Titel: Kritische Betrachtungen zu den Entwürfen für das neue Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichengesetz.
Autor: Emil Bierreth
Fundstelle: Band 329, Jahrgang 1914, S. 466
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Kritische Betrachtungen zu den Entwürfen für das neue Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichengesetz. Von Patentanwalt Dipl.-Ing. Emil Bierreth, Berlin. BIERRETH: Kritische Betrachtungen zu den Entwürfen für das neue Patentgesetz usw. Zu den von der Regierung im Sommer 1913 veröffentlichten Entwürfen für das neue Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichengesetz haben inzwischen eine größere Anzahl Interessenverbände, sowie Vertreter der Industrie und der Rechtswissenschaft Stellung genommen, so daß es angebracht erscheint, einen Ueberblick über die zu den Entwürfen geäußerten, verschiedenen Anschauungen zu geben. Wie aus den jetzt vorliegenden Aeußerungen der verschiedensten Kreise zu entnehmen ist, werden die im Patent- und Gebrauchsmustergesetzentwurf für die deutschen Rechtsverhältnisse neu eingeführten erfinderrechtlichen Bestimmungen vielfach als einschneidenste Aenderung des bisherigen Rechtszustandes empfunden. Dabei ist dies aber dann, wenn die rein erfinderrechtliche Bestimmung von der im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Regelung der Rechte an Angestelltenerfindungen losgelöst und nicht dahin ausgedehnt wird, daß nur der erste Erfinder Anspruch auf das Patent hat, garnicht so sehr der Fall, denn für das Patentamt gilt nach wie vor nur der erste Anmelder für patentberechtigt, während gegen denjenigen, der widerrechtlich die Erfindung anmeldet, sie also einem andern entnommen hat, auch nach dem bestehenden Gesetz schon vorgegangen werden kann. Den Begriff „Erfinder“ kennt das bestehende Gesetz allerdings nicht, sondern nur einen „Anmelder“. Wie jedoch Professor Dr. Emanuel Adler, Wien, in „Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht“ Jahrgang 1913, S. 306, zutreffend ausführt, erscheint es selbstverständlich, daß ein Gesetz, das Erfindungen schützt, seinen Schutz in erster Linie dem Erfinder zudenkt, so daß, wenn hiergegen dennoch aufs ausdrücklichste Widerspruch erhoben wird, dies wohl mehr darauf zurückzuführen ist, daß dieser Widerstand nicht so sehr dem Erfinderrecht an sich, sondern der Reglung des Erfinderrechts der Angestellten gilt. Einer Ergänzung bedarf diese Ansicht allerdings. Nach dem Gesetzentwurf soll nämlich nur der Erfinder Anspruch auf das Patent haben, während es richtiger sein dürfte, auch dem Rechtsnachfolger diesen Anspruch zuzubilligen, da sonst ein Patent stets nur auf den Namen des Erfinders angemeldet werden darf und, wenn dies nicht geschieht, angefochten werden kann. Nach den bisherigen Aeußerungen der beteiligten Verbände scheint es nun allerdings, daß die neuen Bestimmungen über das Erfinderrecht und über die Angestelltenerfindungen unter Umständen die ganzen Gesetzentwürfe gefährden können. Die Arbeitgeber- und Angestelltenverbände haben sich um dieser Bestimmungen willen in zwei Lager mit diametral entgegengesetzten Anschauungen gespalten. Die bedeutendsten Arbeitgeberverbände, so u.a. der Bund der Industriellen, der Zentralverband deutscher Industriellen, der Verein zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie Deutschlands, der Verein deutscher Maschinenbauanstalten, der Verein zur Wahrung der gemeinschaftlichen