Titel: Rückblicke auf Neuerungen in der Technik.
Fundstelle: Band 328, Jahrgang 1913, S. 81
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Rückblicke auf Neuerungen in der Technik. [Rückblicke auf Neuerungen in der Technik.] Vom deutschen Schiffbau. Von Konstruktionsingenieur C. Kielhorn in Zehlendorf. Das abgelaufene Jahr ist, sowohl was die Zahl als auch den Gesamttonnengehalt der Schiffe betrifft, das günstigste gewesen, das die deutsche Schiffbauindustrie erlebt hat; ob es in wirtschaftlicher Hinsicht ebenso günstig gewesen, sei hier nicht näher untersucht. Indessen ist die angespannte Tätigkeit der Werften das sicherste Zeichen des Aufschwungs unseres deutschen Außenhandels, der sich ja in den glänzenden Jahresabschlüssen unserer großen Reedereien viel offensichtlicher zeigt. Die Statistik des Germanischen Lloyd gibt für das Jahr 1912 nicht weniger als 1401 Neubauten mit zusammen 1482731 B.-R.-T. an. Gegen das Vorjahr bedeutet das eine Zunahme der Beschäftigung um 388236 B.-R.-T. oder mehr als 35,5 v. H. An fertig gestellten Schiffen beträgt die Zunahme gegen das Vorjahr 73275 B.-R.-T. = 18 v. H. Noch günstiger ist der Ausblick auf das laufende Jahr, für welches in diesem Monat ein Auftragsbestand von 474 Schiffen mit 1002693 B.-R.-T. geblieben ist, gegen 454 Schiffe mit zusammen 687705 B.-R.-T. zu Beginn des Jahres 1912. Es entspricht dies einer Steigerung in der Beschäftigung um 314988 B.-R.-T. oder rund 46 v. H. Am günstigsten steht entsprechend dem Aufschwung des überseeischen Handels der Seeschiffbau da. Der Auftragsbestand der deutschen Werften an Seeschiffen über 100 B.-R.-T. betrug rund 26 v. H. der ganzen zurzeit schwimmenden deutschen Seehandelsflotte. Von dem Seeschiffbau entfallen wieder mehr als ⅔ der Gesamt-Tonnage auf den Großschiffbau, soweit unter letzterem Schiffe von mehr als 5000 B.-R.-T. verstanden werden. Der Motorschiffbau hat weniger zugenommen als man hätte erwarten können. Man will offenbar erst längere Betriebsergebnisse der ersten größeren Motorschiffe des „Monte Penedo“ (vergl. D. p. J. 1912, Heft 46, S. 724) und des „Rolandseck“ (vergl. D. p. J. Heft 50, S. 791) abwarten, ehe man Motoranlagen von ähnlicher Größe weiter in Seeschiffe einbaut. Der einzige Auftrag auf einen größeren Diesel-Motor ist, abgesehen von zwei schon vor fast Jahresfrist bestellten Petroleumtankschiffen der Werft von Frerichs & Co., in jüngster Zeit an die durch den Bau des Rolandseck rümlichst bekannte Werft von Joh. C. Tecklenborg A. G. in Geestemünde gegangen, welche ein Schulschiff des deutschen Schulschiffs-Vereins als Vollschiff mit einem Tecklenborg-Carels Motor von 500 PS als Hilfsmotor baut. Dieses Schiff ist zugleich das einzige Segelschiff, welches noch in Deutschland gebaut wird. Der Segelschiffbau ist im übrigen, soweit er Schiffe über 100 t betrifft, zum ersten Male im abgelaufenen Jahre von den deutschen Werften ganz verschwunden gewesen. Was den Kleinschiffbau (Seeschiffe unter 100 B.-R.-T.) betrifft, der bis vor wenig Jahren noch eine große Zahl kleinerer Betriebe an den Küsten der Nord- und Ostsee beschäftigte, so ist derselbe in Folge der Tätigkeit der holländischen Schiffshypothekenbanken fast ganz nach Holland abgewandert. Von dem gesamten Kleinschiffbau für deutsche Rechnung, 97 Schiffe mit zusammen 6538 B.-R.-T. umfassend, sind 66 Schiffe mit 4333 B.-R.