Titel: Die Luftfahrt im Kriege.
Autor: Paul Béjeuhr
Fundstelle: Band 329, Jahrgang 1914, S. 694
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Die Luftfahrt im Kriege. Von Paul Béjeuhr in Charlottenburg. BEJEUHR: Die Luftfahrt im Kriege. Die moderne Kriegführung läßt sich in ihrem Grundgedanken wie folgt charakterisieren: Den Feind schnell fassen und ihn schlagen. Dazu ist außer dem richtigen Stärkeverhältnis aber zweierlei erforderlich: Einmal den Feind sehen und dann genügend schnell an ihn herankommen. Ersteres sollte von Anfang an das Luftfahrtwesen vermitteln, das dann natürlich auch der zweiten Anforderung gewachsen sein mußte, nämlich die genügend schnelle Beweglichkeit zu besitzen. Wenn wir jetzt nach drei langen Kriegsmonaten auf die Entwicklung der Kriegslage zurückblicken, so können wir wohl mit Recht sagen, daß die Luftfahrt den beiden oben gestellten Anforderungen gerecht geworden ist, ja wir Deutsche können von unserer heimischen Luftfahrt noch mit Stolz hinzufügen, daß sie alle, auch die kühnsten Erwartungen weit übertroffen hat und ohne Zweifel an der Spitze der gesamten Militärluftfahrt steht. Daß dies neben dem persönlichen Können unserer Flieger, neben der Güte deutscher Erzeugnisse vor allen Dingen und in erster Linie eine Leistung der hervorragenden Organisation unserer deutschen Heeresverwaltung ist, das wird uns ein kurzer kritischer Vergleich mit anderen Organisationen ohne Weiteres lehren. Gehen wir die unseren verbündeten österreichischdeutschen Heeren gegenüberstehenden Luftfahrteinrichtungen einmal schnell durch und sehen wir von den japanischen Luftschiffen und Flugzeugen ab, von denen doch wohl nur die letzteren an dem feigen Raubzug gegen Tsingtau sich beteiligen werden, so haben wir im Osten wohl nur mit Rußland zu rechnen, da Serbien bisher keinerlei Anschaffungen auf diesem Gebiete machen konnte. Rußland besitzt außer einem Parseval-Schiff und zwei französischen Clèment-Bayard- und Astra-Schiffen nichts fahrtbereites; es sind zwar eine Reihe Schiffe unter hochtönenden Namen an die russischen Werke Kostewitsch, Ischorowerke sowie an die Baltische Werft vergeben, sie sollten dort aber nur nach Lizenzen nachgebaut werden und waren betreffs der Rohmaterialien und Motoren gänzlich auf Frankreich und Deutschland angewiesen. Da von hier weder neue noch Ersatzteile zu erwarten sind, stehen die Schiffe einfach nur auf dem Papier, und man hat ja auch in der Tat noch nichts von irgend welchem Eingreifen der russischen Lenkballone gehört. Am gleichen Fehlen jeglicher Ersatz- und Nachschubmöglichkeit krankt das russische Flugwesen. Was flugfähig ist, ist französischen Ursprungs; wird es im Frontdienst beschädigt, so fällt es aus, weil die heimische Industrie in der vorangehenden Friedensperiode nicht so gestärkt wurde, um jetzt den gesteigerten Anforderungen zu genügen. Auch der erfolgreiche Konstrukteur Sijkorski wird jetzt nicht mehr helfen können, nahm er doch seine Motoren aus dem Ausland; sein großes Wasserflugzeug mit vier vierzehnzylindrigen 150-pferdigen Gnome-Motoren wird vorläufig keine Nachfolger haben, wenn es selbst überhaupt noch flugfertig ist. Die Ausbildung der Flieger auf dem Flugplatz Gatschina ist eine recht gute und wohlorganisierte; sind sie auch bei den Schlachten in Ostpreußen nicht in