Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | Oskar Arendt |
Fundstelle: | Band 343, Jahrgang 1928, S. 9 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Die Entfernung des Schwefelwasserstoffs aus Kokereigas.
W. Gluud und R. Schönfelder machen interessante Mitteilungen über ein neues
Verfahren zur Entschweflung von Koksofengas, das auf der Zeche Mont Cenis in einer
größeren Versuchsanlage durchgeführt wird. Es handelt sich hierbei um ein nasses
Verfahren, denn zur Absorption des Schwefelwasserstoffs wird eine verdünnte
Aufschlämmung von Eisenhydroxyd in Wasser benutzt. Im Gegensatz zu der üblichen
Anordnung der Apparate für die Gasreinigung auf trockenem Wege wird die
Entschweflung des Gases nach dem neuen Verfahren unmittelbar hinter der
Teerabscheidung, also vor der Ammoniak- und Benzolwäsche vorgenommen. Auf ähnlichem
Wege haben die Badische Anilin- und Soda-Fabrik sowie die Koppers Co. in Pittsburgh
diese Aufgabe zu lösen versucht, doch bestehen in der technischen Durchführung des
Verfahrens wesentliche Unterschiede. Das schwefelwasserstoffhaltige Gas tritt von
unten in einen Waschturm ein, der mit einer dünnen Aufschlämmung von Eisenhydroxyd
berieselt wird. Die im unteren Teile des Waschturms sich sammelnde Eisensulfid
enthaltende Lösung wird durch eine Zentrifugalpumpe in ein Oxydationsgefäß
gefördert, in dem sie durch von unten durch eine Düse eintretende Preßluft
regeneriert und hierauf wieder auf den Wäscher geleitet wird. Auf 100 Teile Gas
genügen 3 Teile Luft, während bei dem Koppers-Verfahren die 10fache Luftmenge
erforderlich ist. Das Oxydationsgefäß ist, um den Luftweg recht lang zu machen und
um eine möglichst günstige Ausnutzung der Luft zu erzielen, sehr schmal und hoch
bemessen. Am oberen Ende dieses Gefäßes ist ein Schwefelscheider angebracht, in
dem die vom Boden hochsteigende Mischung von Flüssigkeit und Luft sich entmischt,
worauf die regenerierte Lösung durch einen Ueberlauf wieder dem Waschturm zufließt.
Der in dem Schwefelscheider sich als dicker Schaum absetzende Schwefel wird zusammen
mit der verbrauchten Luft in eine Vorlage übergeführt, aus der er von Zeit zu Zeit
in eine Schleuder abgelassen wird. Die Abluft gelangt in einen Säurewäscher, in dem
das mitgeführte Ammoniak an Schwefelsäure gebunden wird, und entweicht dann ins
Freie. Die gebildete Ammoniumsulfatlösung wird von Zeit zu Zeit der Ammoniakfabrik
der Kokerei zugeleitet, wo sie auf festes Salz verarbeitet wird.
Von grundlegender Wichtigkeit für die Ausführung des Verfahrens war die Beobachtung,
daß sich der Schwefel in hochprozentiger Form von der Eisenlösung durch Aufschwimmen
freiwillig trennt, wodurch der ununterbrochene Umlauf der nämlichen Lösung
ermöglicht wird. Etwa 85 % des aus dem Gas ausgewaschenen Schwefels werden in Form
von Rohschwefel gewonnen, während der Rest als Sulfit oder Thiosulfat in Lösung
bleibt. Das Verfahren wurde nach günstigem Ergebnis der in einer halbtechnischen
Anlage auf einer Zeche ausgeführten Versuche gemeinsam mit der Firma C. Still und
der Gewerkschaft Mont Cenis, auf deren Kokerei für eine Leistung von 120000 cbm Gas
täglich in einer großen Versuchsanlage eingeführt. Diese Anlage ist seit Ende 1925
mit gutem Erfolg und nahezu ohne Unterbrechung in Betrieb.
In Verbindung hiermit wurde auch eine Zyanwäsche errichtet, wobei das Zyan nach einem
Verfahren
der Gesellschaft für Kohlentechnik in Form von Rhodanammonium gewonnen wird.
Die vorherige Entfernung des Zyans ist für den Einbau der Entschweflungsanlage nicht
unbedingt erforderlich, doch empfiehlt sich diese Kombination in der Regel aus
wirtschaftlichen Gründen. Die Leistung der Schwefelreinigung auf der Zeche Mont
Cenis beträgt bei einem stündlichen Durchgang von 5000 cbm Gas 99,5% und steigt auf
99,9%, wenn der Gasdurchgang auf etwa 3000 cbm stündlich vermindert wird. Die
gleichmäßige Verteilung der Waschlösung über den ganzen Querschnitt des Waschturmes
ist hierfür eine Vorbedingung; eine Verstopfung der Horden durch Eisenschlamm ist
niemals eingetreten. Der Ammoniakgehalt des Gases nahm beim Durchgang durch den
Waschturm von 4,7 auf 2,4 g/cbm ab; dieser Unterschied von 2,3 g entspricht der
Ammoniakmenge, die in Form von Thiosulfat und Sulfat gebunden wird. Die Anwesenheit
von Ammoniak im Gase ist nicht unbedingt notwendig, denn die Bindung des
Schwefelwasserstoffs kann auch mittels einer durch Sodazusatz alkalisch gemachten
Aufschlämmung von Eisenhydroxyd vorgenommen werden; in diesem Falle fällt zwar der
Säurewäscher für die Abluft weg, doch ergeben sich durch den notwendigen Zukauf von
Soda andere Nachteile. Obwohl die Kosten des Verfahrens noch nicht ganz sicher
feststehen, so haben die bisherigen Ergebnisse doch bereits zur Bestellung einer
Anlage für die Reinigung von 400000 cbm Koksofengas täglich geführt. (Stahl und
Eisen 1927, S. 453–456.)