-T. in Holland gebaut, d. i. genau ⅔ desselben. Aehnlich liegt es mit dem Binnenschiffbau, der zwar nicht in dem gleichen Maße wie der Seeschiffbau an dem Aufschwung der deutschen Schiffbauindustrie teilgenommen hat, bei dem aber als hervorstehendes Merkmal die große Zahl der auf holländischen Werften und mit Hilfe der vorerwähnten holländischen Schiffshypothekenbanken gebauten Schiffe ins Auge fällt. Ein genauer Vergleich kann hier mangels zuverlässiger Daten aus dem Vorjahr nicht aufgestellt werden. Jedoch hat in diesem Jahre der Zentral-Verein für Deutsche Binnenschiffahrt zum ersten Male in dankenswerter Weise eine Statistik des deutschen Binnenschiffbaus aufgestellt, die bei weiterer Fortführung auch genauere Daten über die Bewegung in diesem wichtigen Industriezweig geben wird. Ueber den deutschen Kriegsschiffbau sei bei der Eigenartigkeit des Themas an anderer Stelle berichtet. Was die technischen Neuerungen im Schiffbau betrifft, so ist zunächst der Einfluß der „Titanic“-Katastrophe bemerkbar durch die Vermehrung der Sicherheitsvorkehrungen, Verbesserungen in der Bootsaufstellung und den Bootsaussetzvorrichtungen, neue Rettungsboottypen, Längsschotten im Vorschiff zur Sicherung bei Unfällen wie bei der „Titanic“, Schottschließvorrichtungen usw. Da jedoch die einzelnen Seeuferstaaten mit ihren Sonderberatungen erst jetzt zum Abschluß gekommen sind und die internationale Konferenz noch nicht zusammengetreten ist, so wollen wir hier nicht vorgreifen. Gleichen Schritt mit den Erfolgen der Motorenindustrie hat der Bau von kleinen Motorschiffen gehalten, Ueber die größeren Motoren müssen, wie erwähnt, die Ergebnisse einer längeren Betriebsperiode abgewartet werden. Ueber die Riesendampfer der Hamburg-Amerika-Linie sind wir auf die Mitteilungen über das im Mai dieses Jahres zur ersten Fahrt bereiten Vierschrauben-Turbinenschiff „Imperator“ angewiesen; über die vergrößerten Schiffe dieser Klasse, welche bei Blohm & Voß im Bau sind, werden nicht einmal Angaben über die Größenabmessungen des Schiffskörpers gemacht. Einen neuen deutschen Schiffstyp stellen die Passagierdampfer der Hamburg-Amerika-Linie für deren Südamerikadienst dar; es sind Dreischraubenschiffe mit zwei Kolbenmaschinen für die beiden äußeren und Abdampfturbine für die mittlere Schraube, eines bei Johann C. Tecklenborg A.-G. in Geestemünde. ein zweites bei der A.-G. Weser in Bremen im Bau. Ein drittes Schiff dieses Typs wird als Zweischrauben-Turbinenschiff bei der A.-G. Vulcan in Stettin gebaut. Auf der gleichen Werft ist ein Dampfer für den Bäderdienst der Hamburg-Amerika-Linie im Bau, der die praktische Einführung einer seit mehreren Jahren im kleinen erprobten Neuerung im Schiffsmaschinenbau darstellt. Es ist ein Schiff von 83,82 m Länge, 11,78 m Breite und 4,57 m Seitenhöhe. Es erhält Turbinen von 5400 PS mit einer Föttingerschen Transformatoranlage, welche die hohe Umdrehungszahl der Turbinen auf eine ökonomische der Schraubenwellen herabmindert. Das nähere über diese Neuerung finden unsere Leser in dem Aufsatz über den Föttinger-Transformator (Heft 5, S. 75). Dampfmaschinenbau. Von Dr.