Titel: Bemerkungen über doppeltwirkende Zweitaktmotoren.
Autor: Max Hofmann
Fundstelle: Band 329, Jahrgang 1914, S. 575
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Bemerkungen über doppeltwirkende Zweitaktmotoren. Von Dipl.-Ing. Max Hofmann, Danzig. HOFMANN: Bemerkungen über doppeltwirkende Zweitaktmotoren Im Anschluß an den in Heft 11, 12 und 14 dieser Zeitschrift von Ing. Kreul, Elbing, veröffentlichten Artikel Neuere doppeltwirkende Zweitakt-Motoren möchte ich mir nachfolgende ergänzende Bemerkungen erlauben. Nach den Ausführungen des genannten Verfassers möchte es scheinen, als ob die führenden Firmen auf dem Gebiete des Dieselmotorenbaues nur deshalb noch nicht zur marktfähigen Herstellung von doppeltwirkenden Zweitaktmotoren übergegangen sind, weil sie deren große Vorteile noch nicht richtig erkannt haben, denn die konstruktiven Schwierigkeiten wären ja nach dem Inhalte der obigen Abhandlung leicht zu überwinden. Das ist jedoch nicht so. Der doppeltwirkende Zweitaktmotor stellt sowohl dem erfahrenen Konstrukteur als auch dem Prüffeldingenieur ganz enorm schwierige Aufgaben, die man häufig nur durch langwieriges, kostspieliges Ausprobieren und Umändern auf dem Probierstande bewältigen kann, und diese Nachteile sind nach bei dem von Kreul gezeichneten doppeltwirkenden Motor nicht umgangen. Textabbildung Bd. 329, S. 575 Abb. 1. Schnitt in der Spülschlitzebene Dem Haupterfordernis dieser Motorenbauart, die nur in großen Abmessungen marktfähig ausgeführt werden kann, nämlich die durch Wärmedehnung hervorgerufenen Spannungen in den großen Zylindergußstücken zu vermeiden, ist nicht genügend Rechnung getragen. Der komplizierte Zylinder, bei welchem Laufbüchse und Kühlwassermantel aus einem Stück gegossen sind, und welcher oben und unten noch einen weiteren Mantel für die Spülluftzuführung trägt, dürfte wohl bald nach seiner Inbetriebnahme reißen. Vor allem wäre diese Form nicht als eine Lösung der Aufgabe, einen widerstandsfähigen Zylinder für den Großdieselmotor zu schaffen, anzusehen. Die Mäntel erhöhen durchaus nicht die Festigkeit des Zylinders in achsialer Richtung. Im Gegenteil, dadurch, daß die Laufzylinderwand mit den Feuergasen in Berührung kommt und infolge des Hindurchwanderns der Wärme eine sehr hohe mittlere Temperatur annimmt, wohingegen die äußeren Mäntel infolge der Wasserkühlung kalt bleiben, werden hohe Achsialspannungen erzeugt, die das Reißen des Zylinders hervorrufen können. Das empfohlene Einziehen einer besonderen Laufbüchse und Einschrauben oder Einwalzen von Stahlrohren als Spülventilstutzen ist nicht ausführbar, da durch die Wärmedehnung der Laufbüchse und durch die damit verbundene achsiale Verschiebung die Schraub- oder Walzstellen sehr bald undicht werden würden. Wagerechte Spülventile gehören zu den Seltenheiten, die Körtingsche Bauart dürfte wohl die einzige derartige sein. Dort sind aber die Betriebsschwierigkeiten dieser Ventilanordnung in Kauf genommen, um einen scheibenförmigen Verbrennungsraum zu erhalten, während bei der Anwendung liegender Spülventile für den stehenden Motor der Verbrennungsraum nur zerklüftet wird. Die Spülventiltaschen müssen so tief sein, daß beim Hängenbleiben des Ventilkegels der Teller nicht vom Kolben getroffen werden kann, und dadurch wird der von diesen Ausbuchtungen aufgenommene Anteil des Kompressionsendvolumens ganz erheblich. Nach Abb. 1 und 5 der Darstellung des erwähnten doppeltwirkenden Motors würde dieser Anteil fast 20 v. H. des Verbrennungsraumes betragen, und da der Kolben in seiner Endstellung diese Taschen zum großen Teil überdeckt, so wird die darin enthaltene Luft erst verspätet mit dem eintretenden Brennstoff in Berührung kommen und ein Nachbrennen bewirken. Außerdem werden die liegenden Spülventile nur unreine Spülung ergeben. Entgegen der Behauptung, damit eine ähnlich gute Spülung wie bei dem Junkers-Motor zu erzielen, kann man schon durch Ueberlegung finden, daß dies nicht der Fall sein wird. Bei der Doppelkolbenmaschine, System