Wirtschaftsinteressen der deutschen Elektrotechnik, der Verein der Fabrikanten landwirtschaftlicher Maschinen und Geräte, der Verband deutscher Mühlenbauanstalten, der Verband deutscher Maschinenfabrikanten für die Brauindustrie und der deutsche Zentralverband für Brauerei- und Kellerbedarf haben zu dem neuen Patent- und Gebrauchsmustergesetz Beschlüsse in dem Sinne gefaßt, daß die Einführung des Erfinderrechts in die neuen Gesetze nicht geboten ist und schwere Schädigungen zur Folge haben wird Die Verbände verwerfen daher zum Teil überhaupt eine Abänderung der bisherigen Gesetzgebung, wenngleich sie einzelne Vervollkommnungen der bisherigen Gesetze für wünschenswert halten. (Vergl. Mitteilungen vom Verband deutscher Patentanwälte, Jahrg. 1913 S. 188 bis 191 und Zeitschrift für Industrierecht Jahrg. 1914 S. 33.) Die Angestelltenverbände, so z.B. der Bund der technisch-industriellen Beamten, der deutsche Technikerverband und der deutsche Werkmeisterverband halten demgegenüber die in den Gesetzentwürfen für die Angestellten gemachten Zugeständnisse, insbesondere bzgl. der Vergütung für die von Angestellten gemachten Erfindungen noch nicht für weitgehend genug (vgl. Elektrotechnische Zeitschrift, Jahrg. 1914, S. 272). Andere Verbände, die sowohl Arbeitgeber als auch Angestellte als Mitglieder führen, so insbesondere der Verein deutscher Ingenieure, verhalten sich in dieser Frage neutral (vgl. Z. d. V. d. I. Jahrg. 1914, S. 317). Die Annahme des Patent- und Gebrauchsmustergesetzes wird also hauptsächlich ein Kampf um das Erfinderrecht, namentlich das der Angestellten werden. Es wäre in jedem Falle höchst bedauerlich, wenn wegen dieser allerdings schwer zu aller Zufriedenheit zu lösenden Frage die Annahme der Gesetze gefährdet werden sollte, die an sich ohne Zweifel eine Reihe von wünschenswerten Verbesserungen enthalten. Nun wird man allerdings die von der Regierung in den Gesetzentwürfen vorgeschlagene Regelung des Erfinderrechts der Angestellten kaum als glücklich bezeichnen können. Die Bestimmungen, wonach der Angestellte Anspruch auf eine Vergütung für seine Erfindung hat, die von dem Arbeitgeber und im Streitfalle gemäß § 315 Abs. 3 BGB. von den Gerichten festgesetzt wird, falls der Angestellte nicht an sich schon so besoldet ist, daß er einen Anspruch auf besondere Vergütung nicht mehr hat, dürften, wie der Direktor der Berlin-Anhaltischen Maschinenbau-Aktiengesellschaft Richard Blum in seinem in „Wirtschaft und Technik“ Jahrg. 1913, S. 706 ff. veröffentlichten Aufsatz richtig ausführt und auch schon vom Verfasser in der „Elektrotechnischen Zeitschrift“ 1913, S. 1184 erwähnt worden ist, nur zu fortwährenden Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer führen und das gedeihliche Zusammenarbeiten beider stören. Die Kluft, die zwischen den Anschauungen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer herrscht, wird sich durch gesetzliche Bestimmungen überhaupt kaum in befriedigender Weise beseitigen lassen. Es erscheint daher richtiger, diese Regelung den vertraglichen Vereinbarungen vorzubehalten und unter Beibehaltung der erfinderrechtlichen Bestimmung mit der obenerwähnten Abänderung, daß auch der Rechtsnachfolger des Erfinders Anspruch auf das Patent hat, im übrigen für Angestelltenerfindungen die völlige Vertragsfreiheit einzuführen. Eine Beschränkung könnte höchstens in dem Sinne aufgenommen werden, daß der Arbeitgeber auf Erfindungen von Angestellten, die nicht in