Titel: | Moderne Koksöfen von ungewöhnlich großen Abmessungen. |
Autor: | Hans Groeck |
Fundstelle: | Band 330, Jahrgang 1915, S. 125 |
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Moderne Koksöfen von ungewöhnlich großen
Abmessungen.
Von Dipl.-Ing. Hans Groeck in
Charlottenburg.
GROECK: Moderne Koksöfen von ungewöhnlich großen
Abmessungen.
Textabbildung Bd. 330, S. 124
Abb. 1 und 2. Koksofen Bauart Collin von 3300 mm Kammerhöhe
Unsere modernen Kokereiöfen haben sich besonders im letzten Jahrzehnt zu immer
größeren Einheiten entwickelt. Während vor noch nicht zu langer Zeit ein
Kammerinhalt von 10 t die obere Grenze bildete, sind jetzt Oefen für 12 und 13 t
Kohlen keine Seltenheit mehr. Im Bau dieser großen Oefen hat besonders die
amerikanische Kokerei-Industrie neuerdings erhebliche Fortschritte gemacht. Von den
gewaltigen, seit der Mitte des vorigen Jahrzehntes dort geschaffenen Kokereianlagen
mit Oefen der größten Abmessungen ist die Anlage der United
States Steel Corporation auf dem Stahlwerk in Gary allgemeiner bekannt
geworden. Weitere ähnliche Anlagen sind seitdem errichtet worden. Es ist jedoch
hervorzuheben, daß an dieser neueren Entwicklung des amerikanischen
Kokereibetriebes, die in lebhaftem Gegensatz zu dem bisherigen, meist auf der
Verwendung des alten, wenn auch modernisierten Bienenkorbofens beruhenden
amerikanischen Betriebe steht, der deutscheKoksofenbau hervorragend beteiligt ist, insofern als die neueren
großen Anlagen sämtlich von deutschen Firmen entworfen und ausgeführt worden sind.
Die Verwendung besonders großer Oefen ist dann auch in Deutschland selbst mehr und
mehr aufgenommen worden, wenn auch nicht mit der stürmischen Entwicklung, die von
jeher ein besonderes Kennzeichen Amerikas gewesen ist. Unter diesen neuen
bemerkenswerten Anlagen ist auch die der Zeche Radbod zu
rechnen, die in den Höhenabmessungen ihrer Ofenkammern die amerikanischen Oefen
sogar übertrifft.
Die Höhe der Koksofenkammern hat insofern eine wichtige Bedeutung für die Entwicklung
der modernen Oefen, weil ihre Vergrößerung unter den jetzigen Verhältnissen des
Heizverfahrens die einzige Möglichkeit bietet, dem Bestreben nach Vergrößerung des
Fassungsraumes gerecht zu werden. Denn wegen der wachsenden Widerstände beim
Ausstoßen des fertigen Kokskuchens kann man die Länge der Kammern, die jetzt mehr
als 10 und 11 m erreicht hat, nicht mehr gut vergrößern, und mit Rücksicht auf eine
genügende Durchheizung der Kammerfüllung können die Kammern erfahrungsgemäß auch
nicht breiter als jetzt, nämlich 500 mm, gemacht werden. Mit wachsender Höhe der
Kammern treten nun aber ebenfalls Bedenken wegen einer ausreichenden und dabei
gleichmäßigen Heizung der Wände und des Kammerinhalts auf, die je nach der Bauart
der verschiedenen gebräuchlichen Koksöfen mehr oder weniger schwerwiegend sind. In
dieser Beziehung liegen die Verhältnisse bei denjenigen Oefen günstig, bei denen die
Heizflamme in den Kanälen der Heizwände nicht dauernd von unten nach oben brennt,
sondern abwechselnd von oben und von unten in die Wand eingeführt wird. Während
nämlich bei den Oefen der ersten Bauart die Erzielung einer genügend langen Flamme
zur gleichmäßigen Erhitzung der Wand in ihrer ganzen Höhe Schwierigkeiten macht,
gewährt der Wechsel der Flammenrichtung die Erfüllung dieser Bedingung wesentlich
leichter und sicherer. Nach diesem Verfahren arbeiten auch die erwähnten Oefen der Bauart F. J.
Collin, Dortmund, auf bei Hamm i. W. gelegener Zeche
Radbod der Bergwerksgesellschaft Trier. Neben einer älteren Ofenbatterie von 62
Oefen, die bereits die stattliche Kammerhöhe von 3100 mm aufweisen, hat man jetzt
dort eine neue Batterie mit 80 Oefen von 3300 mm Kammerhöhe aufgestellt. Diese Höhe
ist bisher weder im Inland noch im Ausland erreicht worden. Die Kammern der neuen
Oefen sind im übrigen 10,5 m lang und 500 mm breit und nehmen 12,8 t trockene Kohlen
auf. Der Wassergehalt der Kohlen beträgt 10 v. H. Die Oefen (Abb. 1 und 2Die Abbildungen sind einer Veröffentlichung des
Verfassers in Z. d. V. d. I. 1915 S. 116 entnommen.) werden durch
vier Oeffnungen in der Decke von einem der modernen elektrisch betriebenen Füllwagen
beschickt. Die Teervorlage ist seitlich angeordnet. Der Füllwagen faßt 16 m3 und wird von einem 19 PS-Motor angetrieben. Die
38,5 t schwereKoksausdrückmaschine wird von einem 60 PS-Motor betätigt. Ihre
Ausdrückgeschwindigkeit beträgt 13 m, ihre Fahrgeschwindigkeit 45 m in der Minute.
Die Ofentüren werden an der Maschinenseite von der Ausdrückmaschine ausgehoben und
eingesetzt, während an der Koksseite hierzu ein mit der Hand betätigter Windewagen
dient. Den austretenden Kokskuchen nimmt ein Kokslöschwagen Bauart Schöndeling auf. Der Koks
fällt dabei in einen Behälter auf dem Wagen, wird durch Wasser, das man aus
Behältern von unten her in den Kuchen eintreten läßt, gelöscht, darauf mit dem
Behälter hochgehoben, wobei das Wasser wieder abläuft, und schließlich, nachdem der
ganze Wagen zur Koksverladeanlage gefahren ist, auf Förderbänder geschüttet, die ihn
weiter befördern. Das Beladen, Ablöschen und Entladen des Wagens erfordert jedesmal
acht bis zehn Minuten. Ein solcher Wagen genügt für den Betrieb der ganzen
Batterie.