Titel: Einiges über die gesicherte Lagerung feuergefährlicher Flüssigkeiten.
Autor: Ernst Preger
Fundstelle: Band 331, Jahrgang 1916, S. 181
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Einiges über die gesicherte Lagerung feuergefährlicher Flüssigkeiten. Von Dipl.-Ing. Ernst Preger, Frankfurt a. M., z. Z. im Felde. PREGER: Einiges über die gesicherte Lagerung feuergefährlicher Flüssigkeiten. Inhaltsübersicht. Es werden die Grundsätze der explosions- und brandsicheren Lagerung feuergefährlicher Flüssigkeiten besprochen und einige bewährte Bauarten beschrieben. –––––––––– Einleitung: Leicht verdampfende, brennbare Flüssigkeiten, insbesondere Aether, Schwefelkohlenstoff, Benzin, Benzol, Terpentinöl, Spiritus, Petroleum, haben schon viele schwere Unglücksfälle dadurch hervorgerufen, daß sich im Lagerbehälter selbst oder im Lagerraum ein explosibles Gemisch aus atmosphärischer Luft und Flüssigkeitsdampf gebildet hatte, und dieses Gemisch durch einen Zufall (elektrischer Funke, Blitzschlag, ausgebrochener Brand) oder durch Fahrlässigkeit (offenes Licht, brennende Zigarre) entzündete und explosiv verbrannte. Die Behörden und Versicherungsgesellschaften sehen deswegen scharf auf explosionssichere Lagerung solcher Flüssigkeiten. Die Verhütung der Explosion erfolgt in der Praxis nach zwei verschiedenen Grundsätzen: Die erste Art läßt die Bildung eines Dampf-Luftgemisches im Lagerbehälter zu, verhindert aber die Entzündung innerhalb des Behälters. Die zweite Art verhindert die Bildung eines Dampf-Luftgemisches dadurch, daß der atmosphärischen Luft der Zutritt zum Lagerbehälter gänzlich gesperrt ist, und die Hohlräume über dem Flüssigkeitsspiegel mit einer Flüssigkeit oder einem Gase erfüllt werden, die die Verbrennung nicht unterstützen, im Gegenteil etwaige Flammen ersticken. Als solche „Schutzflüssigkeit“ oder „Sperrflüssigkeit“ nimmt man Wasser, oft mit einem Zusätze von Glyzerin, um das Einfrieren zu verhüten. Als „Schutzgas“ dient Kohlensäure oder Stickstoff, selten Ammoniak. Natürlich ist bei beiden Verfahren noch anzustreben, daß außer der eigentlichen Explosion auch der Brand der Flüssigkeit verhindert wird. Anschaffungs-, Betriebs- und Instandhaltungskosten sollen selbstverständlich niedrig sein, ohne daß aber die Sicherheit der Anlage in Frage gestellt wird. Sparsamkeit auf Kosten der Sicherheit wäre völlig verfehlt. 1. Lagerung, die den Eintritt von Luft in den Lagerbehälter zuläßt. Textabbildung Bd. 331, S. 181 Abb. 1.Explosionssichere Kanne von Ferd. Henze Textabbildung Bd. 331, S. 181 Abb. 2.Schutzsieb aus gelochten und gekräuselten Messingstreifen Abb. 1 und 2 zeigen ein sogenanntes „explosionssicheres Gefäß“ zur Aufnahme von Benzin, Benzol, Aether, Terpentinöl, Spiritus usw. Ueber dem Flüssigkeitsspiegel bildet sich stets ein explosibles Dampf-Luftgemisch. Um die Entzündung dieses Gemisches zu verhüten, darf es nie mit einer Flamme in Berührung kommen können, es darf also eine etwaige Flamme nicht von außen her in das Gehäuse selbst hineinschlagen können. Dieses wird nach der längst bekannten Weise der Davyschen Sicherheitslampe durch feinmaschige Siebe mit möglichst großer Metallmasse bewirkt. In Abb. 1 sieht man solche Siebe B und F am Ablaßhahn A und Lufteinlaßhahn C bzw. der Einfüllöffnung E. Die etwa von außen her kommenden Flammen werden an den Sieben, die ihre Wärme schnell ableiten, so stark abgekühlt, daß die Brenngase selbst nach einem Durchgange durch die Siebmaschen das Dampf-Luftgemisch auf der anderen Seite des Siebes nicht mehr entzünden können. Die Siebe erfüllen diese Aufgabe gegenüber Benzindämpfen selbst noch bei schwacher Rotglut, also bis etwa 600 bis 650° Siebtemperatur. Bei höheren Temperaturen werden die Flammen nicht mehr wirksam abgekühlt, und die Schutzwirkung