den Rahmen seines Geschäftsbetriebes fallen, keinen Anspruch hat. Die Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben es dann in der Hand, beim Abschluß der Anstellungsverträge ihre Rechte an den Erfindungen vertraglich festzulegen. Aehnlich dem amerikanischen Patentgesetz könnte dann gleich mit der Anmeldung die Uebertragung des Patentes auf die Firma als Arbeitgeberin oder ähnlich dem englischen Patentgesetz die Anmeldung auf die Firma neben dem eigentlichen Erfinder zugelassen werden. Der Einwand, daß der Angestellte als der wirtschaftlich Schwächere in diesem Falle benachteiligt ist, ist meines Erachtens nicht stichhaltig, da dieser rein wirtschaftliche Kampf in anderen Fragen in gleicher Weise zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgefochten wird. Daß das Erfinderrecht für Angestellte von städtischen und staatlichen Betrieben anders geregelt wird als das von Privatangestellten ist durch nichts begründet. Der Auffassung von Dr. Cahn und Dr. Cantor (Elektrotechn. Zeitschrift 1914, S. 131), Dr. Bruno Alexander Katz (Technik und Wirtschaft 1913, S.697) und Kohler (Gewerb. Rechtsschutz und Urheberrecht 1914, S. 29) ist hierin durchaus beizutreten. Eine von den wertvollen Verbesserungen des Patentgesetzentwurfes, die ziemlich allgemein Zustimmung gefunden hat, ist die Ermäßigung der jährlichen Patentgebühren. Vom Verein deutscher Ingenieure wird, obwohl die Gesamtjahresgebühren nach dem Entwurf von 5280 M auf 3500 M herabgesetzt worden sind, noch eine weitere Ermäßigung der Gebühren gefordert (vgl. Z. d. V. d. I. 1914, S. 317). Dieselbe Forderung wird noch von einigen anderen Verbänden gestellt (vgl. Zusammenstellung am Schlusse des Aufsatzes). Wenn man mit der im Entwurf vorgesehenen Ermäßigung der Jahresgebühren zufrieden sein kann, so gilt dies nicht für die vorgeschlagenen Verfahrensgebührensätze. Die Erhöhung der Anmelde- und Beschwerdegebühr von 20 M auf 50 M wird meist verworfen. Durch diese Erhöhung der Verfahrensgebühren wird gerade der sozial schlecht gestellte Erfinder, für den bisher die Ermäßigung der Gebühren gefordert wurde, am empfindlichsten getroffen, da es für ihn darauf ankommt, zunächst einmal ohne erhebliche Kosten zu einem Patent zu kommen. Die Begründung des Regierungsentwurfes, durch Erhöhung der Verfahrensgebühren die Anmeldung wertloser Erfindungen einzuschränken, ist zweifellos verfehlt, da dieser Erfolg nicht eintreten dürfte. Die Bestimmung wird vielmehr die Wirkung haben, daß unabhängig von der Größe der Erfindung derjenige, der die Gebühren auftreiben oder das Geld hierzu leicht entbehren kann, seine Erfindungen anmelden wird, während der unbemittelte Erfinder auf die Anmeldung verzichten muß (vgl. hierzu auch Adler, Gewerbl. Rechtsschutz und Urheberrecht 1913, S. 326 und meinen Aufsatz in Elektrotechn. Zeitschrift 1913, S. 1 184). Nur vereinzelt wird die Erhöhung der Verfahrensgebühren für begründet erachtet, so z.B. von Cantor, Elektrotechn. Zeitschrift 1913 S. 1008. Die vielfach gestellte Forderung, die Beschwerdegebühr an den obsiegenden Beschwerdeführenden stets zurückzuzahlen, wie dies z.B. in Oesterreich gehandhabt wird, ist durchaus berechtigt. Der Einführung einer Einspruchsgebühr von 20,– M und der Erhöhung der Nichtigkeitsgebühr von 50,– M auf 100, –M, sowie der Einführung einer Gebührenpflicht in der Berufungsinstanz vor dem Reichsgericht wird im allgemeinen zugestimmt. Wenn aber Cantor in der Elektrotechnischen