Titel: Polytechnische Rundschau.
Autor: Sander
Fundstelle: Band 329, Jahrgang 1914, S. 297
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Polytechnische Rundschau. Polytechnische Rundschau Elektrizitätsversorgung der Großstädte. In Heft 4 bis 6 der elektrotechnischen Zeitschrift d. J. untersucht G. Klingenberg die Wirkung verschiedener Belastungsarten auf die Erzeugungs- und Verteilungskosten elektrischer Energie, namentlich für Großstädte an Hand dreier typischer Beispiele: der Berliner Elektrizitätswerke, der Commonwealth Edison Company in Chicago und der behördlichen Londoner Elektrizitätswerke. – Die Entwicklung dieser Elektrizitätswerke geht aus folgenden Zahlen hervor: 1900 1905 1912 die Berliner Elektrizitätswerke        verkauften 70 126 245 Mill. KW/Std. die Chicagoer Elektrizitäts-         werke verkauften 34 93 712       „ Die Londoner Werke waren von vornherein durch gesetzliche Bestimmungen, namentlich durch Zentralisierung der Krafterzeugung, in ihrer Entwicklung gehindert. Für den Strompreis kommen in Betracht: 1. die Anlagekosten. Die auf die Einheit der Maschinenleistung entfallenden Kosten werden mit der Größe der Maschinensätze geringer, also bei weitgehender Zentralisierung. Große Werke arbeiten daher mit Einheiten von 20000 und 30000 KW. Bei der Verteilungsleitung kommt man zum umgekehrten Ergebnis. Hier sind für große Werke in anderer Richtung Vorteile zu suchen. Diese liegen in der Erhöhung der Netzspannung. Erweiterungen von Kraftwerken sollten mit Spannungen von 20000 bis 30000 Volt ausgeführt werden. Hierbei können noch Leistungen von 10000 KW in einem Kabel übertragen werden. Verbilligend wirkt auch die Schaffung eines einheitlichen Drehstromnetzes mit geschlossenem Niederspannungsnetz, da die Transformierung des Wechselstromes vier bis fünfmal geringere Anlagekosten erfordert als die Umwandlung von Wechselstrom in Gleichstrom. Die Betriebsicherheit reiner Wechselstromwerke ist nach der Erfahrung nicht viel geringer. Der Vorteil der Batteriereserve wird durch die Kompliziertheit der Anlage erkauft. Für die Bemessung des Strompreises wird eine Kapitalverzinsung von 6 bis 8 v. H. für ausreichend gehalten. Elektrizitätswerke, die der Allgemeinheit dienen, sollten keine größeren Ueberschüsse abwerfen; diese sollten zur Erniedrigung der Strompreise dienen. Abgaben an Gemeinden für gewisse Rechte sind hauptsächlich in Deutschland hoch; in England sind sie außerordentlich niedrig. Mit einer Abschreibung für Zentrale, Unterstationen und Verteilungsnetze von 3 bis 4 v. H., für die Kupferleitungen von 2 v. H., wird den weiteren Berechnungen eine Gesamtverzinsung von 10 v. H. bzw. von 8 v. H. für Kabel zugrunde gelegt. Die Betriebskosten setzten sich aus den Erzeugungskosten, den Fortleitungskosten und den Kosten für den Netzverlust zusammen. Erstere nehmen mit der Größe der Maschinensätze erheblich ab. Die Fortleitungskosten lassen sich bei planmäßiger Zentralisierung namentlich unter Verwendung von Wechselstrom verringern. Die Netzverlustkosten, die bei älteren Werken bis zu 20 v. H. betrugen und bis zu 12 v. H. der Einnahmen verschlangen, lassen sich mit Vergrößerung und Vereinheitlichung der Anlage auf die Hälfte verringern. Der Belastungsfaktor, das ist das Verhältnis der mittleren Leistung der Zentrale zu deren Spitzenleistung, der auf die Betriebskosten von Einfluß ist, läßt sich, wenn man im allgemeinen die Verwendung des Stromes kennt, im voraus bestimmen; von Einfluß darauf sind hauptsächlich Kraft, Bahn und Licht. Für Großstädte ist erfahrungsgemäß die Form der Stromkurve für jede dieser drei Kategorien annähernd gleich infolge der gleichen Lebensgewohnheiten in den Großstädten. Es betragen die Belastungsfaktoren für Licht angenähert 18 v. H. Kraft 50 Bahn 50 Für Licht ist die mittlere Jahresbelastung aus der mittleren Sommer- und der mittleren Winterkurve berechnet. Mit Hilfe eines Kurvenblattes, welches die Abhängigkeit des resultierenden Belastungsfaktors von dem jeweiligen Verhältnis von Kraft-, Bahn- und Lichtverbrauch darstellt, kann man den resultierenden Belastungsfaktor annähernd im voraus bestimmen, wenn der prozentuale Konsum für Licht, Kraft und Bahn bekannt ist. Die wichtigsten Angaben über die drei genannten Werke enthält die nachstehende Zusammenstellung: Chicago hat vorwiegend Bahnkonsum (70 v. H.), London