-Ing. Meuth in Stuttgart. Der starke Wettbewerb unter den verschiedenen Arten von Wärmekraftmaschinen zeitigt auch in dem so hoch entwickelten Dampfmaschinenbau noch Fortschritte. Zu den wichtigsten Neuerungen der letzten Zeit gehört die Stumpfsche Gleichstromdampfmaschine, die durch die Einfachheit ihrer Bauart, die geringe Zahl ihrer beweglichen Teile und den geringen Raumbedarf der hierin nicht zu übertreffenden Dampfturbine schon recht nahe kommt. Dabei erreicht die Oekonomie – bei nur einstufiger Expansion die der besten Mehrfachexpansionsmaschinen, hauptsächlich durch die Verminderung der abkühlenden Flächen im Zylinder neben einer außerordentlich geschickt durchgeführten Konstruktion im einzelnen. Durch diese Vorzüge erobert sich die Gleichstromdampfmaschine, die heute schon von einer Reihe von Firmen gebaut wird, immer weitere Anwendungsgebiete. Abgesehen von ihrer Ausführung als reine Betriebsmaschine hat ihre Verwendung zum Lokomotivbetrieb günstige Resultate ergeben, und auch für Lokomobilbetrieb kommt sie schon zur Ausführung, desgleichen zum Antrieb von Maschinen des Berg- und Hüttenbetriebes. Auch als Schiffsmaschine soll sie ausgeführt werden. Auch für die Entnahme von Heizdampf, die bei der Verbundmaschine aus dem Aufnehmer erfolgt, wird die Gleichstromdampfmaschine neuerdings eingerichtet. So darf man annehmen, daß der alten Kolbendampfmaschine nach ihren vielen Entwicklungsstufen schließlich durch die Rückkehr zur einfachsten Form auch bei der starken Konkurrenz der jüngeren Kraftmaschinen noch auf längere Zeit eine Existenz gesichert ist. Auch auf die Mehrfachexpansionsmaschine hat die einfache Bauart der Gleichstromdampfmaschine entschieden vereinfachend eingewirkt. Es sind zwar keine umwälzenden Aenderungen, aber man sucht auch schon die kleinsten Vorteile durch die konstruktive Gestaltung auszunutzen. Es ist eine allgemeine Erscheinung: je vollkommener die Einrichtungen werden, um so ähnlicher werden sie in ihren Ausführungsformen. Die Vielgestaltigkeit der früheren Dampfmaschinen ist bei neueren Maschinen nicht mehr zu beobachten. Das Zweckmäßigste wird eben bald Allgemeinheit der Konstruktion. Die gleiche Wahrnehmung der Vereinheitlichung der Ausführungsformen kann man auch bei den heutigen Dampfturbinen machen; äußerlich wenigstens unterscheiden sich die verschiedenen Bauarten kaum mehr voneinander, und durch den Uebergang zur kombinierten Bauart mit Geschwindigkeitsabstufung im Hochdruckteil und enger Druckabstufung im Niederdruckteil weisen auch im Arbeitsprinzip die Ausführungen der verschiedenen Firmen nur geringe Unterschiede mehr auf. Im Anwendungsgebiet der Kolbendampfmaschine und Dampfturbine hat sich jetzt schon eine ziemlich feste Scheidung vollzogen. Die Dampfturbine nimmt die großen und größten Einheiten ganz für sich in Anspruch. Noch vor wenigen Jahren hätte niemand geahnt, bis zu welchen ungeheuren Leistungen die Aggregate gebaut werden können. Heute sind Einheiten von 30000 PS im Betrieb keine Seltenheit mehr, und schon werden Mitteilungen über die Ausführung von Maschinen mit 40000 PS Leistung bekannt. So ist der Firma Brown, Boveri & Cie. für das städtische Elektrizitätswerk in Hagen in Westfalen eine Turbine dieser Größe in Auftrag gegeben worden, und demnächst sollen in einem amerikanischen Elektrizitätswerk zwei Dampfturbinen von 40000 PS in Betrieb genommen werden. Diese Maschinen nach Parsons-System laufen mit 750 Umdrehungen i. d. Min.; jede Maschine nimmt nur eine Grundfläche von 5 × 22 m ein. Je größer die Leistung, um so besser die Uebersichtlichkeit, und umso leichter die Wartung einer größeren Kraftstation. Die Leistungsvergrößerung begegnet bei Dampfturbinen aber weit geringeren Schwierigkeiten als bei Kolbendampfmaschinen, da wegen der großen Dampfgeschwindigkeiten die Durchgangsquerschnitte der Schaufelkanäle auch bei sehr großen Dampfmengen in ausführbaren Grenzen bleiben. Neben