hört auf. Textabbildung Bd. 331, S. 182 Abb. 3.Explosionssicheres Transportfaß mit stets oben liegendem Spundloch von Martini & Hüneke Die Siebe sind entweder aus Draht in einer oder mehreren Lagen übereinander geflochten, oder aus Messingblech gestanzt oder noch besser aus perforierten und am Rande gekräuselten Messingblechstreifen zusammengewickelt (Abb. 2). Die Ausführung gestattet preiswerte Massenerzeugung und besitzt große Metallmasse, die die Flammenwärme schnell aufnimmt und verteilt. Außer durch die Entzündung des Dampf-Luftgemisches im Innern des Lagergefäßes könnte im Falle eines Brandes, bei dem das Gefäß im Feuer steht, dieses dadurch explodieren, daß die Flüssigkeit zum Sieden kommt und das Gefäß wie einen Dampfkessel durch den gesteigerten inneren Ueberdruck zersprengt. Die Folgen dieses Unglücks wären nicht minder schwer. Die Siebe nützen dabei nichts. Für diese Fälle ist ein Schmelzpfropfen oder Sicherheitspfropfen aus einer sehr leicht schmelzbaren Metallegierung vorgesehen, der schon bei ganz geringer Temperaturerhöhung schmilzt und den Benzindämpfen usw. ungehinderten Austritt ins Freie gibt. Der Schmelzpfropfen vertritt also die Rolle eines Sicherheitsventils. Die Dämpfe entzünden sich zwar nach ihrem Austritt ins Freie. Diese Flamme kann aber verhältnismäßig leicht gelöscht werden; die Siebe B und F verhüten ein Durchschlagen nach innen. Textabbildung Bd. 331, S. 182 Abb. 4 bis 6. Explosionssicheres Transportfaß mit Abfüllstutzen des Schwelmer Eisenwerks, Müller & Co. Unangenehm ist es immer, wenn das Gefäß mit dem Schmelzpfropfen nach unten im Feuer steht, weil dann die eigene Flamme das Gefäß mit heizen hilft und den Brand der austretenden Dämpfe verstärkt. Die Gefahr, daß die Siebe auf die Temperatur kommen, bei der die Schutzwirkung aufhört, ist dann natürlich vergrößert. Martini & Hüneke, Berlin, bauen deshalb Transportfässer, bei denen durch die exzentrische Aufhängung das Spundloch mit dem Schmelzpfropien immer nach oben liegt (Abb. 3). Als unbedingt explosionssicher dürfen nach dem Vorgesagten die Gefäße mit Schutzsieben nicht angesehen werden. Trotzdem sind sie für viele Zwecke sehr beliebt, vor allem als Transportgefäße kleiner und mittlerer Abmessungen (bis etwa 2000 l), als Lagergefäße für kleinere Mengen in Werkstätten, chemischen Fabriken, Droguerien, Apotheken, Automobilschuppen, Motorenräumen usw. Abb. 4 zeigt ein explosionssicheres Transportfaß mit eingesetztem Abfüllstutzen. Das Rohr A hat an drei oder mehr Stellen eingesetzte Schutzsiebe B. Das Saugrohr C ist luftdicht eingeführt und schließt oben an eine nicht gezeichnete Pumpe (meist Flügelpumpe) an. Die Schraube D wird beim Pumpen gelüftet, um Luft in den Behälter nachströmen zu lassen. Abb. 5 gibt die Einzelheiten in größerem Maßstabe wieder. Im Ruhezustand wird das Faß mit dem Deckel E (Abb. 6) verschlossen, der den Schmelzpfropfen F trägt. Eine Lagerung größerer Mengen ist in Abb. 7 schematisch dargestellt. Der Lagerbehälter A ist unterirdisch angeordnet und mit mindestens 1 m Erddeckung versehen, so daß bei einem Brande der darüber liegenden Gebäude eine erhebliche Erwärmung des Behälters nicht zu erwarten ist. Die Pumpe B fördert das Benzin in den Meßbehälter C, aus dem es durch die Abzapfvorrichtung D entnommen werden kann. J ist ein Ueberlaufrohr, das zuviel geförderte Flüssigkeit nach A zurücklaufen läßt. D ist als Rückschlagventil ausgebildet und schließt sich selbsttätig, sobald keine Flüssigkeit mehr hindurchfließt. Sobald also der Behälter C entleert ist, ist der Zugang durch D für Feuer oder Luft abgesperrt. Die Luft im Lager- und im Meßbehälter kommt und entweicht durch die Rohre E über Dach. Etwaigen Flammen ist also der Weg nach den Behältern recht lang gemacht. Außerdem sichern an allen