Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 250, Jahrgang 1883, Miszellen, S. 138
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[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. Eine Kesselzerstörung in Elberfeld. Im Bergischen Bezirksvereine deutscher Ingenieure bezieh. in der Zeitschrift, 1883 * S. 459 berichtete L. Vogt, Oberingenieur des Bergischen Dampfkesselrevisionsvereins, eingehend über eine am 1. Januar 1883 in der Türkisch-Rothfärberei von J. C. Duncklenberg in Elberfeld stattgefundene Kesselexplosion. Der Kessel, aus Ober- und Unterkessel bestehend und mit Zwischenfeuerung versehen, war seit 1864 in Betrieb und hatte 1872 eine neue Feuerplatte erhalten. Die mit heftigem Knalle erfolgende Explosion bestand in einem Aufreiſsen dieser Feuerplatte auf einer Länge von etwa 750mm. Der Riſs erstreckte sich auf der linken Seite der Platte, dicht an der vorderen Kopfplatte beginnend, ziemlich parallel zur Längsnaht. An der Stelle des Risses zeigte sich die Platte stark ausgebaucht, so daſs die Ränder in der Mitte des Risses etwa um 120mm aus einander klafften. Der Kessel war übrigens genau in seiner Lage geblieben und kein Ausrüstungsstück war zerstört worden. Als Ursache der Explosion nimmt Vogt, da aus verschiedenen Gründen zu hohe Spannung und Wassermangel ausgeschlossen sind, eine örtlich beschränkte Ueberhitzung der Feuerplatte an und zwar, da der Kesselsteinansatz nur ein sehr geringer war, eine Ueberhitzung durch sogen. Stauhitze und Stichflamme. Die Ueberhitzung kann nach dem Aussehen der Bruchstelle nicht bedeutend gewesen sein; doch soll nach der Ansicht des Berichterstatters schon eine „schwarz warme“ oder „blau warme“ Hitze, für welche die Temperatur auf 300 bis 350° geschätzt wird, genügen, um das Eisen in einen gefährlichen mürben Zustand zu versetzen. Eine solche Ueberhitzung des Eisens wird für möglich gehalten, wenn der Zug, wie es bei dem betreffenden Kessel der Fall war, mangelhaft ist, so daſs trotz unvollkommener Verbrennung sehr hohe Temperaturen erzeugt werden können. Luft-Treibtorpedos. Bei den in der Presse neuerdings auftauchenden Gerüchten über die Bewaffnung der Ostgrenze Frankreichs mit einer sich an der ganzen Grenze entlang erstreckenden Kette von Minen, welche im Falle eines Krieges mit Deutschland einen Einfall des deutschen Heeres in Frankreich unmöglich machen sollen, mag eine Erfindung von C. Georg Rodeck in Charlottenburg (* D. R. P. Kl. 72 Nr. 22956 vom 30. Juli 1882) näher erwähnt werden, welche bezweckt, Torpedos mittels Luftballons über belagerte Städte, feindliche Lager u. dgl. zu führen und in dem Augenblicke, wo sie über dem Zielobjekte stehen, auszulösen, um auf diese Weise gefahrlos groſse Mengen brisanter Sprengstoffe gegen den Feind verwenden zu können. Für kleinere Entfernungen kann man den Luftballon, der von der Luftströmung über das Zielobjekt geführt werden muſs, mittels eines elektrischen Kabels mit einer am Abgangsorte stehenden Batterie verbinden, so daſs der Torpedo in jedem Augenblicke abgelöst werden kann. Der Ablösungsvorrichtungen lassen sich viele construiren. Die Explosion des Torpedo erfolgt in diesem Falle durch Percussionszünder durch den Aufschlag am Zielobjekte. Man kann den Torpedo auch mit einem Zeitzünder versehen, welcher von der elektrischen Ablösevorrichtung im Augenblicke der Trennung