Titel: Polytechnische Schau.
Autor: Kalpers
Fundstelle: Band 343, Jahrgang 1928, S. 140
Download: XML
Polytechnische Schau. (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge – nur mit Quellenangabe gestattet.) Polytechnische Schau. Die wirtschaftliche Entwicklung der amerikanischen Eisen- und Stahlindustrie. Die Entwicklungsbedingungen der Eisen- und Stahlindustrie in den Vereinigten Staaten sind grundsätzlich anders geartet als in Deutschland, wo die großen Eisenwerke sich in der Regel aus Kleinbetrieben immer weiter ausgedehnt haben. Es sei nur an die Werke von Krupp und Thyssen erinnert. Bis zum Jahre 1860 war die Industrie in Amerika nur an einigen Orten längs der Küste des Atlantischen Ozeans vertreten. Die Transporte gingen langsam und waren teuer und die Erzeugnisse fanden lediglich an Ort und Stelle Absatz. Die Werke gehörten Einzelpersonen oder kleineren Gesellschaften an und Gewinn und Erzeugung waren gering. Dann kam die epochemachende Erfindung Bessemers, die auf die amerikanische Stahlerzeugung einen umwälzenden Einfluß ausübte. Der 1. Block aus Bessemerstahl wurde in Amerika 1864 in Wyandotte (Michigan) gegossen. 1889 wurde die Illinois Steel Corporation von 3 großen Stahlerzeugern gegründet, die sich mit einem Kapital von 25 Millionen Dollar zusammenschlossen. Unter der anfangs der neunziger Jahre herrschenden Depression hatte auch die amerikanische Eisenindustrie zu leiden. 1898 bildete sich die Federal Steel Corporation mit einem Kapital von 200 Millionen Dollar, wodurch Erz, Koks, Eisen, Stahl, Transport und Verkauf unter eine Verwaltung kamen. Der Beginn des 20. Jahrhunderts eröffnete der Industrie gute Zukunftsaussichten, zumal inzwischen die Verfahren für die Stahlerzeugung weiter vervollkommnet worden waren. Die Fortschritte der letzten 25 Jahre sind hauptsächlich das Ergebnis der sozialen und wirtschaftlichen Veränderung, die in Amerika vor sich gegangen ist, und ihre Geschichte ist gleichzeitig die Geschichte des amerikanischen Volkes, das eingetreten ist für die Mobilisierung von Kredit und Kapital, für die Steigerung der industriellen Erzeugung durch Zusammenarbeit, durch Zuhilfenahme der mechanischen Energie und durch Entwicklung neuzeitlicher Anlagen. Die Bedeutung dieser folgenschweren Veränderungen liegt nicht so sehr in der Zunahme des Reichtums des Landes in seiner Gesamtheit als in der gesteigerten Leistung und Erzeugung des einzelnen Marines in der Industrie. Der amerikanische Standpunkt in bezug auf das Lohnproblem wird durch die Auffasung gekennzeichnet, daß ein Gewinn nicht verteilt werden kann, wenn er nicht selbst erzeugt und mithin vorhanden ist, und je mehr an Gewinn für das Unternehmen durch jeden Einzelnen erzeugt wird, ein um so höherer Verdienst kann dann verteilt werden. Ferner: höhere Löhne haben auch einen höheren Konsum zur Folge. Je größer die Leistung eines jeden Arbeiters, um so größer die Möglichkeit, die Selbstkosten des Unternehmens zu erniedrigen und mithin Gewinn und Lohn zu steigern. Der amerikanische Grundsatz lautet: hoher Lohn und niedrige Verkaufspreise. Diese Ansichten stellen nicht etwa die Argumente der Gewerkschaften dar, sondern sie wurden auch von dem Vizepräsident der Illinois Steel Company, Th. Robinson, öffentlich anerkannt und vertreten. Die jährliche Erzeugung des amerikanischen Arbeiters ist seit 1904 um durchschnittlich 45,7% im Jahre 1925 gestiegen. Durch diese Produktionssteigerung des Einzelnen wurden 1925 für 12304000000 Dollar mehr erzeugt als 1904 oder ⅓ der ganzen Einnahmen von 1925 ist auf die größere Leistung der Arbeiterschaft zurückzuführen. Auch steht die Leistung des amerikanischen Arbeiters vor denen der anderen Länder, von denen diejenige des Arbeiters in Canada der amerikanischen am nächsten steht. Die Leistungssteigerung der gesamten amerikanischen Industrie findet in der Entwicklung der Eisen- und Stahlindustrie im besonderen ihre Erklärung, die die Grundlage für alle anderen Industriezweige darstellt. 1901 machte die Stahlerzeugung der Vereinigten Staaten mit 13500000 t 44% der Welterzeugung aus, 1926 aber mit 48 Millionen t 51%. Während früher der größte Teil des erzeugten Stahls auf das Bessemerverfahren entfiel, werden heute 84% der gesamten Stahlerzeugung aus dem basischen Siemens-Martinofen herrühren. Dieser Uebergang vom Bessemerverfahren zum Martinofenbetrieb ist durch eine Aenderung der zur Verfügung stehenden Erzreserven begründet. Im Grundsatz sind Hochofen, Siemens-Martinofen, Bessemerbirne und Walzwerk noch die gleichen Reduktions- und Umformungsmittel und in dieser Beziehung sind nur wenig metallurgische Fortschritte gezeitigt worden. Was aber die Amerikaner gemacht haben, ist der Ausbau ihrer Hüttenwerke im Interesse einer möglichst großen Ausbeute. Die South Chicago Works der Illinois Steel Corporation bieten für diese Entwicklung ein kennzeichnendes Beispiel, die die Tages-Roheisenerzeugung je Hochofeneinheit von 318 t im Jahre 1901 auf 649 t 1926 erhöhten. Für die gleiche Zeit stieg die monatliche Erzeugung an Stahl von 70000 t auf 100000 t im Bessemerstahlwerk und die Wochenerzeugung an Stahl im Siemens-Martinwerk je Ofen von 536 t auf 1379. Im Walzwerk dieser Gesellschaft wurden 1901 monatlich 60000 l Stahl gewalzt, heute 100000 t. Die Förderung an Eisenerz betrug 1902 je Mann 6000 t, heute 48000 t, die Roheisenerzeugung 675 t, heute 2405 t, die Bessemerstahlerzeugung 1761 t, heute 3370 t, die Martinstahlerzeugung 1049 t, heute 1842 t, die Walzwerkserzeugung an Schienen 603 t, heute 1240 t. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß dieses Hüttenwerk im Jahre 1901 als eines der besteingerichteten Werke galt und es sich etwa nicht um ein mit damals überholten Anlagen handelt. Diese Fortschritte rühren in der Hauptsache her von der Vergrößerung der Ofen- und Maschineneinheit, der Verbesserung der Konstruktionen und von der weitestgehenden Anwendung der Maschinenarbeit. Der Kraftverbrauch ist in den amerikanischen Hüttenwerken seit 1901 um das Vierfache gestiegen; gleichzeitig hat die Elektrifizierung erheblich zugenommen. Nachdem die Werke bereits auf Großleistungen eingestellt sind, zielen ihre Bestrebungen heute darauf hin, diese Leistungen nicht etwa weiter zu treiben, als vielmehr die Güte der Erzeugnisse zu verbessern. Die Verwaltung der amerikanischen Eisenhüttenindustrie ist heute nicht als eine Vertretung von Kapital allein aufzufassen, sondern als eine Vertreterin der Interessen der Oeffentlichkeit, der Aktionäre und der Arbeitnehmer. Die United States Steel Corporation begann ihre Tätigkeit 1901 mit einem Kapital von 1½ Billionen Dollar und schloß sich aus 10 großen Gesellschaften zusammen. Mit 9½ Millionen t Stahlerzeugung umfaßte sie bei ihrer Gründung 65% der amerikanischen Stahlerzeugung. Heute beträgt ihre Stahlerzeugung 23 Millionen t. Bei einem Bevölkerungszuwachs der Vereinigten Staaten von 76 Millionen zu Anfang dieses Jahrhunderts auf 117 Millionen (1926) stieg die gesamte amerikanische Stahlerzeugung von 9½ Millionen t auf 35½ Millionen t. Bemerkenswert sind auch die amerikanischen Ein- und Ausfuhrziffern für Eisen und Stahl, indem sich die Ein- und Ausfuhr im Jahre 1900 auf 200000 t bzw. 1 Millionen t belief gegen 1 Million t Einfuhr und 2 Millionen t Ausfuhr Eisen und Stahl 1926. Die oben erwähnte Tendenz nach einer Verbesserung der Werkstoffe macht sich auch darin geltend, daß die Schienenerzeugung 1900 etwa 25% der ganzen Stahlerzeugung ausmachte, heute dagegen nur noch 9%, ein Zeichen, wie sehr die Amerikaner es verstanden haben, dem Stahl neue Verwendungsgebiete zu eröffnen. Dies ist besonders der Fall, seitdem die Legierungsstähle im industriellen Betrieb gewonnen werden konnten. Die Kraftwagenindustrie nimmt heute 15% der Stahlerzeugung auf. Was die Lohnverhältnisse anbetrifft, so wurde schon darauf hingewiesen, daß in Amerika der Grundsatz lautet: hohe Löhne, hoher Umsatz. Der Stundenlohn ist denn auch im Chicagoer Bezirk von 15 Cents im Jahre 1901 auf 44 Cents 1926 gestiegen und das Jahreseinkommen des Arbeiters bei den South Chicago Works von 825 Dollar auf 1870 Dollar im Durchschnitt, also um mehr als das Doppelte. Allerdings sind auch die Lebenskosten in dieser Zeit gestiegen, und zwar um etwa 50%. In den Dauerbetrieben der amerikanischen Eisen- und Stahlindustrie hat man bis 1922. 