Sander.
Ueber die Synthese der Petroleumkohlenwasserstoffe. Auf
der internationalen Kohlenkonferenz in Pittsburgh berichtete Prof. Franz Fischer über das von ihm zusammen mit Dr. Tropsch ausgearbeitete Verfahren, die
Petroleumkohlenwasserstoffe bei gewöhnlichem Druck synthetisch zu gewinnen. Er gab
einen Ueberblick zunächst über das Gesamtproblem der Kohlenverflüssigung und
behandelte kurz die verschiedenen früheren Arbeiten, die die Gewinnung von Oelen aus
Kohle zum Ziele hatten.
Die Zersetzung von Kohle durch Hitze allein liefert zwar erdölähnliche Stoffe, die
aber nur teilweise einen Ersatz für das natürliche Erdöl darstellen; auch handelt es
sich hierbei nicht um eine Synthese im strengeren Sinne des Wortes, sondern mehr um
einen Abbau der größeren Moleküle in kleinere Stücke. Dennoch hat diese
Zersetzungsdestillation bei niedriger Temperatur eine große praktische Bedeutung für
die Zukunft, weil es große Mengen von Kohle gibt, aus denen auf diesem Wege über 10
Proz. ihres Gewichtes an Oelen gewonnen werden können. Eine Industrie jedoch, die
petroleumähnliche Oele als Haupterzeugnis herzustellen beabsichtigt, muß andere
Methoden benutzen.
Wesentlich größere Oelausbeuten können aus Kohle gewonnen werden, wenn beim Erhitzen
gleichzeitig Wasserstoff unter Druck zur Anwendung gelangt. Die ersten Versuche zur
Hydrierung von Kohle wurden vor mehr als 50 Jahren bereits von Berthelot unter Verwendung von Jodwasserstoffsäure angestellt. Bergius und Billwiller ist es
1913 gelungen, durch Erhitzen von Kohle auf 400–500° mit Wasserstoff bei einem
Druck von etwa 200 at ein teerähnliches Oelgemisch in einer Ausbeute von etwa 50 %
des angewandten Kohlengewichtes zu gewinnen. Die auf diesem Wege erhaltenen Oele
bestehen in der Hauptsache aus Kohlenwasserstoffen von hydroaromatischem Charakter
neben einer geringen Menge von Phenolen. Auch die Benzinkohlenwasserstoffe, die nach
dem Berginverfahren gewonnen werden, haben hydroaromatischen Charakter, sind also
ebenfalls zyklische Verbindungen.
Im Gegensatz zu diesem Verfahren steht die Synthese der Petroleumkohlenwasserstoffe
durch Hydrierung von Kohlenoxyd. Die Einwirkung des Wasserstoffs erfolgt hier
lediglich auf katalytischem Wege, und man gelangt so durch synthetischen Aufbau von
den kleinen Molekülen des Kohlenoxyds zu fast beliebig großen Molekülkomplexen. Auch
aus Azetylen und Aethylen hat man schon in früheren Jahren derartige kompliziert
zusammengesetzte Kohlenwasserstoffe aufgebaut, teils unter Verwendung von Nickel als
Katalysator, teils unter Anwendung von höherem Druck. Diese von Sabatier und von Ipatiew
ausgearbeiteten Verfahren sind jedoch für die Praxis zu kostspielig und zu
umständlich. Durch das D. R. P. 293787 der Badischen Anilin-
und Soda-Fabrik vom Jahre 1913 wurde ein Verfahren bekannt, nach dem ein
Gemisch von Wasserstoff mit überschüssigem Kohlenoxyd unter einem Druck von etwa 120
at und einer Temperatur von etwa 400° mit Hilfe von verschiedenen Katalysatoren
teils ölige, teils wässerige Reaktionsprodukte liefert, von welchen jene ungefähr zu
⅔ aus gesättigten und zu einem Drittel aus ungesättigten Kohlenwasserstoffen
bestehen. Man kann also auf diesem Wege erdölartige Produkte gewinnen, jedoch keine
einheitlichen gesättigten Erdölkohlenwasserstoffe.
Dem eben beschriebenen Verfahren ähnlich ist das Syntholverfahren, das von einem
Gemisch von Kohlenoxyd mit Wasserstoffüberschuß ausgeht und alkalisiertes Eisen als
Kontaktsubstanz benutzt. Auch hierbei werden sowohl ölige als auch wässerige Stoffe
gewonnen, doch bestehen jene nicht aus Kohlenwasserstoffen, sondern fast
ausschließlich aus höheren Alkoholen, Ketonen und Aldehyden sowie höheren
Fettsäuren. Im Laufe dieser Versuche wurde festgestellt, daß umsomehr ölige
Erzeugnisse erhalten werden, je stärker die Base ist, mit der der Eisenkontakt
alkalisiert wurde. Auf ähnlichem Wege, jedoch unter Verwendung von Zinkoxyd als
Katalysator, wurde im Jahre 1923 von der Badischen Anilin- und
Soda-Fabrik die Hochdrucksynthese des Methanols in die Praxis umgesetzt. In
gleicher Richtung bewegen sich die Arbeiten von Patart in
Frankreich.
Von 24 Jahren haben Sabatier und Senderens gezeigt, daß Kohlenoxyd oder Kohlensäure mit Hilfe von
feinverteiltem Nickel als Katalysator durch Wasserstoff bei gewöhnlichem Druck
quantitativ zu Methan reduziert werden können. Diese Umsetzung glaubte man s. Z.
dazu verwenden zu können, um in dem Leuchtgas das giftige Kohlenoxyd in Methan
umzuwandeln, bzw. um aus Wassergas ein Gasgemisch von höherem Heizwert zu erzeugen.