die Erscheinung getreten, so haben sie in der unmittelbar vorangehenden Zeit doch eine große Zahl Aufklärungsflüge über Ostpreußen unternommen, so daß wohl die Annahme berechtigt ist, daß sie (vielleicht mit Rücksicht auf das seenreiche zerrissene Gelände im Norden) zur Front nach Südwesten abkommandiert sind. Das beweist aber nur, daß die Organisation an Zahl verhältnismäßig schwach ist. In den Schlachten bei Lemberg herum scheinen die Erkundungsresultate russischer Flieger recht gute gewesen zu sein, wie man aus den verschiedenen taktischen Maßnahmen schließen kann, die sich zum Teil lediglich auf eine Aufklärung von oben stützen konnten. Im Westen haben wir nach dem mit ungeheuerer Schnelligkeit ausgeführten Ueberrennen Belgiens durch unsere Heere nur mit englischer und französischer Luftfahrt zu rechnen. England hat es nach vielen vergeblichen Versuchen, im Luftschiffbau etwas Eigenes zu schaffen, endgültig angefangen, ausländische Schiffe nachzubauen; es hat ein Parseval-Schiff erworben, Vickers Sons & Maxim haben die Lizenzen gekauft und sollen drei weitere Schiffe im Bau haben. Ob sie jetzt ohne deutsche Hüllenstoffe und deutsche Motoren den Bau fertigstellen können, erscheint fraglich. Ganz ähnlich wird es mit der Zeppelin-Nachahmung derselben Werft gehen, die 23000 cbm groß werden sollte. Armstrong baut ebenfalls ein Starrschiff zu 23000 cbm und zwei halbstarre Schiffe von 12000 cbm nach dem italienischen Forlanini-Typ. Für alle diese Neukonstruktionen dürfte das Vorhergesagte zutreffen, außerdem muß man sich immer wieder vor Augen führen, daß es mit dem Lizenzerwerben und dem mechanischen Kopieren noch lange nicht getan ist. Damit schafft man eben noch kein fahrfähiges Schiff. Eine solche komplizierte Einheit, wie sie ein modernes Luftschiff darstellt, verlangt naturgemäß eine Menge Werkstatterfahrungen, die kann man nicht kaufen und auch nicht einmal immer erlernen, die muß man durchmachen. Und das kostet nun einmal Zeit und Schiffe, die als Lehrgeld draufgehen. Dies ist eine alte Binsenwahrheit, die sich aber jetzt in Kriegszeiten in ihrer ganzen erschrecklichen Größe geltend macht. Ist dann die Werkstatt fertig, ist das Schiff wirklich fahrfähig, so ist es noch lange keine „Waffe“ im militärtechnischen Sinne; denn jetzt beginnt erst die langwierige Ausbildungsperiode, in der Mannschaft und Schiff miteinander vertraut werden, und in welcher die Besatzung lernt, das Schiff bei allen Wetterlagen richtig und zweckmäßig zu führen und bei allen Verhältnissen das Höchste aus dem Schiff herauszuholen. Auch diese Fähigkeiten sind nur in langjähriger Fahrperiode zu erlernen, wie sie der Friedensverkehr mit passend eingeflochtenen militärischen Uebungen am vollendetsten ergibt, denn mehr noch als die Werkstattpraxis erfordert das richtige Erlernen des Fahrbetriebes Zeit und gelegentliche Opfer, das ist eine zwar betrübliche, aber keineswegs aus der Welt zu schaffende Tatsache. Daher lassen sich militärisch nutzbringende Luftschiffe nicht aus dem Boden stampfen, noch weniger aber die Führer, die mit den Schiffen etwas leisten sollen. Englands Flugwesen, von Anfang an geteilt nach seiner Verwendung für Heer und Marine, muß auch nach diesen beiden Gesichtspunkten beurteilt werden. Das Heeresflugwesen ist recht dürftig und gänzlich unter