Titel: Moderne Schnellfilter-Anlagen.
Autor: A. Lampl
Fundstelle: Band 329, Jahrgang 1914, S. 553
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Moderne Schnellfilter-Anlagen. Von Dipl.-Ing. A. Lampl in Berlin. LAMPL: Moderne Schnellfilter-Anlagen Inhaltsübersicht. Die technischen Erfordernisse für einen möglichst störungsfreien und ununterbrochenen Betrieb von Großfilteranlagen für Trinkwasserversorgung und industrielle Zwecke werden kurz besprochen und das von Hans Reisert G. m. b. H. verwendete System der Wasser-Starkstrom-Rückspülung unter Verwendung von Preßluft beschrieben. ––––– Die ständig fortschreitende Industrialisierung in Deutschland und die damit Hand in Hand gehende steigende Verunreinigung des Flußwassers durch Fabrikbetriebe und Kanalisationsanlagen, andererseits aber die wachsenden Ansprüche der Bevölkerung und Behörden in gesundheitlicher Hinsicht, haben zur Folge gehabt, daß die Reinigung des Trinkwassers durch geeignete Filteranlagen eine der wichtigsten Aufgaben unserer Kommunalverwaltungen bildet. Dazu kommt noch, daß die Industrie selbst große Mengen von geklärtem Wasser verbraucht, und für gewisse Betriebe der große Einfluß der Verwendung gereinigten Wassers längst erkannt worden ist. Die rascheste und gründlichste Methode zur Gewinnung reinen trinkbaren Flußwassers besteht nun in seiner Filtration unter Verwendung meist größerer Filteranlagen, die es ermöglichen, ohne nennenswerte Betriebsunterbrechungen fortlaufend gleichmäßig gereinigtes Wasser zu erhalten. Die in technischer und hygienischer Hinsicht geeignetste Art der Filtration erfolgt unter Verwendung von feinstem Perlkies als Filtermaterial. Die Hauptschwierigkeiten, die sich der Erzielung eines gleichmäßigen und möglichst ununterbrochenen Filterbetriebes entgegenstellen, bestehen in der zunehmenden Verunreinigung des Filterkieses durch das Rohwasser, wodurch anfangs ein zu schnelles und gegen Ende der Verunreinigungsperiode ein zu langsames Filtrieren resultiert, andererseits aber durch die Notwendigkeit, die verunreinigte Filtermasse von Zeit zu Zeit zu reinigen und den Betrieb deshalb oft halbe Stunden lang zu unterbrechen. Die bisher üblichen Auswaschungsmethoden bedienten sich meist eines mechanischen Rührwerks oder dergleichen, welches im allgemeinen eine mindestens halbstündige Unterbrechung des Filterbetriebes und außerdem eine nur oberflächliche Reinigung des Filterkieses zur Folge hatte, da nur die obere Filtermasse durch das Rührwerk in Bewegung gesetzt werden konnte. Außerdem wird bei Verwendung derartiger Rechen und Rührwerke die Filterhaut, die sich bei jedem gut arbeitenden Filter an der Oberfläche des Filterkieses durch die Ablagerung der im Wasser suspendierten feinsten Teilchen von Plankton und dergleichen bildet, gefährdet. Dies ist von außerordentlicher Wichtigkeit, da gerade diese feine Filterhaut die wichtigste Vorbedingung für ein gutes Filtrat bildet und zur Filtration selbst mehr beiträgt als die ganze übrige Kiesmasse. Einen wesentlichen Fortschritt auf diesem Gebiete stellt das Verfahren der Filterreinigung mittels Wasserstarkstrom-Rückspülung unter Verwendung von Preßluft dar, wobei außerdem die Geschwindigkeit des Wassers im Filter durch einen neuartigen Geschwindigkeitsregler derart reguliert wird, daß weder eine beständige Abnahme, noch ein plötzlicher Wechsel in der Filtriergeschwindigkeit eintreten kann. Da mittels der neuen Starkstrom-Rückspülung das Auswaschen des ganzen Filterbettes innerhalb der außerordentlich kurzen Zeit von nur 20 Sekunden möglich ist, so kann gegenwärtig von der so lästigen Unterbrechung des Filterbetriebes kaum mehr gesprochen werden. Weitere wichtige Vorteile sind der außerordentlich geringe Wasserverbrauch für die Reinigung, die Vermeidung aller mechanischen Rührwerke und sonstigen beweglichen Teile innerhalb des Filterbettes und die außerordentlich gründliche Reinigung