12 Stunden, in den Nichtdauerbetrieben 10 Stunden gearbeitet. In diesem Jahr ist der 8- und 10-Stündentag angenommen worden und seit einigen Jahren ist die Siebentage-Woche durch die Sechstage-Woche ersetzt worden. Dem amerikanischen Arbeiter werden eine schnelle Auffassungsgabe, Fleiß und Ehrgeiz nachgerühmt und seine Interessen vertritt er selbst vor seinem Vorgesetzten. Infolge der durch die hohen Löhne ermöglichten angenehmen Lebensbedingungen hat auch das Interesse für den gewerkschaftlichen Gedanken in Amerika nachgelassen. Die Mitgliederzahl der American Federation of Labour fiel denn auch von 4078740 im Jahre 1920 auf 2803966 im Jahre 1926. Bei der Einstellung von Arbeitern fragt man in Amerika nicht nach Staatsangehörigkeit, Konfession und Politik. Der Verhütung von Unfällen hat man stets eine besondere Sorge gewidmet. Bei den Werken der United States Steel Corporation sank die Zahl der Unfälle von 20,57% im Jahre 1912 auf 3,26% im Jahre 1926 im Vergleich zu der Belegschaftsziffer. (The Foundry Trade Journal.) Dr.-Ing. Kalpers. Die Kohlenverflüssigung und ihre Bedeutung für die Weltwirtschaft. In einem Vortrag vor der Deutschen Weltwirtschaftlichen Gesellschaft in Berlin machte unlängst Generalkonsul H. Brückmann von der Erdöl- und Kohleverwertung-A.-G. interessante Mitteilungen über obiges Thema. Nach kurzem Hinweis auf die Ueberlegenheit der flüssigen Brennstoffe gegenüber der festen Kohle sowie auf unseren Mangel an natürlichem Oel ging der Vortragende näher auf den Oelbedarf Deutschlands ein. Bereits im Jahre 1913 führte Deutschland über 1¼ Mill. t Erdölprodukte im Werte von etwa 170 Mill. Mk. ein, während des Weltkrieges, als der Oelmangel immer bedrohlicher wurde, setzten überall Bestrebungen ein, uns von der ausländischen Oeleinfuhr unabhängig zu machen. Trotzdem war im Jahre 1925 die Einfuhr von Oelen einschl. Benzin wieder auf über 1 Mill. t gestiegen und im Jahre 1927 wurden sicherlich 1,4 Mill. t eingeführt. Innerhalb der nächsten zehn Jahre wird unser Oelbedarf voraussichtlich auf 3 Mill. t steigen. Da diese Menge einen Wert von etwa 600 Mill. RM. darstellt, so ist die Frage der einheimischen Oelgewinnung aus Kohle von der allergrößten Bedeutung. Die bisher in Deutschland aus Kohle gewonnenen Oelmengen sind im Vergleich zu dem großen und ständig wachsenden Bedarf recht bescheiden. Die Verkokung der Steinkohle liefert etwa 180000 t Benzol und 50000 t Teeröl für Dieselmotoren, die Verschwelung der Braunkohle ergab bisher nur etwa 60000 t SchwelteerDiese Menge wird im laufenden Jahre auf mindestens den doppelten Betrag anwachsen. D. Ref.. Hierin Wandel zu schaffen, ist in erster Linie das Verfahren der Kohlehydrierung von Bergius berufen, da bei diesem Verfahren die flüssigen Betriebsstoffe nicht als Nebenerzeugnis gewonnen werden, sondern das Haupterzeugnis darstellen. Die Arbeiten von Bergius gehen bis zum Jahre 1912 zurück; sie wurden zuerst von Dr. Landsberg und der Th. Goldschmidt, A.-G., Essen, unterstützt. Zur Fortführung der Versuche auf breiterer Grundlage wurde 1917 das Konsortium für Kohlechemie gegründet, das für diesen Zweck den Betrag von 30 Mill. Goldmark zur Verfügung stellte. An diesem Konsortium waren neben Dr. Bergius und dem Vortragenden beteiligt Graf Henckel von Donnersmarck, Landrat Gerlach, Geh. Rat von Friedländer-Fuld, Robert Friedländer und Kommerzienrat Dr. Karl Goldschmidt. Diese Männer sind die materiellen Begründer der Kohleverflüssigung. Die Arbeiten wurden unter den schwierigsten Verhältnissen weitergeführt, so daß am Ende der Forschungsperiode nicht weniger als 28 Mill. Goldmark verbraucht waren, davon allein 12 Millionen für die Versuchsanlage in Mannheim-Rheinau. Nur ein kleiner Kreis glaubte an den endgültigen Erfolg und weder die Vertreter der legitimen deutschen Oelindustrie noch die Banken oder die Behörden ließen dem Unternehmen irgendwelche Unterstützung zuteil werden. Erst im Jahre 1922 kam eine Vereinbarung mit den beiden größten Oelkonzernen, der Shell-Gruppe und der Royal Dutch, über eine gemeinsame Verwertung des Bergin-Verfahrens für den Weltmarkt zustande und im Jahre 1925 folgte das Abkommen mit der I. G. Farbenindustrie, die selbst schon seit 1922 mit ihren reichen materiellen Mitteln und auf Grund ihrer ausgedehnten Erfahrungen auf dem Gebiete der Hochdrucktechnik die Verflüssigung der Braunkohle auf ähnlichem Wege und mit ähnlichen Ergebnissen bearbeitete. Der Fortschritt und das prinzipiell Neue an dem Berlin-Verfahren ist, daß es Bergius gelang, den Eintritt von Wasserstoff in den Komplex von Verbindungen, die man „Kohle“ nennt, bei hoher Temperatur und hohem Druck gewissermaßen zu erzwingen. Die Wasserstoffzuführung verhindert die sonst bei hoher Temperatur unter starker Koksbildung stattfindende Zersetzung der Kohle. Bekanntlich wird die Hydrierung in der Weise ausgeführt, daß die zerkleinerte Kohle mit 20 bis 30% Teer oder Oel zu einer zähen Paste angerührt wird, die in das 8 m lange Hochdruckgefäß eingepreßt wird, wo sie bei 400 bis 450° und unter 100 bis 120 at Druck mit Wasserstoff in Verbindung tritt. 1 t Steinkohle liefert hierbei etwa 490 kg Oele (neuerdings bis zu 650 kg), ferner 300 kg Pechrückstände und 210 kg Gas. Diese Produkte gelangen aus dem Hochdruckgefäß nach dem Kühlen und Entspannen in ein Auffanggefäß, wo Gase und flüssige Stoffe sich scheiden. Aus den 490 kg Oelen erhält man durch Destillation 150 kg Leichtöl, 200 kg Dieselöl, 80 kg Heizöl und 60 kg Schmieröl. Durch die neuerdings erreichte Erhöhung der Oelausbeute bis auf 650 kg wird die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens bedeutend verbessert, zumal als Ausgangsstoff in erster Linie die schwer absetzbaren und daher billigen Staub- und Feinkohlen in Frage kommen. Noch günstiger liegen die Verhältnisse für Braunkohle und deshalb errichtete die I. G. Farbenindustrie ihre erste Großanlage für die Oelgewinnung in Verbindung mit dem Leuna-Werk, wo sie über ausgedehnte Braunkohlenvorkommen sowie über die erforderlichen Wasserstoffmengen verfügt. Genaue Zahlen über die Wirtschaftlichkeit der Kohlehydrierung lassen sich natürlich erst nach den ersten Betriebsjahren der gegenwärtig im Bau befindlichen Großanlagen feststellen. Auf Grund seiner eigenen Erhebungen schätzte der Vortragende die Selbstkosten für die aus 1 t Steinkohle gewinnbaren rd. 650 kg Oele auf 71 RM., den Erlös für diese Produkte aber auf 141 RM., so daß sich ein Reingewinn von 70 RM. je Tonne Kohle ergibt. Eine Großanlage zur Erzeugung von 200000 t Oel jährlich dürfte sich auf etwa 40 Mill. RM. stellen. Rechnet man nur, mit 50 RM. Reingewinn je Tonne Oel, so ergibt obige Anlage einen jährlichen Ueberschuß von 10 Mill. RM., was einer 25prozentigen Verzinsung des Anlagekapitals entspräche. Bei der Hydrierung von Braunkohle ist jedenfalls ein noch größerer Ueberschuß zu erwarten. Wenn die beiden Anlagen in Merseburg und Duisburg im Jahre 1929 eine Erzeugung von 250000 t Oel (?) erreichen werden, so könnte hiermit bereits die zu erwartende Bedarfzunahme (von 1,75 auf 2 Mill. t) gedeckt werden. Durch Errichtung weiterer Anlagen nach Bergius in dem Ausmaße, daß wir innerhalb von 10 Jahren 2 Mill. t Oel synthetisch erzeugen können, würde erreicht werden, daß die Einfuhr von Oelen keine weitere Zunahme erfährt. Mit einem Ausblick auf die industrielle und wirtschaftliche Bedeutung einer derartigen Entwicklung schloß der Vortragende seine Ausführungen. Sander. Aufbereitung von Steinkohle mit Druckluft. Gegenüber der bisher vorwiegend benutzten Methode der Kohlenaufbereitung auf nassem Wege hat die trockene Aufbereitung mit Hilfe von Druckluft gewisse Vorteile, und es sind denn auch in den letzten Jahren einige größere Anlagen dieser Art sowohl in Amerika als auch in England errichtet worden. Die hierbei zur Verwendung kommenden Druckluftherde sind ähnlich gebaut wie die zur Erzaufbereitung benutzten Schüttelherde. Die Druckluft tritt mit geringem Ueberdruck von unten durch die Herdplatte ein, sie bewirkt zusammen mit der Schüttelbewegung des Herdes eine Trennung der Kohlen in mehrere Schichten von verschiedenem spezif. Gewicht, die mit Hilfe von Leisten gesondert abgeführt werden, und zwar werden die leichten Kohleteilchen durch die Wirkung der Druckluft über diese Leisten hinweggehoben, während die Bergeteilchen infolge ihrer Schwere an den Leisten entlang zum Austrag rutschen. Ein etwas anders konstruierter Druckluftherd hat wegen seiner Form die Bezeichnung Y-Herd erhalten; er hat eine stündliche Leistung von 5 bis 35 t je nach der Korngröße des aufgegebenen Materials, wobei der Luftbedarf zwischen 108 und 450 cbm in der Minute und der Ueberdruck zwischen 25 und 150 mm Wassersäule schwankt. Versuche haben ergeben, daß durch die Druckluft eine chemische Veränderung der Kohlen nicht eintritt, wohl aber geht der Wassergehalt der Kohle hierbei etwas zurück. Im Jahre 1926 sind in England zwei große Anlagen nach diesem Verfahren errichtet worden, die stündlich je 100 t Kohle aufbereiten können. Auf der Wardley-Zeche in Durham wird Gaskohle mit 19% Asche, nachdem sie vorher durch eine Reihe von Sieben in verschiedene Korngrößen zerlegt worden ist, auf 6 einfachen Druckluftherden, von denen jeder mit einem eigenen Gebläse ausgerüstet ist, bis auf einen Aschegehalt