vorwiegend Licht (60 v. H.) und Berlin annähernd in gleichem Verhältnis Kraft-, Licht- und Bahnkonsum. Aus der Zusammenstellung geht der Einfluß der Größe des Werkes auf die Anlagekosten hervor; bei Chicago sind die teuren Preise und die unterschiedliche Bauweise zu berücksichtigen. An Hand von Kostencharakteristiken (Abhängigkeit der Gesamtkosten, der Erzeugungs- und Netzverlustkosten von dem Ausnutzungsfaktor) kommt man zu folgendem Ergebnis beim Vergleich der drei Werke: Auf die Betriebskosten hat der Ausnutzungsfaktor einen sehr erheblichen Einfluß. Um jedes Prozent besserer Ausnutzung ermäßigt sich der Normalstrompreis um etwa 3 v. H. Die Berliner Werke arbeiten trotz kleinerer Zentralen billiger als die Chicagoer, während die Londoner Werke bei annähernd gleicher Ausnutzung infolge der kleinen Zentralen am ungünstigsten arbeiten. In Chicago kommen die höheren Löhne und Gehälter für den Normalstrompreis in Betracht. Berlin ist durch die Brennstoffausnutzung überlegen; einen Ausgleich bilden aber wieder die höheren Brennstoffpreise. Berlin Chicago London Stromverbrauch pro Einwohner    KW/Std. 170 310 110 Installierte Gesamtleistung                  KW 137000 221700 298400 Mittlere Größe eines Kraftwerks          KW 23000 37000 4670 Anlagekosten des KraftwerksAnlagekosten des NetzesGesamtanlagekosten M proinstallierteKW 363606969 4877381225 6758131488 Erzeugte KW-Stunden                        Mill. 274 684 405 Verkaufte KW-Stunden                      Mill. 216 640 320 Davon Licht                                       v. H. 24 19 61 Kraft                                                  v. H. 45 12 27 Bahn                                                  v. H. 31 69 12 Belastungsfaktor =\frac{\mbox{mittl. Leistung}}{\mbox{Spitzenleistung}} d. Zentrale 0,33 0,41 0,25 Ausnutzungsfaktor =\frac{\mbox{mittl. verkaufte Energie}}{\mbox{install. Gesamtleistung}} 0,18 0,33 0,12 Netzwirkungsgrad =\frac{\mbox{verkaufte KW/Std.}}{\mbox{erzeugte KW/Std.}} 0,79 0,80 0,79 Reservefaktor =\frac{\mbox{installierte Leistung}}{\mbox{Spitzenleistung}} 1,45 1,11 1,61 Betriebskosten pro verkaufte KW/Std.  Pf. 16,180 9,225 19,921 Gesamtausgaben „         „             „      Pf. 8,300 4,604 8,895 Bruttogewinn       „         „             „      Pf. 7,880 4,621 11,026 Für die Möglichkeit von Verbesserungen bestehender Werke zeigen die Ergebnisse, daß dieselben in erster Linie bei den Kraftwerken durch eine Erzeugung in großen modernen Zentralen zu erreichen sind. Die Netzkosten werden davon viel weniger beeinflußt. Die Durchrechnung eines Beispiels, bei dem mit Londoner Verhältnissen die Umwandlung von 22 bestehenden Wechselstromkraftwerken in ein einziges Großkraftwerk von einer verfügbaren Leistung von 83000 KW vorgenommen wird, ergibt bei gleichen Strompreisen einen Ueberschuß von 5,3 Mill. M nach der Aenderung ohne Aenderung der bestehenden Verteilungssysteme. Wird das neue Werk in größerer Entfernung, etwa in einen Kohlenbezirk, verlegt, so wird unter Berücksichtigung geringerer Frachtkosten und geringerer Erstellungskosten, ferner höherer Fernleitungskosten, von etwa 30 v. H. Ausnutzung ab das Fernwerk vorteilhafter als das Nahwerk. Die billigeren Frachtkosten würden allein ein Fernwerk nicht rechtfertigen, wenn nicht die Ausnutzung eines billigen Brennstoffes und die Gewinnung weiterer Produkte wie Stickstoff, Teer, Oele usw. dazu kommt. M. Die Verwendung der Meßdose zur Bestimmung von Drücken. In letzter Zeit hat die hydraulische Kraftmessung mit Hilfe der Meßdose infolge ihrer Zuverlässigkeit auch für weitere Kreise Bedeutung erlangt. Der Gedanke, die zu messende Kraft in Flüssigkeitsdruck umzusetzen und diesen durch eine Meßvorrichtung zu bestimmen, liegt allerdings bereits längere Zeit zurück. Schon vor mehr als 30 Jahren versuchte ihn Albert Hamilton Emery in New York beim Entwurf von Meßwerkzeugen zu benutzen. In Deutschland aber ist es in erster Linie das Verdienst von A. Martens, auf diesem Gebiet bahnbrechend gewirkt zu haben. Von ihm rührt die durch Einfachheit der Bauart und Zuverlässigkeit ausgezeichnete Meßdose her, die in der Abbildung dargestellt ist. Sie besteht aus dem zylindrischen Gehäuse g, in welches der Deckel d durch die Kraft P hineingedrückt wird. Textabbildung Bd. 329, S. 297 Letzterer ruht auf der aus Messingblech oder Gummi bestehenden Membran