Titel: Fortschritte im Bau von Gleisrückmaschinen.
Autor: M. Schwahn
Fundstelle: Band 329, Jahrgang 1914, S. 193
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Fortschritte im Bau von Gleisrückmaschinen. Von M. Schwahn in Berlin. SCHWAHN: Fortschritte im Bau von Gleisrückmaschinen. Den Gegenstand der folgenden Betrachtung sollen neuere maschinelle Vorrichtungen zum Verschieben der Gleise von Trockenbaggern bilden. Die Gleise, auf denen die Bagger parallel zu den Arbeitsflächen der abzutragenden Erdmassen fahren, müssen, dem Fortschreiten der Baggerarbeit entsprechend, zeitweise quer zu ihrer Richtung um ein bestimmtes Maß verschoben werden, damit die Angriffsflächen ständig in dem Arbeitsbereich des Baggers liegen. Dieses Verschieben der Gleise, das „Rücken“, ist sehr umständlich und kostspielig, wenn es von Hand bewerkstelligt wird. Es ist daher schon frühzeitig versucht worden, die Arbeit der nur mit dem „Rücken“ beschäftigten Mannschaft durch Maschinenarbeit zu ersetzen, aber erst die seit etwa drei Jahren in Gebrauch stehenden Gleisrückmaschinen haben den genannten Zweck erreicht. Textabbildung Bd. 329, S. 193 Abb. 1. Amerikanische Gleisrückmaschine. Die ersten stetig arbeitenden Gleisrückmaschinen beruhten auf dem Prinzip, daß auf dem seitlich zu verschiebenden Gleise eine aus drei hintereinander fahrbar angeordneten Druckmitteln bestehende Vorrichtung diese Verschiebung bei ihrer Fortbewegung selbsttätig herbeiführt, wenn eins der äußeren Druckmittel durch vorheriges Beiseitezwängen des Gleises gegen die beiden andern versetzt worden ist. Bei der Gleisrückmaschine nach dem amerikanischen Patent 860761, (Abb. 1) sind zwei Druckmittel in Gestalt von je zwei zu einem Drehschemel gehörigen Räderpaaren zu einem Drehschemelgleiswagen vereinigt, während das äußere dritte Druckmittel in Form einer doppelten Zwangrolle einseitig den Kopf einer Schiene des Fahrgleises erfaßt. Zum Anlüften und Auswärtszwängen der Schiene und des damit starr verbundenen Baggergleises dienen unter Zuhilfenahme eines an den Gleiswagen angekragten Trägers oder Auslegerarmes zwei auf dem Wagen angebrachte Windwerke. Das britische Patent 3875 unterscheidet sich von dem vorbezeichneten dadurch, daß der Drehschemelgleiswagen durch den fahrbaren Bagger selbst ersetzt ist, und die an der Baggervor- und Rückseite angebrachten Auslegerarme mit dem äußeren Druckmittel unmittelbar am Bagger angebracht sind. Durch diese amerikanische und britische Maschine ist zwar die Aufgabe des kontinuierlichen und mechanischen Gleisrückens gelöst, doch haben sich beide Maschinen auf die Dauer im praktischen Betriebe wegen verschiedener Mängel nicht halten können. Als ihr schwerster Fehler hat sich die ungünstige und ungleiche Kräfteverteilung bei der gekennzeichneten Anordnung der Druckmittelräder und -Rollen erwiesen. Denn der Reaktionsdruck in seitlicher Richtung bei Auslegermaschinen ist rechnungsgemäß für die Druckmittel der Gleiswagen immer erheblich größer als für das Druckmittel, das am Ende des Auslegerarmes die Seitenzwängung des Gleises verursacht. Außerdem erfordert die stets auftretende ungünstige Wirkung der Reaktionsdruckkräfte eine besonders große Widerstandsfähigkeit der diese Kräfte aufnehmenden Druckmittel. Bei den verwendeten Gleis- oder Drehschemelwagen, wo diese Druckmittel in Form der mit Spurkränzen versehenen Fahrräder auf die Gleisschienen wirkten und wagerecht, beziehungsweise seitlich die Reaktionskräfte auf die Schienen zu übertragen hatten, mußten die Wagen sehr schwer gebaut und noch besonders belastet werden, um ein seitliches Herauszwängen der Räder aus den Schienen oder ein Umkippen der Gleisrückmaschine zu verhindern. Eine derartige Maschine hatte mit Ballast ein Gesamtgewicht von 15000 kg bei einer Gesamtlänge des Auslegerarmes von 23 m. Textabbildung Bd. 329, S. 194 Abb. 2. Arbeitsvorgang der Gleisrückmaschine. Einen Fortschritt stellte der Ersatz der Laufräder des Drehgestell- oder Baggerwagens, soweit sie zur Aufnahme des seitlichen Reaktionsdruckes bestimmt waren, durch Druckrollen dar, welche seitlich zur Lauffläche der gedrückten Schiene angriffen (Abb. 2). Jedoch haben sich auch diese Konstruktionen wegen des bleibenden Uebelstandes der ungünstigen Wirkung und Kräfteverteilung in der Praxis nicht bewährt, ebensowenig wie die durch Ankragung von Auslegerarmen als Gleisrückmaschinen ausgebildeten Bagger. Textabbildung Bd. 329, S. 194 Abb. 3. Gleisrückmaschine. Ein weiterer Mangel aller Auslegergleisrückmaschinen, bei denen grundsätzlich immer ein äußeres der drei Druckmittel zum Beiseitezwängen