von etwa 4% gebracht. (Ztschr. V. Dt. Ing., Bd. 71, S. 712 bis 713.) Sander. Das Brikettieren von Holzspänen. Die Möglichkeit der Verwertung eines industriellen Abfallstoffes verdient jede Nachprüfung; dies um so mehr, wenn der Abfallstoff ein größeres Gewicht besitzt als das Enderzeugnis selbst und dann auch wenn seine Anhäufung und Ansammlung zu einem beträchtlichen Volumen zu einer Gefahr für den Betrieb sich auswirken kann. Dies ist bei den Sägespänen und dem Abfallholz von den Holzbearbeitungsmaschinen der Fall, von denen jährlich Millionen von t unausgenutzt sind. Abgesehen von der Möglichkeit ihrer einfachen Verbrennung in Oefen wäre heute auch der Frage näher zu treten, in welchem Maße sie sich zur Herstellung von Betriebsstoffen heranziehen lassen. Schon im Jahre 1925 hat man sich in Frankreich mit der Stückigmachung der Holzspäne und -abfälle unter Verwendung eines wässerigen Bindemittels befaßt. Es zeigte sich aber, daß ein Erfolg nur dann erreichbar ist, wenn in dem Gemisch Holz-Bindemittel eine geringe Menge Wasser eingeführt ist. Das Bindemittel muß so beschaffen sein, daß es seinen Wassergehalt bis zu seiner vollständigen Verteilung beibehält, da sonst die sehr wassergierigen Holzspäne das Wasser aus dem Leim aufsaugen und dessen Bindeeigenschaften abschwächen würden. Ein beständiger Leim kann aus Mehl, Kartoffeln, Teer und Natriumsilikat gebildet werden. Der Anteil dieses Bindemittels an den zu behandelnden Spänen beträgt etwa 10%, nämlich 4% Wasser, 3% Mehl und Kartoffeln, 1,75% Teer und 1% Natriumsilikat. Das Agglomerieren der Sägespäne geht in 2 Zeiten vor sich, nämlich durch Mischen und durch Pressen. Das Vermischen der Späne mit dem Bindemittel geschieht in einem vertikal sich drehenden Behälter, in dem das Aufbereitungsgut zerrieben und geschlagen wird. Unter dem Mischer befindet sich ein Becken für die Aufnahme der aufbereiteten Masse. Der zum Pressen benötigte Druck der hydraulischen Presse beträgt 30–40 kg/cm2, bei großen Briketts entsprechend mehr. Eine zweckmäßige Presse besitzt 6 oben und unten offene senkrechte Formen, in die von oben nach unten 6 Kolben gedrückt werden, nachdem ein über der Presse befindlicher Behälter geöffnet und eine genügende Spänemenge in die Formen gestürzt ist. Nach Zurückschaltung der Druckkraft und nach Entfernen der so gewonnenen Holzkuchen vom Preßtisch kommen diese Briketts für die Dauer von 15–20 Tagen in trockene Lagerräume, nach welcher Zeit sie nur noch wenig wasserhaltig sind und wie jeder andere Brennstoff aufgespeichert werden können. Umfangreiche Versuche wurden mit 4 t Holzbriketts in einer Dampfkesselanlage vorgenommen bei folgenden Daten für den Kessel: Heizfläche 201 m2, Rostfläche 4,80 m2, natürlicher Zug aus einer Esse von 30 m Höhe und 1,30 m oberen Durchmesser, Versuchsdauer 7 Stunden, 43 Minuten, Druck 5 kg. Die Ergebnisse selbst sind: Gewicht des verfeuerten Brennstoffes 3402400 kg demnach verbrannt je Stunde und je   m2 Rost: \frac{3402400\,\times\,60}{4,8\ \ \ \ \ \ \ \ 463}= 91800 kg Gewicht der Aschen und unverbrann-   ten Teile 36900 kg = 1,08% des Brennstoffgewichtes Gewicht des verdampften Wassers 13290 kg Gewicht des verdampften Wassers je   Stunde und je m2 Heizfläche \frac{1720}{201}= 8550 kg verdampftes Wasser in der Stunde 1720 kg Verdampfung je kg Brennstoff \frac{13270}{3402}= 3900 kg 1 kg Wasser von 0° auf 151° verdampft   benötigt 652,56 Kal. 1 kg Wasser von 36° auf 151° verdampft   benötigt 652,56 – 36 = 616,56 Kal. 1 kg Brennstoff lieferte 616,56 × 3,9 = 2408,56 Kal. Zur Ueberführung von 1 kg Wasser von   ° in Dampf von 100° sind 637 Kal.   erforderlich; 1 kg Brennstoff ge-   stattet die Verdampfung von Wasser   von 0° in gesättigten Dampf von   100^{\circ}\,:\,\frac{2408,56}{637}= 3,77 kg Die Holzbriketts verbrennen rauchlos. Ihr unteres Wärmevermögen beträgt 3200 Kal., so daß sich ein Wirkungsgrad ergibt von \frac{616,56\,\times\,3,9}{3200}=0,75. Derartige Ergebnisse und Eigenschaften der Holzbriketts lassen sich nur dann erzielen, wenn die eine Bedingung hinsichtlich des Trockenheitsgrades der Briketts erfüllt ist. Das meiste, schon als trocken bezeichnete Abfallholz enthält 20% Wasser. In diesem Zustand läßt es sich leicht stückigmachen. Wenn aber die Späne von der Rinde her rühren, so können sie bis zu 50% Wasser enthalten. Für die Verwertung dieser Späne ist eine besondere Anlage, der sogenannte Senelisator, geschaffen worden, der lediglich aus einem Ventilator, einem Aufgabetrichter für die Späne, einer Rohrleitung und einem Behälter besteht. Diese Sondereinrichtung bezweckt ein Vermischen der Späne mit Luft, um so eine Trocknung hervor zurufen. Die Späne werden durch den Trichter aufgegeben, von der Luft des Ventilators erfaßt, durch die Rohrleitung geschleudert und in den Behälter geblasen. Dr.-Ing. Kalpers. Neuzeitliche Oefen in der Metallurgie der Nichteisenmetalle. Bei den Röstöfen sind zu unterscheiden die vertikalen Oefen mit Drehdarren und die Agglomerierverfahren mit Gebläse oder Absaugung. Zu den ersteren gehören die Oefen von Meletra, Mac Dugall, Klepetko, Herreshoß, Wedge usw., zu den Oefen der zweiten Gruppe die Verfahren nach Huntington-Heberlein und Dwight-Lloyd. In der Gruppe der Schmelzöfen (Schacht-, Flamm-, Tiegel-, elektrischer Ofen, Konverter) wird von den Schachtöfen der Water-Jacketofen noch vielfach angewendet, der heute nicht mehr in der Düsenzone allein, sondern an dem größten Teil des Schachtes durch Wasser gekühlt wird; ferner wird heute vielfach ein Vorherd vorgebaut, in dem die. Trennung von Schlacke und Metall stattfindet. Der Gebläsedruck wird jetzt erhöht, sei es, um gewisse chemische Wirkungen zu erreichen, sei es, um die Ofenleistung zu steiern. Die Versuche, den Koks durch Kohlenstaub im Schachtofen zu ersetzen, haben infolge aufgetretener Schwierigkeiten noch nicht zum Ziel geführt, ebenso ist die Frage der Arbeitsweise mit vorgewärmter Gebläseluft noch nicht einwandfrei gelöst. Die Verwendung des Flammofens hat ständig zugenommen, so daß von manchen Seiten bereits von einem allmählichen Verschwinden des Water-Jacket-Ofens gesprochen wird. Die Konzentrationsverfahren in diesem Ofen sind wesentlich vervollkommnet worden und der Umstand, daß die Konzentrate sich im pulverförmigen Zustand befinden, dürfte einer der wichtigsten Gründe sein, warum die Kupfer-Metallurgen sich dem Flamm ofen zugewendet haben. Auch die Anpassung des Flammofens an die verschiedenen Brennstoffe (Gas, Oel, Kohlenstaub) spricht zu seinen Gunsten. Dagegen ist der thermische Wirkungsgrad des Schachtofens besser. Die Bestrebungen in dieser Hinsicht sind nicht ohne Erfolg geblieben, z.B. durch die Wiedergewinnung der Wärme in den Abgasen durch metallische Rekuperatoren (kalorisierter Stahl), dann die Erweiterung der Ofenabmessungen (30–40 × 7–8 m). Von feuerfesten Stoffen hat sich besonders das Karborundum bewährt; Zirkon dürfte zwar noch besser sein, ist aber z. Zt. noch zu teuer. Auch die Ofenausführung mit Hängedecken kann wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen. Neue Flammöfen werden mit selbsttätigen Beschickungseinrichtungen für die Einführung des Erzes ausgerüstet. Von praktischer Bedeutung ist es, die Oefen nicht ganz zu entleeren, sondern einen Teil des Metallbades im Ofen zu lassen; auf die Weise behält man eine beträchtliche Wärmemenge bei, verlängert die Lebensdauer des Herdes, verkürzt die Schmelzdauer der Chargen, vermindert die Temperatur unterschiede im Ofenraum und spart an Zeit, Handarbeit, Unterhaltungskosten und an Brennstoff. (La Technique Moderne) Dr. K. Die Reaktionen im basischen elektrischen Ofen. Es sind zu unterscheiden die Oxydationsreaktionen und die Desoxydationsreaktionen. Die Oxydationsreaktionen: Vom chemischen Standpunkte aus läßt sich der Arbeitsvorgang im elektrischen Ofen in 3 Phasen einteilen: 1. Oxydation des Siliziums und Mangans, 2. Oxydation und Entfernung des Phosphors, 3. Oxydation des Kohlenstoffs. Das Vanadin wird wahrscheinlich schon von Beginn der Raffination an entfernt, während das Chrom sich wie das Mangan zu verhalten scheint: seine Oxydationsgeschwindigkeit sinkt mit seinem Gehalt. Die zwischen dem Silizium, Eisenoxydul und Calciumoxyd sich abspielenden Reaktionen sind praktisch beendet, wenn die Charge geschmolzen ist. Der Kalk ersetzt das Eisenoxydul des Eisensilikates, das sich zuerst bildet, und das Eisenoxydul geht in das Bad zurück, in dem es löslich ist. 50 bis 70% des Mangans werden während der Schmelzung entfernt. Die vollständige Entfernung des Phosphors erfordert 1. einen Ueberschuß an Sauerstoff, 2. eine sehr basische Schlacke, 3. eine tiefe Temperatur. Sie erfolgt durch Bildung von Phosphorsäure, Eisenphosphat und schließlich von Calciumphosphat. Die Oxydationsreaktionen des Siliziums, Mangans, Phosphors, Chroms und Vanadins