m, unter der sich die Flüssigkeit e befindet. Der Deckel wird durch die Kraft P eine Drucksteigerung im Flüssigkeitsraum hervorrufen, die durch ein an diesen angeschlossenes Manometer gemessen werden kann. Es ist hierbei unbedingt notwendig, daß der Raum unter der Membran völlig luftleer ist, da der Deckel etwa vorhandene Luft elastisch zusammendrücken würde, bis er an seiner unteren Spielbegrenzungsflache angelangt wäre. Der Druck würde sodann auf diese und nicht, wie beabsichtigt, auf das Membranblech übertragen werden. Das Spiel des Deckels wiederum darf nur ganz gering, höchstens 0,2 mm sein, da sonst ein Durchdrücken des Messingblechs zu befürchten ist. Zur Bestimmung der Flüssigkeitspressung wird am besten ein Spiegelmanometer verwendet. Es beruht auf denselben Grundsätzen wie der zur Feststellung von Längenänderungen vielfach benutzte Spiegelapparat von Martens. Die Formänderung einer Bourdon-Feder des Hochdruckmanometers wird auf eine Schneide übertragen. Diese versetzt einen mit ihr festverbundenen versilberten Glasspiegel in eine drehende Bewegung, deren Größe von der Formänderung der Bourdon-Feder abhängig ist. Letztere kann mit Hilfe eines Fernrohres auf einer Millimetereinteilung abgelesen werden. Es hat sich nun herausgestellt, daß die Spaltbreite, d.h. die Entfernung des Deckels vom inneren Gehäuserand an der untersten Stelle, sowie die relative Stellung des Deckels zu dem feststehenden Gehäuse und die mit ihr zusammenhängende Durchbeulung des Membranbleches von Einfluß auf die Kraftanzeige sind. Es ist Dr.-Ing. Szitnick zu verdanken, daß jetzt auch in bezug hierauf Klarheit herrscht. Szitnick nahm seine Versuche an einer 10 t-Meßdose vor, bei welcher das Membranblech eine Stärke von 0,205 mm aufwies, und der Flüssigkeitsdruck 50 at erreichen konnte. Zur Veränderung der Spaltbreite war am unteren Rand des Deckels ein Ring R (vgl. Abbildung) aufgepreßt, der im Verlauf der Versuche nach und nach abgedreht wurde. Eine verschiedene Deckelstellung wurde dadurch erreicht, daß man den Flüssigkeitsraum mit einem Wasserbehälter in Verbindung setzte. Durch das unter einem gewissen Druck zuströmende Wasser konnte der entlastete Deckel bis in seine höchste Stellung gehoben werden. Wurde aber der Zufluß durch ein Absperrventil unterbrochen, blieb der Deckel in seiner augenblicklichen Lage. Hingegen sank der belastete Deckel in die tiefste Stellung bei geöffnetem Ventil. Die nach Einbau in einen Kontrollstabprüfer vorgenommenen Untersuchungen lieferten im wesentlichen folgende Ergebnisse: Bei kleinem Spalt ist die Lage des Deckels ohne großen Einfluß auf die Kraftanzeigen. Diese fallen indessen bei breiterem Spalt fast proportional den Deckelstellungen. Das Verhältnis der zu messenden Kraft zur Druckanzeige, die sogenannte hydraulische Uebersetzung, ist bei allen Spaltbreiten ziemlich unverändert, sofern das Deckelspiel nicht bedeutend wird. Mit kleiner werdendem Verhältnis der Spaltbreite zur Blechstärke wächst die Uebersetzung. Die Druckanzeigen wachsen bei allen Deckelstellungen nahezu proportional der Spaltbreite, wenn diese ≥ 3,7 mm. Daß die Zuverlässigkeit der Messung durch Aufsitzen des Deckels in seiner tiefsten Stellung leidet, ist selbstverständlich. Schmolke. ––––– Ritzel aus Baumwolle. Bei der hohen Umfangsgeschwindigkeit elektromotorisch angetriebener Maschinen verursacht die Verwendung metallischer Ritzel oft störende Geräusche. Es lag daher der Gedanke nahe, anderes Material, z.B. Rohhaut, Papier usw. zu benutzen. Diese Stoffe leiden aber stark unter klimatischen Einflüssen. Sie quellen bei Feuchtigkeit auf und trocknen bei Hitze zusammen. Derartige wenig schätzenswerte Eigenschaften besitzt Baumwolle nicht. Seit 1909 stellt daher die General Electric Co., Schenectedy in Amerika, Ritzel in der Weise her, daß Baumwolle in Oel gekocht, in Formen gepreßt und der so gefertigte Kolben mit seitlichen Armierungen verschraubt wird. Der Erfolg entsprach allen Erwartungen. Allein im Jahre 1912 wurden über 10000 Ritzel verkauft. Die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft, Berlin, entschloß sich daher, die Fabrikation für Deutschland zu übernehmen. Da eine Massenproduktion in amerikanischem Umfang hier nicht möglich ist, werden unarmierte Kolben auf Lager gehalten, die im Bedarfsfall auf die gewünschte Größe gebracht werden. Es ist gelungen, genügend