in Betracht kommenden Rohreinmündungen Schutzsiebe F das Durchschlagen der Flammen nach dem Innern. Uebrigens wird sich nach der ersten Inbetriebnahme in den Rohren E fast reiner Benzindampf ohne Luftbeimischungen vorfinden, weil ja immer wieder dieselbe Menge in die Rohrleitungen E gedrängt oder ihr entnommen wird. Die atmosphärische Luft kommt erst im obersten Teile von E vor, weshalb man die Leitung E recht lang nach oben hin machen soll. Auch das obere Ende von E ist mit Schutzsieben gesichert. Flüssigkeit soll möglichst nicht längere Zeit im Meßbehälter C und den oberirdischen Leitungen verbleiben, um nicht den Gefahren eines Brandes ausgesetzt zu sein. Man soll also stets die nicht aus C entnommene Flüssigkeit durch O und aus der Leitung zwischen Pumpe und Meßbehälter durch den Dreiwegehahn H wieder in den Lagerbehälter zurücklaufen lassen. Im Falle eines Brandes öffnen sich in diesen Ventilen Schmelzsicherungen von selbst, so daß die oberirdisch vorhandene Flüssigkeit auch ohne Zutun des Arbeiters unter die Erde verschwindet. Das Füllen des Lagerbehälters A vom Transportfaß L aus geschieht in der Weise, daß man zunächst mit der Pumpe B Benzin aus A ansaugt, so daß die Leitung zwischen A und L mit Flüssigkeit angefüllt ist. Von diesem Augenblicke an läuft das Benzin durch Heberwirkung von selbst aus dem höher gelegenen L nach dem tiefer gelegenen A. L ist natürlich ebenfalls mit Schutzsieben versehen. K ist ein Dreiwegehahn ähnlich wie H. M und N sind Inhaltanzeiger für den Lager- und den Meßbehälter. Die Schwimmerschnur geht durch eine lose im Deckel liegende Kugel O, die die freie Bewegung der Schnur nicht hindert, aber sich im Falle eines Brandes so dicht schließt, daß keine Flammen in den Behälter schlagen können. Textabbildung Bd. 331, S. 183 Abb. 7.Explosionssichere Benzinlagerung des Schwelmer Eisenwerks, Müller & Co. 2. Lagerung mit Schutzflüssigkeit. Wird dafür gesorgt, daß in dem Lagerbehälter stets nur feuergefährliche Flüssigkeit und Schutz- oder Sperrflüssigkeit, niemals aber atmosphärische Luft sich befindet, so ist eine Explosion des Lagerbehälters unmöglich. Um auch Verdampfungs- und Verbrennungsverluste auszuschalten, ist hier, wie bei allen Anlagen von einiger Bedeutung, den Lagerbehälter feuersicher unter den Erdboden zu legen. Man richtet es dann fast immer noch so ein, daß die Pumpe nur Schutzflüssigkeit, nicht aber Benzin selbst fördert. Die Armatur für die feuergefährliche Flüssigkeit wird dann vereinfacht. Ein besonderer Vorteil der Anlagen mit Schutzflüssigkeiten ist der vollständige Wegfall irgend eines fortlaufende Kosten erfordernden Betriebsmittels, im Gegensatze zu den Anlagen mit Schutzgas, bei denen dauernd ein mehr oder weniger hoher Verbrauch an Kohlensäure oder Stickstoff stattfindet. Als Nachteil steht dem die Notwendigkeit eines zweiten Behälters, also höherer Anschaffungskosten, und die Gefahr des Röstens der Teile, die wechselnd mit Benzin und Wasser in Berührung kommen. Die Gefahr des Einfrierens der Leitungen ist nicht sehr erheblich, wenn für ihre frostfreie Lage gesorgt wird, was wohl in den meisten Fällen geschehen kann. Textabbildung Bd. 331, S. 184 Gesicherte Benzinlagerung, Bauart Lange-Ruppel. In Deutschland bauen einige Firmen Anlagen mit Sperrflüssigkeit. Hier sei als Beispiel die Bauart Lange-Ruppel von Julius Pintsch, A.