sind exothermisch, die des Kohlenstoffs dagegen endothermisch. Infolgedessen findet unterhalb einer bestimmten Temperatur (etwa 1400°) die Oxydation des Siliziums, Mangans und Phosphors statt, so daß der Phosphor noch vor dem Kohlenstoff entfernt wird. Da die Temperatur im Verlauf des Prozesses ständig steigt, ist es, namentlich wenn man auf eine teilweise Entkohlung hinarbeitet, wichtig, daß fast der ganze Phosphor bei Beendigung der Charge entfernt ist. Die Entfernung des Kohlenstoffs von 1400° ab erfolgt nach den Reaktionen:    FeO  +  Fe3C =   4 FeO +    CO; Fe3O4 + 4 Fe3C = 15 Fe   + 4 CO. Durch Regelung des Kohlenstoffgehaltes in der Charge und durch die Zusätze der Ferro-Legierungen läßt sich die Entkohlung kontrollieren und man kann jeden gewünschten Gehalt an Kohlenstoff zwischen 0,05 bis 1,50% erhalten. Bei der Rückkohlung reagiert der Kohlenstoff auf das gelöste Eisenoxydul und das Manganoxydul unter Kohlenoxydentwicklung: FeO + C = Fe + Co; MnO + C = Mn + CO; es ist in der Regel notwendig, das Bad durch einige Schaufeln Ferro-Silizium zu beuhigen: Si + 2 CO = SiO2 + 2 C. Die Desoxydationsreaktionen: Die Desoxydation im basischen elektrischen Ofen erfolgt durch eine kalkige Schlacke mit einem Kohlenstoffüberschuß und gegebenenfalls durch Zusätze von Ferro-Legierungen. Die Schlacke ist in der Lage, allein eine vollständige Desoxydation zu sichern; hierin liegt der Unterschied von dem Siemens-Martin-Verfahren. Es gibt zwei Arten von desoxydierenden Schlacken: die sogenannte weiße von Kalk, Koks und Flußspat gebildete Schlacke und die graue, an Kohlenstoff reichere Schlacke, in der sich der Kohlenstoff zum größeren Teil als Calciumkarbid findet. Da das Calciumkarbid ein starkes Reduktionsmittel ist, wird fast die ganze Desoxydation durch die Schlacke vorgenommen. Die Desoxydationsreaktionen selbst sind nun diese:            FeO + C = Fe + CO;           MnO + C = Mn + CO; 3 FeO  + C2Ca = CaO + 2 CO + 3 Fe; 3 MnO + C2Ca = CaO + 2 CO + 3 Mn. Die Entschwefelung hängt von folgenden 5 Faktoren ab: von der Basizität der Schlacke, der Anwesenheit von Kohlenstoff oder eines gleichwertigen Reduktionskörpers, der Flüssigkeit der Schlacke, ihrer Temperatur und von der Konzentration an Calciumsulfid. Die Hauptreaktionen sind:    CaO + MnS + C = CaS + CO + Mn; 2 CaO + 3 MnS + C2Ca = 3 CaS + 2 CO + 3 Mn. Dabei ist das Calciumkarbid wirksamer als der Kohlenstoff. Die Entschwefelung durch die Karbidschlacke geht selbsttätig, schnell und fest vollständig vor sich. (Revue de Métallurgie). Dr.-Ing. Kalpers. Naturwissenschaft und Technik. (Prof. Dr.-Ing. R. Plank auf der H.-Vers. des VDI. in Essen.) Bei der Behandlung des Verhältnisses der Naturwissenschaft zur Technik muß weniger das „ob“ als das „wie“ in den Vordergrund gerückt werden. Die Technik ist nicht eine bloße Anwendung der Naturwissenschaften, sondern ein durchaus selbständiges und eigenes Kulturgebiet. Die Naturwissenschaften sind selbst aus dem Bedürfnis nach technischen Werten entstanden, und sie werden durch die Technik dauernd und entscheidend bereichert. Die Technik vollzieht den Uebergang aus dem Reiche der Ideen in das Reich der sinnlichen Wahrnehmung. Dieser eigene Geist der Technik muß bereits in dem Hochschulunterricht deutlich zum Ausdruck gebracht werden. Aus der außerordentlichen Vermehrung unseres technischen Wissens ergab sich für den Einzelnen der Zwang zur Spezialisierung. Die Nachteile schlimmster Einseitigkeit können dabei nur dadurch verhütet werden, daß man die Ausbildung der Ingenieure auf möglichst breiter mathematisch-naturwissenschaftlicher Basis aufbaut. Denn nur die Technik in ihrem Gesamtbild, nicht das einzelne hochentwickelte Fach stellt einen Kulturfaktor dar. Die systematische technisch-wissenschaftliche Forschung ist der gesündeste Weg zu technischem Fortschritt. Es ist richtig, daß viele wichtige Erfindungen durch Empiriker und Praktiker rein gefühlsmäßig gemacht wurden; die Phantasie und die geniale Intuition haben nicht nur auf künstlerischem Gebiet, sondern auch in Wissenschaft und Technik eine Berechtigung. Während aber die künstlerische Intuition als isolierter schöpferischer Akt möglich ist und ihr Schöpfer zugleich höchster Richter ist, unterliegen die Ergebnisse der intuitiven technisch-wissenschaftlichen Schöpfungen der Kritik der Allgemeinheit. Durch nachfolgende systematische Forschertätigkeit muß ihre Daseinsberechtigung anerkannt werden. Wenn auch die meisten Ingenieure bei der Ausübung ihres Berufs von der Mathematik nur selten Gebrauch machen, so darf ihre Bedeutung als Grundelement der Bildung und Erziehung des Ingenieurs doch nicht unterschätzt werden. Vor allem vermittelt sie das funktionale Denken als die Erkenntnis der gesetzmäßigen Abhängigkeit der einzelnen Größen und Vorgänge voneinander. Die ausgesprochene Abneigung vieler angehender Ingenieure gegen die Mathematik, und der vielfach sehr schlechte Wirkungsgrad des mathematischen Hochschulunterrichts enthalten so ernste Gefahren, daß den Ursachen dieser Erscheinungen nachgegangen werden muß. Sie liegen zum größten Teil in den Methoden des Unterrichts und in der Auswahl des Stoffs. Die Vorlesungen müssen durch zahlreiche Uebungen ergänzt werden und es muß von vornherein eine innige Verflechtung mit den Aufgaben des täglichen Lebens und ein Eindringen in den Geist der Ingenieurtätigkeit angestrebt werden. Sehr vieles hängt dabei von der Persönlichkeit des Lehrers ab; er muß die der mathematischen Behandlung zugänglichen technischen Probleme selbst erlebt, und muß im Strome des technisch-wissenschaftlichen Schaffens eine aktive Rolle gespielt haben, um die besonderen Eigenarten der mathematischen Bedürfnisse der Ingenieure zu verstehen und zu vertreten. Daraus ergibt sich die unabweisbare Forderung, daß ein Teil des mathematischen Unterrichts an Technischen Hochschulen von wissenschaftlich hochstehenden und pädagogisch befähigten Ingenieuren erteilt wird. Die Verhältnisse liegen hier genau so wie beim Unterricht in der Mechanik, wo diese Forderung zum Segen der Technik längst erfüllt ist. Den Allgemeinen Abteilungen der Hochschulen erwächst die hohe Aufgabe, an der Ausbildung eines Nachwuchses an solchen akademischen Lehrern mitzuwirken, wozu ein engeres Zusammenarbeiten mit den technischen Abteilungen notwendig wäre. Die Pflege der technischen Physik ist eine der wichtigsten Aufgaben für die wissenschaftlichen Ingenieure, denn die reine Physik macht eine Entwicklungskrise durch, die zu den großartigsten in ihrer Geschichte gehört, und die daher alle Kräfte absorbiert. Aus den Bedürfnissen der wissenschaftlichen Technik entstanden zahlreiche staatliche und private Forschungsstellen. Der Arbeit in diesen Werkstätten physikalisch-technischen Geistes und der Tätigkeit einzelner hervorragender Ingenieure verdankt man die Entstehung und Entwicklung der modernen Strömungslehre, der technischen Schwingungslehre, der Festigkeitslehre einschließlich der modernen Materialprüfung, der technischen Thermodynamik und vieler anderer Gebiete, die auf die ausführende Technik äußerst befruchtend rückgewirkt haben. Den stärksten Beweis für die Fruchtbarkeit des Zusammenarbeitens von Physikern und Ingenieuren hat wohl die Entwicklung der Elektrotechnik geliefert. Dagegen ist die technische Physik in die Optik und besonders die Akustik noch nicht so tief eingedrungen, doch lassen sich hier noch große Entwicklungsmöglichkeiten voraussehen. Der physikalische Unterricht darf sich aber nicht auf Gebiete beschränken, die unmittelbare Anwendungen gestatten, denn niemand kann sagen, ob die Zertrümmerung der Atome oder die Supra-Leitfähigkeit der Metalle bei diesen Temperaturen nicht auch schon bald technisch bedeutungsvoll sein, werden. Die Physik von heute ist die Technik von morgen, und wer Ingenieur, Prophet und Führer sein will, muß den gegenwärtigen Stand der physikalischen Erkenntnis souverän beherrschen. Die chemische Großindustrie verdankt ihre Weltstellung dem Umstand, daß ihre Werke seit einem Menschenalter in erster Linie Forschungsstätten sind. In der Chemie hat es niemals einen Gegensatz zwischen der reinen und der angewandten Wissenschaft gegeben. Die Chemie steht von vornherein der konkreten, stoffgebundenen, auf das Zweckmäßige hinzielenden Technik näher. Die neuzeitige Entwicklung der chemischen Technik in physikalisch-chemischer Richtung hat das Grenzgebiet zwischen Chemie und Maschinenbau stark belebt. Die Apparate der modernen chemischen Hochdruckverfahren (Ammoniaksynthese, Kohlenverflüssigung) erfordern die intensive Mitarbeit des Ingenieurs. In der Ausbildung von „Chemie-Ingenieuren“ liegt eine neue Aufgabe für die Hochschulen, die z.B. in Amerika klar erkannt und schon erfolgreich durchgeführt ist. Neben der Physik und der Chemie entwickelt sich die Biologie