französischem Einfluß. Um überhaupt etwas Brauchbares zu erlangen, erteilte man der Firma Blériot die Erlaubnis, in Hendon eine Fliegerschule zu errichten, was natürlich zur Folge hatte, daß die dort ausgebildeten Flieger nur Fabrikate dieser Firma fliegen. Wesentlich anders steht es mit dem Marineflugwesen. Die ausgedehnten Küsten mußten es der Admiralität schon frühzeitig nahelegen, für den Küstenschutz auch die Flugzeuge heranzuziehen. Die Industrie, gestützt auf ihre langjährigen Erfahrungen im Bootsbau, kam den Wünschen der Marineverwaltung weit entgegen, während diese wieder durch Bereitstellung großer Mittel (17 Millionen Mark für das laufende Etatsjahr!) für Stützpunkte und durch gute Beförderungsbestimmungen nach dem Springersystem für die Flieger sorgte. Ob alle Wünsche der Admiralität sich noch für diesen Feldzug verwirklichen ließen, ist nicht bekannt geworden, erscheint aber nicht wahrscheinlich. Trotzdem wird das Marineflugwesen (auch im Hinblick auf das auf der letzten Olympia-Ausstellung Gezeigte – siehe D. p. J. Heft 23 d. Bd.) als ernste Waffe anzusehen sein. Daß es noch nicht hervorgetreten ist, mag einerseits daran liegen, daß die englische Flotte noch zurückgehalten wird, kann aber auch seinen Grund darin haben, daß noch an seiner Fertigstellung gearbeitet wird. In den Küstenkämpfen bei Ostende und Nieuport haben die Aufklärungsflüge englischer Flieger dem Zusammenarbeiten von Heer und Flotte jedenfalls manchen offenkundigen Nutzen gebracht. Und jetzt der wichtigste Gegner: die Franzosen. Groß ist die Zahl der französischen Luftschiffe, von denen nur eins dem starren System, die übrigen der halbstarren, einige wenige auch der Prallbauart angehören. Besieht man sich diese Zahl aber mit Rücksicht auf ihre Fahrbereitschaft, so schrumpft sie arg zusammen. Sie dürfte je ein Astra-, Lebaudy-, Zodiac- und zwei Clément-Bayard- Schiffe kaum wesentlich überschreiten. Da die Fassungsräume dieser Ballone sich zwischen 7000 und 9000 cbm bewegen, Deutschland aber in den letzten Jahren bei seinen Starrschiffen allmählich zu 22000 bis 23000 cbm übergegangen war, so raffte sich Frankreich anfangs des Jahres zu dem riesenhaften Sprung auf, Prallschiffe vom gleichen Inhalt zu bauen. Es bestellte zwei Astra-Schiffe, die bei 23000 cbm Inhalt durch je vier Stück 250-pferdige Chenu-Motoren Eigengeschwindigkeiten von 97 km/Std. erlangen sollten, es bestellte zwei Clément-Bayard-Ballone von 22000 cbm, zwei Lebaudy-Schiffe von 10000 und 17000 cbm und vier Zodiac-Schiffe von 10000 bis 17000 cbm. Es verlangte vom guten alten Spieß-Ballon, den es von 12000 cbm auf fast 17000 cbm vergrößern ließ, eine Eigengeschwindigkeit von 70 km/Std. (was dem etwas bejahrten alten Herrn sicher nicht gelingen wird), kurz, es wurde fieberhaft modernisiert. Was von diesen Wünschen Wirklichkeit geworden, was lediglich auf dem Papier stehen geblieben ist, bleibt abzuwarten. Viel bemerkbar gemacht hat sich die Luftflotte noch nicht, also scheint doch nicht alles zu klappen. Beim französischen Flugwesen muß man das eigentliche Heeresflugwesen und das „Luftfreischärlertum“ scharf auseinanderhalten. (Von der Marineflugzeugabteilung kann man noch nicht sprechen, denn erst in diesem Etatsjahr waren 5 Millionen Mark für ihren Ausbau vorgesehen, so daß wir es hier noch