diesen großen und größten Einheiten kommt die Dampfturbine heule noch als Kleinturbine zum Antrieb von Hilfsmaschinen, namentlich von Pumpen und Kompressoren in Verbindung mit Abdampfverwertung vor. Wegen der großen Einfachheit und Anspruchslosigkeit im Raum gibt man hier trotz der schlechteren Dampfökonomie der Turbine den Vorzug vor der Kolbenmaschine, auch wegen des Vorteils, daß der zum Heizen usw. verwendete Abdampf aus der Turbine völlig ölfrei kommt. Für mittlere Leistungen, namentlich als reine Betriebsmaschine, wird die Kolbendampfmaschine ihre Bedeutung nach wie vor behaupten. Die Bestrebungen im Dampfmaschinenbau – das gilt sowohl für die Kolbendampfmaschine wie für die Turbine – gehen heute mehr wie je in der Richtung einer möglichst hohen Dampfausnutzung. Die Mittel hierzu – hohe Ueberhitzung und hohes Vakuum – sind wohl schon bis aufs äußerste in Anspruch genommen, so daß hier Vorteile von Belang nicht mehr zu erreichen sind. Eine rationelle Dampfausnutzung ermöglichte erst die Zwischendampf- und Abdampfverwendung, die nach und nach in alle Betriebe, in denen Wärme zu Heiz-, Koch- und anderen Zwecken benötigt wird, eingeführt wird. Die Tatsache, daß zur Erzeugung der mechanischen Energie in der Dampfmaschine nur ein kleiner Bruchteil der im Dampf enthaltenen Energie ausgenutzt werden kann, der größte Teil aber mit dem Abdampf aus Kühlwasser oder bei Auspuffmaschinen ins Freie geht, veranlaßt doch allmählich jeden größeren Betrieb zur Verwendung des Abfallproduktes. Mit der Verwendung des Abdampfes erhält auch die Dampfmaschine vor den wärmetechnisch überlegeneren Gas- und Oelmaschinen einen bedeutenden wirtschaftlichen Vorsprung. Die Ausnutzung des Abdampfes nimmt die verschiedensten Formen an. Wo solcher mit höherem Druck gebraucht wird, wie in Brikettfabriken, rüstet man eine Anlage zweckmäßig mit Gegendruck- und Kondensationsmaschinen aus; der zum Heizen der Trockenöfen verwendete Abdampf aus der Gegendruckmaschine gibt nach dem Verlassen der Trockenöfen seine Wärme noch an das Speisewasser ab. Ist nur eine geringe Menge Heizdampf nötig, so ist eine Kolbenmaschine oder Turbine mit Anzapfung einer Zwischenstufe am Platze. Bei vorhandener Anlage mit Auspuff und nicht genügender Verwendung für den Abdampf empfiehlt sich die Angliederung einer Abdampfturbine, die den Restdampf mit hohem Vakuum ausnutzt; namentlich in Berg- und Hüttenbetrieben erweisen sich solche Anordnungen vorteilhaft. Fast alle führenden Dampfmaschinenbauanstalten bieten heute ihre Maschinen mit Einrichtungen für eine rationelle Abdampf Verwertung art; insbesondere kommen hier die verschiedenen, vielfach selbsttätigen Reguliereinrichtungen in Betracht, welche einen sparsamen Dampfverbrauch sichern, auch unter den hier besonders verschiedenartigen Betriebsverhältnissen (wechselnde Leistung bei gleichem Heizdampfbedarf, oder konstante Leistung bei verschiedenem Heizdampfbedarf oder schließlich auch Veränderung beider Faktoren). Neben diesen Einrichtungen zur Verminderung des Dampfverbrauchs der Maschine selbst werden die Apparate zur Betriebskontrolle immer mehr verbessert. Wo es möglich ist, werden selbstregulierende und selbstregistrierende Vorrichtungen angewendet, die den Betrieb von der Gewissenhaftigkeit der Heizer und Maschinenführer unabhängiger machen. Solche Vorrichtungen machen sich durch die damit verbundene Dampfersparnis bald bezahlt. Es soll einem späteren Bericht vorbehalten bleiben, auf Einzelheiten solcher Neuerungen einzugehen. Untergrundbahnbau. Von Dipl.