Junkers, treten die Spülströme radial ein und füllen von der Spülseite her den Zylinder mit Spülluft an. Textabbildung Bd. 329, S. 575 Abb. 2. Schnitt in der Spülventilebene Diese schiebt die Verbrennungsgase vor sich her und zu den Auspuffschlitzen hinaus, wobei die angestrebte ebene Trennungsfläche zwischen Spülluft und Auspuffgasen ziemlich wahrscheinlich ist (siehe Abb. 1). Bei der Anordnung der Spülventile in der Zylinderwand mit ihren Achsen senkrecht zur Zylinderachse werden die unten austretenden Spülströme (siehe Abb. 2) denjenigen die oben und an der Seite austreten und erst reflektiert werden müssen, vorauseilen. Es wird abgesehen davon, daß die Wirbelerzeugung größer ist, wie bei der Junker-Maschine, in der Achse des Zylinders ein Kegel von Auspuffgasen von seinem Wege nach den Auspuffschlitzen abgeschnitten, und es wird sich daher nur dann eine einigermaßen saubere Spülung erzielen lassen, wenn man mit sehr großem Spülluftüberschuß arbeitet. Selbst die normale Ausführung (Abb. 3) der Spülventile im Zylinderdeckel wird auch in dieser Hinsicht der besprochenen überlegen sein, da bei ihr weniger Wirbel erzeugt werden und auch die Spülluftsäule mit weniger zerrissener Trennungsfläche gegen die Auspuffgase vorgehen wird. Ferner müssen bei der Bauart Kreul wegen der Spülventiltaschen die Kolbenringe, damit sie nicht den hohen Temperaturen der ersten Verbrennung ausgesetzt sind, sehr weit vom Kolbenboden entfernt angeordnet werden, was für das Dichthalten des Kolbens bei Beginn der Kompression sehr ungünstig ist. Textabbildung Bd. 329, S. 576 Abb. 3. Das in Abb. 11 des eingangs erwähnten Aufsatzes dargestellte Brennstoffventil ist unrichtig. Nach dem Schlusse der Brennstoffnadel wird zunächst eine Luftmenge von dem augenblicklich im Zylinder herrschenden Verbrennungsdruck vermischt mit Brennstoff in den beiden langen Kanälen, die von dem Sitze der Brennstoffnadel nach den beiden Düsenplatten führen, zurückbleiben. Dieses Luftvolumen ist ein ganz beträchtlicher Anteil des überhaupt für jeden Hub zur Verfügung stehenden Einblaseluftvolumens, schätzungsweise 30-40 v. H. Mit dem Zylinderdruck sinkt nun auch der Druck in diesen beiden Kanälen, und es wird daher ein während des ganzen Expansionshubes anhaltendes Nachblasen der Düsen stattfinden. Ein Teil des Brennstoffs gelangt dadurch verspätet in den Zylinder, was eine Verbrennung bei niederer Temperatur, also eine unvollkommene Verbrennung, zur Folge hat. Läßt man das Ventil, um dies zu vermeiden, mit großer Einblaseluftmenge arbeiten, (was natürlich nicht sehr wirtschaftlich ist) so daß die Zuführungskanäle zu den Düsen jedesmal vollkommen von Brennstoff leer geblasen werden, so ist wiederum die sichere Zündung in Frage gestellt, da beim Oeffnen der Brennstoffnadel zunächst die ganze in den Kanälen enthaltene Luftmenge in den Zylinder geblasen werden muß, die eine lokale Abkühlung hervorruft und dem nachfolgenden Brennstoff-Luftgemisch die Zündung unmöglich macht. Weiterhin ist es mit großen Betriebsschwierigkeiten verbunden, mit einer Verteilerplatte die für einen Hub notwendige, außerordentlich kleine Brennstoffmenge auf mehrere Düsen genau gleichmäßig zu verteilen, was aber im Interesse der richtigen Zerstäubung und Verteilung auf den gesamten Verbrennungsraum unbedingt erforderlich ist. Die eigenartige Kühlwasserführung des erwähnten Motors bedingt eine zweite Stopfbüchse gegen Feuergase. Nun sind aber gerade diese Stopfbüchsen wunde Stellen des doppeltwirkenden Motors, und man nimmt nur ungern für jeden Zylinder eine zweite davon in Kauf. Weiterhin ist auch für Motoren von noch größeren Abmessungen als den gezeichneten die zentrale Einspritzung die beste und auch diese muß hier zu gunsten der Kühlwasserzuführung im oberen Verbrennungsraum aufgegeben werden. Dagegen sind wiederum die erreichten Vorteile nur sehr zweifelhafte. Die Behauptung, daß bei der angeordneten Zuführung des Kolbenkühlwassers durch die Kolbenstangenverlängerung das Gesamthubvolumen von