Diese Methansynthese hat jedoch keine praktische Bedeutung erlangt. Für
den Aufbau der höheren Kohlenwasserstoffe aus Kohlenoxyd sind die Bedingungen,
wie sie bei der eben erwähnten Methanbildung benutzt wurden, nicht günstig. Durch
Aenderung dieser Bedingungen ist es Fischer und Tropsch gelungen, aus Kohlenoxyd und Wasserstoff ohne
Anwendung von Druck die flüssigen und festen gesättigten Kohlenwasserstoffe der
Erdölreihe herzustellen, ohne daß hierbei gleichzeitig sauerstoffhaltige
Verbindungen entstehen. Die Reinigung der technischen Gase wurde auf einfache Weise
gelöst, auch die Haltbarkeit und Regenerierfähigkeit der Kontakte bereiten keine
Schwierigkeiten mehr. Seit der ersten Veröffentlichung über dieses neue Verfahren im
April 1926 wurden Versuche darüber angestellt, ob die Ergebnisse sowie die
Haltbarkeit der Kontakte Unterschiede aufweisen, wenn einmal synthetisches Gas und
das andere Mal gereinigtes technisches Wassergas Anwendung finden. Es zeigte sich
hierbei, daß sich beide Gasarten dauernd ganz gleich verhielten. Weiter wurde
festgestellt, daß die Wirksamkeit der Kontakte sehr viel schlechter ist, wenn aus
dem technischen Wassergas nur der Schwefelwasserstoff, nicht aber auch die
organischen Schwefelverbindungen entfernt wurden. Neben Wassergas können für das
Verfahren auch andere Gase verwendet werden, in denen das Verhältnis von WasserstoffWassersoff zu Kohlenoxyd nicht wie 1 : 1 ist, ja auch Generatorgas und Gichtgas sind
verwendbar, wenn sie mit Wasserstoff entsprechend angereichert und ebenso wie das
Wassergas von den Kontaktgiften befreit worden sind.
Als Kontakte finden Kobalt oder Eisen in feinverteilter Form Anwendung, und es ist in
letzter Zeit sogar gelungen, den Prozeß auch ohne aktivierende Zusätze irgendwelcher
Art durchzuführen. Die bei dem Verfahren angewandten Temperaturen sind so niedrig,
daß keine Methanbildung eintritt; sie können je nach Art des benutzten Katalysators
geändert werden, das in Frage kommende Temperaturgebiet liegt zwischen 200 und 300°
C. Im allgemeinen erzielt man bei einmaligem Uebergang des Gasgemisches über einen
guten Kontakt einen 50%igen Umsatz und man kann dann den Gasrest nach Abscheidung
der gebildeten Produkte (evtl. unter Anwendung von aktiver Kohle oder Silica-Gel)
entweder zum zweiten Mal über einen Kontakt leiten, oder aber ihn in irgendeiner
anderen Weise, z.B. als Leuchtgas verwenden.
Die in dem Reaktionsgas enthaltenen Erzeugnisse sind Gasol, Benzin sowie Dämpfe von
Petroleum und festem Paraffin. Am einfachsten ist die Darstellung des Gasols, eines
Gemisches von Aethan, Propan und Butan, das sich leicht verflüssigen läßt.
Schwieriger war die Auffindung der Bedingungen, unter denen an Stelle des Gasols
höhere Homologe (Benzine) in guter Ausbeute gebildet werden. Einfacher ist es
dagegen wieder, die Synthese bis zum festen Paraffin zu treiben; bei Gegenwart
starker Basen verläuft die Polymerisation leicht bis zum festen Paraffin. Die große
Vielseitigkeit der Möglichkeiten zeigt sich bei diesem Prozeß in viel stärkerem Maße
als bei Gaskatalysen mit kohlenstoffreien Gasen. Beim Verlassen des Kontaktrohres
scheidet sich aus den Reaktionsgasen bei der Abkühlung zunächst eine gelbliche
Paraffinölfraktion mit festem Paraffin ab, an einer kühleren Stelle folgt die
hellgelbe bis farblose Petroleumfraktion, während das Benzin sich nicht von selbst
aus dem Gase abscheidet, sondern mit Hilfe von aktiver Kohle in bekannter Weise
adsorbiert werden muß. Das Benzin ist vollkommen klar und farblos und entspricht dem
sogenannten Luxusbenzin. Bis 100° sieden davon 75 Vol. %, bis 150° 92 Vol. % und bis
180° 96. Vol. %. Bei seinem gesättigten Charakter ist dieses Benzin natürlich ein
sehr guter Motorenbetriebsstoff.
Bei mehrfachem Ueberleiten der Gase über den Kontakt lassen sich aus 1 cbm Wassergas
leicht 100 g feste, flüssige und leicht zu verflüssigende Kohlenwasserstoffe
gewinnen. Für den Anfang ist es vielleicht am zweckmäßigsten, das Verfahren bei
Wassergasanlagen zwischenzuschalten, das erzeugte Benzin herauszunehmen und das
Restgas der bisherigen Verwendung weiter zuzuführen. In diesem Falle ist nur die
verschwundene Gasmenge als Gasverbrauch für die Benzingewinnung in Rechnung zu
setzen. Man kann natürlich auch, um sich der theoretischen Ausbeute zu nähern, die
während des Prozesses entstandenen unerwünschten Produkte, wie Methan und Gasol,
durch thermische Behandlung, evtl. unter Zugabe von Wasserdampf oder Kohlensäure,
wieder in Wassergas zurückverwandeln und dieses erneut über den Kontakt leiten. Für
die Wassergasherstellung wird man natürlich solche Kohlen- und Kokssorten verwenden,
aus denen das Wassergas zum niedrigsten Preise gewonnen wird. Wie schon erwähnt,
läßt sich auch Gichtgas nach Wasserstoffzusatz zur Benzinerzeugung verwenden, ebenso
Erdgas oder irgendwelche Erdölkohlenwasserstoffe, wenn man sie zuerst mit
Wasserdampf oder Kohlensäure mischt und hierauf so hoch erhitzt, daß Wassergas
gebildet wird.