-Ing. H. Funck in Berlin. In Straßen, wo der Tunnelkörper die ganze Breite zwischen den beiden Hausfronten einnimmt, besteht bei dem Bau von Untergrundbahnen in offener Baugrube die Schwierigkeit, die anliegenden Häuser vor Schäden zu bewahren. Diese werden meist durch Fundamentsackungen verursacht, die sich alsdann durch Risse in den Wänden bemerkbar machen. Deshalb kommt es darauf an, selbst die geringsten Erdbewegungen zu vermeiden und den Spannungszustand der Erde, der ohnehin durch die meist erforderliche Grundwasserabsenkung beeinflußt wird, niemals plötzlich zu ändern. Bei der üblichen Bauweise wird die ganze Baugrube auf einmal ausgehoben. Sobald der Tunnelkörper aber in großer Breite und Tiefe eingebaut werden soll und ganz nahe an die Häuser heranrückt, bereitet diese Ausführung Schwierigkeiten. Man muß dann auf die Elastizität der Baugrubenwand und des Absteifungsmaterials Rücksicht nehmen. Um eine Deformation der Baugrubenwand zu vermeiden, muß man die als Rammträger benutzten Doppel-I-Träger und die zwischen ihnen fest eingekeilten hölzernen Bohlen zweckentsprechend anordnen und in ihrer Stärke reichlich bemessen. Eine zwar kostspieligere, aber in statischer Hinsicht bedeutend günstigere Baugrubeneinfassung bildet eine eiserne Spundwand, z.B. aus Larssen-Bohlen, deren Querschnitt ein großes Trägheitsmoment hat, und deren Stärke dabei so gering ist, daß sie bei dem Rammen leicht in die Erde eindringen, ohne daß sie erhebliche Erschütterungen veranlassen. Außerdem hat die Larssenwand den Vorteil, daß sie dicht an dem abzufangenden Erdreich anliegt und dadurch eine Erdbewegung verhütet, während man bei den wagerecht zwischen den Rammträgern liegenden Holzbohlen, die erst mit fortschreitendem Erdaushub nach und nach eingebracht werden können, nicht mit einem festen Anliegen rechnen kann, da wohl meist mehr Erde entfernt wird, als es für das Einbringen der Bohlen erforderlich ist; bei ihnen muß man- sich durch nachträgliches Hinterstopfen mit Erde behelfen, nachdem man durch Beklopfen festgestellt hat, daß die Bohle noch etwas hohl anliegt. Die Wirkung der Elastizität der Absteifungskonstruktion läßt sich nur durch einen zweckmäßigen Bauvorgang ausschalten, ist die Baugrube breiter als 15 bis 20 m, so kann man nur in ihrem oberen Teile, wo der Erddruck noch gering ist, von Außenwand zu Außenwand reichende Steifen einbauen, die man in der in Abb. 1 angedeuteten Weise stoßen wird. In dem tiefer gelegenen Teile der Baugrube, wo man es mit größerem Erddrucke zu tun hat, muß man von einer solchen Anordnung absehen, wenn man nicht die anliegenden Häuser gefährden will: die Steifen würden infolge des hohen Druckes in Richtung ihrer Längsachse erheblich zusammengepreßt werden und auch eine Durchbiegung erleiden. Ein geringes Zusammendrücken der Absteifungskonstruktion würde aber schon genügen, um die Verschiebung des unteren Teiles der Baugrubenwand herbeizuführen, und ein Nachrutschen der Erde wäre die unmittelbare Folge. Dazu kommt, daß der Erddruck durch den Häuserdruck noch verstärkt wird und zwar wird dies um so mehr geschehen, je näher die Häuser der Baugrube stehen, je größer ihre Last ist, und vor allem je weniger tief sie fundiert sind; denn die Wirksamkeit des Hausdruckes beginnt von Unterkante Hausfundament an. Von den Verfahren, die man zur Verhütung von Häuserrissen angewandt hat, sind die von besonderem