feste Preßkörper ohne Verwendung eines Bindemittels herzustellen. Letzteres unterliegt nämlich in der oben gekennzeichneten Weise den Witterungseinflüssen und lockt Ungeziefer an. Die Baumwolle kann als gewebter Stoff und in Watteform Verwendung finden. Vor dem Gebrauch findet bei einem Druck von 200 kg/cm2 die Verschraubung mit den Armierungen statt. Auf der Zerreißmaschine ergab sich für ein Probestück eine Bruchfestigkeit von 1700 kg/cm2, eine Dehnung beim Bruch von 3 mm und durch die Brinellsche Kugeldruckprobe wurde der Quotient =\frac{\mbox{Last}}{\mbox{Eindrucksfläche in mm}^2} = Härtezahl = 14,52 bestimmt. Für die Berechnung sind unter Zugrundelegung einer Zahnbreite = Modul, bzw. 1,25 und 1,5 Modul, Tabellen aufgestellt worden, in denen ein Wert c als Funktion von k b für verschiedene Umfangsgeschwindigkeiten verzeichnet ist. Dieser Wert ergibt sich folgendermaßen: Nimmt man h = 0,216 m, s = s1 = 0,157 m, wobei h die Höhe, s die Zahndicke im Teilkreis, s1 die Zahndicke im Fußkreis und m den Modul bedeuten, so wird das Widerstandsmoment =\frac{0,157^2\,m^3}{6}, sofern die Zahnbreite = m ist. Weiter erhält man P\,.\,0,216\,h=\frac{0,157^2\,m^3}{6}\,k\,b und m=\sqrt{52,6\,\frac{P}{k\,b}}=c\,\sqrt{P}. Hierbei ist c=\sqrt{\frac{52,6}{k\,b}}. Die Berechnung erfolgt sodann bei gegebener Leistung und Umfangsgeschwindigkeit in m in der Weise, daß man zunächst nach der Formel P=\frac{75\,N}{v} den Zahndruck, sodann aus m=c\,.\,\sqrt{P} unter Benutzung der Tabelle den Modul feststellt. Aus der Gleichung  v=\frac{D\,\pi\,n}{60\,.\,100} erhält man den Durchmesser, der noch gemäß der Beziehung Z=\frac{D}{m} zu korrigieren ist. Für jede beliebige Zahnbreite sind Tabellen naturgemäß nicht vorhanden. Zur Vereinfachung der in oben angedeuteter Weise stattfindenden Berechnung benutzt man in diesem Fall ein Diagramm, in welchem der zulässige Zahndruck prcm Zahnbreite als Ordinate und die Teilung als Abszisse eingetragen sind. [Dipl. -Ing. Lilienthal in der Zeitschrift für praktischen Maschinenbau Nr. 10.] Schmolke. ––––– Die Weltformate der „Brücke“, des internationalen Institutes zur Organisierung der geistigen Arbeit in München, gewinnen immer mehr Verbreitung. Ausgehend von der Ueberlegung, daß eine ungeheure Menge von Geldwerten, Raum, Zeit und nicht zuletzt Verdruß ganz nutzlos aufgewendet wird infolge der Systemlosigkeit der bestehenden Formate, die kaum zwei verschiedene Drucksachen oder Formulare in gleicher Größe entstehen läßt, hat die vor 2½ Jahren gegründete „Brücke“ die Verwendung einiger, weniger Einheitsformate für Flächengegenstände jeder Art vorgeschlagen. Die Reihe dieser Formate ist nach drei wissenschaftlich-logischen Grundsätzen aufgestellt. Erstens nämlich wird gefordert, daß sich aus jedem Format durch Hälftung das nächstkleinere herstellen läßt, zweitens, daß bei allen Formaten das Seitenverhältnis konstant ist. Aus diesen beiden Voraussetzungen folgt, wie leicht einzusehen ist, daß die Seiten sich stets wie 1\,:\,\sqrt{2} verhalten müssen. Wird nun die dritte Forderung erfüllt, daß die Grundlage des Systems die Längeneinheit des Zentimeters bildet, so erhält man unmittelbar folgende Reihe von Formaten: Weltformat 1 1:1,41 cm Weltformats 8 11,3:16 cm 2 1,41: 2 9 16: 22,6 3 2: 2,83 10 22,6: 32 4 2,83: 4 11 32: 45,3 5 4: 5,66 12 45,3: 64 6 5,66:8 13 64: 90,5 7 8: 11,3 14 90,5:128        usw. Von diesen Formaten haben besondere Wichtigkeit die Formate 9 und 10, die ungefähr dem üblichen Oktav- bzw. Quartformat entsprechen. Ein Blick auf ein in diesen Größen geschnittenes Stück Papier, noch mehr die Betrachtung ausgeführter Drucksachen in den neuen Formaten zeigt, daß diese durchaus dem Auge wohlgefällige Verhältnisse bieten und wenig vom Gewohnten abweichen. Diese Zeitschrift  z.B. brauchte nur 4 mm schmaler zu sein und 10 mm höher, um Weltformat zu besitzen. Eine ganze Anzahl von Zeitschriften erscheint bereits in Weltformaten, große Firmen der Industrie und des Verkehrs führen die Weltformate für ihre Geschäftspapiere, Kataloge und dergleichen ein. Die Vorteile der Verwendung weniger, allgemein eingeführter Formate ist so augenfällig, daß es sich eigentlich erübrigt, sie näher zu erörtern. Es sei nur auf die große Bequemlichkeit beim Sammeln, Aufbewahren und Verpacken von Papieren jeder Art hingewiesen, auf die ungeheuren Ersparnisse bei