Bezüglich der Theorie des Verfahrens ist zu sagen, daß die benutzten Kontakte
zweifellos Kohlenstoff aufnehmen und mit diesem Karbide bilden, die von dem
Wasserstoff zu höheren Kohlenwasserstoffen zerlegt werden. Die Gegen wart von
Kohlenoxyd ist hierbei sehr wichtig, da reiner Wasserstoff auf die
kohlenstoffreichen Karbide fast nur unter Methanbildung einwirkt. In reiner Form
sind die Karbide bisher noch nicht gefaßt worden, was vielleicht auf ihre
Unbeständigkeit zurückzuführen ist; diese Unbeständigkeit kann aber vielleicht auch
gerade die Vorbedingung für die Vermittlung der Reaktion sein. (Brennstoffchemie
1927, S. 1–5.)
Sander.
Ein deutsches Kältelaboratorium.Nachdruck verboten. Viele Leser werden sich zunächst
unter einem „Kältelaboratorium“ nicht viel vorstellen und auch nicht
verstehen können, warum die Eröffnung eines solchen ein besonderes
wissenschaftliches Ereignis bedeutet. Dazu möchte ich bemerken, daß das kürzlich
eröffnete Kältelaboratorium der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin in
der ganzen Welt nur zwei Schwesteranstalten hat, von denen aber nur eine, nämlich
die in Leiden in Holland, im Betrieb ist. Schon hieraus wird man folgern können, daß
der Bau einer solchen Anstalt eine schwierige und kostspielige Sache ist, da ihn
sich nicht einmal große Universitäten leisten können. Unser neues deutsches
Kältelaboratorium, das Ende November amtlich seinem Zweck übergeben wird, ist durch
Bereitstellung von Reichsmitteln und mit Hilfe der Notgemeinschaft deutscher
Wissenschaft ermöglicht worden.
Aufgabe eines Kältelaboratoriums ist es, den an ihm arbeitenden Physikern die
Erforschung des Verhaltens der Stoffe in der Nähe des sogenannten absoluten
Nullpunktes zu ermöglichen, und auch anderen Physikern, die durch ihre Forschungen
auf solche Fragen geführt werden, eine Gaststätte für ihre Arbeiten zu cewähren.
Bisher war Leiden in Holland der einzige Ort, an dem Physiker als Gäste solche
Arbeiten ausführen konnten; denn die kleinen, hierfür zur Verfügung stehenden Räume
der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt schlossen dies leider aus. Das geräumige
und vortrefflich eingerichtete neue Laboratorium wird die schöne Sitte
wissenschaftlicher Gastfreundschaft in vollem Umfange pflegen können.
Worauf beruht nun die Schwierigkeit einer solchen Einrichtung, und weshalb kommt den
hier möglichen Untersuchungen eine so besonders große Bedeutung zu? Was den ersten
Punkt, die Schwierigkeit der Einrichtung anlangt, so ist zunächst zu beachten, daß
man dem absoluten Nullpunkt, bei dem jede Wärmebewegung aufhört, und der 273 Grad
unter dem Gefrierpunkt des Wassers liegt, nur stufenweise näher kommen kann.
Zunächst wird Luft verflüssigt. Mit Hilfe der flüssigen Luft, oder besser flüssigen
Stickstoffs – der Sauerstoff wird wegen seiner Gefährlichkeit ausgeschieden –, läßt
sich flüssiger Wasserstoff gewinnen, und mit dessen Hilfe schließlich flüssiges
Helium, wodurch man dem absoluten Nullpunkt bis auf 4 Grad nahekommt. Eine weitere
Abkühlung wird durch Sieden des Heliums unter vermindertem Druck erreicht. Die
Temperaturerniedrigung wird überhaupt durch Entspannung stark zusammengepreßter Gase
erzielt; denn bis auf 200 Atmosphären wird die Luft, bis auf 175 Atmosphären der
Wasserstoff und bis auf 40 Atmosphären das Helium zusammengepreßt, ehe ihre
Ausdehnung und damit Abkühlung erfolgt. Große Maschinen müssen aufgestellt werden,
um einen solchen Druck zu erzielen, und es ist auch hierbei noch zu bedenken, daß WasserstoffWaserstoff ein nicht ungefährliches, Helium aber ein ziemlich kostbares Gas ist, und
daß aus beiden Gründen Verluste vermieden werden müssen. Hierzu kommt die
sorgfältige Vermeidung der Wärme- oder Kälteverluste, die auch nur durch möglichst
vollkommene Dichtung und durch Isolation zu erreichen ist. Ganz sauber, zierlich und
harmlos sehen die Apparate aus, in deren Innern so ungeheure Druckunterschiede wie
die erwähnten, und kaum minder erhebliche Temperaturunterschiede bestehen. Es ist
klar, daß die Anlage eine höchst sorgfältige Ueberwachung erfordert.
3 Raummeter des kostbaren Heliums stehen neuerdings dem Laboratorium zur Verfügung.
Dieses Helium ist teils von der Lindegesellschaft, aus der gewöhnlichen Luft und
zwar zusammen mit einem ähnlichen Gas, dem Neon, gewonnen, von dem es erst im
Kältelaboratorium getrennt wird. Zum andern Teil wird es von der Auergesellschaft
geliefert, die es bei der Verarbeitung des Monazitsandes auf Thorium und
Mesothorium, das für Leuchtfarben gebraucht wird, erhält. Selbstverständlich muß das
aus der Heliumflüssigkeit verdampfende Gas wieder aufgefangen und in den
Heliumgasbehälter zurückgeleitet werden. Minder kostbar ist natürlich der flüssige
Stickstoff. Bei meinem Besuche in der Anstalt füllte ihr Leiter, Herr
Oberregierungsrat Meißner, ein kleines Probiergläschen mit dieser Flüssigkeit und
schüttete sie auf den Tisch aus; die Tropfen tanzten darüber hin wie Leidenfrostsche
Tropfen aus Wasser auf einer glühenden Herdplatte.
