Titel: Arbeitserleichterung durch Verwendung des Pendelfrästisches im Gesenkebau.
Autor: R. Sch.
Fundstelle: Band 345, Jahrgang 1930, S. 69
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Arbeitserleichterung durch Verwendung des Pendelfrästisches im Gesenkebau. Arbeitserleichterung. Das Bestreben nach äußerster Billigkeit hängt für fast alle Industriezweige mit der Einführung von Massenfabrikation unmittelbar zusammen. Für letztere eignen sich in besonderem Maße die Verfahren zur Verarbeitung metallischer Werkstoffe wie Eisen, Kupfer, Messing, Aluminium als Vollmaterial zu Preß- und Schmiedestücken, als Blech zu Geräten, Haushaltungsgegenständen, Schmuckstücken durch Drücken, Ziehen und Prägen und ferner das Spritzen und Gießen von Zink- und Aluminium-Legierungen zu Apparateteilen aller Art. Als charakteristische Hilfswerkzeuge für die Fabrikation sind die Preß- und Schmiedegesenke, die Spritz- und Gießkokillen und die Ziehstempel zu nennen, welche den Werkstoffen die oft recht komplizierte Form geben. Für das Warmpressen von Messing ist z.B. infolge mehrerer Arbeitsgänge mitunter eine Reihe von Gesenken zur endgültigen Gestaltung eines Stückes nötig, weil die oft scharfen Uebergänge von starken zu schwachen Querschnitten die schwierigsten Fließvorgänge ergeben, denen das Material mit einem Male nicht gewachsen ist. Bei Ueberbeanspruchung reißt es an solchen Stellen. Die Gesenke stellen daher rein in bezug auf Materialwert mit die Haupteinrichtungen derartiger Betriebe dar. Die Maßgenauigkeit, die für Preß-Kokillen oder Spritz-Guß teile zur höchstmöglichen Vermeidung von Nacharbeit gefordert wird, beträgt für die ersteren ± 0,3 mm, für die letzteren +0,1 mm. Die Herstellung der formgebenden Gesenke gehört aus diesem Grunde auch zu den genauesten und kostspieligsten Arbeiten des Werkzeugbaues, weil viel langwierige Handarbeit aufgewendet werden muß, die nicht geringe Anforderungen an die Geschicklichkeit der ausführenden Arbeiter stellt. Textabbildung Bd. 339, S. 69 Um die Fabrikation zu vereinfachen und der Abhängigkeit von der Handfertigkeit des Arbeiters entgegenzuarbeiten, hat man elektrisch betriebene Handfräser aller Art geschaffen, die in vielen Fällen recht gute Dienste leisten. Ein anderes modernes Hilfswerkzeug zum Fräsen konvexer und konkaver Flächen ist der Pendelfrästisch. Derselbe besteht nach der Abbildung aus einer Grundplatte mit zwei Doppellagern, von denen jedes eine Schneckenkurbelwelle trägt, die ihrerseits an jedem Ende mit einer Kulisse versehen ist. Auf der Grundplatte befestigte Lager tragen die Arbeitsspindel, auf der zwei mit den Schneckenrädern im Eingriff stehende Schnecken sitzen. Die Verbindung zwischen den Kulissen und der das Werkstück tragenden Aufspannplatte bilden vier Lagerarme. Die Bewegung, die der Arbeitspindel mittels einer Handkurbel erteilt wird, überträgt sich durch die Schneckenräder auf die Kulissen und somit auf den Spanntisch. Dadurch beschreibt das Arbeitsstück einen, dem jeweilig eingestellten Hub entsprechenden, kreisförmigen Weg. Als Arbeitswerkzeuge werden Fingerfräser verwendet, die eine rotierende Bewegung machen und sowohl in das Futter einer Bohrmaschine als auch in dasjenige einer Vertikalfräsmaschine eingespannt werden können. Beschreibt bei Drehung der Arbeitsspindel der Spanntisch mit dem Werkstück einen Kreisbogen nach oben, dann dringt der Fräser langsam in das Material ein und erzeugt die Konvexform, bei umgekehrter Bewegung des Werkstückes die Konkavform. Der auf diese Weise eingefräste Schlitz entspricht in seiner Breite der Fräserstärke. Das Werkstück braucht danach nicht leer zurückgekurbelt werden, sondern man stellt durch Heben des Maschinentisches gegen den Fräser den neuen Span ein und benutzt den Rücklauf ebenfalls als Arbeitsweg. Der Pendelfrästisch läßt sich aber nicht nur für konvexe und konkave Flächen, die einen idealen Kreisbogen darstellen, verwenden, sondern ist auch mit größtem Erfolg zum Fräsen unregelmäßiger, kreisbogenförmiger Vertiefungen benutzbar, die sich in kleinere Kreisbogen zerlegen lassen. Man stellt dann nacheinander den jeweils gewünschten Radius an den Kulissen des Tisches ein. Sehr vorteilhaft gestaltet sich die Bearbeitung für Gesenk-Ober- und Unterteile, bei dem sich konvexe und konkave Teile abwechseln. Weitere nutzbringende Verwendungsmöglichkeiten bieten sich für den Pendelfrästisch in der Armaturenfabrikation, um z.B. in die scheibenförmigen Backen eines zentrisch spannenden Armaturenfutters die Form eines unregelmäßigen Körpers, etwa eines Dreiwegehahnes, einzuarbeiten, der später auf der Revolverbank weiter zu bearbeiten ist. Auf den Tisch einer Schleifmaschine befestigt, kann man den Apparat zum Schleifen von Zähnen sowie zur Herstellung balliger Fräser verwenden. Auch in anderen Industriezweigen, in denen Formen für runde Körper benötigt werden, z.B. für die Herstellung von Teilen aus Tenacitmischungen, die wie Schaltergehäuse, Stecker, Handgriffe und dergl. in der Elektroindustrie gebraucht werden, ferner für Erzeugnisse aller Art aus Gummi, Porzellan und Glas ist der Pendelfrästisch ein vorzügliches Hilfsmittel zur Erleichterung der Arbeit und dadurch Verringerung der Unkosten. R. Sch.