der Herstellung von Formularen und anderen Drucksachen. Für die Technik im engeren Sinne bietet natürlich die allgemeinere Einführung einheitlicher Formate ebenfalls sehr bedeutende Vorteile. Abgesehen von der Vereinheitlichung der im heutigen Fabrikbetriebe benötigten großen Anzahl von Zeichnungen, Vordrucken, Lohnzetteln, Formularen jeder Art, wird sich natürlich die Verwendung der Weltformate auch auf weitere Gebiete erstrecken. Normalteile, die sich den nach einheitlichen Gesichtspunkten entworfenen Konstruktionen leicht einfügen lassen, wird man in billiger Massenherstellung in die Lager legen können, man denke z.B. an Fensterscheiben, an Türrahmen; man überlege, daß Gehäuse und Deckel aller Art meistens in ganz willkürlichen Verhältnissen gewählt werden, nur weil eine vereinbarte einheitliche Form bislang fehlte. Während seither in einzelnen Werken für den eigenen Betrieb normalisiert wurde, werden durch die Verwendung allgemein vereinbarter Normalabmessungen die Vorteile der Normalisierung ungemein ausgedehnt werden können. Eine Rolle für sich spielt die Verpackung. Es ist klar, daß die Verpackung ungemein erleichtert wird, wenn die zu verpackenden Gegenstände alle gleiche Form haben oder sich doch so nebeneinanderlegen lassen, daß immer wieder gleiche Formen entstehen. Auch für das Pack-material lassen sich so Normalien schaffen, die die Kosten sehr bedeutend herabsetzen müssen. In diesem Sinne ist die Brücke noch einen Schritt weiter gegangen und hat eine Reihe von „sekundären“ Formaten entwickelt, die ein wenig größer sind als die primären, so daß der für die unvermeidlichen Ungenauigkeiten, für Einwicklung usw. erforderliche Spielraum gegeben ist. Eine dritte Reihe endlich ermöglicht weiteres Zusammenpacken von Einzelpackungen. Es würde hier zu weit führen, auf die Grundlagen dieser, ebenfalls planmäßig entwickelten Reihen einzugehen; Auskunft erteilt bereitwillig und kostenlos die „Brücke“ (München, Schwindstr. 10). Wie allen derartigen Neuerungen stellen sich auch der Einführung der Weltformate anfangs allerlei Schwierigkeiten in den Weg. Die Rücksicht auf vorhandene Bestände, die Scheu vor Neuerungen, im Geschäftsleben wohl nicht zuletzt das Bedenken, namentlich durch die etwas ungewöhnliche Form der Briefbogen vom Hergebrachten abzuweichen, erschweren die Einführung. Dem gegenüber können nur immer wieder die großen Vorteile betont werden, die dem Einzelnen und der Allgemeinheit aus einer möglichst weitgehenden Durchführung der Weltformate erwachsen. Es ist dringend zu wünschen, daß der Gedanke möglichst viele Anhänger findet, da er nur bei einem Zusammenarbeiten vieler, tunlichst aller, seine großen Ziele erreichen kann. Dipl.-Ing. W. Speiser. ––––– Worthington-Rotationsluftpumpe. Zu den neuerdings vielfältig ausgebildeten Wasserstrahl-Luftpumpen, insbesondere für Kondensationsanlagen, gehört auch die Worthington-Rotationsluftpumpe, über die wir dem diesjährigen Heft 2 der Zeitschrift für das gesamte Turbinenwesen nachstehende Angaben entnehmen. Die Grundzüge der Wirkungsweise dieser Pumpe sind aus der Abbildung zu ersehen. Textabbildung Bd. 329, S. 299 Das für die Luftpumpe erforderliche Betriebswasser wird durch eine Zentrifugalpumpe einem Sammelbehälter entnommen und dem Hauptteil der Pumpe, der Ringdüse, unter Druck zugeführt. Diese als Rad ausgebildete Düse wird durch das zugeführte Druckwasser in schnelle Drehung versetzt und schleudert das Wasser in der Form einer Schraubenlinie in das anschließende Auffangrohr nebst Diffusor. Oben an dieses Auffangrohr schließt sich seitlich die Luftleitung vom Kondensator her an, in der in gleicher Weise wie bei einem Ejektor durch das aus der Ringdüse austretende Schleuderwasser ein Unterdruck hergestellt wird. Die auf diese Weise aus dem Kondensator angesaugten unkondensierbaren Gase werden zwischen die Wasserstrahlen eingeschlossen und mit nach unten gefördert, wo das Gemisch in den erwähnten Sammelbehälter eintritt. In diesem wird es entlüftet und das Wasser allein dem Saugkorb der Zentrifugalpumpe wieder zugeführt, von wo es seinen Kreislauf von neuem beginnt. Sobald die Temperatur dieses Betriebswassers über ein gewisses Maß hinaus steigt, wird durch ein besonderes Ventil selbsttätig kälteres Wasser aus der Kühlwasserleitung des Kondensators zugelassen. Das mit diesen Pumpen erreichte Vakuum