Aus welchem Grunde ist nun die Herstellung so hoher Kältegrade besonders wichtig? Wir
müssen bedenken, daß die Wärmebewegung – denn Wärme ist Bewegung der kleinsten
Teilchen – eigentlich allgegenwärtig ist, und daß wir also sicher merkwürdige und
unvorhergesehene Eigenschaften des Stoffes erwarten können, wenn es uns gelingt,
diese Wärmebewegung zum Stillstand zu bringen. Die merkwürdigste Erscheinung, die
bisher bei diesen Temperaturen beobachtet wurde, ist das fast vollständige
Verschwinden des elektrischen Widerstandes, eine Entdeckung, die man dem vor 1½
Jahren verstorbenen, hochverdienten holländischen Physiker Kammerlingh-Onnes
verdankt, der der Wissenschaft dieses ganze Gebiet erschlossen und dafür seinerzeit
den Nobelpreis erhalten hat. Fast alle Metalle leiten in der Kälte besser als bei
gewöhnlicher oder gar erhöhter Temperatur. Bei Metallfadenglühlampen – im Gegensatz
zu den sich in dieser Hinsicht gerade umgekehrt verhaltenden, heute freilich
ungebräuchlichen Kohlefadenlampen – spielt dieser Umstand eine sehr wichtige Rolle.
Aber mit dieser gewöhnlichen Zunahme der Leitfähigkeit bei der Abkühlung haben diese
Erscheinungen in der Nähe des absoluten Nullpunktes nicht das mindeste zu tun; denn
im allgemeinen verringert sich der elektrische Widerstand reiner Metalle von
Zimmertemperatur bis, sagen wir etwa 10 Grad über dem absoluten Nullpunkt, auf etwa
den hundertsten Teil. Bei verunreinigten Metallen oder Legierungen ist diese Abnahme
des Widerstandes noch geringer. Nun aber kommt ganz in der Nähe des absoluten
Nullpunktes ein Sprung von ganz anderer Art. Der Widerstand verschwindet nämlich bis
auf seinen billionten Teil, und ob dieser billionte Teil wirklich noch vorhanden
ist, kann man auch nicht sicher sagen. Vielleicht ist auch er verschwunden! Aber
diese Erscheinung ist nur bei einigen Stoffen beobachtet worden, nämlich bei Blei
bei 7,2°, bei Quecksilber bei 4,2°, bei Zinn bei 3,7°, bei Indium bei 3,4° und bei
Thallium bei 2,5° über dem absoluten Nullpunkt. Gerade die besten Leiter der
Elektrizität, Kupfer, Silber, Gold und Aluminium, zeigen also diese sogenannte
„Ueberleitfähigkeit“ nicht, während sie hingegen bei Legierungen oder
verunreinigten Metallen eintritt. Ob eine noch größere Annäherung an den absoluten
Nullpunkt auch noch andere Stoffe „überleitfähig“ werden läßt, steht noch
dahin. Völlig rätselhaft ist es auch, warum diese Ueberleitfähigkeit nur für
schwache elektrische Ströme wirksam wird, während sie durch starke Ströme und auch
durch starke Magnetfelder vollständig zerstört wird.
Es ist zu erwarten, daß die Lösung dieser Fragen uns manche Aufklärung über das
Wesen des elektrischen Stromes, sowie des elektrischen Widerstandes und vielleicht
auch über die Natur und den Bau des Stoffes geben wird. Wir dürfen uns freuen, daß
durch das schöne, nunmehr seiner Bestimmung übergebene Laboratorium auch die
deutsche Wissenschaft berufen sein wird, an der Lösung dieser Fragen
mitzuarbeiten.
Prof. Dr. Paul Kirchberger.
19. Hauptversammlung des Deutschen Verbandes für die
Materialprüfungen der Technik. Der DVM hielt am 27. v. M. seine 19.
Hauptversammlung in Berlin ab. In der Begrüßungsansprache wies der Vorsitzende des
Verbandes, Herr Generaldirektor Dr.-Ing. E. H. Köttgen,
auf die gewaltigen Fortschritte hin, die das Materialprüfungswesen in der letzten
Zeit gemacht hat und betonte die Bedeutung der Materialprüfung besonders für die
industriellen Betriebe.
Die Arbeiten des Verbandes, über die in der Mitgliederversammlung allgemein berichtet
wurde, umfassen das gesamte Gebiet der Materialprüfung und zeigen, in welch großem
Maße die Stoffkunde als Wissenschaft ein unentbehrliches Hilfsmittel der Technik
geworden ist.
In Anlehnung an die Aufgaben der Werkstofftagung waren die im wissenschaftlichen Teil
der Hauptversammlung gehaltenen Vorträge sämtlich auf das Gebiet der Metalle
abgestellt.
