Kraftleistung erforderlich machen. Die Wahl des Motortyps, der auf irgendeinem Fahrzeug verwendet werden soll, hängt natürlich von vielen Dingen ab, die mit der Steuereinrichtung selbst nichts zu tun haben. Ein Fahrzeug von der angegebenen Größe, das zur Beförderung von Passagieren dient, würde wahrscheinlich mit einer elektrischen Anlage von etwa 200 KW zur Beleuchtung und zum Betrieb der Ventilatoren zur Forcierung der Kessel ausgerüstet werden. Wenn diese Leistung auf vier Dynamos verteilt wird, von denen jede 500 Amp. leistet bei 100 Volt, könnte jede einzelne von diesen im Notfalle ganz allein das Ruder hart zu Bord legen. Textabbildung Bd. 328, S. 39 Abb. 34. Textabbildung Bd. 328, S. 39 Abb. 35. Obwohl der Motor bei dieser Einrichtung ununterbrochen läuft, bleibt das Getriebe, solange das Ruder nicht gelegt werden soll, in Ruhe. Die Motorwelle trägt an jedem Ende eine magnetische Kupplung, die hinsichtlich des Fehlens des Drucks von außen und der leichten Kontrolle gewisse Vorzüge vor der gewöhnlichen Reibungskupplung hat. Die getriebenen Teile: dieser Kupplung lagern in Trägern und sind durch Zahnradübersetzung mit einer zweiten parallel zur Dynamowelle liegenden Welle verbunden, die zwei Schnecken trägt. Das Ruder wird nach Backbord oder Steuerbord gelegt, indem man die eine oder andere Kupplung einrückt. Die beiden Teile der Kupplung werden hierbei durch magnetische Anziehung zusammengezogen. Nachdem die beabsichtigte Ruderbewegung erfolgt ist, werden die Kupplungsteile durch eine schwache Feder wieder auseinandergedrückt. Die Reibungsflächen werden durch Fiberblöcke gebildet, die sich gegen die konischen Kanten der leichten Stahlscheibe legen, die als Magnetanker dient. Bei dieser Bauart der Kupplung ergibt sich daher kein Druck, der durch ein Lager aufgenommen werden müßte. Es können, wie auf der Abb. 35, Kugellager oder Lager mit Ringschmierung verwandt werden, vorausgesetzt, daß der Motor nicht einen übertrieben großen Spielraum hat. Um die Abnutzung der Fiberblöcke ausgleichen zu können, sind dieselben so angebracht, daß sie verschoben werden können. Bei der für einen 29 cm starken Ruderschaft passenden Steuereinrichtung werden die Spulen der Kupplung von einem Strom von ½ Amp. gespeist. Dieser schwache Strom wird durch Schleifringe übertragen, die im Motor eingeschlossen und hierdurch gegen Feuchtigkeit geschützt sind, da der Motor, weil er immer läuft, sich selbst trocken erhält. Die mechanische Anordnung des Getriebes zeigt einige Neuerungen, vor allem die Benutzung von zwei Zahnrädern, die in einen gezahnten Sektor eingreifen. Da diese beiden die gleiche Belastung aufnehmen, wird die Abnutzung mehr verteilt. Es kann daher ein leichterer Sektor verwandt werden, mit Zähnen von geringerer Höhe im Vergleich mit denen, die bei Benutzung nur eines Zahnrades erforderlich wären. Die Belastung der beiden Zahnräder wird gleich erhalten, indem man eine rechtsgängige und eine linksgängige Schnecke benutzt und bei dem einen Zahnrad noch ein Zwischenrad einschaltet, so daß die Umdrehungsrichtung beider Zahnräder die gleiche bleibt. Die beiden Schnecken sind auf einem Gleitstück ausgeschnitten, das sich ungehindert auf der Welle verschieben kann und kein Drucklager hat. Da zwischen den Lagern ein gewisser Spielraum vorgesehen ist, können die Zähne des Sektors eine beträchtliche Abnutzung aufweisen, ohne daß die gleichmäßige Verteilung der Belastung hierdurch gestört wird. Die günstige Steigung der Schnecken und das Fehlen von Reibungsverlusten an Drucklagern stellen einen hohen Wirkungsgrad der Steuereinrichtung sicher. Die erforderliche Kraft wird außerdem noch dadurch