beträgt 92 bis 96 v. H.; eine ganze Anzahl derselben ist im Anschluß an Kondensatoren für 20000 kg Dampf stündlich ausgeführt. C. Ritter. ––––– Beschleunigte Cowperbeheizung. Die Abgase der Eisenhochöfen werden etwa zu ⅓ zur Beheizung der Winderhitzer, sogenannte Cowper, benutzt, denen die Aufgabe zufällt, die in den Hochofen eingeblasene Luft vorzuheizen. Auf verschiedenem Wege hat man versucht, hierbei eine Ersparnis an Gas zu erzielen, teils durch Erhöhung der Winderhitzer, teils durch Verbesserung des eigentlichen Verbrennungsvorganges. Nach dem neuen Verfahren von Pfoser-Strack geschieht dies nach Mitteilungen von H. Schmalenbach durch Beschleunigung des Wärmeüberganges im Cowper während der Heizperiode durch Anwendung größerer Geschwindigkeiten von Gas und Verbrennungsluft. Diese höheren Geschwindigkeiten werden erzielt durch Einführen größerer Mengen von Luft und Gas mit Hilfe von Ventilatoren, wodurch die Heizzeit des Winderhitzer stark herabgedrückt und an Heizfläche (Zahl der Winderhitzer) und an Gas gespart wird. Dadurch, daß die Verbrennungsluft dem Cowper durch Ventilatoren zugeführt wird, kann dieser in derselben Zeit aufgeheizt wie entheizt werden. Messungen ergaben, daß das feuerfeste Mauerwerk eines Winderhitzers Wärme leicht aufnimmt, so lange die Temperatur der Gase nicht unter einen bestimmten Betrag sinkt. Die neue Beheizungsart gestattet, an Stelle von vier Winderhitzern deren nur zwei zu benutzen. Der Wirkungsgrad der Feuerung steigt dabei von 56 auf 65 v. H. Die Gasersparnis beträgt 14 v. H. der für die Cowperbeheizung benötigten Gasmengen. Das macht bei einem Gesamtverbrauch von rund 120000000 cbm etwa 25000 M aus. Die wirkliche Ersparnis beträgt gegenüber der bisherigen Cowperbeheizung nach Abzug aller Unkosten bei einer Neuanlage in diesem Falle 33700 M. [Stahl und Eisen 1914, S. 305.[ Loebe. ––––– Reinigung von Hochofengas. Seit etwa einem Jahrzehnt verwendet man bekanntlich die Abgase der Eisenhochöfen zu Heizzwecken und zum Antrieb von Gasmaschinen. Da das Gas den oberen Teil (die Gicht) des Hochofens mit großer Geschwindigkeit verläßt, werden von ihm erhebliche Mengen staubförmiger Teilchen der Ofenbeschickung, also ein Gemenge von Kalk, Erz und Koks, mitgerissen, von denen es vor weiterer Verwendung befreit werden muß. Nach Patenten der Maschinenfabrik W. F. L. Beth in Lübeck geschieht dies auf trockenem Wege, indem das Gas durch Filter hindurchgeleitet wird, in denen der Gichtstaub zurückbleibt. Textabbildung Bd. 329, S. 300 Abb. 1. Textabbildung Bd. 329, S. 300 Abb. 2. Eine entsprechende Anlage ist von der Patentinhaberin auf der Halberker Hütte in Brebach errichtet worden für eine normale stündliche Leistung von 18000 m3 Gas. Das aus dem Hochofen austretende Rohgas kommt mit Temperaturen von 50 bis 200° zur Reinigungsanlage und wird zuerst im sogenannten Vorkühler auf eine konstante Temperatur von 60 bis 70° gebracht und danach in einem Vorwärmer wieder erhitzt, damit es nicht zu feucht in die Filterapparate gelangt. Die Beheizung dieses Vorwärmers erfolgt durch die Abgase der Winderhitzer, die durch ein im Vorwärmer angebrachtes Rohrsystem mittels Ventilator hindurchgesaugt werden, während das vorzuwärmende Hochofengas diese Rohre nach dem Gegenstromprinzip von außen bestreicht. Der Vorwärmer ist in Abb. 1 wiedergegeben. Textabbildung Bd. 329, S. 301 Abb. 3. Vom Vorwärmer aus tritt nunmehr das Rohgas in die eigentliche Reinigungsanlage, den sogen. Filter-kasten ein. Dieser ist in einzelne Abteilungen geteilt. Stündlich gereinigte Gasmenge,         bezogen auf 62 ° C und 758 mm QS         bezogen auf 0°C und 760 mm QS m3m3 28 60023 300 Staubgehalt im m3 Rohgas (0°C und 760 mm QS) g 4,16 Staubgehalt im m3 Reingas unmittelbar vor den         Gasmaschinen (0 ° C und 760 mm QS) g 0,00043 Statischer Druck in der Rohgasleitung mm WS 58 Statischer Druck in der Reingasleitung mm WS 195 Temperatur in der Rohgasleitung ° C 67,8 Temperatur in der Reingasleitung °C 62 Wassergehalt des Reingases (22 ° C u. 748 mm QS) g m3 129 Gesamtkraftbedarf an den drei Motorwellen gemessen PS 66,8 Ventilatorleistung zur nutzbaren Druckerhöhung         um 137 mm WS PS 22,4 Kraftbedarf für den Reinigungsvorgang allein PS 44,4 Kraftbedarf für 1000 m3 Reingas, bezogen auf         0°C und 760 mm QS ohne Drucksteigerung PS 1,91 Kraftbedarf für 1000 m3 Reingas