Zunächst sprach Prof. Dr.-Ing. Nadai, Göttingen, über
„Die Kinematik der plastischen Formänderungen“. An zahlreichen Stellen,
besonders in den Werken der metallerzeugenden und -verarbeitenden Industrie, bilden
die plastischen Formänderungen der Metalle den Gegenstand eingehender Forschung. Der
Redner kennzeichnete die beim Fließen der Metalle, besonders des Eisens,
beobachteten Erscheinungen. Als ein überaus anschauliches Mittel zur Beschreibung
dieser Formänderungen haben sich hierbei die Gleitflächen erwiesen, deren
Bildungsgesetze sich heute bereits weitgehend mit Mitteln der Mechanik voraussagen
lassen. Es wurden die Strukturänderungen im Feingefüge des Eisens nach plastischen
Formänderungen gezeigt. Zur Untersuchung der Plastizitätsbedingung diente eine
Festigkeitsmaschine, in der Versuchskörper gleichzeitig auf Zug und Verdrehung
beansprucht werden konnten. Eine weitere Versuchsanordnung gestattete die Erzeugung
von zusammengesetzten Beanspruchungen der Probekörper auf Zug und Innendruck. Zur
mathematischen Behandlung des Gleichgewichtszustandes von Massen in ihrem
plastischen Zustand liegen verschiedene Ansätze vor. Es wurden folgende Probleme
kurz behandelt: Das Pressen einer plastischen Masse zwischen zwei harten reibenden
Platten, das Biegungsproblem, die Verdrehungsbeanspruchung und Fälle, bei denen ein
hoher Druck auf eine kleine Fläche übertragen wird. Zur Unterstützung der
theoretischen Ansätze dienten Beobachtungen über die Gleitflächen in plastisch
beanspruchten Eisenstücken, von denen eine Anzahl im Lichtbild vorgeführt wurde.
Herr Prof. Dr.-Ing. Ludwik behandelte dann das Thema:
„Die Bedeutung des Gleit- und Reißwiderstandes für die
Werkstoffprüfung (der Vortrag ist in vollem Wortlaut in der Zeitschrift des
VdI Nr. 44 des laufenden Jahrganges abgedruckt).
Erstmalig wurde der Versuch gemacht, die wichtigsten Kennziffern der
mechanisch-technischen Werkstoffprüfung in Beziehung zu bringen und auf Gleit- und
Reißwiderstände zurückzuführen.
Der Redner behandelte zunächst den Zugversuch und erörterte hierbei auch die
Beziehung zwischen Streckgrenze, Alterung, Kalt- und Warmsprödigkeit. Durch die
Zugfestigkeit wird (bei einschnürenden Stoffen) lediglich ein Gleitwiderstand, nicht
aber ein Reißwiderstand gemessen.
An Versuchen mit Aluminium, Kupfer, Tombak, Messing und Nickel wurde dann
nachgewiesen, wann und warum das Verhältnis zwischen Zugfestigkeit, Kugel- und
Kegeldruckhärte bei verschiedenen Metallen verschieden ist, und daß die bei der Hin-
und Herbiegeprobe erhaltene Biegezahl in enger Beziehung zur gleichmäßigen Dehnung
und Einschnürung steht. Dauerbrüche werden auf eine allmählich fortschreitende
Auflockerung des Kristallgitters zurückgeführt.
Der Redner erläuterte, warum bei räumlichen Spannungszuständen, die z.B. durch
Wärme-, Schwind- oder Reckspannungen entstehen, selbst sehr dehnbare Stoffe oft
plötzlich ohne vorangegangene Verformung reißen. Anschließend wurde der Einfluß der
Formänderungsgeschwindigkeit und die Gefährlichkeit stoßweiser Beanspruchung bei
hinzutretenden Kerbwirkungen besprochen.
Schließlich wurde an Versuchen gezeigt, in welcher Weise die Abkühlung, Alterung,
Rekristallisation, Ueberhitzung usw. das Gefüge, die Art des Bruches und die
Kerbzähigkeit beeinflußt.
Zum Schluß berichtete Herr Prof. Dr.-Ing. Enßlin,
Eßlingen, über die „Grundlagen der theoretischen Festigkeitslehre“. Seine
Ausführungen schließen an seine Veröffentlichung über „Die Festigkeitsaufgaben
und ihre Behandlung“ in der Zeitschrift des VdI, 1927, Nr. 43, an. Schon die
scheinbar einfachen Begriffe Elastizität und Streckgrenze, die bei der
Festigkeitsrechnung unbedingt gebraucht werden, sind in der letzten Zeit heftig
umstritten worden. Hingegen sind auf anderen Gebieten der Werkstoffprüfung und
-forschung in den letzten Jahren bedeutsame Fortschritte aufzuweisen, z.B. in der
Kristall- und Röntgenforschung, sowie in der Frage der Dauerfestigkeit. Zur
Aufstellung einer Festigkeitstheorie aus dem Tatbestand des inneren Stoffaufbaues
ist es aber bis heute noch nicht gekommen. Die Schwierigkeiten hierbei liegen u.a.
darin, daß die Beanspruchungsgrenze, die durch den Versuch festzustellen ist,
einerseits den Anforderungen der technischen Praxis entsprechen, andererseits genau
definiert und einwandfrei durch den Versuch ermittelt sein muß. Die hieraus sich für
die Versuchsausführung und die Wahl des Versuchs-Werkstoffes ergebenden
Anforderungen wurden in dem Vortrag besprochen. Es hat sich als besonders dringlich
herausgestellt, der Tatsache der Werkstoffehler gegenüber eine klare Stellung zu
finden, da mit fehlerhaftem Werkstoff keine Gesetzmäßigkeiten zu Tage gefördert
werden können. Das Ergebnis dieser auch für den Praktiker wichtigen Fragen ist bei
Versuchen über die Zug- und Drehstreckgrenze
von Stählen verwertet worden, wodurch die Hypothese von der elastischen Arbeit
bestätigt wurde, der zufolge der Werkstoff an die Fließgrenze gebracht wird, wenn
die elastische Arbeit in 1 cm3 Werkstoff einen dem
jeweiligen Werkstoff und seiner Temperatur eigentümlichen Grenzwert erreicht.
Deutsche Maschinentechnische Gesellschaft. Kürzlich sprach
Direktor Dr. Lorenz von der Lokomotivfabrik der Fried.
