Titel: Neuere Conveyor-Anlagen (II. Teil).
Autor: W. Lehrmann
Fundstelle: Band 329, Jahrgang 1914, S. 370
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Neuere Conveyor-Anlagen (II. Teil). Von W. Lehrmann, Oberingenieur, Geestemünde. LEHRMANN: Neuere Conveyor-Anlagen (II. Teil). Inhaltsübersicht. Im vorliegenden Aufsatz werden Conveyor-Anlagen für selbsttätige Bunker-, Ofen- oder dergleichen Beschickung beschrieben, wie sie für Kraftstationen, chemische Fabriken usw. neuerdings verwendet werden. Die erwähnten Anlagen schalten Handarbeit und Abhängigkeit von der Achtsamkeit der Bedienungsmannschaft in weitgehendster Weise aus. ––––– Die vorliegende Abhandlung kann als Fortsetzung des Aufsatzes gleichen Titels, der auf Seite 33 bis 72, Jahrgang 1913 in D. p. J. veröffentlicht wurde, betrachtet werden. Ich war derzeit nach einigen Worten über den Werdegang des Conveyors bzw. Becherförderers auf größere ausgeführte Anlagen zu sprechen gekommen, die sich besonders durch große Leistungen, Förderhöhen oder dergleichen auszeichneten. Im Gegensatz dazu sollen an dieser Stelle Conveyor-Anlagen mit selbsttätig arbeitenden Ein- und Ausschaltvorrichtungen beschrieben werden, also solche, die z.B. zur Bekohlung von Bunkern, zum Mischen verschiedener Materialien in ganz bestimmten verlangten Verhältnissen, zum Chargieren von Oefen und unter weitgehender Ersparnis an Bedienungsmannschaft benutzt werden. Für die letzterwähnten Zwecke lassen sich Becherförderer, wie neuerdings ausgeführte Anlagen beweisen, besonders gut verwenden. Man wird hier von der Achtsamkeit des Personals unabhängig, erzielt auf alle Fälle ein richtiges Mischungsverhältnis der verschiedenen Materialien und verhütet ein Ueberlasten der Aufnahmestationen (Oefen, Silos oder dergleichen), was für die meisten Betriebe von wesentlicher Bedeutung ist. Zunächst sei eine Conveyor-Anlage beschrieben, die als typisches Beispiel einer selbsttätig arbeitenden Kesselhausbekohlung für Kraftstationen gelten kann. Abb. 1 gibt ein übersichtliches Bild der Anlage, die für die Thüringische Elektrizitäts-Gesellschaft Altenbreitungen in Breitungen erbaut wurde. Die gesamte Bauausführung lag in den Händen der Allgem. Elektrizitäts-Gesellschaft in Berlin, die Transportanlagen, also Elektrohängebahnen, Conveyor und Kohlensilos mit Zubehör wurden von der Firma Adolf Bleichert & Co. in Leipzig geliefert. Die Arbeitsweise der Förderanlage ist kurz folgende: Die in Waggons ankommende Kohle wird entweder in den Einwurftrichter a geworfen und hier dem Becherwerk zugeführt oder zunächst auf Lager gegeben und bei Bedarf über den Trichter b in den Conveyor geleitet. Der Transport der Kohle vom Waggon auf Lager und von dort nach dem Einwurftrichter wird mit einer Elektrohängebahn durchgeführt. Von den beiden Einwurftrichtern fällt die Kohle auf den Becherförderer c, der sie bis über die Bunker d transportiert. Die Becherkette, in der die einzelnen Becher pendelnd aufgehängt sind, ist mit Laufrollen ausgerüstet, die auf den wagerechten Strecken auf einfachen Schienen, in senkrechten Strecken zwischen Doppelschienen laufen, so daß die Becherkette überall sicher geführt ist. Die Aufgabe der Kohle auf den Becherförderer erfolgt selbsttätig, indem die am Auslauf eines jeden Einwurftrichters angebrachten Füllmaschinen jedem einzelnen vorbeilaufenden Becher die richtige Menge Material zuführen. Auch die Abgabe der Kohle an die Bunker geschieht selbsttätig. Zunächst werden die Becher am ersten Bunker ausgekippt; ist dieser gefüllt, so geben die Becher ihren Inhalt am zweiten Bunker ab und so fort. Sind sämtliche Bunker gefüllt, so setzt sich der Conveyor still. Es wird somit die Förderung zur richtigen