des Torpedo vom Luftballone entzündet wird. In welchem Falle diese Zeitzündung anzuwenden wäre, ist in der Patentschrift nicht gesagt. Es scheint bei einem Seekriege; denn es wird davon gesprochen, daſs man den Torpedo durch einen inneren Luftraum oder einen Korkgürtel schwimmend machen könne. Beim Gebrauche solcher Torpedos mit Zeitzündung müssen vorher Probeballons von gleicher Steigkraft und Gröſse wie der Torpedoballon abgelassen werden, um sowohl die Zeitdauer vom Augenblicke des Abganges bis zu dem Punkte, wo die Ablösung des Torpedo erfolgen soll, als auch die Höhe, aus welcher der Torpedo fallen soll, möglichst genau bestimmen zu können. Auch empfiehlt Rodeck mit der Ablösevorrichtung das Gasventil des Ballon in Verbindung zu setzen, so daſs letzterer nach der Ablösung des Torpedo sinken und von dem Absender wieder eingefangen werden kann, was bei belagerten Festungen möglich ist. Für gröſsere Entfernungen wird vorgeschlagen, das Kabel, welches die Ablösevorrichtung mit der elektrischen Batterie am Abgangsorte verbindet, durch kleine Ballons zu tragen. Letztere besitzen zu diesem Zwecke unten einen einfachen Karabinerhaken, mittels dessen sie mit dem Kabel beim Abwickeln am Abgangsorte verbunden werden. Will man dieses Verfahren nicht einschlagen, so empfiehlt Rodeck die Anwendung eines Begleitballon. In diesem Falle werden die elektrische Batterie und die dieselben bedienenden Personen in den Korb des Begleitballon verlegt, während die Torpedoballons mit der Batterie durch Kabel verbunden unter ersterem schweben. Hierbei ist natürlich eine viel genauere Ortsbestimmung möglich als bei dem ersten Verfahren, bei welchem immer mehrere, zum Zielobjekte im Winkel liegende Beobachtungspunkte nothwendig sind. Begleitballons empfehlen sich deshalb besonders bei Nacht. Dieselben sind specifisch etwas leichter als die Torpedoballons, so daſs sie 20m höher schweben als letztere. Ist der Torpedo abgelöst, so wird gleichzeitig das Verbindungskabel zwischen Torpedo- und Begleitballon durchschnitten. Dadurch wird ersterer sich selbst überlassen und, da zugleich das Gasventil geöffnet worden ist, bald sinken. Elphinstone, Vincent und Cottrell's elektrische Bogenlampe. Nach ihrem englischen Patente * Nr. 5495 vom 18. November 1882 benutzen W. B. F. Elphinstone in Musselburgh, C. W. Vincent und J. Cottrell in London die Regulirung des Zutrittes von Luft in einem Behälter zur Regulirung des Abstandes der Kohlen. Wenn beide Kohlen verstellbar sind, so sitzt die untere zugleich mit einem Blasbalge an dem Kerne eines Solenoids; das Vulcanitgehäuse des Balges ist mit dem Gehäuse eines zweiten Balges durch zwei 2armige Hebel verbunden; in dem unteren Hebel befindet sich ein Verbindungskanal zwischen den beiden Bälgen nebst feststehender Klappe. Wächst die Länge des Lichtbogens, so gewinnt eine regulirbare Spiralfeder am zweiten Balge das Uebergewicht über das Solenoid, zieht das Balggehäuse sammt dem am Balge sitzenden Träger der oberen, positiven Kohle nieder, öffnet dabei die Klappe im Kanäle, so daſs das Gewicht der oberen Kohle die Luft aus dem zweiten Balge in den ersten treiben kann, wobei sich die beiden Kohlen einander nähern. Aehnlich ist die Anordnung, auch wenn die obere Kohle bloſs durch ihr eigenes Gewicht niedergeht. Ueber das Atomgewicht des Kohlenstoffes. F. W. Clarke bespricht in