Titel: Oberschmierung.
Autor: A. Lion
Fundstelle: Band 345, Jahrgang 1930, S. 71
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Oberschmierung. Von A. Lion, Berlin. Oberschmierung. Ueber den Wert der Oberschmierung von Motoren sind die Ansichten geteilt; ganz einwandfreie Untersuchungs-Ergebnisse liegen bis heute noch nicht vor, sind auch schwer zu erzielen, da die Wirkung der Oberschmierung schwer von der des normalen Oelumlaufs zu trennen ist. Bei der Oberschmierung wird das Schmiermittel in Mengen von durchschnittlich 1% dem Kraftstoff zugesetzt, wird mit ihm im Vergaser zerstäubt, tritt in den Verbrennungsraum ein, wo es sich, wenigstens zum Teil, an den Zylinderwänden niederschlägt, während der Kraftstoff verbrennt. Geschmiert werden also vornehmlich die Ventilschäfte und der obere Teil des Zylinders. Die Schmiersysteme der modernen Kraftfahrzeug-Motoren sind so vorzüglich ausgebildet, die modernen Schmieröle durchweg so gut, daß im allgemeinen die normale Schmierung ausreicht, höchstens dafür gesorgt werden muß, daß nicht überflüssiges Oel in den Verbrennungsraum gelangt. Empfehlenswert ist die Oberschmierung beim Einlaufen neuer Motoren wegen der auftretenden hohen Temperaturen und beim kalten Motor, wenn der Oelkreislauf noch nicht vollkommen ausgebildet ist, auch bei sehr hoch beanspruchten Motoren, etwa bei hochkomprimierenden luftgekühlten Kraftradmotoren, deren Zylinderköpfe- und Ventile in der warmen Jahreszeit leicht derartig sich erhitzen können, daß die Oelschicht verbrennt, und die Ventile stecken bleiben. Die Folgen sind einerseits Kompressionsverlust, also Verminderung der Wirtschaftlichkeit, andererseits Vergaserbrände. Hier kann die Oberschmierung helfen. Eine Reihe von Motoren arbeitet ausschließlich mit Oberschmierung, wie viele luftgekühlte Zweitakter für Krafträder. Die Oberschmierung kann erfolgen durch zugesetzte reine Mineralöle oder durch besondere Ober Schmiermittel, die neben Mineralölen und anderen Bestandteilen noch Petroleum enthalten. Die erste Art der Schmierung ist gefahrlos, nur mische man nicht mehr Oel in den Kraftstoff, als die Mischvorschrift der Lieferfirma bestimmt, – die schon meist sehr reichlich bemißt, – damit der Oeldunst des Auspuffs nicht unerträglich wird. Alle reinen Mineralöle mischen sich in jedem Verhältnis mit Benzin und Benzol, nicht hingegen in allen Fällen Rizinusöl. Das zugesetzte Oel muß reichlich dünnflüssig sein (Viscosität etwa bis höchstens 5,5), damit die Mischung nicht erschwert wird. Am besten mischt man erst durch Schütteln oder Umrühren das Oel mit der Hälfte des Kraftstoffes im Tank oder Mischeimer und füllt dann die zweite Hälfte des Kraftstoffes zu. Dem Oberschmiermittel zugesetztes Petroleum hat den doppelten Zweck, die Mischung zu erleichtern und eventuelle Rückstände im Verbrennungsraum zu lösen. Der erste Zweck ist zweifellos erreicht, da die Dünnflüssigkeit derartiger Mischungen sehr groß ist. Aber ein hoher Petroleumgehalt setzt die Schmierwirkung beträchtlich herab. Gerade der Petroleumgehalt mancher Benzine vermindert ja deren Wert als Kraftstoff, da das Petroleum schwerflüchtig ist, nicht mit dem Kraftstoff verbrennt, dagegen ins Schmieröl geht, es verdünnt und dessen Schmierfähigkeit beträchtlich herabsetzt. Gerade das Nichtvorhandensein dieser petroleumartigen Bestandteile wird ja immer für Benzol und andere Kraftstoffe als großes Plus angeführt und hat zweifellos entscheidend zu deren ungewöhnlich starker Ausbreitung in den letzten Jahren beigetragen. Da gerade hochbeanspruchte, hochkomprimierte Motoren vorteilhaft mit guten Kraftstoffen bedient werden, ist es an sich widersinnig, durch das Oberschmiermittel eine wichtige Eigenschaft dieser Brennstoffe zu neutralisieren. Wenn auch die beiden oben genannten günstigen Eigenschaften des Petroleumzusatzes in diesem Fall sich nicht leugnen lassen, so ist andererseits zweifellos der Nachteil der Schmierölverdünnung durch das Petroleum beträchtlich. Zweckmäßiger ist also die Verwendung unvermischter, ausreichend dünnflüssiger guter Mineralöle für Zwecke der Oberschmierung.