Krupp A.-G. Essen im Ingenieurhause vor der Deutschen Maschinentechnischen
Gesellschaft über das Thema „Schiene und Rad“. Nach einer kurzen, durch
Lichtbilder erläuterten Ableitung der Gleichungen für die in Rad und Schiene
auftretenden Spannungen und Dehnungen, sowie für den Schlupf brachte der Vortragende
Zahlenbeispiele, welche an Hand von Schaubildern die Abhängigkeit der
Materialbeanspruchungen und des Schlupfes von dem Raddurchmesser, dem Raddruck und
der Umfangskraft zeigten. Zum Schluß wurde die gute Uebereinstimmung zwischen den
Ergebnissen der Rechnung und den Versuchen von Sachs nachgewiesen.
Ein Ausschuß zur Bekämpfung gewerblicher
Lärmschwerhörigkeit ist am 29. November 1927 von der Deutschen Gesellschaft für Gewerbehygiene gegründet und der Vorsitz dem
Berliner Ohrenarzt, Herrn Sanitätsrat Dr. A. Peyser,
übertragen worden. Entsprechend der Organisation der Gesellschaft bildet der
Ausschuß eine Arbeitsgemeinschaft der an der Bekämpfung der gewerblichen
Lärmschwerhörigkeit interessierten Kreise der medizinischen und technischen
Wissenschaft, der Behörden, Arbeitgeber, Gewerkschaften und der Träger der sozialen
Versicherungen. Als nächste Aufgaben sollen sofort in Angriff genommen werden:
1. Ausarbeitung eines Lärmmerkblattes,
2. Bearbeitung von Anschauungsmaterial zu
Aufklärungszwecken,
3. Festlegung einheitlicher ohrenärztlicher
Untersuchungsmethoden,
4. wissenschaftliche Begutachtung von Dämpfungsvorrichtungen und
von Neuerfindungen zum Ersatz lärmender Arbeitsmethoden durch lärmschwache oder
lärmfreie.
Zuschriften erbeten an die Geschäftsstelle der Deutschen Gesellschaft für
Gewerbehygiene, Frankfurt a. M., Viktoria-Allee 9.
Weltkraftkonferenz Berlin 1930. Unter den internationalen
Veranstaltungen auf dem Gebiete der Technik nimmt die Organisation der Weltkraftkonferenz eine Sonderstellung ein. Im Jahre 1924
gegründet, war sie mit eine der ersten internationalen Konferenzen, an denen
Deutschland von Anfang an völlig gleichberechtigt mitarbeitete. In den wenigen
Jahren ihres Bestehens hat sie es verstanden, sämtliche an Kraftfragen interessierte
Länder zu Mitgliedern zu gewinnen.
Der Sitz des Zentralbüros, das von Direktor Dunlop
geleitet wird, ist London. Die einzelnen Länder sind durch nationale Komitees in der
Gesamtorganisation vertreten. Das Deutsche Nationale
Komitee ist als besonderer Ausschuß beim Deutschen Verband
Technisch-Wissenschaftlicher Vereine gegründet worden und setzt sich aus drei
großen Interessengruppen zusammen: den in Betracht kommenden Reichsbehörden, den
wissenschaftlichen Organisationen und den Wirtschaftsverbänden. Auf diese Weise ist
die bestmögliche Förderung der Ziele der Weltkraftkonferenz durch Deutschland
gewährleistet. Vorsitzender des deutschen Komitees ist Generaldirektor Dr. Köttgen, Geschäftsführer Professor Dr. C. Matschoß, Direktor des Vereins deutscher Ingenieure. Die
Geschäftsstelle befindet sich im Ingenieurhaus, Berlin NW 7.
An Zusammenkünften sind satzungsgemäß Voll- und Teilkonferenzen vorgesehen. Die
letzten sollen nur Sonderfragen behandeln und ihren räumlichen Geltungsbereich auf
bestimmte Erdteile erstrecken. So fand z.B. die erste dieser Teilkonferenzen 1926 in
Basel statt mit dem Thema: „Wasserkraftnutzung und Binnenschiffahrt“ (in
Anlehnung an die damals in Basel stattgefundene internationale Ausstellung gleichen
Namens). Die zweite Teilkonferenz wird im Jahre 1928 in London abgehalten, und zwar
wird sie sich ausschließlich Brennstofffragen widmen. Eine weitere Teilkonferenz
wird im Oktober 1929 in Tokio tagen, in Zusammenhang mit dem zu gleicher Zeit in
Tokio stattfindenden und von Japan einberufenen Internationalen
Ingenieurkongreß.
Die großen Mittelpunkte der Tagungen sind jedoch die Vollkonferenzen, die nur in
längeren Zeiträumen stattfinden, und an denen sämtliche nationalen Komitees
beteiligt sind. In bester Erinnerung steht noch die wohlgelungene erste
Vollkonferenz in London vom Jahre 1924, die vom englischen Königshause und von der
englischen Regierung in jeder Beziehung gefördert wurde und als glanzvollen
Hintergrund die Ausstellung in Wembly hatte. In drei Jahren, im Jahre 1930, wird
die
Zweite Wellkraftkonferenz
vor sich gehen. Auf Beschluß des Internationalen
Hauptausschusses der Weltkraftkonferenz, der in diesem Jahre im September in
Cernobbio bei Como tagte, wird sie in Deutschland abgehalten werden, und zwar hat
das Deutsche Nationale Komitee der Weltkraftkonferenz Berlin als Tagungsort gewählt. Ueber das Programm im einzelnen sind noch
Verhandlungen im Gange. Soviel kann schon heute gesagt werden, daß neben dem
umfangreichen Vortragsteil eingehende Studienreisen nach allen wichtigen
Kraftzentren Deutschlands geplant sind, die den Teilnehmern einen umfassenden
Ueberblick über die deutsche Kraftwirtschaft geben sollen.