mit Anfängen zu tun haben.) Das Heeresflugwesen ist in der Hauptsache straff und einheitlich organisiert; die Esquadrillen bestehen aus Flugzeugen eines Systems (Henry- und Maurice-Farman-Apparate herrschen vor) und sind mit Werkstattautos und je einem Begleitauto pro Flugzeug ausgerüstet. Rechnet man hierzu noch die nötigen Mannschaftsautos und die für das Führer- und technische Personal nötigen Kraftwagen, so sieht man schon, daß einem so großen Apparat eine gewisse Schwerfälligkeit hinsichtlich der Beweglichkeit innewohnen muß. Neben diesen zweifellos gut organisierten Esquadrillen stehen der Heeresleitung nun noch eine große Anzahl Flugzeuge zur Verfügung, die bei Aufzählung des Stärkeverhältnisses immer als vollwertig mitgezählt wurden, über deren Wert man aber sehr geteilter Meinung sein kann. Hierunter sind unter andern auch die 400 Apparate, die aus den Mitteln der Nationalsubskription ganz wahllos zusammengekauft wurden, und die nun kein Mensch fliegen will, weil man kein Zutrauen zu ihnen hat. Seinerzeit haben sich in französischen Fachkreisen eine Reihe Leute gegen diese ganz unsinnigen Ankäufe gewehrt; es ist nicht auf sie gehört worden, und jetzt hat die Heeresleitung darunter zu leiden. Ist für einen dieser vielen Apparate wirklich jemand ausgebildet, so ist das Flugzeug an der Front doch nur von geringem Wert, denn die geringste Beschädigung, die nun einmal beim schweren Felddienst nicht zu vermeiden ist, bringt eine Kette Unzuträglichkeiten mit sich. Erstmal fällt der Apparat, der doch irgendwie in den Frontdienst eingeteilt ist, aus; manchmal oder fast stets für eine ungebührlich lange Zeit, weil für seine Reparatur keine Ersatzteile vorhanden sind, und jedes Stück neu angefertigt werden muß. Weiter wird aber auch sein Flieger zur Untätigkeit verdammt, weil er nur diesen einen Typ fliegen kann, und endlich stört der zurückzubefördernde Apparat die Arbeit der Nachschubkolonnen, was an der Front von erheblicher Bedeutung ist. Außerdem haftet den vielen kleinen mehr für Sportzwecke gebauten Flugzeugen der Nachteil an, daß sie bei der großen Tiefe der Staffel nicht mehr mit der nötigen Kraftreserve in der Front ankommen, so daß sie den deutschen Flugzeugen größtenteils aus dem Wege gehen, weil diese sie fast stets überhöhen und sie dann unschädlich machen können. Wie schon vorhin erwähnt, sollte dem Heeresflugwesen die „Liga der Luftfreischärler“ an die Seite treten, und ich möchte beinahe glauben, daß man sich in weitesten Kreisen mehr von deren Wirksamkeit als von der Militärluftfahrt versprochen hat. Und wie bitter ist man da enttäuscht worden! Natürlich müssen wir uns hüten, zu früh zu triumphieren; der Krieg ist noch nicht zu Ende, und es kann noch vieles sich ereignen; aber wenn man an die bombastischen Ankündigungen dieser Liga denkt, wenn man sich ihrer Drohungen erinnert, die sie zu Beginn dieses Jahres durch alle Zeitungen verkünden ließ, dann darf man doch sagen, daß die Franzosen uns hier etwas schuldig geblieben sind. Sie wollten nach ihren klippen, klaren Darlegungen nicht mehr und nicht weniger als unseren ganzen Aufmarsch zerstören durch Vernichtung der Kunstbauten, unser Volk demoralisieren durch die Zerstörung Berlins, unsere Mobilmachung verwirren durch Angriffe auf alle Truppen-, Sammlungsplätze, unsere