Zeitschrift, Jahrgang 1913 S. 1008 noch eine weitere Erhöhung der Gebühr 1. Instanz mit der Begründung fordert, daß nicht einzusehen ist, warum Nichtigkeitsprozesse, bei denen es sich allgemein um wirtschaftlich hohe Werte zwischen kapitalkräftigen Parteien handelt und deren Entscheidung nicht ein geringeres Maß an Mühewaltung erfordert als bei gewöhnlichen Zivilprozessen, soviel billiger sein sollen als letztere, so übersieht er doch, daß die gewöhnlichen Zivilprozesse in der Gebührenfrage mit den Nichtigkeitsprozessen deshalb nicht auf eine Stufe gestellt werden können, weil es sich bei den Zivilprozessen um ein reines Parteiverfahren handelt, an dessen Ausgang nur die klagenden Parteien interessiert sind, während die Nichtigkeitsprozesse neben den Parteien im wesentlichen Maße auch die Oeffentlichkeit berühren, die ein Interesse an der Feststellung hat, ob ein zugunsten eines einzelnen bestehendes Ausschließungsrecht, wie es durch das Patent gewährt wird, zu Recht besteht oder nicht. Es erscheint mir aber richtiger, in der Berufungsinstanz vor dem Reichsgericht, die bisher kostenfrei war, anstatt der vorgeschlagenen Pauschgebühr von 300 M, die durch die noch neu eingeführten Gerichtsgebühren überschritten werden kann, nur die für das Reichsgericht maßgebenden gerichtlichen Gebühren zu fordern. Der vom Verein deutscher Ingenieure aufgestellten Forderung, daß die Einspruchsgebühr an den obsiegenden Einsprechenden wieder zurückzuzahlen ist, ist zuzustimmen. Die vom gleichen Verein ausgehende Forderung, auch die Nichtigkeitsgebühr an den obsiegenden Kläger zurückzuzahlen, ist aber überflüssig, da hierzu die unterliegende Partei ohnehin verpflichtet wird. Ist die künftige Praxis im Einspruchs verfahren derart, daß auch dort die unterliegende Partei stets die Kosten zu tragen hat, so braucht auch eine Zurückzahlung der Einspruchsgebühr in das Gesetz nicht aufgenommen zu werden. Die Neuorganisation des Patentamtes in der von der Regierung vorgeschlagenen Weise wird, soweit sie das Beschwerdeverfahren betrifft, fast durchweg verurteilt, da sie anstatt der gewünschten Verbesserung eher eine Verschlechterung des bisherigen Zustandes darstellt. Bisher wurden die Anmeldungen von zwei getrennten, beschlußfassenden Abteilungen, der Anmeldeabteilung und der Beschwerdeabteilung, geprüft, wobei der Vorprüfer in der Anmeldeabteilung einen meist ausschlaggebenden Einfluß ausübte. Künftig soll der Vorprüfer über die Anmeldungen selbständig Beschluß fassen, was im Sinne einer Beschleunigung des Prüfungsverfahrens durchweg begrüßt wird. Als zweite und dritte Instanz soll dann eine drei- und fünfgliedrige Beschwerdeabteilung fungieren, wobei aber in der mit fünf Mitgliedern besetzten dritten Instanz die drei Mitglieder der zweiten Instanz mitwirken sollen. Diese Einteilung ist verfehlt und schafft nur eine scheinbare dritte Instanz, während man es in Wirklichkeit mit nur zwei Instanzen zu tun hat, denn es ist klar, daß die drei Mitglieder der zweiten Instanz in der dritten Instanz noch einen viel stärkeren Einfluß haben werden als bisher der Vorprüfer in der ersten Instanz. Die von dem Verein deutscher Ingenieure und auch sonst fast durchweg geforderte Selbständigstellung aller drei Instanzen (Einzelprüfer, dreigliedrige Beschwerdeabteilung, fünfgliedriger Beschwerdesenat) ist daher durchaus berechtigt. Im Einspruchsverfahren genügen zwei getrennte Instanzen. Anstelle des Einzelprüfers als