Werkstattgerechtes Konstruieren. Die
Technisch-wissenschaftliche Lehrmittelzentrale (TWL), Berlin NW. 7, gibt gemeinsam
mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Betriebsingenieure (ADB) und unter Mitwirkung
des AWF eine Beispielsammlung „Werkstattgerechtes Konstruieren“ heraus, die
zeigt, wie durch unrichtige Gestaltung von Werkstücken, die auf die Fertigung keine
Rücksicht nimmt, der Werkstatt Mühe und Kosten verursacht werden, und wie man
anderseits durch zweckmäßige Formgebung die Herstellung
verbilligen kann. Es sind z.B. bei Gußstücken
oft Kleinigkeiten, die es ermöglichen, das Modell und den Kernkasten zu
vereinfachen, das Einformen zu erleichtern, Lunkergefahr zu vermeiden, Abweichungen
durch Versetzen der Formkästen unschädlich zu machen u.a.m. Die Sammlung ist ebenso
wichtig für Lehranstalten wie für Konstruktionsbüros von Industriefirmen.
Die Beispiele werden in Form von Diapositiven in der Größe 8½ × 10 cm und Zeichnungen
von den Außenmaßen 41 × 35 cm (zum Aufhängen bestimmt) herausgegeben. Die TWL
versendet zwecks näherer Information bzw. Auswahl einzelner Darstellungen
Papierabzüge der Diapositive leihweise. Erschienen ist zunächst die von Obering.
Heinze und Oberstudiendirektor Laudien bearbeitete Reihe 446, die den Einfluß der Gießereitechnik auf die Gestaltung behandelt.
Für diese Reihe besteht auch bereits eine ausführliche Erläuterung mit
Konstruktionsregeln. Die übrigen Gebiete der Fertigung werden folgen.
An der Technischen Hochschule in Wien wurde im laufenden
Studienjahre 1927/28 eine Lehrkanzel für „Schalter- und
Apparate-Bau“ errichtet. Der neue Lehrgegenstand wird in zwei
wöchentlichen Vorlesungsstunden im Winter-Semester und im Sommer-Semester, sowie in
drei wöchentlichen Uebungsstunden (Konstruktions-Uebungen) im Sommer-Semester
behandelt und bildet einen Pflichtlehrgegenstand für die ordentlichen Hörer des
dritten Jahrganges der Abteilung für Elektrotechnik.
Mit der Abhaltung der Vorlesungen und Uebungen wurde Herr Prof. Ing. Robert Edler als Honorardozent betraut.
Die Vorlesungen wurden am 8. November 1927 aufgenommen.
Internationaler gewerblicher Rechtsschutz.Deutschland: Das Recht des Zwischenbenutzers einer
Erfindung nach einer Patentanmeldung eines anderen aber
vor der Bekanntmachung auszudehnen (evtl. gegen Lizenzzahlung) begründet Jsay u.a.
mit der sich lange hinziehenden Prüfungszeit. Mit allen Mitteln ist die z. T.
jahrelange Verschleppung der Sicherung des Patentschutzes im Reichspatentamt zu
bekämpfen, weil diese Verschleppung sowohl die Interessen der Schutzsucher als auch
der Wirtschaft schädigt. Freiwillige, baldige Bekanntgabe von angemeldeten
Erfindungen kann, wenn sonst keine Bedenken dagegen stehen, gutgläubige
Zwischenbenutzer vor Verlusten schützen und zur Sicherung des Patentrechtes des
Anmelders nützlich sein.
Die preußischen Staatsanwälte sind angewiesen, auch in minder schweren Fällen des
unlauteren Wettbewerbs strafrechtlich einzuschreiten, wenn der Antrag von einem
Verband zur Förderung gewerblicher Interessen gestellt worden ist.
Amerika (U. S. A.): Vom 1. Januar 1928 ab fällt die
beschleunigte Prüfung verspätet, d.h. nach Ablauf der Jahresfrist vom Tage der
ersten anderweitigen Patentanmeldung ab nachgesuchter amerikanischer Patente fort,
so daß alsbaldige Einreichung solcher verspäteter Anmeldungen beim amerikanischen
Patentamt geboten ist. Patentübertragungsgesuche müssen neuerdings auf
photographischem Wege reproduzierbar angefertigt werden.
Cuba: Erneuerungen von Warenzeichen, die auch in Cuba
registriert sind, müssen dort binnen sechs Monaten gemeldet werden, um
Löschungsbegehren unwirksam zu machen.
England: Uebersetzungen beglaubigter Prioritätsbelege
dürfen keinerlei Fehler aufweisen, da andernfalls deren Berichtigung mit hohen
Gebühren verknüpft ist. Es empfiehlt sich, um einwandfreie Uebersetzungen zu
ermöglichen, englische Prioritäts-Patente möglichst frühzeitig anmelden zu
lassen.
Irischer Freistaat: Die Gesetze betreffend Patent-,
Muster- und Warenzeichen-Wesen sind am 1. 10. 1927 in Kraft getreten. Erteilte
englische Patente erhalten auf Antrag bis spätestens 31. 3. 1928 auch im Freistaat
Geltung nach Einreichung einer beglaubigten Kopie der britischen Patentschrift und
Zahlung der fälligen Jahresgebühr wie in England. Bei Neuanmeldung muß nachgewiesen
werden, daß die betr. Erfindung in britischen Patentschriften der letzten 50 Jahre
nicht vorbeschrieben ist. Für in Deutschland in der Zeit vom 6. 12. 1921 bis 1. 10.
1927 angemeldete Patente kann bis 30. 9. 28 Priorität beansprucht werden.
Oesterreich: fordert neuerdings zwei Nebenzeichnungen
neben der Hauptzeichnung in 33 cm Höhe und 21 cm Breite.
Türkei: Für registrierte Warenzeichen muß bis zum 12. 12.
1927 eine Bescheinigung über Inhaber, Geschäftsbetrieb und Rechtsanspruch ein
gereicht werden.
(Pat.-Anw. Dr. Oskar Arendt.)