Luftflotte vernichten durch Bombenwürfe auf Hallen und Fahrzeuge usw. Und das alles unmittelbar bei der Kriegserklärung. Zweifellos wäre auch die Erfüllung nur eines Teiles dieses so freundlich ausgearbeiteten Programmes für uns von unheilbarer Wirkung gewesen; die besten französischen Fliegernamen standen hinter der Liga, Deutsch de la Meurthes Riesenkapital stützte sie, Depots in Reims, Versailles, Lyon waren mit 1,5 Millionen Franks Kosten eingerichtet, Jules Vedrines wollte persönlich alles leiten, und doch hat nichts unseren exakt erfolgenden Truppenaufmarsch, die bis zum letzten klappende Mobilmachung stören können. Welche Gründe liegen da vor? Was schon vorher beim französischen Heeresflugwesen kritisch hervorgehoben wurde, trifft in noch viel höherem Maße auf die Liga zu: Der Mangel an Einheitlichkeit im Material. Die große Zahl der Flieger und Flugapparate tut es nicht, die beste Ausrüstung der einzelnen Apparate nutzt gar nichts, wenn nicht genügende Austauschmöglichkeit und Ersatz vorhanden ist. Und damit kommen wir auf den eingangs erwähnten Satz über die deutsche Luftfahrt zurück: Nicht so sehr im absoluten Können der Flieger und in der Güte deutschen Materials liegt unser Vorteil, sondern in der Organisation. Tiefgehende Bewunderung vor dem weitschauenden Blick unserer Heeresleitung muß uns erfüllen, wenn man jetzt diese Organisation überblickt und ihre systematischen Anfänge weit zurückverfolgen kann. Im Gegensatz zum Vorgehen der Nationalsubskription mit dem wahllosen Ankauf von möglichst vielen Flugapparaten vergegenwärtige man sich die Richtlinien, denen unsere Nationalflugspende folgte. Sie verlangte viel von der Industrie und von den Fliegern, sie gab ihre Preise nicht leicht aus der Hand, aber sie gewöhnte dadurch die Flieger an Riesenflüge bei Tag und Nacht, sie machte sie vertraut mit ihren Apparaten und sie kräftigte die gesunde Industrie, leistungsfähige Flugzeuge, zuverlässige Motoren (besonders durch die Kaiserpreis-Wettbewerbe) hervorzubringen. Neben der Nationalflugspende standen die vielen Luftfahrtvereine des Deutschen Luftfahrer-Verbandes, die ebenfalls durch hochdotierte Wettbewerbe Flieger und Flugzeuge methodisch förderten und entwickelten. Aber - und das ist das Wichtigste - keiner von beiden arbeitete ohne die Mitwirkung der Heeresverwaltung, deren Wünsche im Gegenteil maßgebend waren (es sei hier nur an die Prinz-Heinrich-Flüge, die Ostmarkenflüge und andere erinnert). So kann sich jetzt, nach all der jahrelangen systematisch und methodisch durchgeführten Vorarbeit, die deutsche Heeresluftfahrt auf eine in sich gefestigte Industrie und auf eine wohltrainierte Fliegerschar stützen. In weiser Beschränkung auf wenige, erprobte Systeme liegt weiter der garnicht hoch genug einzuschätzende Vorteil, daß der Nachschub, der Ersatz, die Reparaturmöglichkeit in einfacher Weise durchgeführt werden kann. Der deutschen Militärluftfahrt stehen außer den noch im Betriebe befindlichen halbstarren Groß-Basenach-Schiffen hauptsächlich die Erzeugnisse der großen Luftschiffwerften Zeppelin, Parseval und Schütte-Lanz zur Verfügung. Da außer den sich aus den Kriegserfahrungen ergebenden Abänderungen zurzeit keine grundsätzlichen Veränderungen in der Einrichtung der Schiffe getroffen werden, so ist jeder in den langen