Titel: Rechts-Schau.
Autor: Eckstein
Fundstelle: Band 331, Jahrgang 1916, S. 275
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Rechts-Schau. Rechts-Schau. Maschinenversendung, Schadensfeststellung und Frachtführerhaftung. Wird eine Maschine durch unsachgemäße Behandlung bei dem Transport beschädigt, so hat nach den allgemeinen Schadensersatz-Grundsätzen der Versender einen Ersatzanspruch. Die Haftung des Transportunternehmers ist sogar im Verhältnis zu dem allgemeinen Haftungsrecht noch durch die Pflicht zum Entlastungsbeweis wesentlich gesteigert. Zum Ausgleich für diese gesteigerte Haftung bestimmt aber das Gesetz sowohl für das Schiffahrt-, wie das Landtransportrecht, daß der Transportunternehmer nach ordnungsmäßiger Ablieferung des Frachtgutes nicht mehr haftbar gemacht werden kann. Für das Landtransportrecht schafft der § 438 HGB hier vollkommene Klarheit, worin es heißt: ist die Fracht nebst den sonst aus dem Gute haftenden Forderungen bezahlt und das Gut angenommen, so sind alle Ansprüche an den Frachtführer aus dem Frachtvertrage erloschen, außer wenn die Beschädigung oder Minderung des Gutes vor der Annahme durch amtlich angestellte Sachverständige festgestellt wird. Aus dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung geht unzweideutig hervor, daß der Empfänger einer versandten Maschine, nachdem er die darauf ruhende Fracht bezahlt hat, nur dann noch Ansprüche erheben kann, wenn die Mängel oder die Minderung des Gutes festgestellt sind. Haben die amtlich angestellten Sachverständigen diese Beschädigung oder Minderung des Gutes nicht festgestellt, so ist damit jedes Recht des Empfängers beseitigt. Zweifelhafter ist die Frage für das Wassertransportrecht. Hier gilt der § 61 des Binnenschiffahrtrechtes: Nach der Annahme des Gutes durch den Empfangsrechtigen können wegen einer Beschädigung oder Minderung des Gutes, die bei der Annahme äußerlich erkennbar ist, Ansprüche nur geltend gemacht werden, wenn vor der Annahme der Zustand des Gutes durch amtlich bestellte Sachverständige festgestellt ist. Bestimmt dieser Paragraph, daß die Annahme des Gutes schlechthin als Genehmigung zu gelten habe, oder soll durch die Untersuchung durch amtlich bestellte Sachverständige nur der Beweis etwaiger Mängel erleichtert werden? Würde also der Empfänger auch nach der Ablieferung noch die Möglichkeit haben, mit der Behauptung, die Sachverständigen hätten einen äußerlich erkennbaren Mangel nicht festgestellt, mit ihren Schadensansprüchen an den Frachtführer von neuem heranzutreten? Das Reichsgericht hat in einer kürzlich gefällten Entscheidung (I 22/11 im Recht Bd. 16 Nr. 274 und 275) diese Frage bejaht. Es hält den Empfänger berechtigt, auch nach der Ablieferung, und nachdem der ordnungsmäßige Zustand eines Gutes durch Sachverständige festgestellt ist, Beschädigungen oder Minderungen des Gutes geltend zu machen, und es bürdet ihm nur die Beweispflicht dafür auf, daß die Sachverständigen sich tatsächlich geirrt haben. Ob diese Rechtsanschauung zutrifft, dürfte recht zweifelhaft sein. Man muß berücksichtigen, daß der § 61 des Binnenschiffahrtgesetzes, wenn auch nicht dem Wortlaut nach, so doch in seinem wesentlichen Sinn in vollkommener Uebereinstimmung steht mit der entsprechenden Bestimmung des Landfrachtenrechtes und er muß darum, will man nicht einen ganz ungerechtfertigten Zwiespalt im Gesetz annehmen, in gleicher Weise ausgelegt werden. Für dieses gilt der § 438 des Handelsgesetzbuches. Ebenso, läßt jemand durch amtlich bestellte Sachverständige den Zustand der Frachtgüter untersuchen, so nehmen diese Sachverständigen insoweit die Rechte des Empfängers wahr. Die Untersuchung durch Sachverständige ist an die Stelle der Untersuchung durch den Empfänger selbst getreten. Haben die Sachverständigen unsorgfältig untersucht und einen vorhandenen Mangel nicht festgestellt, so ist dieses doch nur das Motiv für die Willenserklärung des Empfängers. Der Empfänger, der in dem Glauben daran, daß das Frachtgut mangelfrei ist, das Gut annimmt, Frachtkosten und die sonstigen Lasten bezahlt, will damit eine Genehmigung zum Ausdruck bringen. Der Maschinenindustrielle sollte daher sich gegen diese Gefahr des Transportrechtes schützen. Mit dem etwaigen Schadensanspruch gegen den Sachverständigen, der den äußerlich erkennbaren Mangel nicht festgestellt hat, werden seine Interessen nur wenig geschützt. Das Richtigste ist, den Empfänger vorher auf diese Gefahr hinzuweisen, und ihn zu veranlassen, bei der Beanstandung einer Sendung außer dem amtlich angestellten Sachverständigen einen Ingenieur zuzuziehen, der dem Sachverständigen zur Hand ist und die unsachgemäße Untersuchung und das Uebersehen einer Beschädigung verhindert. Und diese Zuziehung des Ingenieurs sollte er noch in der Weise zur Rechtpflicht machen, daß er bei der Unterlassung der Zuziehung jede Haftung ablehnt, sofern überhaupt noch eine Haftung für Schäden, die auf dem Transport entstehen, besteht. Dr. jur. Eckstein.