Kurbel- und Deckelseite zusammengenommen größer werde als bei der Zu- und Abführung des Kühlwassers vom Kreuzkopfe aus, erweist sich bei näherer Prüfung als unzutreffend. Die Kolbenstangen der doppeltwirkenden Motoren sind meist auch in dem erwähnten Falle auf Knikkung zu berechnen, und dann kann man bekanntlich durch die Kolbenstange eine Bohrung von 40 – 50 v. H. ihres Außendurchmessers hindurch führen, ohne ihre Festigkeit gegen Knicken wesentlich zu schädigen, im Gegenteil, man hat den Vorteil, daß das Kolbenstangengewicht und mithin das Gewicht der hin- und hergehenden Teile geringer wird. Durch eine solche Bohrung kann man aber ohne zu große Wassergeschwindigkeit zu erhalten, das benötigte Kühlwasser zu- und abführen. Die Kühlwasserleitung für den Kolben des gezeichneten Motors bedingt bei Annahme von mäßiger Durchflußgeschwindigkeit einen Querschnitt von 2,5-3 cm2, was einer Bohrung von 18 bis 20 mm entspräche. Nun macht aber die Herstellung eines solch engen Loches von 1300 mm Länge in der stählernen Kolbenstange erhebliche Schwierigkeiten, so daß man schon mit Rücksicht auf die Ausführung dasselbe gern im Durchmesser etwas größer, vielleicht 30-35 mm, nehmen wird, und durch diesen Lochquerschnitt könnte man auch das Kühlwasser zu- und abführen. Man kann also auch in dem Falle, wo die Kolbenstange so kurz ist, daß sie auf Druck zu berechnen wäre, nicht von einer Vergrößerung des Kolbenstangendurchmessers durch die normale Kühlwasserführung gegenüber der von Kreul entworfenen sprechen. Es wird also entgegen der oben erwähnten Behauptung das Gesamthubvolumen von Kurbel und Deckelseite um das Verdrängungsvolumen der Kolbenstangenverlängerung vermindert. Zur Führung ist übrigens beim stehenden Zweitaktmotor infolge des langen Kolbens eine Verlängerung der Kolbenstange nicht notwendig. Ferner macht bei doppeltwirkenden Motoren die normale Kühlwasserzu- und Abführung vom Kreuzkopf aus nur geringe Betriebsschwierigkeiten, da bei Anwendung eines Kreuzkopfes (im Gegensatz zu dem Trunkkolben des einfachwirkenden Zweitaktmotors) die Posaunenrohre oder Gelenke gut zugänglich sind, und Leckwasser leicht abgefangen werden kann. Am Ausfluß des Kolbenkühlwassers am Kreuzkopf soll bei dem erwähnten Motor ein Rückschlagventil angeordnet sein, welches erst bei einem Druck abfließen läßt, der höher ist als der Druck der durch die Kolbenbewegung beschleunigten Kühlwassersäule. Es muß also beim Hochgehen des Kolbens das Kühlwasser durch dieses Ventil hindurchgepreßt werden, d.h. die Kühlwasserpumpe muß gegen 2 bis 3 at fördern, was übrigens auch bei der üblichen Kühlwasserführung notwendig ist, weil man dort meist den Ausfluß drosselt, um ein Abreißen des Wasserfadens und damit verbundene Stöße in der Leitung zu vermeiden. Nun würde bei der hier besprochenen Bauart das Zylinderkopf- und Mantelkühlwasser der gleichen Pumpe entnommen werden, müßte daher auch unnötigerweise gegen 2 bis 3 at angefördert werden, und das wäre unökonomisch, zumal wenn man wie hier ohnehin mehrere Kühlwasserpumpen für einen Motor anwendet. Dann ist schon besser, das Kolbenkühlwasser und das Kühlwasser für alle übrigen Teile durch zwei getrennte Pumpen fördern zu lassen. – Die in Abb. 1 des erwähnten Aufsatzes dargestellte Kühlwasserpumpe ist außerdem nicht richtig dimensioniert. Sie würde ungefähr das 2,5 fache von dem fördern, was ein Zylinderaggregat an Kühlwasser braucht. Es wäre eigentlich ein Plungerdurchmesser von 40 mm notwendig. – Beim liegenden doppeltwirkenden Motor, für den ja diese Konstruktion auch geeignet sein soll, muß man sich zwar ohnehin zu einer Verlängerung der Kolbenstange zum Tragen des schweren Kolbens verstehen, aber man kann doch mit Rücksicht auf die Durchbiegung der Kolbenstange den Durchmesser der Verlängerung nicht viel kleiner machen als den des zwischen Kolben und Kreuzkopf liegenden Stangenteils. Man müßte also hier erst recht unnötig viel Wasser gegen hohen Druck fördern und könnte nur in den seltensten Fällen Gebrauch