erste Instanz, dem der fünfgliedrige Beschwerdesenat als zweite Instanz übergeordnet ist, sollte hier aber die dreigliedrige Beschwerdeabteilung treten, jedoch nur unter der Voraussetzung, daß diese im Sinne obiger Ausführungen eine getrennte Instanz für sich bildet. Wenn Justizrat Dr. Edwin Katz in „Markenschutz und Wettbewerb“ Oktoberheft 1913, S. 7 erklärt, daß ein Kollegium von drei Personen vollständig ausreicht, um endgültig über die Frage der Patenterteilung zu entscheiden und daß mit dem Anwachsen der Zahl der an der Entscheidung Beteiligten die letztere um so mehr ein Spiel des Zufalls wird, so wird diese Auffassung wohl von wenigen geteilt werden. Gewöhnlich herrscht wohl die Auffassung vor, daß mit der Vergrößerung des Kollegiums die Sicherheit für eine richtige Entscheidung wächst. Nicht umsonst wird man wohl im gewöhnlichen Prozeßverfahren die höheren Instanzen mit mehr Richtern besetzt haben als die unteren Instanzen. Dagegen wird man der Auffassung von Dr. Edwin Katz zustimmen können, daß der fünfgliedrige Beschwerdesenat nach der im Regierungsentwurf vorgesehenen Reglung des Beschwerdeverfahrens ziemlich überflüssig ist, nachdem darin alle drei Mitglieder des dreigliedrigen Beschwerdesenats mitwirken sollen, die bereits in der Vorinstanz über die Anmeldung entschieden haben. Mit Recht vielfach verurteilt wird die Beibehaltung der fünfjährigen Präklusivfrist für die Nichtigerklärung eines Patentes, wenn diese auch von gewissen Beschränkungen (offenkundige Ausführung im Inland) abhängig gemacht ist. Wie Cantor in der E. T. Z. 1913, S. 1009 und Dr. Edwin Katz in Markenschutz und Wettbewerb (vgl. oben) richtig ausführen, wird es für jeden Patentanmelder ein leichtes sein, die Erfindung einmal oder wenige Tage vor Ablauf der fünfjährigen Frist im Inland offenkundig auszuführen, so daß die Beschränkung illusorisch wird. Die sogen. Schein- und Sperrpatente, die nach Ablauf der fünfjährigen Nichtigkeitsfrist unanfechtbar werden, trotzdem sich die Erfindung vielfach als vollständig vorbekannt herausstellt, werden auf diesem Wege nicht beseitigt. Mit der Beibehaltung der fünfjährigen Nichtigkeitsfrist könnte man sich allenfalls befreunden, wenn nach einem von Reichsgerichtsanwalt Dr. Mittelstaedt in Heft 9 der Zeitschrift „Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht“ Jahrg. 1913, S. 235 gemachten Vorschlag die Bestimmung in das Patentgesetz aufgenommen werden würde, daß durch das Patent niemand gehindert wird, den freien Stand der Technik gewerbsmäßig zu benutzen. Wenn auch die Gerichte unter den geltenden Bestimmungen schon in anerkennenswerter Weise bestrebt sind, bei teilweiser Nichtneuheit der Erfindung durch einengende Auslegung des Schutzes den nachteiligen Folgen der fünfjährigen Nichtigkeitsfrist nach Möglichkeit abzuhelfen, so sind sie einem Patent gegenüber, das nach Ablauf der fünfjährigen Frist sich als vollständig vorbekannt erweist, meist doch machtlos, da eine Vernichtung des Patentes wegen Nichtneuheit eben nur durch die Nichtigkeitsbehörde vor Ablauf der fünfjährigen Frist erfolgen darf. Die Einführung der Bestimmungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in das Patentgesetz wird allgemein gebilligt, gleichzeitig mit Recht aber auch meistens die Ausdehnung dieser Bestimmungen auf die Zahlung der Patentgebühren gefordert. Ungeteilten Beifall findet ferner die Bestimmung, daß die fünfzehnjährige Patentdauer erst von der Bekanntmachung