Friedensfahrperioden Ausgebildete ohne weiteres in der Lage, seinen Dienst auf irgend einem Schiff zu übernehmen. Die einheitliche Bauweise hat aber den weiteren Vorteil, mit einer geringen Anzahl Ersatzteile alle Reparaturen schnell ausführen zu können, weil die Teile passen und das Personal eingearbeitet ist. Mehr noch als im Luftschiffbetrieb machen sich diese Vorzüge im deutschen Flugwesen geltend. Einheitliche Motoren und einheitliche Flugzeuge ermöglichen es jedem ausgebildeten Flieger, mit jedem Flugzeug sofort loszufliegen, sich sofort mit seinen Einrichtungen abzufinden. Ferner kann jede Flugzelle sofort mit jedem Motor versehen werden, da der Einheitstyp der gleichen Stücke nach derselben Befestigungsschablone montiert werden kann. Auf diese Weise ist es möglich, beliebige Zellen und Motoren untereinander auszutauschen, jeden reparaturbedürftigen Motor sofort gegen einen gerade vorrätigen Ersatzmotor auszuwechseln und alle diese Ersatzarbeiten bei den Fliegerabteilungen selbst, d.h. unmittelbar an der Front vorzunehmen. Die Beschränkung auf wenige Einheitstypen bringt aber den großen weiteren Vorzug mit sich, daß die nach Grenzlehren einer scharfen Kontrolle unterworfenen Einzelteile überall passen. Ein verhältnismäßig kleines Lager setzt daher schon in die Lage, viele Motoren und Flugzeuge dauernd selbst im angestrengtesten Felddienst flugbereit zu halten. Die Monteure, auf die Einheitstypen eingearbeitet, können durch ständige Kontrolle und kleine rechtzeitig vorgenommene Auswechselungen dem ihnen anvertrauten Material so viele kleine Hilfen geben, daß tatsächlich eine Flugbereitschaft jederzeit garantiert werden kann. Dabei muß man stets im Auge behalten, daß der Felddienst ungeheuere Anforderungen stellt. Irgendwelche Rücksichten auf die Tageszeit oder die Witterungsverhältnisse existieren nicht, was um so bedeutungsvoller ist, als die Landungsterrains natürlich nur den allerbescheidensten Ansprüchen genügen. Ist eine Meldung, eine Erkundung nötig, so muß eben geflogen werden, ob das Wetter es zulassen will oder nicht; kommt der Apparat nur hoch, dann wird die Aufgabe auch gelöst, selbst wenn die Maschine bei der Landung zu Bruch geht. Wie sehr haben wir in dieser Beziehung seit der Kriegszeit umgelernt! Unterstützt wird der schwere Luftfahrtdienst durch reichen Nachschub. Dank der umfassenden Fürsorge der Behörden im Verein mit den industriellen Verbänden haben sämtlichen Industrien sowohl der Halb- als auch der Fertigfabrikate eine ganz außergewöhnliche Steigerung ihrer Erzeugungsfähigkeit vorgenommen. Auch hier hat die Heeresverwaltung gezeigt, wie ausbau- und erweiteterungsfähig eine Industrie sein kann, wenn sie in Friedenszeiten in einem gesunden Kern erstarkt ist. Durch zweckmäßige Zentralisierung der Leitung und passende Gliederung über stationäre Ersatzabteilungen, mobile, aber trotzdem noch bis zu einem gewissen Grade seßhafte Flugzeugparks und leichtbewegliche, allen Anforderungen der Front schnell genügende Feld-Fliegerabteilungen gelingt es, sowohl die Flugbereitschaft jederzeit zu gewährleisten als auch die Flieger stets in der Nähe des Stabes zu haben, so daß wirklich alle Ansprüche befriedigt werden können. Ueber die Tätigkeit der Luftfahrtorganisation im Einzelnen soll ein folgender kurzer Bericht aufklären.