immer stärker von einer beschreibenden zu einer exakten Naturwissenschaft; sie bedient sich mathematischer Methoden und besitzt zahlreiche Berührungspunkte mit der Mechanik, der Physik und besonders der Chemie. Daher mußte die Biologie auch in ein enges Verhältnis zur Technik treten und das gemeinsame Arbeitsfeld des Biologen und des Ingenieurs wird heute als „Technische Biologie“ oder „Biotechnik“ bezeichnet. In dieses Grenzgebiet fällt die Landwirtschaft, das gesamte Gärungsgewerbe, die Konservenindustrie, die Kältetechnik, die hygienischen und sanitären Anlagen, die Apparate und Instrumente der medizinischen Technik, die Schädlingsbekämpfung u.a. So gehört auch die technische Biologie in den Kreis der für den Ingenieur grundlegenden Naturwissenschaften. Die Technischen Hochschulen haben die Aufgabe, der Industrie geistige Kräfte zuzuführen, die befähigt sein sollen zu folgerichtigem technisch-wirtschaftlichem Denken, zu verantwortungsvollem Handeln und zur Schaffung neuer, zweckdienlicher Werte. Sie sollen Führereigenschaften besitzen, gestützt auf die erworbenen Kenntnisse, ihre ethischen Anschauungen und ihre Charaktereigenschaften. Sie sollen nicht einseitige Fachleute, sondern ganze Menschen sein. In der Auswahl und Behandlung qualifizierter Arbeiter sollte die Maschinen- und Bauindustrie dem erfolgreichen Beispiel der chemischen Industrie folgen, die kein Spezialwissen verlangt, sondern ihre Mitarbeiter mit traditionellem Forschergeist erfüllt, mit reichen Erfahrungen versieht und zu leitenden Persönlichkeiten entwickelt. Einer Industrie, die sich diesen Geist zu eigen macht, kann unbedenklich ein breiter Einfluß auf die Ausbildung des akademischen Nachwuchses eingeräumt werden. Niemals wird die quantitative Fülle des gebotenen Lehrstoffes, sondern stets nur die Qualität des Unterrichts den Ruf und den Erfolg der einzelnen Hochschulen bestimmen. Daher werden stets die Persönlichkeiten der akademischen Lehrer für das Format der Hochschule bestimmend sein. An den schönsten und freiesten aller Berufe müssen die höchsten Anforderungen gestellt werden. Ein ernstes Mahnwort ist auch an die lernende Jugend zu richten; der Mißbrauch der akademischen Freiheit ist die größte Sünde am Geist unserer höchsten Bildungsstätten. Technik ist Schaffung zweckmäßiger Werte. Auf der Technik und den von ihr geschaffenen Mitteln baut sich erst die Möglichkeit einer kulturellen Entwicklung auf. Somit ist die Technik ein Element der Kultur. Die drei geistigen Grundelemente Kants, das Wahre, Gute und Schöne können nach Fr. DessauerFr. Dessauer, Philhosophie der Technik, Verlag Fr. Cohen, Bonn, 1927. nicht mehr als ausreichend betrachtet werden. Als viertes Grundelement erscheint die zweckmäßige Verwirklichung, die in der Technik verankert ist. Diese Begriffserweiterung führt zu einer Verlebendigung und damit zu einer Vermenschlichung unseres geistigen Weltbildes, also zu einer Konkretisierung des Kulturbegriffs. In dieser vierdimensionalen geistigen Welt erfüllt die technische Wissenschaft die Ebene des Wahren und Zweckmäßigen, während z.B. der Aufgabenkreis der Architektur in der Ebene des Schönen und Zweckmäßigen liegt. Viele Probleme des Bauingenieurwesens liegen im Grenzraum des Wahren, Schönen und Zweckmäßigen. In allen Fällen entscheidet außerdem die ethisch-sittliche Größe über den Persönlichkeitswert der Menschen und die Tragweite der Probleme. Die Ausbildung der Ingenieure soll sich nicht in der Richtung des rein Technischen bewegen, sondern soweit wie möglich auch die anderen Kulturelemente umfassen. Anderseits sollen aber auch die Vertreter der „Geisteswissenschaften“ erkennen, daß ihre bisherige Geringschätzung der Technik auf einem verhängnisvollen Nichtverstehen beruht, und daß die menschliche Kultur ohne die Mittel der Technik weder entstanden wäre noch weiter bestehen könnte. Neuere Fortschritte auf dem Gebiete der schnellaufenden, namentlich der kompressorlosen Dieselmotoren. (Dr.-Ing. Reinsch auf der H.-Vers. des VDI., Essen.) Der Kleindieselmotor, besonders der Fahrzeugmotor, geht bis zu den Anfängen des Dieselmotors selbst zurück. 1893 schon erwähnt ihn Diesel in seiner Schrift „Theorie und Konstruktion eines rationellen Wärmemotors“. Die zahlreichen Versuche der folgenden 20 Jahre, den Gedanken in die Tat umzusetzen, sind alle fehlgeschlagen. Der Grund lag in der Schwierigkeit der Aufgabe selbst. Man steckte noch zu tief in den ersten Anfängen der Entwicklung, um schon mit dem Fahrzeugmotor fertig werden zu können, der in bezug auf Drehzahl, Regulierfähigkeit, vollständige Verbrennung, leichtes Gewicht und geringen Raumbedarf noch viel größere Anforderungen stellt als langsam laufende Motoren. Da sich dem Dieselmotor auf dem Gebiete des ortfesten und Schiffsmaschinenbaues inzwischen ein gewaltiges Feld eröffnete, andrerseits der von Anfang an zum Antrieb der Kraftfahrzeuge verwendete Verpuffungsmotor zu hoher Vollkommenheit entwickelt worden war, lag zu weiteren Versuchen mit dem kleinen Dieselschnelläufer auch mit Rücksicht auf die damaligen Preisverhältnisse der Brennstoffe keine besondere Veranlassung vor. Als nach dem Kriege gerade die Preisfrage den Gedanken an die Verbrennung schwerer Oele wieder auftauchen ließ, wagte man sich zunächst wieder nicht an den Kleindieselmotor heran, sondern versuchte mit den bekannten zahlreichen Schwerölvergaser-Konstruktionen für Verpuffungsmotoren zum Ziel zu kommen, was jedoch nirgends befriedigend gelang. Erst Tartrais wendete wieder sein Hauptaugenmerk der Konstruktion des Motors zu und paßte den Motor dem Brennstoff an, suchte jedoch die Lösung in einer Art von Glühkopfsystem. In Deutschland dagegen begannen nacheinander mehrere Firmen, auf dem Wege des Dieselprinzips zum Schnelläufer zu gelangen. Einige versuchten es mit dem klassischen Dieselmotor mit Einspritzung des Brennstoffs durch Druckluft. Die Mehrzahl aber wandte sich dem Verfahren der unmittelbaren Einspritzung zu, das infolge seiner größeren baulichen Einfachheit auch im Großmotorenbau immer mehr Anhänger gewonnen hatte. Diese neuesten Konstruktionen, die zum Teil bereits angeboten werden, wurden im Vortrag nach ihren typischen Verschiedenheiten und ihren Aufbauformen für die verschiedenen Verwendungszwecke in Wort und Bild behandelt. Die typischen Verschiedenheiten beziehen sich im wesentlichen auf die Art, wie bei den kompressorlosen Motoren der Brennstoff in den Zylinder gebracht wird und dort verbrennt. Mehrere Firmen spritzen den Brennstoff einfach mittels hohen Pumpendruckes durch offene Düsen ein; ein Werk verwendet bei diesem Druckzerstäubungsverfahren das Pumpendruckventil als Einspritzventil. Andere Konstrukteure haben das Vorkammerverfahren entwickelt, wobei der Brennstoff unter verhältnismäßig niedrigem Druck in eine besondere Zündkammer gespritzt, dort zu einer Teilentzündung gebracht wird und dann erst in den Kompressionsraum des Motor-Zylinders gelangt. Eine besondere Art von direkter Einspritzung stellt der Luftspeicher-Motor der Firma Bosch dar, der je nach dem Verwendungszweck mit Innen- oder Außenspeichern ausgeführt wird. Auf Einzelheiten des Verfahrens und der Konstruktion konnte der Vortragende nicht weiter eingehen. Den verschiedenen Verwendungszwecken entsprechend finden wir heute bereits schnellaufende Dieselmaschinen als Kraftwagen-Motoren und Schiffsmaschinen, als Antriebsmaschinen für Pumpen und Lichtmaschinen; ferner als Antriebs-Motoren für Triebwagen und Lokomotiven. Schweißtechnik. Das Schweißen beginnt, sich im Hochbau und Maschinenbau immer mehr einzuführen, nachdem man erkannt hat, daß man mit diesem Verfahren bei richtiger Anwendung große Ersparnisse und Vorteile gegenüber andern Verfahren zur Verbindung von Eisen- oder Metallteilen erzielen kann. Voraussetzung für die ausgedehnte Anwendung ist, daß man über die Vorgänge beim Schweißen eingehend unterrichtet ist. Mit allen diesen Fragen beschäftigt sich der Fachausschuß für Sehweißtechnik des Vereines, deutscher Ingenieure, der während der diesjährigen Hauptversammlung des Vereines in Essen am 8. Juni unter dem Vorsitz von Oberbaurat Füchsel wieder eine Fachtagung mit Vorträgen über die zurzeit wichtigsten Fragen der Schweißtechnik abhielt. Der Direktor der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt, Prof. Dr. Henning, sprach über die Messungen der „Temperatur der Azetylen-Sauerstoff-Flamme“ nach dem Kurlbaumschen Verfahren der Linienumkehr im Spektrum. Die Flamme wurde mit Lithium-Karbonat gefärbt und von dem Licht einer Bogenlampe durchstrahlt. Die Strahlung wurde durch Glasplatten bekannter Durchlässigkeit soweit geschwächt, daß im Spektrometer die rote Lithiumlinie gerade verschwand; daraus ließ sich die Flammentemperatur ableiten. Die Flamme enthielt Schichten sehr verschiedener Temperatur; die höchste Temperatur betrug 3100° Celsius. Prof. C. F. Keel (Basel) berichtete über „Fortschritte der Gasschweißverfahren“. Zur Erhöhung der Sicherheit trennt man neuerdings die Gefäße, in denen der Azetylen gebildet, und die, in denen es aufbewahrt wird. Beim Schweißen selbst hat man bei dünnen Blechen Vorteile erzielt durch Zusatz von Steinkohlengas oder Wasserstoff. Für das Schweißen dicker Bleche wies der Vortragende auf das „Nach-rechts-Schweißen“ hin, bei dem der Arbeiter in der rechten Hand den Schweißbrenner, in der linken den Schweißstab hält, aber entgegen der bisherigen Gewohnheit nach rechts (statt nach links) schweißt. Die Wärme der Flamme wird dadurch besser auf das Schweißstück übertragen und besser ausgenutzt. Der Vortrag wurde durch Lichtbilder erläutert. Beim Schweißen mittels des elektrischen Lichtbogens wird der eine Pol der elektrischen Stromzuführung an das Werkstück, der andre an den Schweißstab gelegt. Der Lichtbogen dient zur Erzeugung der Schmelzwärme. Die Untersuchung dieser Vorgänge ist, wie Dr.