des Kieses durch das neue Verfahren. Die Konstruktion und Wirkungsweise dieser modernen Filteranlagen geht aus der Abb. 1 deutlich hervor, die den Filter während des Betriebes veranschaulicht. Das Rohwasser tritt durch das Einströmrohr und Ventil A an der Oberkante des Filterbettes ein und gelangt zuerst in einen aus den beiden Blechstreifen M und N gebildeten ringförmigen Hohlraum von dreieckigem Querschnitt, aus dem es in einem gleichförmig starken Wasserschleier austritt, so daß die Kiesmasse durch den einfallenden Wasserstrahl nicht einseitig, aufgewühlt wird. Am Eintrittstutzen ist außerdem eine Klappe J vorgesehen, die durch den Schwimmer G einerseits und einen in die Abflußleitung eingeschalteten patentierten Geschwindigkeitsregler E andererseits unter Vermittlung des Hebelarmes H betätigt wird. Dieser Regulator E, der weiter unten näher beschrieben wird, ist genau auf die gewünschte Leistung eingestellt, so daß die Filtergeschwindigkeit unabhängig vom Grade der Verunreinigung des Filters stets gleichmäßig bleibt, was eine unerläßliche Bedingung zur Erzielung eines guten Filtrates ist; andererseits sorgt der Schwimmer G dafür, daß die Wasseroberfläche im Filterbett niemals bis unter die Filteroberfläche herabsinkt und wirkt seinerseits auf den Geschwindigkeitsregler E ein. Der Filterkies F ruht auf einem aus gelochten Blechen mit zwischengelegtem Bronzedrahtgewebe bestehenden Filterboden Q. Sobald das Rohwasser den Filterboden durchdrungen hat, gelangt es in- gereinigtem Zustande durch den ringförmigen Schacht zwischen den beiden Zylindern C und D in den Sammelraum R und von hier durch den Abflußkrümmer B und den Geschwindigkeitsregler E in den Reinwasserbehälter. Textabbildung Bd. 329, S. 554 Abb. 1. Die Reinigung des Filtersandes erfolgt in einfachster Weise dadurch, daß man vorerst durch Niederschrauben der über dem Hebel H befindlichen Schraubenspindel die Zuflußklappe J sowie den Geschwindigkeitsregler E abschließt und hierauf das Ventil L der am höchsten Punkt des Behälters R einmündenden Preßluftleitung öffnet. Die Druckluft bewirkt, daß das gereinigte Wasser im Behälter R den Filterboden Q und den Filterkies F mit großer Gewalt von unten nach oben durchdringt, wobei die gesamte Filtermasse zuerst emporgehoben wird und hierauf entgegen der Wasserströmung wieder auf den Filterboden herabsinkt. Bei diesem Vorgange werden die schweren Kiesteilchen von dem Wasser nicht mitgerissen, während dasselbe den gesamten Schmutz und Schlamm mit sich nach der Oberfläche reißt und dann durch die breite zylindrische Röhre C in der Mitte nach der Kammer Z herunterbefördert, von welcher aus das Schlammwasser durch den Stutzen S nach dem Schlammkanal abfließt. Der Grad der Verschmutzung des Filterkieses und damit der Zeitpunkt einer erforderlichen Reinigung wird durch das am Behälter R angebrachte Vakuummeter X angegeben, welches durch seinen Ausschlag anzeigt, daß trotz vollständig geöffnetem Regulator der Filterdruck nicht mehr hinreicht, um das Wasser durch die Filtermasse zu drücken, so daß im Räume R ein Unterdruck entsteht. Nach erfolgter Reinigung des Filters wird der frühere Betriebszustand in einfacher Weise wieder dadurch hergestellt, daß das Luftventil geschlossen, die Drosselklappe und der Regulator wieder langsam geöffnet und die Druckluft im Behälter R durch ein Ventil, entweichen gelassen wird. Textabbildung Bd. 329, S. 555 Abb. 2. Textabbildung Bd. 329, S. 555 Abb. 3 Die Konstruktion des patentierten Geschwindigkeitsreglers geht aus der Abb. 2 hervor. Hierbei wird der Unterschied der Wasserdrücke vor und hinter der Durchgangsöffnung aus einem leicht gedrosselten Ventil benutzt, um dieses mehr oder weniger zu öffnen. Zu diesem Zwecke steht einerseits die Hochdruckseite h des Ventils mit dem Schwimmerbehälter e in Verbindung, während anderseits das Wasser auf der Niederdruckseite l des Ventils durch die hohle