der Chemical News, 1883 Bd. 48 S. 52 u. 103 die verschiedenen Atomgewichtsbestimmungen. Für Kohlenstoff kommt er zu dem Resultate, daſs dessen Atomgewicht 11,9739 ± 0,0028 sei oder 12,0011, wenn Sauerstoff = 16. Ueber die chemische Natur des amorphen Kohlenstoffes. Nach Versuchen von W. Spring vereinigt sich unter einem Drucke von 6500at Schwefel mit Magnesium, Zink, Cadmium, Eisen, Blei und anderen Metallen, nicht aber mit rothem Phosphor und Kohlenstoff. Spring meint, man könne die verschiedenen allotropischen Modificationen des Kohlenstoffes als Polymerisationen des Kohlenstoffes, so wie er in den Verbindungen vorkommt, betrachten. Nur der Kohlenstoff, welcher bei gewöhnlicher Temperatur fast keine chemische Verwandtschaft besitzt, verbindet sich sehr leicht mit dem Sauerstoffe bei einer Temperatur, wo die specifische Wärme anfängt, dem Gesetze von Dulong und Petit unterworfen zu sein, was Rose schon seit mehreren Jahren bewiesen hat. Diese Thatsache, daſs, um die chemische Kraft des Kohlenstoffes hervorzurufen, Wärme nothwendig ist, kann als ein Beweis dafür gelten, daſs der Kohlenstoff erst in eine andere allotropische Modification übergeht. Will man noch weiter gehen, so kann man annehmen, daſs der Kohlenstoff, so wie er in den organisirten Körpern vorkommt, sich in einem uns unbekannten allotropischen Zustande befindet. Dieser Zustand wäre dadurch charakterisirt, andere Eigenschaften zu besitzen und neue Arten von Verbindungen einzugehen, die im Lebensprozesse einen Ausdruck finden. Es muſs also, in anderen Worten gesagt, ein Kohlenstoffderivat, bevor es die Functionen eines organisirten Körpers annehmen kann, eine Umwandlung seiner Atome erfahren, ebenso wie der amorphe Kohlenstoff, um in die Zusammensetzung der organischen Körper einzutreten. Dieser Gedankenfolge nach wäre die organische Chemie der erste Schwächungszustand der biologischen Chemie, wie der gewöhnliche Kohlenstoff nur der kraftlose Ueberrest der organischen Chemie ist. (Nach den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, 1883 S. 1001.) Verfahren zur Reinigung von durch Eisen verunreinigten Metallsalzlösungen. Um aus Thonerdesulfatlösungen, welche Eisen als Oxyd enthalten, dieses abzuscheiden, wird nach F. C. Glaser in Berlin (D. R. P. Kl. 12 Nr. 23375 vom 21. November 1882) die Lösung schwach alkalisch gemacht und dann mit einem Ueberschusse von Zinnsäure versetzt. Nach dem Absetzen des das Eisen enthaltenden Niederschlages wird die Flüssigkeit abgezogen, der Niederschlag wird ausgewaschen und mit verdünnter Schwefelsäure ausgezogen, wodurch sich das Eisen gröſstentheils löst, während die zurückbleibende Zinnsäure von Neuem verwendet werden kann. Statt Zinnsäure soll auch Antimonsäure und Antimonigsäure verwendet werden können. Verfahren zur Reinigung von Schwefelwasserstoff. Da das käufliche Schwefeleisen sehr oft Arsen enthält, so daſs leicht Arsen haltiger Schwefelwasserstoff entsteht, welchem durch Waschen mit Wasser keineswegs sein Arsengehalt entzogen wird, so empfiehlt W. Lenz in der Zeitschrift für analytische Chemie, 1883 S. 393 die Anwendung von 4 Waschflaschen, welche auf einer dicken Eisenplatte auf 60 bis 70° erhitzt werden. Die erste Waschflasche enthält 20cc einer Mischung von 1 Th. Salzsäure und 2 Th. Wasser, die zweite 1 Th. Salzsäure und 4 Th. Wasser, die dritte 1 Th. Salzsäure