-Ing. Strelow (Hamburg) und Ing. Bung (Köln) mitteilten, sehr schwierig; man hat sie auf photographischem und elektrischem Wege untersucht, auch der Filmaufnahmen und der Zeitlupe hat man sich bedient. Sehr interessant war der Film, der vorgeführt wurde, der nur für die unsichtbaren ultraroten Strahlen (Wärmestrahlen) empfindlich war. Auch ein ganz neuer Zeitlupenfilm, der für sichtbare Strahlung empfindlich war und die Vorgänge mit 40facher Verlangsamung zeigte, wurde vorgeführt. Zur Untersuchung von Schweißungen, ohne das Werkstück zerstören zu müssen, dienen neuerdings vielfach die Röntgenstrahlen. Mit ihrer Hilfe läßt sich feststellen, ob die Schweißnähte gleichmäßig sind oder ob sie Schlackeneinschlüsse enthalten. Ueber die neueren Untersuchungen hiermit sprach Dipl.-Ing. Herr (Berlin). Die neuere Entwicklung des engrohrigen Wasserrohr-Kessels und seine Ausbildung zum Höchstdruck-Kessel. (Obermarinebaurat B. Müller in der D. Maschinentechnischen Gesellschaft.) Es wurden zwei neuere Kesselkonstruktionen der deutschen Kriegsmarine im Lichtbilde gezeigt und an ihnen die entscheidenden Merkmale des Engrohrkessels mit gebogenen Rohren erklärt. An zwei Gegenbeispielen mit graden Rohren wurde die weniger gute Raumausnutzung und vor allem die fehlende Elastizität dieser Konstruktionen dargelegt, denen kein praktischer Vorteil bei der Innenreinigung der Rohre gegenübersteht. Wegen der günstigen Betriebseigenschaften der Marinekessel, die eingehend beschrieben wurden, sind mehrere Landkesselanlagen nach diesem Engrohrtyp ausgeführt worden, für normale und für höhere Drücke bis 35 at. Von solchen wurden Lichtbilder vorgeführt, und Betriebsmessungen und Zahlenangaben mitgeteilt; zum Vergleich wurden mehrere andere Konstruktionen von Hochdruck-Kesseln im Lichtbild vorgeführt und nach der Wirkungsweise beschrieben; aus verschiedenen Vergleichszahlen und vor allem aus der großen Unempfindlichkeit der engrohrigen Marinekessel ergab sich der Schluß, daß sie auch bei höheren Drücken hervorragend geeignet sind als Spitzenleistungskessel in Kraftzentralen. Schließlich wurden die Marine-Erfahrungen mit dem Flußeisenmaterial der Wasserrohre und Trommeln mitgeteilt und die wichtigsten, neueren Forschungsergebnisse über die Kesselbaustoffe zusammengestellt. Deutschlands Kohlengewinnung und Außenhandel mit Kohle im Jahre 1927. Sowohl die Steinkohlen- als auch die Braunkohlenförderung hat im letzten Jahre eine Zunahme zu verzeichnen, die im ersten Falle 5,7%, im zweiten Falle 8,4% beträgt; noch bemerkenswerter ist die Vermehrung der Kokserzeugung, die gegenüber dem Vorjahre eine Zunahme um fast 20% aufweist. Die Gesamtförderung des Deutschen Reiches sowie der Anteil der einzelnen Länder ist aus folgender Zahlentafel ersichtlich: Land Steinkohlet Braunkohlet Kokst Braunkohlen-brikettst PreußenBayernSachsenThüringenHessenBraunschweigAnhaltUebr. Deutschland 149435072          4408    4032052      126068 126616223    2502931  10751326    5993369      426890    3537463      977509 31583337    225993    451202 30033292Bei Thüringen mitgerechnet.  3072224  2662992        3063    621204      70007 Deutsches Reich:        1927:        1926: 153597600145279174 150805711139150557 5226053227297398 3646278234358043 Die Ein- und Ausfuhr im Jahre 1927 zeigt gegenüber dem Vorjahr folgende Veränderungen: Einfuhr Ausfuhr 1927t 1926t 1927t 1926t SteinkohlenKoksSteinkohlenbrikettsBraunkohlenBraunkohlenbriketts 533391114563542622559659151359 28666155066928042014762121619 268780478793601750510265971643341 38034891103632581587494785192124759 Diese Zahlen zeigen, daß im vergangenen Jahre die Einfuhr, namentlich von Steinkohle, eine recht erhebliche Zunahme erfahren hat, während gleichzeitig die Ausfuhr aller Brennstoffe einen ziemlich starken Rückgang aufweist, der bei Steinkohle über 11 Mill. t ausmacht, also recht beachtenswert ist, zumal wenn man die Zunahme der heimischen Steinkohlenförderung um rd. 8,3 Mill. t mit in Betracht zieht. Anderseits darf man nicht vergessen, daß die Ausfuhr von Steinkohlen im Jahre 1926 infolge des Bergarbeiterstreiks in Großbritannien ungewöhnlich hoch war. Von den nach Deutschland eingeführten Steinkohlenmengen kamen im Jahre 1927 rd. 3,3 Mill. t aus Großbritannien und fast 1,2 Mill. t aus dem Saargebiet. Es verdient besondere Beachtung, daß von dem eingeführten Koks rd. 64000 t, also fast die Hälfte, aus Holland stammte, das sich mehr und mehr zum Kohlenausfuhrland entwickelt. Die Lieferung von Rohbraunkohle und Braunkohlenbriketts erfolgte wie immer fast ausschließlich durch die Tschechoslowakei. Besonders interessant ist die folgende Zusammenstellung, die die Verteilung der deutschen Kohlenausfuhr auf die einzelnen Länder wiedergibt. Steinkohlenausfuhr nach 1927t 1926t Holland 6591139 10239688 Belgien 5423388   5479151 Frankreich 5117904       8466655einschl. Elsaß-Lothringen. Italien 4162183   4349038 Tschechoslowakei 1170970     872735 Schweden   914807     821712 Elsaß-Lothringen   524775 b. Frankr. mitger. Schweiz   480445     401835 Oesterreich   359392     378779 Algier   329206     919692 Für deutschen Koks waren auch im Jahre 1927 Luxemburg, Elsaß-Lothringen, Frankreich und Schweden die wichtigsten Abnehmer, während Braunkohlenbriketts in der Hauptsache nach Dänemark, der Schweiz, Frankreich, Elsaß-Lothringen, Holland und Luxemburg ausgeführt wurden. In den obigen Ausfuhrziffern nach Belgien, Frankreich und Algier sowie Italien sind auch die Zwangslieferungen mit enthalten, die nach vorläufigen Ermittlungen insgesamt 9,1 Mill. t Steinkohlen und 2,9 Mill. t Koks betrugen. Sander. Das neue französische Patentgesetz. In seiner Sitzung vom 6. März 1928 nahm der französische Senat nach kurzer Erörterung den von der Abgeordnetenkammer am 7. April 1927 gebilligten Entwurf über das neue Patentgesetz an. Das neue Gesetz weicht von dem bisherigen in mehreren Punkten ab. Auch jetzt behält das Gesetz in seiner Gesamtheit die allgemeinen Grundsätze des Gesetzes aus dem Jahre 1848 bei. Neu ist die Möglichkeit der Erlangung einer Art vorläufigen Patentes, das für die Dauer eines Jahres geheim gehalten und für das eine ermäßigte Gebühr von 50 frs. gezahlt wird. Dann sind die Gebühren für die einzelnen Jahre geändert und die Dauer des Patentes entsprechend dem Wunsche der Industrie auf 20 Jahre ausgedehnt worden. Gemildert ist der Ausbeutungszwang der Erfindung, indem im Falle einer Nichtausbeutung nicht mehr der Verlust des Patentes ausgesprochen wird, sondern lediglich die Verpflichtung besteht, Lizenzen an Dritte zu erteilen, deren Bedingungen im Streitfalle durch ein Schiedsgericht festgesetzt werden. Das Gesetz sieht eine Expropriation von Erfindungen vor, die im Interesse der nationalen Verteidigung liegen. Dann wird der Patentinhaber verpflichtet, auf seine Erzeugnisse die Nummer des Patentes anzubringen. Das Gesetz aus dem Jahre 1848 sah inbezug auf die chemischen Erzeugnisse vor, daß diese selbst ohne Rücksicht auf das Erzeugungsverfahren geschützt werden konnten; es war demnach nicht möglich, ein Patent auf ein bereits geschütztes chemisches Erzeugnis zu erhalten, auch nicht wenn es nach einem anderen Verfahren hergestellt werden konnte. Das neue Gesetz macht sich die Erfahrungen in anderen Ländern zugute und hat den Schutz der chemischen Erzeugnisse selbst fallen lassen. Der das Verhältnis des Angestellten zu seiner Erfindung regelnde Wortlaut im Gesetz läßt dem Gericht einen weiten Spielraum und gestattet die Fällung eines Urteils nach einem sehr allgemein abgefaßten Grundsatz, der etwa besagt: erscheint es nicht, daß der Angestellte in seinem Gehalt oder in einer Sondervergütung eine Entschädigung für seinen Ausschluß von dem Eigentumsrecht an dem Patent findet, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, ihm eine ergänzende Entlohnung im Verhältnis zu dem Werte der Erfindung und zu den Umständen zukommen zu lassen, unter denen sie verwirklicht worden ist. Neu ist auch, daß das Patent den Namen des Erfinders enthalten muß. (L'Usine, 23. III. 1928) Dr.