Titel: Die Herstellung der Bronzefarbe in Vergangenheit und Gegenwart.
Autor: Wilhelm Theobald
Fundstelle: Band 328, Jahrgang 1913, S. 214
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Die Herstellung der Bronzefarbe in Vergangenheit und Gegenwart. Von Regierungsrat Dr.-Ing. Wilhelm Theobald in Berlin-Lichterfelde. (Fortsetzung von S. 186 d. Bd.) THEOBALD: Die Herstellung der Bronzefarbe in Vergangenheit und Gegenwart Die Einführung der Bronzestampfe um 1860. Die vorbeschriebenen Verfahren, soweit sie praktische Verwendung erlangt haben, beruhten durchweg darauf, daß geschlagenes Metall – einerlei ob Blattmetall oder dessen Abfall – durch Siebe, durchlöcherte Bleche oder dergleichen durchgetrieben und so zerkleinert wurde. Das Vorprodukt der Bronze war also ein zu erheblicher Dünne ausgehämmertes Metall. An das Zainen mußte sich, solange die reine Schawinereiberei die Oberhand hatte, das Schlagen des Lotmetalls, an dieses das Ausschlagen des Lotmetalls in den verschiedenen Pergament- bzw. Goldschlägerhautformen anschließen. Eine erhebliche Abkürzung bedeutete freilich schon Brandeis' Verfahren, das gezainte Metall maschinell bis zu einer das Blattmetall nicht erreichenden Verdünnung auszuschlagen. Die weitere Zerkleinerung nahm aber auch Brandeis noch durch Durchtreiben durch Siebe vor. Das Verdienst, der Bronzefabrikation einen völlig neuen Weg gewiesen zu haben, gebührt einem Nürnberger Quirin Schmidt, der 1861 die erste Stampfe zur Zerkleinerung der Bronze baute. Leider hat keine gedruckte Notiz die für die Bronzefarbenherstellung hochbedeutsame Erfindung unmittelbar festgehalten und verrät keine Darstellung aus jener Zeit das Aussehen dieser ersten Bronzestampfe. Ich verdanke Name des Erfinders wie Zeitpunkt der Erfindung lediglich der persönlichen Mitteilung des Seniorchefs der an der Entwicklung der Bronzefabrikation ruhmvoll beteiligten Firma Georg Benda, eines hochbetagten Zeitgenossen jenes Erfinders. Leider hat auch kein Privileg dem Erfinder die wirtschaftliche Ausnutzung seiner Schöpfung erlaubt, Schmidt ist in dürftigen Verhältnissen gestorben. Die Schmidtsche Stampfe hatte im großen und ganzen schon die Form der noch heute gebräuchlichen Sechserstampfe (Abb. 6), besaß aber nur vier statt sechs Stößel. Wie sie im Jahre 1868 aussah, schildert uns KieserKunst- und Gewerbeblatt 1868, S. 101 ff. mit den Worten: „Die Stempel dieser Pochwerke sind ganz von Eisen, die Pochtröge metallene Schalen. Das Auf- und Niedergehen der Pochstempel wird durch metallene Hebedaumen bewirkt; da aber gleichzeitig mit der auf- und niedergehenden Bewegung der Pochstempel eine wagerechte oder vielmehr spiralförmige Drehung derselben verknüpft wird, so sind oben auf den Pochstempeln wagerechte Getriebe aufgesetzt, welche durch eine liegende Welle mit Schrauben ohne Ende in drehende Bewegung gesetzt werden. Die liegende Welle empfängt durch Riemen und Riemenscheibe ihre Bewegung vom Motor. Die Pochtröge sind von viereckigen gußeisernen Kästen umschlossen, aus welchen durch eine Art Stopfbüchse die Pochstempel geführt werden.Hierin glich die alte Stampfe also der heutigen „Sechzehner Stampfe“ (vergl. Abb. 7). Dadurch soll das Verstauben des gepochten Metallpulvers möglichst verhütet werden. Unter den aufgesetzten Getrieben werden die Pochstempel durch genau abgedrehte Büchsen festgehalten. Die