-G., Berlin (Abb. 8 und 9) beschrieben. A ist der ringförmige Lagerbehälter für Benzin und dergleichen. Er ist stets bis oben hin gefüllt, weil der untere Teil von der Sperrflüssigkeit eingenommen wird. Der innerhalb A liegende Raum B ist ebenfalls stets angefüllt mit Sperrflüssigkeit. Das Rohr C steht dauernd mit dem Pumpenrohre E und je nach der Stellung des Umschaltehahnes D voll (Abb. 9) oder nur durch eine ganz feine Bohrung (Abb. 8) mit dem Rohre F in Verbindung, das nach dem Behälter G für die Sperrflüssigkeit führt. Alle Rohrleitungen liegen unterirdisch, also vor den Einwirkungen eines Brandes geschützt. Der Behälter G muß verankert werden, wenn der Boden Wasser führt, weil er sonst zu schwimmen versuchen würde, wenn viel Sperrflüssigkeit aus ihm entnommen ist. C und F sind außerdem noch durch den im hohen Bogen geführten Ueberlauf H verbunden. J ist die Benzinsteigleitung mit Zapf- und Füllventil K. Bei L ist ein Schauglas angebracht, das den richtigen Stand der Sperrflüssigkeit beim Arbeiten der Anlage erkennen läßt. Im Ruhezustande sinkt Benzin und Sperrflüssigkeit in allen Rohrleitungen, ausgenommen in M und E, unter den Erdboden. Ein etwaiger Brand kann also keinen Schaden anrichten. Die Entnahme von Benzin geschieht dadurch, daß man mit der Handpumpe P Sperrflüssigkeit von G durch M, E und C nach B drückt. Dadurch wird das Benzin aus A in die Steigleitung J gefördert und bei K abgezapft. In L steigt die Sperrflüssigkeit entsprechend dem aufgewendeten Drucke. Ein kleiner Teil der Sperrflüssigkeit fließt durch die feine Oeffnung von D durch F nach G unbenutzt zurück. Diese Maßnahme hat den Zweck, daß bei jeder Stellung von D nach dem Schlusse des Pumpens der Druck in C und L herabsinkt und alle Rohrleitungen, besonders aber die Benzinleitung J selbsttätig leer laufen. Sollte K während des Pumpens verschlossen sein, so kann doch kein schädlich hoher Druck in der Anlage entstehen; die Sperrflüssigkeit steigt dann von C im linken Aste des Ueberlaufes H hoch und fällt durch dessen rechten Ast und F nach G zurück. Es macht dann die Sperrflüssigkeit einen Kreislauf in sich. Zum Füllen des Behälters A wird zunächst ein Transportfaß an K angeschlossen und durch Betätigung der Pumpe P Benzin in J hochgedrückt, wie wenn man es abzapfen wollte. Sobald die Leitung von J bis an das Faß durchgehend mit Benzin gefüllt ist, was am Schauglase L zu erkennen ist, hört man mit Pumpen auf und dreht den Hahn D um 180° in die Stellung Abb. 9. Das Benzin läuft dann selbsttätig durch Heberwirkung von dem höher gelegenen Fasse in den tiefer liegenden Behälter A. Die Sperrflüssigkeit fließt gleichfalls von selbst von B durch C, D und F nach G. Das Zapfventil K ist mit einem Schmelzpfropfen versehen, um im Falle eines Brandes die Leitung nach A selbsttätig zu unterbrechen. Alle Rohrleitungen liegen feuersicher in Beton eingebettet, so daß sie gegen Bruch oder die Einwirkungen eines Brandes geschützt sein dürften. Eine Beschädigung der Leitungen oberhalb des Betonklotzes setzt zwar unter Umständen die Anlage außer Betrieb, bringt aber niemals Gefahr. N ist ein durch einen Schwimmer betätigter Inhaltanzeiger. Die im Behälter A befindliche Benzinmenge nimmt ja genau mit dem Inhalt von G zu und ab. Ist der Spiegel der Sperrflüssigkeit bis zum unteren Ende des Rohres M gesunken, so kann davon nichts mehr nach B hinüber gefördert werden, also hört dann trotz alles Pumpens die Benzinentnahme bei K auf. Die Verhältnisse sind so gewählt, daß dann noch eine gewisse Menge Benzin in A enthalten ist, also niemals Sperrflüssigkeit bei K entnommen werden kann. Es wird also nie durch Wasser verunreinigtes Benzin der Anlage entnommen werden können. Von der richtig bemessenen Menge der Sperrflüssigkeit hängt die Sicherung der Anlage mit ab. Umgekehrt kann auch niemals Benzin nach B hinübertreten und dort Schaden anrichten, weil die Heberwirkung vom Transportfaß nach A aufhört, sobald das Benzin bis etwa 100 mm oberhalb des unteren Randes von B reicht. Der Behälter G ist dann übervoll, und die Sperrflüssigkeit steigt in den Rohren H und L bis zur Höhe des Flüssigkeitsspiegels im Transportfaß. Dadurch ist die Heberwirkung unterbunden. (Schluß folgt.)