-Ing. Kalpers. Für die an dem gewerblichen Rechtsschutz (Patente, Gebrauchsmuster, Warenzeichen usw.) beteiligten Kreise dürfte von Interesse sein, daß die Pariser Verbandsübereinkunft vom 20. März 1883, die, wie bekannt, die internationalen Rechtsbeziehungen auf dem Gebiet des gewerblichen Eigentums zum Gegenstand hat, und der fast alle am Weltverkehr beteiligten Staaten angehören, im November 1925 auf einer Konferenz der Verbandsstaaten im Haag in verschiedenen Punkten geändert ist und eine Neufassung erhalten hat. Gleichzeitig ist auf der Konferenz auch das Madrider Abkommen vom 14. April 1891 betr. die internationale Registrierung von Fabrik- oder Handelsmarken und das Madrider Abkommen gleichen Datums betr. die Unterdrückung falscher Herkunftsangaben auf Waren einer Durchsicht unterzogen und ebenfalls neugefaßt worden. Endlich hat die Konferenz zu einem neuen Abkommen über die internationale Hinterlegung von gewerblichen Mustern oder Modellen geführt. Diesen vier, im Haag am 6. November 1925 unterzeichneten Verträgen hat nunmehr das Deutsche Reich durch Gesetz vom 31. März 1928 seine Zustimmung erteilt. Die Verträge werden am 1. Juni 1928 wirksam. Von den Aenderungen des Pariser Unionsvertrages dürften folgende von allgemeinerem Interesse sein. Die Förmlichkeiten für die Ausübung des Prioritätsrechts sind dadurch erleichtert, daß künftighin zur Beibringung der Prioritätsbelege (Abschriften der Voranmeldung nebst Beschreibung, Zeichnung usw.) eine Mindestfrist von drei Monaten gewährt werden muß. Die Prioritätsfrist für Warenzeichen und für gewerbliche Muster und Modelle ist von vier auf sechs Monate verlängert. Für die Zahlung der Gebühren, die für die Aufrechterhaltung der gewerblichen Schutzrechte vorgesehen sind, ist künftighin überall eine Nachfrist von mindestens drei Monaten nach Fälligkeit für die Nachzahlung (mit oder ohne Zuschlag) zu gewähren. Auf dem Gebiete des Warenzeichenwesens bringt der Unionsvertrag eine besonders wichtige Neuerung in Gestalt des Schutzes der notorisch bekannten Marke. Weiter verpflichtet das Abkommen die Vertragsstaaten, der unbefugten warenzeichenmäßigen Verwendung von öffentlichen Wappen, sonstigen Hoheitszeichen und amtlichen Prüf- und Gewährzeichen entgegenzutreten. Endlich haben die internationalen Bestimmungen, die den unlauteren Wettbewerb betreffen, eine Erweiterung erfahren. Die Neufassung des Madrider Markenabkommens bringt insbesondere für das Gebührenwesen einige Aenderungen. So sind als internationale Abgabe für die Registrierung der Marke in Bern statt bisher 100 Fr. für die erste und 50 Fr. für alle weiteren gleichzeitig hinterlegten Marken vom 1. Juni 1928 ab 150 Fr. bzw. 100 Fr. zu zahlen. Neu ist, daß die Abgabe künftighin auch in zwei Raten gezahlt werden kann, wobei sich aber der Gesamtbetrag auf 175 Fr. bzw. 125 Fr. erhöht. Bei Warenverzeichnissen von mehr als 100 Wörtern wird ein Zuschlag für die Veröffentlichungskosten erhoben. Ueber die Einzelheiten der Gebührenvorschriften wie über die sonstigen Bestimmungen des Abkommens unterrichtet in ausführlicher Weise ein Merkblatt, das von dem Reichspatentamt zusammengestellt ist und seitens der Interessenten von der Patentschriftenvertriebsstelle kostenfrei bezogen werden kann. Nach dem neuen Abkommen über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle kann sich jeder Angehörige eines Vertragsstaats den Schutz seiner Muster oder Modelle in allen übrigen Vertragsstaaten durch bloße internationale Hinterlegung bei dem Internationalen Büro in Bern sichern, ohne daß es einer Hinterlegung in dem Heimatsstaat bedürfte. Die Schutzdauer beträgt für alle Vertragsstaaten 15 Jahre. Die Eintragung des Hinterlegungsgesuchs erfolgt erst nach Zahlung einer Gebühr. Ueber die Einzelheiten des Abkommens gibt ebenfalls ein Merkblatt des Reichspatentamts Auskunft, das kostenfrei bei der obengenannten Stelle des Amtes erhältlich ist. (Nachrichtenstelle des Reichspatentamts.) Straßenbahn-Ausstellung in Essen 1928. (21. bis 30. September). Eine eingehende Bearbeitung der Probleme der Essener Straßenbahn-Ausstellung erfolgt zurzeit durch eine ganze Reihe von Fachausschüssen, die sich aus Fachleuten des Straßenbahnwesens und seiner verschiedenen Zweige zusammensetzen, wobei auch die Herstellung des Straßenbaumaterials der Straßenbahnen und der elektrischen Betriebseinrichtungen berücksichtigt worden sind. In ganz Deutschland bemüht sich jetzt der Verein Deutscher Straßenbahner, Kleinbahnen und Privateisenbahnen, der die fachliche Zusammenfassung dieser Unternehmungen Deutschlands darstellt, wichtiges verkehrswirtschaftliches Material des Straßenbahnwesens zu erlangen und der Essener Straßenbahnausstellung zuzuführen. Eine ganze Anzahl von Waggonfabriken hat sich sofort bereit erklärt, die Ausstellung zu beschicken, dasselbe trifft zu bei großen Firmen der Eisenindustrie, die ein lebhaftes Interesse daran haben, gerade das Oberbaumaterial der Straßenbahn zu zeigen. Auch Spezialfirmen, die dem Straßenbahnwesen nahestehen, haben sich nach der ersten Mitteilung sofort gemeldet, jedenfalls ein günstiges Zeichen für die Beachtung dieser Ausstellung in den zuständigen technischen und industriellen Kreisen. Auch Tiefbaufirmen und Unternehmungen für die Herstellung des Straßenbahnkörpers haben bereits ihre Beteiligung zugesagt, weiterhin Unternehmungen, welche spezielle elektrotechnische Einrichtungen für die Straßenbahnen herstellen. Es ist also damit zu rechnen, daß bei der streng sachlichen Behandlung dieser Fachausstellung sich die meisten derjenigen Firmen zusammenfinden werden, welche den Bahnkörper der Straßenbahn und ihre Betriebsmittel, darunter auch die Unterkunftsräume der Fahrzeuge, Reparaturwerkstätten usw. herstellen oder zu liefern pflegen. Die Straßenbahnausstellung soll zum ersten Mal in einer ganz gesonderten Behandlung das Straßenbahnwesen umfassen, das bei früheren Verkehrsausstellungen hinter anderen Verkehrsmitteln stets stark zurücktrat oder kaum vertreten war. Mit der Straßenbahnausstellung vom 21. bis 30. September 1928 wird in Essen auch die Hauptversammlung des Vereins Deutscher Straßenbahnen, Kleinbahnen und Privateisenbahnen verbunden sein. Nähere Auskunft erteilt das Büro der Straßenbahnausstellung Essen, Norbertstr. 2. 2. Hauptversammlung der Dechema in Dresden. Bericht über die wissenschaftliche Sitzung. Die 2. Hauptversammlung der Dechema, Deutsche Gesellschaft für chemisches Apparatewesen E. V., die am 1. Juni 1928 in Dresden stattfand und als Gegenstand der wissenschaftlichen Vorträge die Korrosionserscheinungen in den chemischen Fabriken und im chemischen Apparatebau behandelte, war außerordentlich zahlreich besucht. Zum Teil waren 150 und mehr Zuhörer anwesend. Es sprachen die Herren: Prof. Dr. Guertler (Berlin), Dr. B. Kerschke (Berlin), Dr. E. Liebreich (Berlin), Prof. Dr. Maaß (Berlin), Dr. W. Wiederholt (Charlottenburg) und Dr. H. Barkholt (Berlin). Eine kurze Inhaltsangabe der gehaltenen Vorträge ist bereits veröffentlicht. Ausführliche Referate werden folgen. Die im Anschluß an die einzelnen Vorträge einsetzende lebhafte Diskussion zeigte das rege Interesse der Zuhörer an den Themen, das durch den Verlauf der Aussprache in reichem Maße befriedigt werden konnte. Von prinzipieller Bedeutung war die Anregung, die im Anschluß an den Vortrag von Herrn Prof. Guertler gemacht wurde: die Vereinheitlichung der Untersuchung über Widerstandsfähigkeit von metallischen Werkstoffen gegen chemische Angriffe von Seiten der Dechema betreiben zu lassen und evtl. ein Normenblatt hierüber herauszugeben bzw. in irgendeiner anderen Form diese für die Technik hochwichtige Methode zu fixieren. Aus der Diskussion des Vortrages von Herrn Dr. Barkholt, der in Vertretung von Herrn Dr. Zahn (Berlin) sprach, über „Verwendung von Drehrohren zur Kristallisation und Verdampfung“, ist hervorzuheben, daß man lebhaft den Wunsch äußerte, nicht nur die Beschreibung der Apparatur zu hören, sondern vor allen Dingen exakte Zahlenangaben über ihre Wirtschaftlichkeit, gerade in den Fällen, wo es sich um eine jedem Interessenten zugängliche käufliche Apparatur, es sich also nicht um die völlig berechtigte Geheimhaltung individueller Apparaturen handele. Es sei nicht nötig, die Angaben, die sich auf die Wirtschaftlichkeit beziehen, in absoluten Zahlen zu machen, sondern in relativen, damit das berechtigte Geschäftsinteresse gewahrt bleibe. Im ganzen ließ die Sitzung von neuem klar erkennen, daß der Gedanke der Gemeinschaftsarbeit, von Chemiker und Ingenieur mehr und