Pochwerke werden vornehmlich von Quirin-Schmidt am Wöhrderthore und von P. Fischer in der Laufergasse gefertigt“. Diese Pochwerke dienten zur Herstellung des sogen. „Stampfbrokats“. Man zerriß die Abfälle des Metallots und des schon weiter geschlagenen, aber noch nicht dünngeschlagenen Metalls zwischen Walzen mit vorstehenden Drahtspitzen und brachte dies zerrissene Metall unter die Pochwerke. Der gestampfte Brokat wurde durch Siebapparate nach Feinheit sortiert, der fertiggestampfte gewaschen, getrocknet und in besonderen Bürstapparaten mit Glanz versehen. Diese Bürstapparate haben wir uns als die Vorläufer der heutigen Poliermaschinen vorzustellen. Doch waren sie im Gegensatz zu letzteren senkrecht angeordnet und arbeiteten außer mit Bürsten auch so, daß die Bronze „durch Drahtflügel über narbigem, konvexem Boden von Weißblech geschlagen wurde“. Analog dem Stampfbrokat wurde der Handbrokat aus Abfällen des Lotmetalls, durch „Totschlagen“ desselben zwischen Pergamentformen erzeugt. Zum weiteren Verfeinern der Brokatbronze schaltete man den Prozeß auf der Reibmaschine ein, welche damals aus konischen Granitläufern über einer gußeisernen Platte bestand. Die so verfeinerte Brokatbronze wurde wohl auch als „Schawinbronze“ in den Handel gebracht. Neben dieser Bronzeherstellung behielt die Herstellung der echten, d.h. aus den Abfällen des fertig geschlagenen Metalls hergestellten Schawinbronze ihre Berechtigung. Denn sie blieb immer feiner als die Brokatbronze. Ein Jahresquantum von 80 Ztr. Schawinbronze verlangte etwa vier Männer und vier Mädchen, die auf vier Reibmaschinen das Vormahlen von Hand (der Mädchen) das sehr anstrengende Fertigmahlen und Schlämmen vornahmen. Das Färben der Bronze durch Anlassen blieb dem Werkmeister vorbehalten. Kieser erwähnt schon 50 Anlauffarben. Textabbildung Bd. 328, S. 215 Abb. 6.Sechser-Vorschroter von Sporer. Ueber die damalige Ausdehnung der Bronzefarbenindustrie macht Kieser die Angabe, daß Fürth an 120 Pochstempeln und 65 Reibmaschinen 36 männliche und 40 weibliche Arbeiter beschäftigte und damit jährlich 600 Ztr. Brokatbronze und 500 Ztr. Schawinbronze herstellte. Die erforderliche Energie lieferten DampK Wasser- und Handarbeit mit zusammen etwa 48 PS, wovon jede Stampfe (zu vier Stößeln) ½ PS und jede Reibmaschine ebenfalls ½ PS verbrauchte. In Nürnberg wurden 26 männliche und 38 weibliche Arbeiter, 76 Pochstempel und 34 Reibmaschinen zur Anfertigung von 140 Ztr. Brokatbronze und 529 Ztr. Schawinbronze pro Jahr beschäftigt. Die Kraft wurde teils Wasserkraftmaschinen (zusammen 16 PS) teils Dampfmaschinen (zusammen 18 PS) entnommen. Die Brokatbronze erzielte einen Preis von 200 bis 500 fl., die Schawinbronze von 750 bis 900 fl. f.d. Ztr. Auch über die Produktionskosten berichtet Kieser genau. Aus obigen Angaben ging hervor, daß die Schawinereiberei auch nach Einführung der Stampfen noch einen sehr erheblichen Anteil an der Gesamtproduktion an Bronze behielt. Noch 1873 berichtete das „Buch der Erfindungen“ wohl etwas übertrieben, daß die Schawinereiberei noch als die fast ausschließliche Methode der Bronzeherstellung anzusehen sei. Daneben muß das schon früher mehrfach aufgetauchte Verfahren, durch Feilen oder Schaben Bronze unmittelbar „vom Block“ zu gewinnen, wiederum versucht worden sein. Kieser berichtet von dessen Aussichtslosigkeit, „weil die auf diesem Wege erzeugten Farben nicht genügend decken, sich bald verändern und ihnen der Glanz abgeht, den die Bronzefarben haben sollen.