und 8 Th. Wasser, die vierte ist mit destillirtem Wasser beschickt. Als Pfropfen werden nur Korke, keine Gummistopfen verwendet. Das System der Waschflaschen wird am besten durch Glasröhren ohne Gummiverbindungen fest hergestellt; zu Gasleitungsschläuchen sollten nur schwarze, nicht vulkanisirte Gummischläuche benutzt werden. Das so gewaschene Schwefelwasserstoffgas konnte stundenlang in warme verdünnte Salzsäure geleitet werden, ohne in derselben einen Niederschlag von Schwefelarsen zu veranlassen, während das aus denselben Materialien bereitete, aber nur mittels einer oder zweier mit Wasser beschickten Waschflaschen gewaschene Schwefelwasserstoffgas schon nach ½stündigem Einleiten in dieselbe Salzsäure einen Niederschlag von nicht unbedeutendem Arsengehalte erzeugte. Zur Kenntniſs des Leimes. H. Weiske (Zeitschrift für physiologische Chemie, 1883 S. 460) hat Knochen gut mit verdünnter Salzsäure ausgezogen und dann durch Kochen mit Wasser in Glutin verwandelt. Dabei zeigte es sich, daſs diese Umwandlung des Collagens in Glutin um so besser vor sich ging, je weniger Aschenbestandtheile zugegen waren. Waren diese möglichst vollständig entfernt, so wurde durch Kochen eine Glutinlösung erhalten, welche durch Gerbsäure erst dann gefällt wurde, wenn man gleichzeitig einen Tropfen einer Salzlösung zusetzte. Verfahren zur Anreicherung von Rohphosphaten. Um Rohphosphate durch Entfernung von Kalk gehaltreicher zu machen, werden dieselben nach E. Winkelhofer in Neutitschein, Mähren (D. R. P. Kl. 16 Nr. 23397 vom 25. Januar 1883) geglüht, worauf man das aus dem vorhandenen Calciumcarbonat gebildete Calciumoxyd mit einer Zuckerlösung auszieht. Aus dieser Lösung wird der Kalk durch Einleiten von Kohlensäure gefällt, worauf man die Zuckerlösung abermals zur Behandlung gebrannter Phosphate verwenden kann. Untersuchung von Chinin. Zur Prüfung von Chinin auf einen Gehalt an Cinchonidin löst C. H. Wood (Chemical News, 1883 Bd. 48 S. 4) 0g,7 des zu untersuchenden Sulfates in 7cc Wasser und 20 Tropfen Salzsäure, setzt 7cc Benzol hinzu, erwärmt auf 60 bis 70°, fügt noch 3cc,5 Ammoniak hinzu, schüttelt 20 Secunden lang und hebt die Benzollösung ab. Aus dieser scheidet sich zunächst das Chininhydrat, 2C20H24N2O2.2H2O + C6H6, in rhombischen Krystallen ab; bei Gegenwart von Cinchonidin bilden sich dann in der Mutterlauge nadelförmige Cinchonidinkrystalle. Ueber Chlorphenole. Nach Th. Chandelon (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1883 S. 1749) genügt es, um das Mono-, Di- und Trichlorphenol zu erhalten, eine wässerige Phenollösung mit titrirter Lösung von Natriumhypochlorid in solchen Verhältnissen zu mischen, daſs das wirksame Chlor des letzteren gerade zu der beabsichtigten Umwandlung ausreicht. Auf Zusatz von Salzsäure scheiden sich die Chlorphenole ab. Es konnten auf diese Weise leicht das bei 209° siedende Dichlorphenol von Fischer und das bei 218° siedende von Seifart erhalten werden (vgl. 1881 239 166). Zur Kenntniſs des Rosanilins. Bei der Zersetzung des salzsauren Rosanilins mit Wasser durch Erwärmen auf 270° entstehen nach C. Liebermann (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1883 S. 1927) Dioxybenzophenon, Oxyamidohomobenzophenon, Diamidohomobenzophenon, wahrscheinlich auch das nächst höhere Homologe der ersten und die nächst niederen der beiden letzten Verbindungen.