Interesse, die neuerdings von der Gesellschaft für den Bau von Untergrundbahnen ausgeführt wurden. Textabbildung Bd. 328, S. 84 Abb. 1.Bauzustand vor Aushub des mittleren Kernes. a – Rammträger. b = Rundholzstütze zum Tragen der Fahrdammkonstruktion. c = Dichtungsschicht aus Asphaltfilzpappe, d = Deckenträger, e = Brunnenrohr für die Wassersenkungsanlage durch Rohr r mit einer Kreiselpumpe verbunden, f = Theoretisch ermittelte Gleitlinie. Man hob den Boden auf die ganze Baugrubenbreite bis zu einer ungefährlichen Tiefe, etwa bis auf den Grundwasserstand aus. Darauf wurden unter dem Schütze einer Grundwasserabsenkungsanlage zu beiden Seiten schlitzartige, rechteckige Baugruben ausgeschachtet, wobei die inneren Baugrubenwände nicht mehr so hoch zu sein brauchten. Solche schmalen Gruben können sicherer abgesteift werden und eine Deformation infolge Zusammenpressung der Steifen kommt nicht zur Geltung. In diesen Schlitzen wurden die Tunnelseitenwände aus Eisenbeton ausgeführt, die nun wie Futtermauern gegen das Erdreich wirkten. Obenauf verlegte man die endgültigen Deckenträger und betonierte sie an den Enden ein; dadurch war eine vorzügliche Aussteifung der Baugrubenwände erzielt. Nach Aushub des mittleren Erdkernes bestand noch die Gefahr des Ausrutschens des Tunnelwandkörpers auf der schlüpfrigen Dichtungsschicht, einer geteerten Asphaltfilzpappe, die den Tunnel vollkommen wasserdicht halten soll Diese Gefahr wurde durch geschickte Einfügung der in Abb. 1 mit 5 bezeichneten Steife beseitigt. Alsdann konnte der Sohlenkörper einbetoniert werden. Textabbildung Bd. 328, S. 84 Abb. 2.Bauzustand nach Fertigstellung des mittleren Teiles. d = Dichtungsschicht, r = Rammträger, die gleichzeitig als Stützen für die Baugrubenabdeckung (a) dienen. w = provisorische Wände In einem anderen Verfahren wurde zuerst mit dem mittleren Teile des Tunnels begonnen. Man stellte eine Baugrube her, deren Wände so weit von den Häusern entfernt waren, daß die von Unterkante Hausfundament abgehenden Gleitflächen nicht in die Baugrube fallen konnten. Somit hatte eine Bewegung der Erde über diesen Gleitflächen keinen Einfluß auf das Hausfundament. In dieser auf die erforderliche Tiefe ausgehobenen Baugrube wurden nun provisorische Wände aus Sparbeton nebst dem zwischenliegenden Sohlenstücke aus Eisenbeton und der endgültigen Tunneldecke aufgeführt. Erst jetzt wurde in den beiden seitlichen Schlitzen der Boden ausgehoben, indem die äußeren Baugrubenwände gegen das ein starres Widerlager bildende Mittelstück abgesteift werden konnten. Aus Abb. 2 ist ersichtlich, wie auch hier wieder der Deckenträger zur Aussteifung der Baugrube benutzt wurde. Nach Ausführung des seitlichen Tunnelkörpers wurden die provisorischen Zwischenwände entfernt. Um den Hausdruck vollends von der Baugrubenwand ernzuhalten, hat obengenannte Gesellschaft ein drittes Verfahren versucht. Dieses Verfahren beruht darauf, die Baugrubenwand auf der dem Erdreich zugekehrten Seite durch eine künstliche Bodenversteinerung zu verstärken, und ist nur möglich, wenn die natürliche Bodenbeschaffenheit an der betreffenden Stelle sandig ist. Mittels Tellerbohrers bohrte man mehrere Reihen nebeneinander liegender Löcher, indem man bei jedesmaligem Herausdrehen des Bohrers in das Loch Zementmilch hineinpreßte. Der Zement erhärtete dann mit dem Sandboden zu einem festen Betonkörper. Auf diese Weise erhielt man eine Betonmauer, ohne daß vorher irgend ein Bodenaushub stattfand.