Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 250, Jahrgang 1883, Miszellen, S. 377
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[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. Der Dampfbetrieb im Königreich der Niederlande. Ingenieur H. W. E. Struve in Amsterdam theilt folgenden Auszug aus der amtlichen Statistik des Dampfbetriebes der Niederlande für das J. 1882 mit.Vgl. Statistick van het stoomwezen in Nederland op 1. Januar 1883. (Haag 1883. Gebrüder Van Cleef.) Am 1. Januar 1883 betrug die Gesammtzahl der betriebsfähigen Dampfkessel 7196 mit 241331qm Heizfläche und 6911 Dampfmaschinen. 1) Von den Kesseln betrieben 4459 mit 123349qm Heizfläche gewerbliche und Entwässerungs-Anlagen, worunter als hervorragende Gruppen zu bemerken sind: Entwässerungsanlagen 664 Kessel mit 29835qm Heizfläche Zuckerindustrie 183 14516 Getreide- und Reismühlen 491 10968 Kattunindustrie 182   9829 Holzindustrie 271   6731 Maschinenbau 318 Kessel mit   5482qm Heizfläche, Oelmühlen 144   4446 Papierindustrie 77   4016 Tuchindustrie 86   3390 Kartoffelindustrie 58   2440 Butterfabriken 105   2329 Genever und Liqueurfabriken 188   2216 Ziegeleien 177   1979 Diamantschleifereien 51   1627 2)   Transportable Maschinen und  Locomotiven ergaben: 1631 59997     worunter: Dampfdreschmaschinen 138   1302 Dampframmen 226   1389 Baggermaschinen 163   3732 Trambahnlocomotiven 112   1655 Eisenbahnlocomotiven 506 44081 3)   See- und Flußschiffe 1125 57985     worunter: Seeschiffe 205 22429 Fluſsschiffe 561 19118 Schleppdampfer 340 13809 Die Dampfkessel der kgl. Marine sind in vorstehendem Auszuge nicht inbegriffen. Kolbengeschwindigkeit von Schiffsmaschinen. Im Journal of the Franklin Institute, 1883 Bd. 116 S. 6 ist von J. M. Whitham eine Zusammenstellung von Angaben über 56 verschiedene Schiffe verschiedener Staaten veröffentlicht, aus welcher folgendes hervorgeht: Die gröſste Kolbengeschwindigkeit hat unter den aufgeführten das Schiff Knickerbocker, dessen Maschine bei 1m,83 Hub 70 Umläufe in der Minute macht, wonach sich eine mittlere Kolbengeschwindigkeit von 4m,27 ergibt. Die geringste Geschwindigkeit von nur 1m,61 hat der Kolben eines kleinen Schiffes Dallas. Die gröſste Umlaufzahl, nämlich 250, hat eine Yacht Gitana; die Kolbengeschwindigkeit desselben beträgt 3m,38. Die stärkste Maschine hat der Dampfer Servia mit einem Hochdruekcylinder von 1m83, 2 Niederdruckcylindern von 2m,54 Durchmesser, 1m,98 Hub und 53 Umläufen in der Minute. Die Anzahl der Pferdestärken ist zu 10350 angegeben. Die Kolbengeschwindigkeit ergibt sich zu 3m,5. Der einzige aufgeführte deutsche Dampfer, der Kaiser, hat 2 Cylinder von 2m,9 Durchmesser, 1m,22 Hub, 77 Umläufe und 3m,13 Kolbengeschwindigkeit bei einer Leistung von 7890e. Das Mittel aus den mittleren Kolbengeschwindigkeiten sämmtlicher 56 Schiffe beträgt nur 2m,76, während z.B. eine gleichfalls miterwähnte Locomotive der Baldwin Locomotive Company bei 350 Umdrehungen eine mittlere Kolbengeschwindigkeit von 7m,1 hat. Daſs man bei den Schiffsmaschinen die Kolbengeschwindigkeit der Locomotiven noch lange nicht erreicht hat, ist wohl hauptsächlich darauf zurückzuführen, daſs die Dampfspannung in den Schiffskesseln wegen ihrer Gröſse und eigenartigen Bauart viel geringer ist als in den Locomotiven. Hohe Dampfspannung, geringe Füllungen und starke Compression sind ja die Hauptbedingungen, wenn man bei groſsen Kolbengeschwindigkeiten einen ruhigen Gang der Maschine erreichen will. Drehscheibe mit Dampfbetrieb. Im Engineering, 1883 Bd. 36 * S. 45 ist eine Drehscheibe mit Dampfbetrieb beschrieben, welche von dem Ingenieur J. B. Collin der Pennsylvania-Eisenbahn für deren Maschinenwerkstätten zu Altoona construirt wurde. Diese Drehscheibe zeichnet sich vor anderen derartigen Constructionen durch die Anordnung aus, daſs die Betriebslocomobile nicht auf der eigentlichen Brücke der Drehscheibe steht, vielmehr seitwärts am Ende eines mit