verringert, daß bei dem Gestänge, das das Ruderjoch mit dem zweiten blinden Joch mit dem Zahnkranzsektor verbindet, verschiedene Hebellängen verwandt werden. Die Angriffspunkte der Zugstangen sind am Ruderjoch weiter vom Drehpunkt entfernt als an dem blinden Joch. Die Zugstangen bewegen sich infolgedessen nicht parallel zueinander. Das Verhältnis der Hebellängen, das bei der Mittschiffslage des Ruders gleich 1,5 zu 1 ist, wächst allmählich bis zu dem Verhältnis 2,2 zu 1 bei Hartlage des Ruders im Winkel von 35°. Das maximale Drehmoment bei der Hartlage des Ruders wird auf diese Weise mit weniger Strom erreicht. Im Bereich der gewöhnlich benutzten geringen Ruderwinkel läßt sich das Ruder schneller legen als bei den großen Winkeln. Da dieses Gestänge keine sogenannte „geometrische Bewegung“ ausführt, muß die Lage der Zapfen am Joch sehr sorgfältig bestimmt werden. Wenn dies geschehen ist, bietet es keine Schwierigkeit, das Ruder bis zum Winkel von 38° zu legen. Auf diese Weise können 30 v. H. der zur Bewegung des Ruders erforderlichen Kraft gespart werden. Wenn man dann noch den besonders hohen Wirkungsgrad des doppelten Schneckengetriebes in Rechnung zieht, kann man das maximale Drehmoment von 54 Metertonnen mit einem Strom von 270 Amp. bei 100 Volt erreichen, während bei dem gewöhnlichen Steuergeschirr hierzu 450 Amp. erforderlich wären. Bei einem kleinen Versuchsgeschirr wurde ein Gesamtwirkungsgrad von 48 v. H. festgestellt, was einem Wirkungsgrad des Getriebes allein ohne den Motor von mehr als 60 v. H. entspricht. Die Einrichtungen, die zur Kontrolle der Kuppelungen dienten, bestehen aus einem der verbesserten Brownschen hydraulischen Telemotoren mit einer Ausrückevorrichtung, die am Ruderjoch befestigt ist. Auf vielen Fahrzeugen werden die Telemotoren jetzt unter den Decksbalken aufgehängt, wo die Schalteinrichtung vor Wasser geschützt ist. Wenn die letztere Kohlekontakte hat und nur mit schwachem Strom arbeitet, bedarf sie nur geringer Wartung. Zum schnellen Stoppen ist eine schnellwirkende Bremse erforderlich, die gar nicht so sehr kräftig zu sein braucht. Der Betrag der in den bewegten Teilen aufgespeicherten Energie wird so klein wie möglich, wenn zu den Kuppelungen möglichst leichte stählerne Scheiben benutzt werden, und der Motor Nebenschlußregulierung hat, weil er dann beim Aus- und Einrücken mit der geringsten Geschwindigkeit läuft. Bei der Installierung einer elektrischen Steuereinrichtung ist es empfehlenswert, keine Schmelzsicherung oder Stromunterbrecher in der Hauptleitung einzuschalten. Diese könnten möglicherweise gerade dann in Wirkung treten, wenn das Arbeiten des Ruders dringend notwendig ist. Keine mögliche Beschädigung der elektrischen Anlage ist aber von so großer Bedeutung, daß sie eine Gefährdung des richtigen Manövrierens des Schiffes begründen könnte. Wenn ein Apparat mit Reibungskupplungen benutzt wird, kann ein Stromunterbrecher, der so eingerichtet ist, daß er die Leitung unterbricht, wenn der Maximalstrom für die Kupplungen überschritten wird, im Maschinenraum neben einem Hilfsanlasser angeordnet werden. Der Steuerapparat kann dann sofort wieder in Gang gebracht werden, ohne daß der Maschinist sich vom Hauptschaltbrett entfernt. Der Oekonomie der Steuer-Anlagen ist im Vorhergehenden besondere Beachtung geschenkt worden, so daß es den Anschein haben könnte, als wenn die Bedeutung derselben zu hoch eingeschätzt wäre. Sie ist aber nicht nur an und für sich schon wertvoll, sie bringt auch eine Gewichtsverringerung und eine Vergrößerung der Zuverlässigkeit der Anlage infolge der geringeren Abnutzung der Kontroll- und Kraftanlagen mit sich.