Zeit unterbrochen; daher ist ein Ueberfüllen der Bunker oder Zerstreuen der Kohle bei Unachtsamkeit der Bedienungsmannschaft ausgeschlossen. Bei Beginn der Förderung, also bei leeren oder teils leeren Bunkern werden zuerst die über den Bunkern angeordneten Becherkippvorrichtungen eingeschaltet, was Textabbildung Bd. 329, S. 370 Abb. 1. Conveyor-Anlage für die Thüringgische Elektrizitäts-Gesellschaft Altenbreitungen. vom Flur des Kesselhauses aus bewerkstelligt werden kann. Dann wird der Förderer durch Einschalten des Stromes in Betrieb gesetzt. Gleichzeitig treten die Becherfüllmaschinen, unter den Einwurftrichtern von selbst in Tätigkeit; die gefüllten Becher gelangen nach Durchfahren des senkrechten Stranges und der Uebergangsbrücke in das Kesselhaus hinein und über die ersten Bunker hinweg. Die hier eingeschaltete Kippvorrichtung entleert die vorbeilaufenden Becher selbsttätig. Wird ein Abgeben von Kohle aus irgend einem Grunde bei dem einen oder andern Bunker nicht gewünscht, so läßt sich die betreffende Kippvorrichtung ohne weiteres vom Flur aus ausschalten und die Becher laufen an dieser Stelle frei durch. Das selbsttätige Auskippen der Becher geht so lange vor sich, bis der betreffende Bunker genügend gefüllt ist, wonach sich die Kippvorrichtung selbsttätig ausschaltet. Nun laufen die vollen Becher auch über diesen Bunker ungehindert hinweg, kommen an den nächsten und werden hier entleert, bis auch dieser gefüllt ist und sich die zugehörige Kippvorrichtung in derselben Weise ausgeschaltet hat. Sind sämtliche Bunker beschickt und ist der Conveyor nicht inzwischen von Hand ausgeschaltet, so laufen die vollen Becher über die Bunker hinweg und gelangen dann an eine selbsttätige Ausrückvorrichtung, bei der sie ihren Inhalt abgeben. Sobald jedoch der erste Becher an dieser Vorrichtung entleert worden ist, wird durch die abgegebene Kohle ein Hebel werk betätigt, das wiederum mit einem Schalter in Verbindung steht, der eine Unterbrechung des Stromkreises und somit den sofortigen Stillstand des gesamten Becherwerkes herbeiführt. Die bedeutenden Vorteile einer solchen Kesselhaus - Transportanlage liegen auf der Hand und brauchen wohl nicht weiter erwähnt zu werden. Bemerkt sei noch, daß die geförderte Kohle vor Abgabe in die Bunker durch eine in den Kettenstrang eingebaute Wage selbsttätig gewogen und registriert wird, so daß die geförderte Menge jederzeit festgestellt werden kann. Die Leistung dieser Anlage beträgt 20 t in der Stunde, die Hubhöhe ist ungefähr 18 m, die Kettenlänge etwa 175 m. Abb. 2 zeigt das außerhalb des Kesselhauses liegende Gerüst des Conveyors, in dem die senkrechten Stränge verlegt sind. Durch diese Führung wird gleichzeitig die Verbindung zwischen den auf- und ablaufenden Strängen und dem Kesselhaus hergestellt. Zwischen diesen Strängen und der Kesselhaus-Giebelwand mußte eine gewisse Entfernung eingehalten werden, um hier vor dem Kesselhaus genügend Bewegungsfreiheit zu haben. Unmittelbar neben dem Conveyorgerüst und teils mit diesem verbunden ist ein Aschenbunker, von dem aus die Asche über aufziehbare Schurren in die Eisenbahnwaggons gegeben werden kann. Eine ähnliche Anlage, wie die vorstehend beschriebene wurde für das Elektrizitätswerk Ostböhmen in Parschnitz erstellt. Hier lag die Leitung in den Händen der A.-E.