der Patentanmeldung und nicht wie bisher vom Anmeldedatum an rechnet. Nur von Direktor Blum werden hiergegen in Technik und Wirtschaft 1913, S. 706 aus wenig stichhaltigen Gründen Bedenken erhoben. Sehr umstritten ist die Frage, ob das neue Gesetz eine Bestimmung über die Festlegung der Schutzgrenzen des Patentes enthalten soll. Der Entwurf ändert bekanntlich nichts an dem jetzigen Zustand, wonach den Gerichten die Möglichkeit gegeben ist, im Verletzungsstreit den Schutzumfang des Patentes unter Berücksichtigung des Standes der Technik zur Zeit der Anmeldung des Patentes im Rahmen des Patentanspruches einzuschränken oder auszudehnen. Meist wird in dieser Beziehung eine Abänderung gefordert (vgl. z.B. Cantor, E. T. Z. 1913, S. 1009, Dr. Edwin Katz, Markenschutz und Wettbewerb, Oktoberheft 1913, S. 8). Ich halte eine genaue Abgrenzung des Schutzumfanges in der Patentschrift, über welche der Verletzungsrichter nicht hinausgehen darf, für verfehlt, da die Bedeutung und der Umfang der Erfindung im Anmeldestadium vielfach noch garnicht erkannt werden. Daß aber ein Erfinder eines grundlegenden Prinzips um die Früchte seiner Erfindung gebracht werden soll, weil er den Umfang seiner Erfindung anfangs noch nicht recht überblicken konnte und der Nacherfinder diesen nach Schaffung der Prinzipienerfindung meist erfinderisch unbedeutenden Schritt vorwärts macht, halte ich für unbillig. Fällt die fünfjährige Nichtigkeitsfrist ganz, so kann dagegen die Einschränkung des Patentschutzes ausschließlich den Nichtigkeitsinstanzen vorbehalten werden. Wichtiger erscheint mir schon die Aufnahme einer Bestimmung in das Patentgesetz über die Abgrenzung der Patentfähigkeit einer Erfindung und zwar im Sinne der neuerdings ergangenen Entscheidung der Beschwerdeabteilung I des Patentamtes vom 24. September 1913 (Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen, Jahrgang 1913, S. 292), in der ausgeführt wird, daß für die Frage, ob eine patentfähige Erfindung vorliegt oder nicht, ausschließlich der technische Fortschritt maßgebend ist, worunter auch jede erhebliche Bereicherung der Technik fällt. Das nach der alten Praxis des Patentamtes beliebte Operieren mit den Begriffen: naheliegende Maßnahme, keine unerwartete technische Wirkung usw., das vom Patentamt auch noch neuerdings trotz der obigen Entscheidung der Beschwerdeabteilung I zum Nachteil der Erfinder vielfach erfolgt, würde dadurch endgültig beseitigt werden. Die neuen Bestimmungen über die Folgen von Patentverletzungen werden allgemein gebilligt, da die bisherige Beschränkung des Schadenersatzanspruchs nur auf grob fahrlässige Patentverletzungen zu Unzuträglichkeiten führte und das bestehende Gesetz einen Bereicherungsanspruch überhaupt nicht kennt. Die Einführung des letzteren nach dem Vorbilde des österreichischen Patentgesetzes und die Schadenersatzpflicht bei schon einfacher, fahrlässiger Patentverletzung ist daher berechtigt. Wie Dr. Bruno Alexander Katz in „Technik und Wirtschaft“, S. 702 und Dr. Edwin Katz in „Markenschutz und Wettbewerb“ Oktoberheft 1913, S. 10 zutreffend ausführen, ist aber nicht einzusehen, warum die Haftung des Patentverletzers für die ihm zugeflossene Bereicherung auf die Zeit nach der Klageerhebung beschränkt werden soll, da auch in der Zeit vor der Klageerhebung durch eine Patentverletzung das dem Patentinhaber nach dem Gesetz gewährte ausschließliche Recht zu dessen Schaden verletzt wird. (Schluß folgt.)