Titel: Polytechnische Schau.
Fundstelle: Band 342, Jahrgang 1927, S. 284
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Polytechnische Schau. (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge – nur mit Quellenangabe gestattet.) Polytechnische Schau. Die Trocknung stückiger Braunkohle. Lignitische Braunkohlen mit hohem Wassergehalt haben die unangenehme Eigenschaft, beim Trocknen oft weitgehend zu zerfallen, was mit dem kolloiden Charakter der Braunkohlen zusammenhängt. Je nach der Natur der zu trocknenden Braunkohlen beobachtet man, wie Prof. Dr. H. Fleißner berichtet, entweder ein Aufblättern der Stücke, ein schalenartiges Zerfallen oder ein strahliges Zerspringen Der Zerfall der Kohle tritt sowohl bei rascher als auch bei langsamer Trocknung ein. Verfolgt man den Trocknungsvorgang an einem Stück Braunkohle, so läßt sich deutlich ein Fortschreiten von außen nach innen wahrnehmen. An der Oberfläche bildet sich zunächst eine Schicht, die infolge der Wasserabgabe ihr Volumen vermindert. Da der Kern des Kohlenstückes, der seinen Wassergehalt noch nicht verringert hat, sein ursprüngliches Volumen noch besitzt, bilden sich alsbald Sprünge, und wenn der Wasergehalt der äußeren Schicht auf etwa 20% gesunken ist, springt diese Schicht ab. Dieser Vorgang wiederholt sich ständig in dem Maße, wie die Trocknung von außen nach innen fortschreitet. Das Zerfallen der Kohle ist somit durch Schwindungserscheinungen bedingt, die in ähnlicher Weise beim Trocknen von Tonen und anderen kolloiden Stoffen eintreten. Diese Analogie veranlaßte den Verfasser, die Kohle möglichst von innen nach außen und nicht wie bisher, von außen nach innen zu trocknen und zwar in der Weise, daß die Kohle zunächst durch Frischdampf angewärmt wird, der dann durch Luft ersetzt wird. Bei diesen Versuchen trat anfangs ebenfalls ein weitgehender Zerfall der Kohle ein, und erst, als man dazu überging, die Kohle durch Dampf unter Druck zu erwärmen, wurden bessere Ergebnisse erzielt (DRP. 447576). Nach befriedigendem Ausfall der Laboratoriumsversuche mit einem Autoklaven wurde eine größere Versuchsanlage auf dem Karlschacht der Oesterreichischen Alpinen Montan-Gesellschaft in Köflach für eine tägliche Leistung von 20–25 t errichtet. Die Trocknung der Kohle geht folgendermaßen vor sich: zunächst wird die Kohle durch direkten Dampf unter Druck auf über 100° angewärmt, wobei noch keine Trocknung der Kohle eintritt. Erst wenn die Kohle einige Zeit auf über 100° erwärmt worden ist, wird der Dampf entspannt, worauf die eigentliche Trocknung beginnt. Bereits beim Entspannen des Dampfes entweicht aus der Kohle ein Teil des Wassers. Durch nun folgendes Lüften wird der gewünschte Grad der Trocknung erreicht, ohne daß hierbei die Kohle ihre stückige Form verliert. Die Versuchsanlage besteht aus zwei stellenden Kesseln, die oben und unten mit dichtschließenden Deckeln zum Füllen und Entleeren versehen sind. Die beiden Kessel werden abwechselnd mit Frischdampf von 8–10 at gespeist; durch entsprechende Rohrleitungen kann das heiße Kondensat bzw. der Dampf aus einem Kessel in den anderen überführt werden. Das kalte Kondensat wird am unteren Ende der Kessel abgelassen, hier tritt auch die Trockenluft ein. Die Kessel sind aus vorhandenen Beständen zusammengebaut, sie haben einen Inhalt von 5,5 cbm und fassen etwa 3,5 t Köflacher Mittelkohle. Der Dampf wird von dem Kesselhaus des