-G. Union, Elektrizitäts-Gesellschaft, Wien. Die Ausführung der gesamten Transportanlagen wurde der Firma Bleichert & Co. übertragen. Textabbildung Bd. 329, S. 371 Abb. 2. Textabbildung Bd. 329, S. 371 Abb. 3. Conveyor-Anlage für das Elektrizitätswerk Ostböhmen in Parschnitz. Die Disposition derselben geht aus Abb. 3 hervor. Für die Zuführung der Kohle dienen die beiden Fülltrichter a, an die sich die selbsttätig arbeitenden Aufgabevorrichtungen anschließen. Die Becherkette verläuft ähnlich, wie bei der Anlage Altenbreitungen, wird also auch hier in einigem Abstand von der Giebelwand des Kesselhauses in einem eisernen Gerüst emporgeführt und läuft dann über die zugehörige Brücke ins Gebäude hinein, wo sie dicht über den Bunkern b liegt. Kurz hinter dem Einlauf in das Kesselhaus ist eine Conveyorwage c in den Kettenstrang eingebaut, die die geförderte Menge selbsttätig wägt und registriert und ein jederzeitiges Ablesen der über die Wage gegangenen Gesamtmenge gestattet. Genau wie bei der früher beschriebenen Anlage sind auch hier Becherkippvorrichtungen vorgesehen, die sich selbsttätig ausschalten, sobald der darunter liegende Bunker gefüllt ist. Sind sämtliche Bunker gefüllt worden und soll nicht bereits in den einen oder anderen wieder nachgeschüttet werden, so schaltet sich die Anlage selbsttätig aus, was in der bereits beschriebenen Weise geschieht. Die Leistung dieser Anlage ist verhältnismäßig gering, sie beträgt etwa 12 t pro Stunde bei etwa 20 m Förderhöhe und etwa 150 m Kettenlänge. Durch ihre kontinuierliche und vollkommen selbsttätige Arbeitsweise entspricht diese Anlage ebenso wie die in Altenbreitungen in jeder Beziehung den heutigen Anforderungen, die an Bekohlungsanlagen gestellt werden können, denn auch sie schaltet Handarbeit nach Möglichkeit aus und macht die Betriebsleitung von untergeordnetem Bedienungspersonal unabhängig. Mit der Ausnutzung einer Conveyoranlage kann man noch weiter gehen und durch sie z.B. gleichzeitig den Aschentransport erledigen. Die Becherkette würde dann nicht über den Kohlenbunkern, sondern unter dem Kesselhausflur zurückgeführt werden, um hier die Asche aufzunehmen. Zwischen der Kesselhauswand, an der der mit Asche gefüllte Kettenstrang dann wieder hochgeführt wird und der Kohlenaufgabestelle wird der Aschenbehälter angeordnet, über den die Kette hinwegläuft und in den sie die Asche abgibt. Selbstverständlich lassen sich auch andere Anordnungen beim Rücktransport der Asche treffen, je nachdem die örtlichen Verhältnisse es verlangen. Als Beispiel einer derartigen Anlage mit Aschenrücktransport erwähne ich das auf S. 71 v. J. beschriebene Becherwerk der Ueberlandzentrale Ibbenbüren, bei dem allerdings die selbsttätigen Ausrückvorrichtungen bei gefüllten Bunkern nicht eingebaut sind. Bei Becherförderern, die gleichzeitig Kohle und Asche oder andere Materialien transportieren, die nicht miteinander in Berührung kommen dürfen, wird durch geeignete Vorrichtungen ein Vermischen der Fördergüter unmöglich gemacht. Es werden bei derartigen Becherwerken, wenn es sich z.B. um die Förderung von Kohle und Asche handelt, durch die entsprechend ausgebildeten Aufgabevorrichtungen ganz bestimmte Becher nur mit Kohle, andere nur mit Asche beschickt. Die Füll- und Kippmaschinen sind so angeordnet, daß z.B. die Asche unbedingt über dem Aschenbunker abgegeben werden muß. Kein mit Asche gefüllter Becher kann diese Stelle passieren, ohne selbsttätig entleert zu werden, ebenso werden die mit Kohle gefüllten Becher unbedingt gekippt, bevor sie die Reihe der Kohlenbunker verlassen, so daß keine Kohle im Becher verbleibt, wenn dieser in den Aschenkanal einfährt. Auch ein Ueberfahren der Kohlenbunker durch mit Asche gefüllte Becher wird vermieden, damit nicht etwa Flugasche oder Funken in die Kohle kommen. Derartige Becherförderer, die gleichzeitig Kohle und Asche oder irgendwelche andere getrennt zu haltende Materialien fördern, haben bei richtiger Konstruktion zu Anständen keinerlei Anlaß gegeben und werden auch für die Zukunft weitgehende Verwendung finden. (Schluß folgt.)