Titel: | Rechts-Schau. |
Autor: | Eckstein |
Fundstelle: | Band 331, Jahrgang 1916, S. 66 |
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Rechts-Schau.
Rechts-Schau.
Der Kauf eines wertlosen Patentes. Der Kauf eines
Patentes hat zwar nicht eine körperliche Sache zum Gegenstand, er unterliegt darum
aber doch den Grundsätzen über das Kaufrecht. Jede Uebertragung eines Wertes gegen
Entgelt ist als Kauf anzusehen, also außer der Uebertragung von körperlichen
Gegenständen, die Uebertragung von Rechten, von Hoffnungen usw.
Die Beurteilung eines Patentkaufes macht der Rechtsprechung aber darum
Schwierigkeiten, weil es schwer hält, den Gegenstand dieses Kaufes scharf zu
umgrenzen. Je nachdem, was Gegenstand eines Kaufes ist, ist die Haftung des Käufers
abhängig, ist die Frage abhängig, ob bestimmte Mängel als Mängel des
Kaufgegenstandes oder als Zufallsmängel anzusehen sind, für die der Verkäufer nicht
einzustehen hat.
Wenn der § 459 des Bürgerlichen Gesetzbuches daher bestimmt, daß der Verkäufer einer
Sache dem Käufer dafür haftet, daß sie zu der Zeit, in welcher die Gefahr auf den Käufer
übergeht, nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem
gewöhnlichen oder nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern,
so ist damit für die Beurteilung eines Patentkaufes nichts gewonnen; und nicht viel
weiter führt der § 437 des Bürgerlichen Gesetzbuches, wonach der Verkäufer einer
Forderung oder eines sonstigen Rechtes für den richtigen Bestand der Forderung oder
des Rechtes haftet, denn in dieser Bestimmung ist nicht gesagt, daß die Haftung des
Verkäufers sich auf den Bestand des Rechtes beschränkt, daß der Verkäufer nicht viel
mehr nach dem Inhalte des Kaufvertrages auch weitergehende Haftungen zu übernehmen
hat. Außerdem ist es mehr als bedenklich, den Kauf eines Patentes einfach als
Rechtskauf anzusehen.
Es ist daher vom methodischen Standpunkte aus bedenklich, einfach auf Grund des § 437
BGB den Satz aufzustellen, daß die Haftung des Verkäufers eines Patentes nicht
weiter reiche, als der § 437 angibt, daß sich also die Haftung des Verkäufers auf
den Bestand des Patentes beschränke, und daß es auf irgend welche andere
Gesichtspunkte nicht ankäme. Die gegenteilige ältere Entscheidung des Kammergerichts
(vgl. Leipziger Zeitschrift für deutsches Recht Bd. 1 S. 519) kann daher keineswegs
für richtig anerkannt werden.
Man kann den Kauf eines Patentes nur dann juristisch richtig beurteilen, wenn man
berücksichtigt, was den Interessen der Parteien nach der Wertträger des zu
übereignenden Gegenstandes ist.
Theoretisch ist es natürlich denkbar, daß ausschließlich das Recht, das durch die
Patentverleihung gegeben ist. Gegenstand des Kaufvertrages sein soll. Dem Käufer
eines Patentes kommt es aber nicht darauf an, Inhaber eines bestimmten Rechtes zu
werden, als vielmehr dieses Recht fruchtbar verwerten zu können. Nun ist zwar
zuzugeben, daß jeder Patentkauf ein Risikokauf ist, daß also das spätere Glücken
oder Nichtglücken der Intensionen des Käufers für die Rechtsstellung des Verkäufers
ganz unerheblich ist. Entscheidend ist aber dasjenige, was der Käufer verwerten
will, und das ist nicht das Patent als vielmehr die Idee. Das Patent kann man sich
sehr wohl wegdenken und es bleibt als Wertträger die Idee übrig, wenngleich sie
durch den Mangel an Rechtsschutz an praktischer Verwertbarkeit verloren hat.
Das Patent ist zwar für die Idee von größter Bedeutung, es ist aber nicht geeignet,
für das Wesen des Kaufes entscheidend zu sein. In dem Patent mag sich zwar die Idee
verkörpern, Patent und Idee sind aber keineswegs identisch, das Patent hat keine
andere Bedeutung, als daß es der Idee einen besonderen Rechtsschutz verleiht.
Auch eine Idee ist natürlich ein ganz unkörperlicher Gegenstand, er ist aber nicht in
der Weise abstrakt, daß man von keinen Eigenschaften sprechen könnte. Wer eine Idee
verkauft, der verkauft die Idee nicht in ihrer Abstraktheit, sondern er verkauft die
Idee in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, denn nur von diesem Standpunkt aus wertet
der Käufer sie, nur von diesem Standpunkt aus will der Käufer sie erwerben.
Wenn das Reichsgericht in einer Entscheidung vom 10. Juni 1911 (vgl. Markenschutz und
Wettbewerb 1911 S. 80) bei dem Kauf eines Patentes den Käufer nicht für die
Brauchbarkeit, Einträglichkeit usw. haften läßt, wenn sie den Patentkauf
ausschließlich als einen Risikokauf ansieht, und nur die Ausführbarkeit des Patentes
zum Gegenstand der Haftung macht, so liegt auch darin eine Verwechselung des
Gegenstandes des Kaufes, nämlich Patent und Idee. Die Entscheidung muß daher als im
hohen Grade bedenklich bezeichnet werden.
Man muß vielmehr einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Idee und ihrer
praktischen Verwertung, das heißt der ausgeführten Idee annehmen. Nur diejenige Idee
hat irgend welchen Wert, die in ihrer Ausführung verwertbar ist.
Auf die Einträglichkeit kommt es allerdings nicht an, da tatsächlich der Patentkauf
ein Risikokauf ist. Wenn aber die ausgeführte Idee den Mangel der Unbrauchbarkeit
oder ähnliche Mängel aufzeigt, so ist das ein Mangel, der meines Erachtens der Idee
selbst anhaftet, ein Mangel also, der nicht dem Risiko des Käufers zugehört, sondern
für den der Verkäufer zu haften hat.
Ob die Rechtsprechung für eine so weitgehende Haftung des Patentverkäufers eintreten
wird, ist natürlich fraglich; wohl aber ist anzunehmen, daß diese Auffassung eher
der Billigkeit entspricht, als diejenige Auffassung, die den Patentkauf in weiterem
Umfange zu einem Risikokauf macht.
Dr. jur. Eckstein.