Schachtes bezogen, die Luft zum Durchblasen liefert ein elektrisch angetriebener Ventilator. Die beiden Kessel werden, wie schon erwähnt, abwechselnd betrieben, wobei der Dampf aus dem einen Kessel in den anderen Kessel entspannt wird, dessen Füllung auf diese Weise vorgewärmt wird. Die Versuchsanlage, die bereits über 6 Monate im Dauerbetrieb ist, liefert täglich 20–25 t Trockenkohle mit einem Gehalt von etwa 16% Wasser, während die Rohkohle rund 36% Wasser enthält. Bis zur Erreichung des Betriebsdruckes von 8 at sind durchschnittlich 20–30 Minuten Frischdampfzufuhr notwendig, der Druck von 8 at wird 1,5 bis 2 Stunden aufrecht erhalten, worauf 20 bis 30 Minuten entspannt und 1 bis 1,5 Stunden Luft durch den Kessel hindurchgeblasen wird. Als untere Grenze des notwendigen Betriebsdruckes ergab sich bei der Köflacher Kohle ein Druck von 4 at; bei geringerem Druck begann, die Kohle zu zerfallen. Auch der Wassergehalt der Rohkohle ist für die Bemessung des Betriebsdruckes recht wesentlich; Versuche über die Anwendung noch höherer Drucke sind im Gange, da sich hierbei die Verhältnisse jedenfalls noch günstiger gestalten. Wenn man zum Durchlüften der Kohle nach dem Dämpfen vorgewärmte Luft verwendet, läßt sich der Wassergehalt der Trockenkohle noch weiter herabsetzen. Die Nachtrocknung mit Luft kann übrigens auch außerhalb des Kessels in geeigneten Behältern vorgenommen werden. Der für die Trocknung erforderliche Dampfverbrauch ist verhältnismäßig gering, er beträgt im Durchschnitt in Köflach 0,6 kg auf 1 kg zu entfernenden Wassers. Beim Dämpfen der Kohle tritt eine beträchtliche Schrumpfung ein, die auf die Zerstörung der kolloiden Eigenschaften der Kohle zurückzuführen ist. Bei dieser Schrumpfung wird schon ein erheblicher Teil des Wassers ausgepreßt. Durch das Zusammenschrumpfen hat die Trockenkohle nahezu das gleiche spez. Gewicht wie die Rohkohle, was für das Verladen der Kohle von Wichtigkeit ist. Ferner wird durch das Schrumpfen bewirkt, daß die Kohle beim Lagern an der Luft kein Wasser mehr aufnimmt, zumal sich die Kohle während des Dämpfens mit einer wasserundurchlässigen Harzschicht überzieht. Infolgedessen konnte selbst beim Ueberwintern der getrockneten Kohle im Freien keine wesentliche Wasseraufnahme beobachtet werden. An einer Reihe von Abbildungen erbringt Verfasser den Nachweis, wie Rohkohle beim Lagern an der Luft infolge der Wasserabgabe mehr und mehr zerfällt, wogegen die nach dem neuen Verfahren getrocknete Kohle bei gleichlanger Lagerung ihren Wassergehalt kaum ändert und nur sehr wenig zerfällt. Eine weitere interessante Erscheinung ist, daß die Behandlung der Kohle mit Dampf unter Druck ein Fortschreiten des Inkohlungsprozesses zur Folge hat, denn bei der Analyse der Rohkohle und der Trockenkohle findet man in dieser häufig einen höheren Kohlenstoff- und niedrigeren Sauerstoffgehalt als der Berechnung entspricht. Ebenso ergibt bei der Trockenkohle die Heizwertbestimmung einen höheren Wert gegenüber dem auf den Restwassergehalt bezogenen bzw. berechneten Heizwert. Schließlich ist auch der Aschegehalt der Trockenkohle niedriger als der, der dem Restwassergehalt der Trockenkohle entspricht; diese Erscheinung ist jedenfalls auf ein teilweises Auswaschen toniger Aschenbestandteile zurückzuführen. Die Stückigkeit der Trockenkohle bleibt, wie Versuche in kleinerem Maßstabe gezeigt haben, auch beim Verschwelen und