des Gleises benutzt wurde, war die Verschlechterung der Lage der Baggergleise durch die Bewegung der Maschinen. Die Fehler in der Gleislage vermehrten sich im Verhältnis des größten seitlich wirkenden Reaktionsdruckes zum aufgewandten Druck des Auslegerdruckmittels. Eine nachträgliche mühevolle Ausrichtung des verschobenen Gleises war daher bei Benutzung dieser Gleisrückmaschinen unter Umständen unvermeidlich. Eine wesentliche Umgestaltung und Vervollkommnung den Auslegermaschinen gegenüber haben neuere nach dem deutschen Patent Nr. 242464 (Arbenz und Kammerer) und Nr. 242575 (Richard Kleber) gebaute Maschinen gebracht, wie sie seit einigen Jahren in Braunkohlentagebauen und bei der Materialgewinnung für Sandspülversatz Verwendung finden. Das wesentliche Merkmal dieser neuesten Maschinen bildet die Benutzung des mittleren der bei stetig arbeitenden Gleisrückmaschinen angeordneten drei Druckmittel zum Beiseitezwängen des Gleises an Stelle der bisherigen ausschließlichen Verwendung eines der äußeren Druckmittel bei der Einleitung wie auch der weiteren Fortführung der Gleisverschiebungsarbeit. Infolgedessen tragen diese Maschinen den auch äußerlich erkennbaren Charakter einer Brückenmaschine an sich. Die Verwendung des „Brückenprinzipes“, das ist die Einschaltung eines mittleren Druckmittels zum Verschieben des Gleises zwischen den äußeren Auflagerdruckmitteln eines Brückenträgers (Abb. 3), hat zu wesentlichen technischen Vorteilen hinsichtlich der zweckentsprechenden Verteilung der bei der Gleisverschiebung auftretenden Reaktionskräfte geführt. Unter der Annahme gleicher Gleisverschiebungswiderstände und gleicher Abstände der in beiden Fällen verwendeten drei Druckmittel oder Angriffstellen ergibt sich für die neue Vorrichtung mit dem mittleren verschiebenden Druckmittel ein seitlicher Reaktionsdruck auf die beiden äußeren Druckmittel vom vierten Teile des Reaktionsdruckes auf die beiden nicht rückenden Druckmittel der früheren Auslegergleisrückmaschinen. Diese günstigere Kräfteverteilung der neuen Anordnung wie ihre Wirkungsweise ergeben sich ohne weiteres aus den Abb. 3 und 4. Die Brückengleisrückmaschine kann daher auch mit vierfach größerer Sicherheit arbeiten und wesentlich leichter gebaut werden als die früheren Gleisrückmaschinen. Außerdem werden die bei der Gleisausrichtung unvermeidlichen Abweichungen von der linearen Ausrichtung bei der neuen Vorrichtung nicht wie bei den vorbekannten Auslegermaschinen durch die Kräfteverteilung in seitlicher Richtung vergrößert, sondern im Gegenteil, wegen der gleichförmig von dem mittleren auf die beiden äußeren Druckmittel übertragenen Kräfte von je der Hälfte der aufgewendeten seitlichen Verschiebungskraft verkleinert. Textabbildung Bd. 329, S. 194 Abb. 4. Wirkungsweise der Gleisrückmaschine. Infolge der starken wagerechten und zudem ungleichmäßigen Reaktionsdrucke auf die Räder lag bei den amerikanischen Maschinen stets die Befürchtung nahe, daß sich die Schienen entgegengesetzt der beabsichtigten Richtung verschieben konnten, sofern nicht durch das Anheben der zu verschiebenden Gleisstrecke der vordere Drehschemel ausreichend belastet wurde. Durch die Brückenmaschinen aber ist es möglich, mit geringerem Kraftaufwande und trotzdem mit hinreichender Genauigkeit die Verlegung von Gleisen fortlaufend vorzunehmen, weil beim Anheben des Gleises sämtliche Fahrräder gleichmäßig belastet, und beim Verschieben des Gleises gleich starke Reaktionsdrucke aufgenommen werden. Die Einzelheiten zum Lüften und Querzwängen der Gleisstrecke an dem mittleren Druckmittel bei Patent 242464 zeigt Abb. 2. Die Aufstellung der Brückenmaschine erfolgt wie bei den Auslegermaschinen auf den Transportgleisen des Baggers. Bei der Konstruktion nach Patent Nr. 242575 fährt die Maschine nur auf einer Schiene des Baggergleises entlang, und zwar mit Hilfe von Druckrollen, die an Stelle von Laufrädern mit Spurkränzen an dem Schienenkopfe geführt werden. Beide Maschinengattungen können mit Leichtigkeit Weichen durchfahren, was als besonders zweckmäßig erscheint, wenn im Großbetriebe ein und dieselbe Gleisrückmaschine für mehrere Baggerbetriebe auf verschiedenen Baggergleisen Verwendung finden soll. Es mag noch hervorgehoben werden, daß diese Maschinen ohne Anheben des Gleises, auch bei schlechtem Wetter und dementsprechend ungünstigen Gleisbettungsverhältnissen eine Gleisverschiebung bewirken, wie durch mehrfache Versuche bestätigt worden ist. Naturgemäß wird aber das Gleis sehr geschont, wenn durch Anheben der Reibungswiderstand der Schwellen auf dem Erdreich beseitigt wird.