und 100 mm WS         Drucksteigerung PS 0,81 Jede Abteilung enthält mehrere senkrecht aufgehängte und unten offene sogen. Filterschläuche aus besonders vorbereitetem Tuch. In diesen Schläuchen setzt sich der Gichtstaub ab, während das Gas von unten nach oben und von innen nach außen hindurchgeleitet wird. Ein Teil des Staubes fällt von selbst aus den Schläuchen heraus in Rinnen, von wo aus er durch Förderschnecken seitlich fortbewegt wird. Der größere Teil jedoch muß durch besondere Vorrichtungen entfernt werden. In Abb. 2 sieht man den Oberteil eines Filterkastens mit den einzelnen Abteilungen und dem Hauptrohr der Gasleitung. Die Anlage der Trockenreinigung im Anschluß an die Hochofenanlage ist aus Abb. 3 zu ersehen. Hier sieht man links die Hochöfen und die Winderhitzer, rechts vorn die drei Standrohre, die den Vorkühler darstellen, und in die das Rohgas aus dem Hochofen durch ein weites Rohr übergeleitet wird. Nach hinten schließt sich das Gebäude der Trockenreinigung mit dem Vorwärmer und den Filterkästen an. F. Meyer, der die Anlage auf der Halberger Hütte in Stahl und Eisen 1914, S. 225 beschreibt, hat an ihr eingehende Untersuchungen vorgenommen, die zu vorstehendem Ergebnis führten. Wegen näherer Einzelheiten muß auf das Original verwiesen werden. Loebe. ––––– Die anorganischen Synthesen des Ammoniaks. Ueber dieses Thema hielt auf der Naturforscherversammlung in Wien Direktor Dr. O. Serpek, der auf diesem Gebiete selbst mit gutem Erfolge tätig ist, einen sehr interessanten Vortrag. Noch im Jahre 1898 bezeichnete es Crookes als eine der größten Erfindungen, wenn es gelänge, den Luftstickstoff zu binden und der Menschheit nutzbar zu machen. Heute verfügen wir bereits über eine ganze Reihe von Verfahren, mit deren Hilfe diese schwierige Frage gelöst worden ist. Der freie Stickstoff steht uns an allen Stellen der Erde in ungeheuren Mengen zur Verfügung, denn die über 1 km2 der Erdoberfläche lagernde Luftmenge enthält nach Birkeland etwa 8 Mill. t Stickstoff. Die Hauptquelle zur Gewinnung des Ammoniaks bildet einstweilen noch der Stickstoff der Steinkohle, der bei der Kokerei, beider Fabrikation des Leuchtgases sowie in den Mondgasanlagen in großen Mengen hauptsächlich in Form von schwefelsaurem Ammoniak gewonnen wird. Während in den deutschen Kokereien die Gewinnung des Ammoniaks schon seit einer Reihe von Jahren fast ausnahmslos durchgeführt wird, war dies in England und namentlich in Amerika bisher nicht der Fall. Nachdem nun aber auch die Kokereien der großen amerikanischen Eisenwerke auf die Gewinnung der Nebenprodukte nicht mehr verzichten, werden in der nächsten Zeit von Amerika aus große Mengen von Ammoniumsulfat, schätzungsweise 500000 t jährlich, auf den Weltmarkt gelangen. Trotzdem ist eine Ueberproduktion nicht zu befürchten, da der Bedarf der Landwirtschaft an diesem Salz rasch zunimmt. Die bisherige Art der Ammoniakgewinnung ist also in hohem Maße von der stetig schwankenden Eisenproduktion abhängig und vermag der Nachfrage nicht beliebig zu folgen. Die Herstellung des Ammoniaks auf synthetischem Wege ist also von großer volkswirtschaftlicher Bedeutung, weil sie die Nachfrage am Markt ständig befriedigen kann, und ferner, weil sie die Grundstoffe zur Herstellung von Salpetersäure und ihren Salzen liefert. Die Bestrebungen zur synthetischen Ammoniakgewinnung reichen weit zurück, denn schon in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erhielten Swindell, Margueritte und Sourdeval sowie die Brüder Brin Patente auf derartige Verfahren. Dabei handelte es sich um die Gewinnung von Cyaniden mit Hilfe des Luftstickstoffes und deren Zerlegung durch Wasserdampf, wobei Ammoniak entsteht. Das Interesse für die synthetische Ammoniakgewinnung war jedoch in jener Zeit so gering, daß diese Verfahren nicht zur praktischen Ausführung gelangten. In den neunziger Jahren begannen dann die Versuche, den Stickstoff der Luft mit Hilfe des kurz vorher entdeckten Kalziumkarbids zu binden, und auf diesem Gebiete waren namentlich die Arbeiten der deutschen Chemiker Frank und Caro von Erfolg; sie riefen die Kalkstickstoffindustrie ins Leben. An der Vervollkommnung der hiermit eng verknüpften Kalziumkarbidfabrikation hat der Schweizer Helfenstein einen erheblichen Anteil durch die Schaffung großer elektrischer Oefen, in denen etwa 1800 kg Kalziumkarbid pro