beim Verkoken erhalten, sodaß es wohl möglich sein wird, auf diese Weise aus der Köflacher Kohle einen für metallurgische Zwecke brauchbaren Koks zu erzeugen, der eine entsprechende Festigkeit aufweist. (Berg- und Hüttenmännisches Jahrbuch 1926, S. 104–109.) Sander. Die neuen Ammoniakwerke im Ruhrgebiet gehen ihrer Vollendung entgegen. Sicherem Vernehmen nach wird die Gewerkschaft Mont Cenis in Sodingen bereits binnen kurzem mit der Herstellung von synthetischem Ammoniak im Großen beginnen und zwar soll die neue Anlage für die Verarbeitung von 18000 t Stickstoff jährlich bemessen sein. Eine zweite Anlage nach demselben Verfahren hat die Bergwerksgesellschaft Hibernia auf ihrer Zeche „Shamrock“ im Bau, die ebenfalls bald in Betrieb kommen soll. Im letzten Geschäftsbericht der Hibernia wird hierüber folgendes mitgeteilt: „Die Notwendigkeit, unsere Produkte in immer reinerer Qualität herzustellen und für den damit verbundenen vermehrten Anfall von minderwertigen Brennstoffen eine geeignete Verwendung zu suchen, veranlaßte uns, mit der Gewerkschaft Mont Cenis und anderen Gesellschaften uns zusammenzutun, um gebundenen Stickstoff unter Ausnutzung des Wasserstoffs der Kokereigase zu erzeugen. Bei einer derartigen Verwendung der Koksofengase hoffen wir, unsere minderwertigen, nicht absetzbaren Brennstoffe durch Verfeuerung in den eigenen Kesselbetrieben an Stelle der Gase und durch Umwandlung in elektrische Energie für den Kraftbedarf der Stickstoffanlage restlos ausnützen zu können.“ Eine dritte Ammoniakanlage mit vorerst kleinerer Leistung (angeblich 20000 t Düngesalze jährlich) haben die Klöckner-Werke, A.-G. in Rauxel, im Bau. An diesem Werk ist die Kali-Industrie A.-G. beteiligt, die in ihrem Geschäftsbericht hierüber folgende Angaben macht: „Nach jahrelangen Studien und Versuchen sind wir dazu übergegangen, die Stickstoff-Produktion aufzunehmen. Die Klöckner-Werke, A.-G., und wir besitzen von der tausendteiligen Gewerkschaft Viktor, Stickstoffwerke in Rauxel, je die Hälfte der Kuxe. Die Gewerkschaft Viktor nutzt die Claude-Patente aus und wird nach diesen Ammoniak in verflüssigter Form herstellen, das zum größten Teile an Kalisalze gebunden werden soll. Die anfänglich relativ bescheidene Produktion wird sich ohne nennenswerte Störungen des Düngemittelmarktes unterbringen lassen. Unsere Studien und Arbeiten auf dem Gebiete der Mischdünger-Industrie gehen weiter. Wir haben der gesamten deutschen Kali-Industrie eine Option eingeräumt, sich an unseren im Bau befindlichen Anlagen zur Herstellung des neuen Düngers bzw. an der unter unserer Mitwirkung gegründeten Gesellschaft zu beteiligen.“ Die Gewinnung des Wasserstoff-Stickstoffgemisches für die Ammoniaksynthese erfolgt bekanntlich sowohl auf Mont Cenis als auch auf Shamrock durch Zerlegung des Koksofengases durch Tiefkühlung nach dem von Bronn und der Concordia-Bergbau-A.-G. ausgearbeiteten Verfahren, dessen Ausführung die Gesellschaft für Lindes Eismaschinen übernommen hat. Sander. In der Deutschen Maschinentechnischen Gesellschaft hielt Herr Reichsbahnrat Dr. Ing. Gläsel von der Reichsbahndirektion Berlin einen Vortrag über „Die selbständige Zugsicherung für die Berliner Stadtbahn.