“ Die heutige BronzeherstellungDie nachfolgende Schilderung entspringt Studien in den Bronzefarbenfabriken vorm. Carl Schlenk, Barnsdorf bei Nürnberg und von Eiermann & Tabor, Fürth, denen ebenso wie den Bronzefarbenfabriken Bernhard Ullmann & Co., Fürth, Georg Benda, Nürnberg, sowie der Maschinenfabrik Fr. Sporer, Nürnberg, auch für die mir überlassenen Angaben von Betriebseinzelheiten bzw. Maschinenabbildungen verbindlichst gedankt sei.. Unaufhaltsam brach sich die Stampfe erst Bahn, als ein weiterer Fortschritt gemacht war, nämlich das „gezainte Metall“ unmittelbar zu zerkleinern. Wenn wir zurücksehen, so vollziehen sich die epochemachenden Fortschritte in den Methoden der Bronzeherstellung unter der gleichen Tendenz, fortwährend gröbere Vorstufen des fertig geschlagenen Metalls zur Zerkleinerung heranzuziehen. Die Schawine-Reiberei, das Verfahren von Brandeis und das von Quirin Schmidt sind Etappen auf diesem Wege, der zu dem unmittelbaren Verarbeiten des „gezainten Metalls“ in der Stampfe führte. Durch letzteren Fortschritt ist es erklärlich, daß 1883Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt, München 1883, S. 412. bereits 2000 Stampfen in den Für-ther Fabriken gezählt werden, die wöchentlich 400 Ctr. Brokat und Bronze erzeugten. Textabbildung Bd. 328, S. 216 Abb. 7.Sechzehner-Stampfe von Sporer. Auf dem Stampfen des gezainten Metalls beruht auch heute noch ein großer Teil der Bronzeherstellung, die noch immer in und um Fürth ihre hauptsächlichsten Erzeugungsstätten besitzt. Ist jedoch die Metallschlägerei in den Städten heimisch, so ist ihre lärmende Schwester aus deren Weichbild in die Einsamkeit verbannt. Manch stilles Waldtal in Fürths und Nürnbergs Umgebung erbebt deshalb unter dem knatternden Schlag zahlreicher Hämmer und Tausender von Stampfen, die auf Kilometerweite ihren ehernen Rhythmus ertönen lassen. Aber auch ohne diesen ohrenbetäubenden Empfang würde ein Besucher dieses Industriezweiges wissen, was das Produkt dieser lärmenden Werke ist. Das verraten ihm die von Bronze glänzenden, oft einen vollständigen Metallüberzug tragenden Gesichter und Hände der Arbeiter, die uns in der Nähe solcher Betriebe begegnen. Scheuen wir nicht das höllische Rasseln und Stampfen und treten wir ein. Freilich müssen wir meist auf mündliche Verständigung mit unserem Führer verzichten und aus dessen lakonischen Bleistiftnotizen entnehmen, worüber der Augenschein nicht ohne weiteres aufklärt. Bronzearten und -verwendung. Um einen Einblick in die Mannigfaltigkeit der Bronzefabrikate zu gewinnen, empfiehlt es sich, unsern Rundgang in dem Abwiege- und Verpackraum zu beginnen. Zahlreiche Frauen, zum Schutz von dem überall die Luft erfüllenden Bronzestaub das Haar in ein Häubchen geborgen, füllen auf empfindlichen Wagen Briefe, Kartons, Fläschchen mit den verschiedenfarbigsten Bronzen. Denn nicht allein die ungefärbten, nur durch die verschiedenen Legierungsstufen von Kupfer und Zink erzeugten sogenannten Goldbronzen bieten zahlreiche Abtönungen, welche von Bleichgold, der kupferhaltigsten Bronze, über das Reichbleichgold und Reichgold zu der kupferärmsten Messingbronze (2 Cu, 1 Zn) gehen. Weitere Nuancen entstehen durch die verschiedenen Färbungen, die man den reinen Bronzen durch Anlassen über dem Feuer, durch Behandlung mit Chemikalien usw. zu geben vermag. Hierzu liefern Kupfer-, Aluminium-, Zink- und Weißmetallbronze, gleichfalls in natürlicher und gefärbter Form, weitere Spielarten. So weist die Musterkarte der größten Fabrik, der Bronzefarben werke A.