mehr an Boden gewinnt. Pressa (Ausstellung der Firma Siemens & Halske). Die Firma Siemens & Halske stellt insbesondere auf den Gebieten Telegraphie, Telephonie, Verstärkertechnik, Sicherheits- und Zeitdienst aus. Auf dem Stande der Firma sind u.a. Ferndrucker, Siemens-Morseschnellschreiber (Leistung 150 bis 1700 Zeichen in der Minute), Siemens-Springschreiber (bis 420 Zeichen und bei Lochstreifensendung bis 500 Zeichen in der Minute), sowie ein Bildtelegraph System Siemens-Karolus-Telefunken, Fernsprech-Automaten für 10, 23 und 50 Anschlüsse, Hebellinienwähler, Vermittlungsschränke, Sprechstellen usw. ausgestellt. Die Verstärkertechnik ist mit einer kleineren und einer mittleren Musikübertragungsanlage nebst Lautsprechern sowie mit Meß- und Hilfseinrichtungen, wie Pegelmesser, Röhrensummer, Stromreiniger, Tonfrequenzmesser, Geräuschspannungsmesser, Geräusch-Unsymmetriemesser, Geräuschmesser nach Barkhausen, Röhrenvoltmeter vertreten. An Zeitdienst- und Sicherheitsanlagen sind von der Firma elektrische Uhren – auch eine Weltzeituhr – Zeitstempel, Wächterkontrollanlagen, öffentliche und private Polizeimelder, sowie Feuermelder ausgestellt, darunter eine Anlage nach dem Zeigerapparatesystem, wie sie für Privatanlagen in Betracht kommt. Besonders erwähnt sein mögen die sowohl zur Wächterkontrolle als auch zur Feuermeldung dienenden „Wächterkontroll- und Feuermeldeanlagen“, dann Verkehrssignal- und Polizeirufanlagen und die von der Firma vor einiger Zeit geschaffenen privaten Diebes- und Raumschutzanlagen, bei denen der Alarm z.B. beim Hausportier erfolgt; ferner die in ihrer Anwendung ebenfalls neuartigen Unfallmelder, die z.B. auf den im Rheinland entstehenden Automobilstraßen aufgestellt werden, weil die Straßen unbebaut sind. Auf den Ständen der Reichspost, der Telegraphenagenturen und der Transradio A.-G. ist die Firma mit Telegrapheneinrichtungen (Springschreibern, Siemens-Schnelltelegraphenamt, Schnellmorsegerät und Drehspulenschreiber) vertreten. Die von der Ausstellungsleitung für den Fernsprech- und Sicherheitsdienst auf der Ausstellung beschafften Einrichtungen (eine Selbstanschluß-Fernsprechanlage, eine Feuermeldeanlage und eine Wächterkontrollanlage) rühren ebenfalls von der Firma Siemens & Halske her. Die Bedeutung des Mangans. Es ist eine interessante Tatsache, daß die größten Verbraucher von Mangan, d.h. die größten Stahlerzeuger der Welt, wie die Vereinigten Staaten, England, Deutschland, Frankreich, über völlig ungenügende Manganvorkommen verfügen und infolgedessen gezwungen sind, auf die in anderen Ländern angetroffenen Lagerstätten zurückzugreifen, nämlich von Rußland, Brasilien, von der Goldküste und Indien. Die im Bezirk von Tchiaturi (Georgien) vorhandenen reichen Manganerzreserven werden auf 150 Millionen t geschätzt. Weitere Vorkommen in Rußland befinden sich in Nikopol und Gatsinsk, dann im Ural und in Sibirien. Die Vereinigten Staaten haben es verstanden, sich die Kontrolle über verschiedene Erzquellen zu sichern. Schon ihre geographische Lage hat sie mit Vorteilen in bezug auf die brasilianischen Erze ausgestattet, die sie auszunutzen geschickt verstanden haben. Diese 1880 entdeckten Erze in Brasilien befinden sich im Staate Minas Geraes, 240 km nordöstlich von Rio de Janeiro. Außerdem hat Harriman mit den Russen eine Vereinbarung über die Ausbeutung der Manganerze von Tchiaturi getroffen, die ihm ein Monopol für die Gewinnung und Ausfuhr dieser Erze sichert. Andererseits hat Harriman sich verpflichten müssen, alle notwendigen Einrichtungen für die Modernisierung der Erzgewinnung, -wasche und -beförderung einzuführen; innerhalb 5 Jahren müssen die Anlagen einer Jahreserzeugung von 2 Millionen t genügen. Nach 20 Jahren werden die Gruben, Eisenbahnen, Hafenanlagen usw. in den Besitz der Sowjets übergehen. Im 1. Jahre nach diesem Vertrag hat (die Manganerzgewinnung auf diesen Gruben schon um 80% zugenommen. Die 1914 an der Goldküste entdeckten Manganerze werden seit 1916 ausgebeutet; sie kommen vor bei Insuta-Daguisi längs der Eisenbahn Sekondi-Kumasi, 60 km vom Hafen Sekondi entfernt. Die Förderungsziffern sind hier von 4300 t im Jahre 1916 auf 41000 t für 1920, 117000 t für 1923 und 357000 t für 1926 gestiegen. Der Aufschwung dieser afrikanischen Mangangruben ist demnach sehr beträchtlich. Weitere Lagerstätten sind neuerdings im Betchuanaland, im Tranvaal, dann im Bezirk von Postmasburg (160 km von Kimberley) angetroffen worden; der Reichtum der letzten Fundstätte wird auf 1,8 Millionen t geschätzt. Es haben sich auch bereits 2 große Gesellschaften für deren Ausbeutung gebildet. Die Manganvorkommen Indiens sind in den Zentralprovinzen, in den Provinzen von Madras, Bombay und Burmah. Eine große Bergbaugesellschaft verfügt hier über 20 Gruben mit 20 Millionen hochprozentigen Erzen (51% Mangan). Diese Erze sind besonders für England von großer Bedeutung, nachdem die Amerikaner außer den brasilianischen und russischen auch die Erze an der Goldküste mit Beschlag belegt haben. Von sonstigen Lagerstätten sind zu nennen diejenigen in Japan, Kuba, Kosta Rica, Argentinien, Chile, Philippinen und Portugiesisch-Indien. Die Manganerze dienen heute hauptsächlich zur Herstellung von Ferro-Legierungen (Ferro-Mangan, Spiegeleisen, Silikospiegel, Siliko-Mangan). Das Ferro-Mangan enthält 80 (ev. auch nur 60) % Mangan, Rest meistens Eisen und Kohlenstoff, das Spiegeleisen 4–20% Mangan, Silikospiegel etwa 20% Mangan, 66% Eisen und 12% Silizium und Siliko-Mangan 70% Mangan und 20% Silizium, Rest Eisen, Kohlenstoff usw. Schon im Jahre 1871 wurde sowohl in Glasgow als auch bei der Gesellschaft der Terre Noire ein 25%iges Ferro-Mangan erzeugt. Das Verfahren bestand darin, ein Gemisch von Mangan-Karbonat mit Eisenerz in einer Umgebung von staubförmiger Holzkohle oder Koksstaub in einem Flammofen zu schmelzen, wobei allerdings ein beträchtlicher Teil des Mangans in die Schlacke überging und die Ofenauskleidung stark anfraß. Dieses Problem der Ferro-Manganerzeugung wurde 1875–1878 von Poucel endgültig gelöst. Von 1878 ab erzeugte die Terra-Noire-Gesellschaft folgende Legierungen: Eisen Mangan Kohlenstoff Silizium Phosphor 69,60 25,15 5,20 0,052 0,095 53,00 41,25 5,45 0,080 0,135 30,50 64,25 5,65 0,062 0,125   8,25 85,20 6,62 0,093 0,145 Diese Arbeiten Pourcels sind allerdings zum Teil auch auf die Erfolge des Deutschen Prieger (Bonn) zurückzuführen, der Manganlegierungen im Tiegelofen erzeugte. Während die Ferro-Mangan-Legierungen im Tiegelofen auf 80–100 Pfund je t zu stehen kamen, nach dem Verfahren zu Glasgow auf 56 Pfund, sank ihr Preis nach dem Pourcel-Verfahren sofort auf 16, später sogar auf 8 Pfund je t. Der Fortschritt Pourcels bestand darin, daß es möglich wurde, vom Spiegeleisen auf Ferro-Mangan überzugehen, was eine Erniedrigung des Kohlenstoffs im Stahl bei der Stahlerzeugung und die Gewinnung von Blechen aus weichem Stahl ermöglichte. Diese Bleche bewiesen, daß Stahl mit schwachem Kohlenstoffgehalt weniger spröde ist und daß er der Einwirkung von Seewasser besser widersteht. Nach dem Vorschlag von Pourcel wurde die Erzeugung von Ferro-Mangan im Hochofen verwirklicht, wobei die Silico-Tonerdesteine für die Ofenauskleidung durch Kohlenstoffsteine ersetzt wurden. Der eigentliche Gedanke der Verwendung des Hochofens für diesen Zweck war von der Carniol-Gesellschaft (Wien 1877) ausgegangen, die aber nur eine Legierung mit 30% Mangan zu wege brachte. Erst die Wahl einer anderen Auskleidung für den Hochofen, die dem Mangan zu widerstehen hatte, ermöglichte die Erzeugung von 82%igem Ferro-Mangan ohne Schwierigkeiten. Die heutige Erzeugung von Ferro-Mangan ist insofern noch kostspielig, weil sie die Verwendung eines hochprozentigen Erzes bedingt und mit einem Koksverbrauch von 2 t, mitunter sogar von 3 t je t Ferro-Legierung verbunden ist. Dazu kommen die Verluste an Mangan in der Schlacke, wenn der Hochofen zu heiß geht oder die Kokscharge ungenügend ist. Bei gut geführten englischen Hochöfen rechnet man mit einem Verlust von durchschnittlich 28%. Das Ferro-Mangan aus dem Hochofen enthält einen ansehnlichen Anteil von Kohlenstoff, dasjenige aus dem elektrischen Ofen dagegen einen nur geringen Anteil. Wenn auch beim elektrischen Ofen die Kokscharge auf 230 kg je t vermindert werden kann, so sind die Ausgaben für den elektrischen Strom doch so bedeutend, daß der Hochofenbetrieb zur Erzeugung von Ferro-Mangan als wirtschaftlicher anzusprechen ist. Neben dem üblichen Ferro-Mangan mit hohem Kohlenstoffgehalt gibt es auch solches mit wenig Kohlenstoff, so eine schwedische Legierung (Ferrolegeringar) mit 79,34% Mangan, 18,9% Eisen und nur 0,91% Kohlenstoff, ferner die Legierung von Saint-Beron (Frankreich) mit 79,1% Mangan, 15% Eisen, 5,22% Silizium und 0,58% Kohlenstoff. (Revue de Métallurgie.) Dr.-Ing. Kalpers.