“ Dem Vortrage entnehmen wir folgendes: Aus Anlaß der Elektrisierung der Berliner Stadtbahn, die in vollem Gange ist, wird die Zugsicherung selbsttätig eingerichtet. Der Zug stellt die Signale selbst. Die Blockwärter auf der Strecke werden überflüssig. Die Grundstellung der Signale ist künftig Frei, nicht mehr Halt. Der Zug, der am Fahrsignal vorbei ist, stellt dieses durch elektrische Beeinflussung auf Halt und hält es fest, bis er die Blockstrecke wieder geräumt hat. Dann geht das Signal von selbst wieder auf Fahrt. Alle Signale werden als Lichttagsignale ausgeführt, die sich in Schlesien und auf der Vorortstrecke Berlin-Lichterfelde bewährt haben. Auf der Stadtbahn werden die Signale links vom Gleise stehen. Schnellbahnbetrieb mit 90 Sek. Zugfolgezeit erfordert ziemlich kurze Blockstrecken (von 500 bis etwa 100 m herab). Dann aber ist es zweckmäßig, den Zugführer an jedem Signal nicht nur über den Zustand der ersten, sondern auch noch der zweiten Blockstrecke zu unterrichten. Da bei selbsttätiger Zugsicherurig die Möglichkeit fehlt, dem Zuge auf der Strecke schriftlichen oder mündlichen Fahrbefehl zu geben, muß der Zugführer die Befugnis erhalten, am Haltesignal auf eigene Verantwortung vorbeizufahren, z.B. bei Blockstörung. Aus diesen Gründen wählte man für die Stadtbahn das dreibegriffige Signal und schuf folgende Signalbilder (Doppellichtsignale mit zwei in gleicher Höhe liegenden Lichtern): grün + grün = erste und zweite Blockstrecke hinter dem Signal frei. Bedeutung für den Führer: frei, am nächsten Signal auch frei; grün + gelb = erste Blockstrecke frei, zweite besetzt. Bedeutung für den Führer: frei, am nächsten Signal ist Halt zu erwarten, Vorsicht; gelb + gelb = Halt, danach auf eigene Verantwortung langsam vorrücken. Rot als unbedingtes Halt ist zur Deckung der Stationen beibehalten worden. Bei Blockstörung ist hier nach wie vor zur Weiterfahrt besonderer Befehl nötig. Er soll durch ein Lichtzeichen am Haltsignal gegeben werden, das aus 3 weißen Lichtern in den Ecken eines A besteht und das für jeden Zug neu gegeben werden muß. Alle Signale erhalten außerdem eine mechanisch wirkende Fahrsperre, die bei Haltstellung des Signals einen Federhebel am Triebwagen umlegt, wodurch Bremsung des Zuges ohne Zutun des Fahrers herbeigeführt wird. Die Bahnhöfe mit Weichen erhalten zunächst noch halbselbsttätige Flügelsignale, die vom Blockwärter auf Fahrt gestellt und vom Zug auf Halt gelegt werden. Der überaus klare, wohldurchdachte Vortrag fand allgemein großen Beifall. Er wird demnächst in Glasers Annalen, dem Organ der Deutschen Maschinentechnischen Gesellschaft, Berlin SW 68, Lindenstr. 80, erscheinen. Neue Lehrmittel. Seit der Veröffentlichung des letzten Verzeichnisses im August 1927 hat die Technisch-Wissenschaftliche Lehrmittelzentrale, Berlin NW 7, folgende Bildreihen neu herausgegeben, die in Form von Diapositiven, Papierabzügen oder farbigen Lichtpausen der Originalzeichnungen erhältlich sind. Reihe 446: Einfluß der Gießereitechnik auf die kon-struktive Gestaltung (bearbeitet mitder Arbeitsgemeinschaft deutscher Be-triebsingenieure). Weitere Reihen, dieden Einfluß aller Fertigungsgebiete aufdie Konstruktion darstellen, werdenfolgen. Reihe 804 Verbrennungsmotoren 210 Aufbau der Fräsmaschinen 243 Einformen eines Stirnrades Reihe 126 Das Badenwerk 120 Großkraftwerk Klingenberg 119 Kohlenstaubfeuerung 127 Stein, Selbsttätige Feuerungsregelung 117 Absetztechnik im Braunkohlen-Tagebau 251 f Sonderreihe Eisenhüttenwesen für Be-rufs- und Werkschulen 110 Zuckergewinnung   89 Papierherstellung 114 Entwicklung des Kraftwagens