dieser unter rechtem Winkel verbundenen starken Hebels angeordnet ist. Getragen wird die Locomobile von einem einzigen direkt unter ihr befindlichen Rade, welches gleichzeitig als Triebrad dient. Hierdurch wird erreicht, daſs das Triebrad stets mit genügendem Drucke auf der Laufschiene ruht, wenn auch die Drehscheibe selbst durch die aufgefahrene Locomotive ungleich belastet sein sollte. Auch ist hier die Bedienung der Locomobile nicht durch die Locomotive gehindert. Der stehende Kessel der Locomobile ist mit durch den Dampfraum hindurchtretenden Siederohren versehen, ohne von der üblichen Construction abzuweichen. Die beiden Dampfcylinder sind diametral gegenüber an demselben angeschraubt und wirken direkt auf die Krummzapfen der Tragrollenachse. Es ist eine Umsteuerung mittels Stephenson'scher Coulissen vorgesehen, deren Excenter auf Gegenkurbeln aufgebracht sind. Die hin- und hergehenden Massen der Zwillingsmaschine sind durch ein in der hohlgegossenen Tragrolle angebrachtes Gegengewicht ausgeglichen. Künstlicher Kork. Nach der Angabe von Grünzweig und Hartmann in Ludwigshafen am Rhein (* D. R. P. Kl. 38 Nr. 23765 vom 6. Februar 1883) wird ein künstlicher Kork, welcher dem natürlichen in vielen Eigenschaften gleich kommen und dazu noch ein geringeres specifisches Gewicht haben soll, hergestellt aus einer Mischung von 6k,3 gepulvertem Korkholze (= 18 Raumtheilen) und kochend heiſsen Kleisters, welcher aus 3k Stärkemehl und 25k kochendem Wasser gemengt ist. Die so gebildete plastische Masse wird sofort in geeignete Formen gedrückt, worauf die erzeugten Gegenstände in Trockenräumen bei etwa 100° getrocknet werden. Das Trocknen erfolgt nur sehr langsam. Um die Gegenstände widerstandsfähiger gegen Nässe zu machen, wird der Masse Leinöl oder Theer in kleinen Mengen zugesetzt. Neuerungen an Drahtstiftmaschinen. Bei der jetzt allgemein gebräuchlichen Construction von Drahtstift-, Absatzstift-, Sohlennägel- und Nietenmaschinen macht die Hauptachse zur Herstellung eines Stiftes eine Umdrehung; bei den rasch gehenden, besonders den kleinen und mittleren Maschinen tritt demzufolge eine starke Abnutzung der Achse und deren Lager ein. Malmedie und Hiby in Düsseldorf-Oberbilk (* D. R. P. Kl. 49 Nr. 23705 vom 31. December 1882) wollen deshalb während einer Achsenumdrehung mehrere Stifte fertig stellen. Zu diesem Behufe erhalten sämmtliche Excenterscheiben, welche die Scheren, Hämmer u.s.w. in Bewegung setzen, zwei- oder mehrfache Steigung, so daſs bei einer Umdrehung zwei oder mehr Stifte fertig gestellt werden können, während der Drahtvorschub unter einer entsprechenden durch Stirnräder bewirkten Uebersetzung bei einer Umdrehung der Hauptwelle auch mehrmals erfolgt. Vernon's Neuerung an Glas- und Porzellangeräthschaften für den Schiffsgebrauch. Eine recht interessante und zweckmäſsige Neuerung an Porzellan- und Glasgeschirr für Schiffsgebrauch war auf der Internationalen Fischerei-Ausstellung in London zu sehen. Um nämlich das Umherrutschen des Tischgeschirres auf der gedeckten Tafel, sowie das lästige Klirren desselben bei hochgehender See ohne umständliche Vorrichtungen zu verhindern, bringt Vernon nach seinem englischen Patente in einer Schwalbenschwanznuth der Fuſsrippe jedes Porzellan- oder Glasgegenstandes einen Gummiring an. Es war derartiges Geschirr auf einem pendelnd aufgehängten Tische ausgestellt und konnte derselbe bis zu einem Winkel von 450 aus der horizontalen Lage herausbewegt werden, ohne daſs das Geschirr herabrutschte oder sich auch nur bewegte. Ebenso waren verschiedene Tassen, Milchgieſser u. dgl. auf einem Tische aufgestellt, der sich inmitten eines kleinen Bootes erhob. Dieses Boot konnte in einem Wasserbehälter hin- und hergeschaukelt werden, ohne daſs die Ordnung unter den Tassen u. dgl. gestört wurde. Der Ring ist vom besten rothen Gummi hergestellt und verträgt kochendes Wasser, wird auch selbst von Tinte nicht beschmutzt, wie durch