von dem überschüssigen Druckwasser machen. Wollte man, um dies zu vermeiden, die Kolbenstangenverlängerung im Durchmesser absetzen, so würde sich wiederum die Maschine um den vollen Hub länger bauen. Die Kolbengeschwindigkeit und Kolbenbeschleunigung der erwähnten Pumpe ist dieselbe wie bei dem Arbeitskolben. Also ist z.B. bei einer Umdrehungszahl n = 180, die ungefähr der für diese Maschine normalen entsprechen würde, cm = 2,52 m/Sek., γmax = 90,6 m/Sek.2. Dies ist für eine Wasserpumpe sehr ungünstig. Es dürfte sicherlich infolge dieser hohen Kolbenbeschleunigung der Wasserfaden vom Kolben abreißen, was Wasserstöße und schlechten Wirkungsgrad ergibt. Abgesehen davon, daß die Ansaugeöffnung in der Abb. 1 viel zu eng angegeben ist, müßte, um Wasserstöße zu verhindern, ein großer Saugwindkessel direkt dem Saugventil vorgeschaltet werden, was die Anordnung der Pumpe oben auf dem Zylinder sehr unschön machen würde. Das aus der Kolbenstange austretende erwärmte Kühlwasser soll nach Kreul noch zum Kühlen der Kreuzkopfschuhe und evtl. sogar der Kurbelwellenlager verwendet werden. Da man nun mit Rücksicht auf den Brennölverbrauch das Kühlwasser, wenn Süßwasser zur Kühlung in Anwendung, ungefähr 60 ° C warm werden läßt, so würden dadurch die Kreuzkopfschuhe und die Lager eher erwärmt als gekühlt werden. Seewasser dagegen darf nicht weiter als bis ungefähr 40° C erwärmt werden, um Salzausscheidungen zu vermeiden, aber man läßt natürlich, um dem Kolben nicht unnötig viel Wärme zu entziehen, das Seewasser mit seiner zulässigen Höchsttemperatur austreten und kann es daher nicht noch zum Kühlen anderer Maschinenteile aufwenden. Das in Abb. 12 des Kreulschen Aufsatzes dargestellte umsteuerbare Spülventil wird auch nicht annähernd den Anforderungen genügen, die man an ein solches in bezug auf seine Bewegung stellen muß. In dem Nachstehenden sei daher ein Arbeitsspiel dieses Ventils betrachtet: Es wird zunächst der Nocken b den Federteller c in seine Endstellung drücken, ohne daß der Ventilkegel g folgt. Dabei soll die Feder d gespannt werden, d.h. sie wird einen Druck im Sinne der Ventilerhebung auf den Kegel ausüben und erst, wenn der Druck im Zylinder so weit gesunken ist, daß der Gasdruck auf die Zylinderseite des Ventiltellers gleich dem Druck der Feder d zusammen mit dem Spülluftdruck auf den Rücken des Ventiltellers ist, wird der Hub eingeleitet. Die Feder d wird nun den Ventilkegel beschleunigen, und dieser wird dann mit seiner größten Geschwindigkeit auf die Hülse des Federtellers c auftreffen. Durch den so hervorgerufenen heftigen Stoß wird die Feder e zusammengedrückt, und. die Rolle wird vom Nocken abspringen. Da der Stoß fast vollkommen elastisch sein wird, so muß die Feder e fast den ganzen Arbeitsinhalt des Ventilkegels aufnehmen. Diese Arbeit gibt nun die Feder wieder ab, indem sie den Ventilkegel g und den Federteller c in der entgegengesetzten Richtung beschleunigt. Die Rolle setzt mit einem Stoß auf den Nocken auf, der Ventilkegel dagegen bewegt sich infolge seiner federnden Verbindung mit c in demselben Sinne weiter, bis er den ihm noch innewohnenden Arbeitsinhalt an die Feder d abgegeben hat. Auch diese Feder wird die ihr zugeführte Arbeit wieder an den Kegel abgeben, der Kegel wird also zurückschwingen, und das Spiel beginnt von neuem, nur mit dem Unterschiede gegenüber dem vorangegangenen, daß die Amplitude der neuen Schwingung kleiner sein wird infolge der vernichteten Stoßarbeit und der Arbeitsabgabe an den Federteller c. Der Ventilkegel wird also in Schwingungen von immer kleiner werdender Amplitude in seiner Hubstellung zur Ruhe kommen, wenn nicht vorher schon die Rückbewegung eingeleitet wird. Durch die Schwingungen gestaltet sich nun der Eintritt der Spülluft in den Zylindern stoßweise, was zur Entstehung von Wirbeln Veranlassung gibt und somit die Spülung verschlechtert. Natürlich würde auch ein solches Ventil, da es den oben erwähnten heftigen Stößen ausgesetzt ist, nur eine sehr kurze Lebensdauer haben.