Ventilspindel c mittelst der Oeffnungen o in das Innere des Schwimmers f dringen kann. Am Ausgang des Ventils befindet sich bei k eine Kaliberscheibe, welche auch den Wasseraustritt aus dem Ventilgehäuse drosselt, so daß in der Austrittskammer l stets ein gewisser Ueberdruck vorhanden ist. So lange dieser Druck konstant bleibt, ändert sich auch die Ausflußgeschwindigkeit bei k nicht. Sobald jedoch infolge zu geringen Filterwiderstandes der Druck bei l steigt, nimmt auch der Wasserstand im Innern des Schwimmers f zu. Derselbe senkt sich und bewirkt, daß die Ventilteller b sich dem Ventilsitz nähern. Auf diese Weise wird selbsttätig der Druck im Raum l und damit die Ausflußgeschwindigkeit bei k konstant gehalten. Der Schwimmer besitzt in einer gewissen Höhe mehrere Löcher i, welche das Ansteigen des Wasserstandes im Schwimmerbehälter begrenzen. Zu erwähnen ist noch die Membrane m, welche das Innere der Spindel c gegen den Schwimmerbehälter wasserdicht abschließt, ohne die Bewegung des Schwimmers zu verhindern. Das beschriebene Filter (Abb. 1) ist aus starkem Eisenblech mit Betonsockel ausgeführt und hat eine runde Gestalt. Große Filteranlagen werden schon mit Rücksicht auf geringen Raumbedarf nicht in der beschriebenen Weise, sondern in rechteckiger Form aus Beton hergestellt. Der rechteckige Filterquerschnitt und die Möglichkeit, die Filterbetten beliebig lang auszuführen, ermöglichen eine große Vereinfachung und Verbilligung der Filteranlagen gegenüber der runden Ausführung in Eisen. Die Anordnung und Wirkungsweise, die aus der Abb. 3 hervorgeht, ist im wesentlichen die gleiche wie oben beschrieben und kann an Hand der Buchstabenbezeichnung leicht verfolgt werden. Rechts oben ist der für eine ganze Batterie ausreichende Windkessel und Kompressor dargestellt, während unterhalb der Filterelemente der Reinwasserbehälter angeordnet ist. Mit Y ist hier die über die ganze Länge des Filterelements reichende Verteilungsrinne für das Rohwasser bezeichnet (entsprechend der ringförmigen Rinne MN in Abb. 1). Textabbildung Bd. 329, S. 556 Abb. 4. Eine der neuesten und größten Filteranlagen der beschriebenen Art ist kürzlich von der die Ausführungsrechte besitzenden Firma Hans Reisert G. m. b. H., Köln-Braunsfeld, im Auftrage der Stadt Barmen ausgeführt worden, welche die Errichtung einer großen Filteranlage zur Trinkwassergewinnung aus der Herbringhauser Talsperre beabsichtigte. Die in Rede stehende Filteranlage, von der Abb. 4 eine Innenansicht gibt, ist für eine stündliche Leistung von 3000 m3 Wasser vorgesehen und hat in ihrem bisherigen Betriebe außerordentlich befriedigt. Wegen der Größe der Anlage wurde zwecks Platzersparnis die Ausführung in Beton vorgesehen. Die Anlage besteht im ganzen aus 19 Filterbetten von je 39,5 m2 Filterfläche. Die Preßluft für die Reinigung des Filtermaterials wird von zwei Kompressoren erzeugt, welche 200 m3 angesaugter Luft auf einen Druck von 5 at in zwei Windkessel von je 12 m3 Inhalt drücken können. Der Antrieb der Kompressoren erfolgt durch zwei Elektromotoren von je 26 PS Leistung. Ein einziger Kompressor vermag binnen 10 Min. die zur Reinigung einer Filterkammer erforderliche Druckluftmenge aufzuspeichern, während der Reinigungsprozeß selbst nur Bruchteile einer Minute in Anspruch nimmt. Hervorzuheben ist neben den erwähnten Vorteilen die sehr einfache Bedienung und der geringe Verschleiß der Anlage, da keinerlei bewegliche Teile, wie Rührwerke, Rechen usw. vorhanden sind. Aus diesem Grunde fallen auch Reparaturen usw. nahezu gänzlich weg und sind Schmiermaterialien nicht erforderlich, so daß die Betriebskosten sehr niedrig gehalten werden können. Die angegebenen Gründe haben in gleicher Weise niedrige Anschaffungskosten einer derartigen Anlage zur Folge, so daß die Rentabilität und Betriebssicherheit derselben allen Anforderungen genügt, die man heute an eine Anlage dieser Art stellen kann.