PS-Jahr erzeugt werden können, und zwar unter restloser Gewinnung des wertvollen Kohlenoxydgases, das früher verloren ging. Mit Hilfe dieser Oefen darf man eine Ausbeute von etwa 2000 kg Kalkstickstoff pro PS-Jahr annehmen, und der von mancher Seite geäußerte Pessimismus scheint nicht berechtigt zu sein. Aus dem Kalkstickstoff, der bekanntlich selbst ein Düngemittel ist, kann durch Erhitzen mit Wasser unter Druck auch Ammoniak gewonnen werden. Zur synthetischen Ammoniakgewinnung stehen uns aber auch noch andere Wege offen, denn eine ganze Reihe von Metallen nimmt bei mehr oder minder hoher Temperatur Stickstoff auf und bildet sogen. Metallnitride. Eines der ersten Nitride, das zur Ammoniakgewinnung hergestellt wurde, ist das Bornitrid, dessen Gewinnung schon Basset im Jahre 1879 in einem englischen Patent beschreibt. Ein neues Verfahren zur Gewinnung des Bornitrides wurde in jüngster Zeit von Stähler und  Elbert angegeben; sie erhielten aus Borsäure und Kohle beim Erhitzen im Stickstoffstrom unter Anwendung eines Druckes von 50 bis 70 at und einer Temperatur von 1600° sehr gute Ausbeuten an Bornitrid, das durch Wasserdampf in Ammoniak und Borsäure zerlegt werden kann. Die industrielle Durchführung dieses Verfahrens dürfte jedoch ziemliche Schwierigkeiten bereiten. Ebenso sind die Siliziumnitride eingehend studiert worden, ohne daß es jedoch zu einer industriellen Ammoniakgewinnung auf diesem Wege gekommen wäre; dasselbe gilt von den Titannitriden. Das einzige Nitrid, das bisher die Grundlage für eine industrielle Ammoniaksynthese darstellt, ist das Aluminiumnitrid, dessen Bildung zuerst von Briegleb und Geuther im Jahre 1862 beobachtet wurde. In neuerer Zeit hat Fichter gezeigt, daß die Stickstoffbin Jung durch Aluminium schon bei etwa 750° eintritt. Da das metallische Aluminium für diesen Zweck zu teuer ist, verwendet man ein Gemisch aus Tonerde (Aluminiumoxyd) und Kohle. Reine Tonerde reagiert mit dem Stickstoff weniger leicht als unreines Aluminiumoxyd, weshalb man mit Vorteil von dem Mineral Bauxit ausgeht. Durch Zusatz von Katalysatoren, wie Eisen und Mangan, wird die Reaktionstemperatur herabgesetzt, und so die Bildung von Aluminiumkarbid und anderen Verunreinigungen verhindert. Serpek gelang es, die Bildung von Aluminiumnitrid aus Bauxit und Kohle schon bei 1250 bis 1300° in 5 bis 6 Stunden durchzuführen, indem er dem Stickstoff noch etwa 5 v. H. Wasserstoff zusetzte und das gebildete Kohlenoxyd durch einen starken Stickstoffüberschuß verdünnte. Durch Konstruktion eines besonderen Ofens ist es Serpek neuerdings gelungen, die Reaktion in sehr viel kürzerer Zeit auszuführen und den Stickstoff ganz aufzubrauchen, so daß reines Kohlenoxyd entweicht. Dabei muß das Material in das Gas hineingeworfen werden, die Reaktion verläuft dann nach der Gleichung: Al2O3 + 3 C + N2 = 2 Al N + 3 CO. Im Gegensatz zu den früher benutzten, sehr umfangreichen rotierenden Oefen hat dieser neue Ofen eine ganz kurze Kammer von nur 4 m Höhe und 1,5 m Breite. Das Aluminiumnitrid wird durch Wasser sehr leicht in Ammoniak und Tonerdehydrat zerlegt, und zwar in einem Rührautoklaven bei 2 bis 3 at Druck. Das Ammoniak wird abdestilliert, und die Tonerde nach dem Verfahren von Bayer regeneriert. Das Verfahren von Serpek gestattet, pro PS/Jahr 2 t Tonerde zu erzeugen und zugleich 500 kg Stickstoff zu binden. Das aussichtvollste Verfahren auf diesem Gebiet und zugleich das einzige, das bisher in großem Maßstab ausgeübt wird, ist das Verfahren von Haber, das in langwieriger Arbeit von der Badischen Anilin- und Sodafabrik in den Großbetrieb übertragen wurde. Hierbei wird ein Gemisch von Stickstoff und Wasserstoff im Verhältnis von 1:3 bei 500 bis 600 ° und einem Druck von mehr als 100 at über Kontaktkörper geleitet, und das gebildete Ammoniak entweder in flüssiger Form abgeschieden oder in Schwefelsäure absorbiert. Die Anlage der Badischen Anilin- und Sodafabrik liefert heute bereits sämtliches flüssiges Ammoniak für den deutschen Markt und erzeugt etwa 30000 t Ammoniumsulfat nach dem neuen Verfahren. Die selbständige Ammoniakfabrikation, so schloß der Vortragende, muß dem chemischen Großbetriebe gesichert werden, denn mit der Ammoniakfrage wird auch die Stickstofffrage gelöst. [Der Vortrag ist im Wortlaut veröffentlicht in der Zeitschrift für angewandte Chemie 1914, S. 41 bis 48.] Dr. Sander.