-G. Carl Schlenk in Barnsdorf bei Roth a. Sand, folgende Nuancen auf: An gelben Nuancen: Bleichgold hell, Bleichgold dunkel, Reichbleichgold dunkel, Reichbleichgold hell, Reichgold hell, Reichgold dunkel, Messingbronze, Englischgrün, Dukatenfarbe, Goldfarbe, Freskogold, Rotgold, Zitron, Hochgelb, Orange; an roten Nuancen: Naturkupfer, Braun, Feuerrot, Scharlach, Carmin, Carmoisin, Fleischfarbe, Violet, Lila; an grünen Nuancen: Hellgrün, Dunkelgrün, Patent-Gelbgrün, Patent Olivegrün, Patent-Smaragdgrün, Patent-Neugrün, Patent-Dunkelgrün, Patent-Seegrün; an blauen Nuancen: Hellblau, Dunkelblau, Patent-Blaugrün, Patent-Hellgrün, Patent-Dunkelblau, Patent-Marineblau, Patent-Lila, Patent-Violet, ferner Silberflora, Aluminium, Patent-Rotviolet, Patent-Rosa, Patent-Alussen, Patent-Purpur, Patent-Granat, Patent-Antique. Unsere volle Bewunderung verdient deshalb die erstaunliche Sicherheit, mit der ein geübter Lagermeister durch bloße Prüfung der Farbe und Zerreiben der Bronze auf dem Handballen den Charakter jeder Bronze zu bestimmen vermag. Mannigfach sind auch die Verwendungsarten der Bronzen. Kunstgegenständen, Goldleisten und -Rahmen, Metallwaren, Gipsfiguren, Porzellan erteilt sie metallischen Ueberzug; der Buchbinder braucht sie zur Herstellung des Buchschnitts und der Prägung; Maler, Buchdrucker und Lithograph verwenden sie auf Leinwand, Letter und Stein; Tapetenmuster erhalten durch sie ihre Lichter usw. Die Herstellung der Bronze aus dem gezainten Metall. Der Begriff gezaintes Metall ist schon mehrfach geraucht worden. Es ist unter dem Zainhammer zu Papierdünne ausgehämmertes Blech, dessen Herstellung im folgenden kurz behandelt werde.Eine genauere Schilderung nebst Abbildungen findet der Leser in des Verfassers Abhandlung „Die Herstellung des Blattmetalls in Altertum und Neuzeit“ in Jahrgang 1912 Heft 833, 842, 843, 844, 845 von Glasers Annalen für Gewerbe und Bauwesen. Vorbereitende Arbeiten. Die Kupferzinklegierungen in den wesentlichsten Zusammensetzungen von 85 Cu – 15 Zn (Bleichgold), 75 Cu – 25 Zn (Reichbleichgold) und 70 v. H. Cu – 30 v. H. Zu (Reichgold) werden zu schlanken „Stengeln“ gegossen, diese unter dem Stengelhammer plattgeschlagen und in mehreren Stichen, unterbrochen von öfterem Glühen, zu Bändern von etwa 3 cm Breite und 25 m Länge ausgewalzt. In Stücke von 60 cm abgelängt, wird das Band nun unter Schwanzhämmern von 300 bis 400 Schlägen in der Minute dem Zainprozeß unterworfen, der mit Lagen von 3 cm Breite und 100 bis 120 Stück beginnend, unterbrochen von mehrfachem Glühen, Beizen in verdünnter Schwefelsäure, Sieden in Weinsteinlösung, Scheuern und Trocknen mit etwa 2000 Lagen von 24 cm Breite schließt. Das Produkt dieses Prozesses ist das „gezainte Metall“ oder „Zainmetall“, das in seinen fehlerfreien Stücken das Ausgangsmaterial des unechten Blattgoldes (Metallgoldes) bildet, teilweise auch als selbständiges Handelsprodukt (Rauschgold) namentlich nach Indien exportiert wird, im übrigen die Vorstufe der Bronzefarbe abgibt. (Fortsetzung folgt.)