Versuche vom Erfinder nachgewiesen wurde. Derartiges Geschirr ist auf den Dampfern der Eastern Telegraph Company und auf einigen anderen Schiffen seit einiger Zeit in Gebrauch und soll sich vorzüglich bewähren. (Nach dem Engineer, 1883 Bd. 56 * S. 302.) Abbauverfahren durch Tagebau. Nach Bergdirector A. Arlt (Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1883 * S. 406) hat das bei der Peter- und Paul-Braunkohlenzeche bei Dux mittels Tagebau in Gewinnung stehende Braunkohlenflötz eine Gesammtmächtigkeit von 10 bis 18m, wovon 7 bis 14m auf die compacte Oberbank von vorzüglicher Güte und 3 bis 4m auf die durch Lettenzwischenmittel getrennte Unterbank von minderer Qualität entfallen. Als Dachgebirge sind Dammerde, kiesiger Schotter, gelber Sand, grauer Letten und ruſsige Kohle in einer Mächtigkeit von 4 bis 6m aufgelagert. Ist eine gröſsere Fläche der Oberbank von etwa 300 bis 500qm durch Abraum des erwähnten Dachgebirges entblöſst und ist so der Kohlenstoſs zum Abbaue freigestellt und hergerichtet, so werden an dem freistehenden, gegen die Hauptförderbahn im Tagebaue liegenden Kohlenstoſse, die Unterbank als Sohle behaltend, 3 bis 6 Einbrüche von 1m,7 Höhe, Im Breite und 4m Länge in der Kreuzstunde des freistehenden Kohlenstoſses und je 1m,5 von einander entfernt gehauen und diese Einbrüche sodann durch parallel zum Kohlenstoſse getriebene, 1m,7 hohe und 1m,5 breite Durchschlage verquert. Ist der Kohlenpfeiler derart vorbereitet, so werden die 1m,7 hohen, 1m,5 breiten oder starken und 2m,5 langen Zwischen- oder Sicherheitspfeiler (Beine) bis auf 1qm schwach gehauen, in 3 oder 4 derselben kurze Löcher gebohrt und diese je mit einer 4 bis 5cm langen, mit Kapsel und Zünder versehenen Dynamitpatrone Nr. II besetzt und gleichzeitig abgethan. Durch den Druck des mächtigen Kohlenpfeilers einerseits und durch die Erschütterung der abgethanen Schüsse andererseits werden die Beine zerdrückt und zerissen und der bisher freistehende Kohlenpfeiler geht zu Bruche. Auf solche Weise gewinnt man rasch bedeutende Massen von Braunkohle und ist in der Lage, durch das gleich- und mehrseitige Anlegen von Schienen zu dem geworfenen Kohlenpfeiler schnell mehrere Häuerpartien zugleich anlegen und Massen von Kohle fördern zu können. Je rascher nun der von einem solchen geworfenen Kohlenpfeiler abgefallene Kohlenvorrath gefördert, sortirt und verladen werden kann, um so günstiger gestaltet sich auch der Procentsatz der verkäuflichen Kohle je nach der Korngröſse der einzelnen Sorten und man kann bei rascher Abförderung 40 Proc. an Stück-, 30 Proc. an Mittel-, 10 Proc. an Nuſs- und 20 Proc. an Löschkohle (unverkäuflicher Abfall) gewinnen, während, im Falle die Abförderung der geworfenen Kohle nicht rasch erfolgen könnte und die groſse Fläche derselben längere Zeit den Witterungseinflüssen ausgesetzt bleiben müſste, besonders zur Frühjahrs- und Sommerszeit, einmal durch den Druck der über einander geschobenen Kohlenmassen und dann durch die an und für sich leichte Verwitterung der Braunkohle selbst, sich der Procentsatz der Stück- und Mittelkohle bedeutend verringern und jener der Nuſskohle und des unverkäuflichen Abfalles erhöhen wird, so zwar, daſs der Lösch- d. i. unverwerthbare Abfall-Procentsatz sich bis auf 35 Proc. steigern kann. Verfahren zur Herstellung von ätzenden und kohlensauren Alkalien aus den entsprechenden Chloralkalien. Die Société anonyme Lorraine industrielle in Nancy (D. R. P. Kl. 75 Nr. 23791 vom 25. August 1882) hat die Herstellung von ätzenden und kohlensauren Alkalien mittels Bleioxyd (vgl. G. Lunge: Sodafabrikation S. 276) wieder aufgenommen. Zur Trennung der gebildeten ätzenden Alkalien soll Alkohol verwendet werden, da selbst 50procentiger Alkohol Chlorblei nicht löst. Man behandelt zu diesem Zwecke die durch Zusammenreiben von Chlornatrium bezieh. Chlorkalium und Bleioxyd bei Gegenwart des zur Hydratbildung nöthigen Wassers erhaltene reinweiſse, breiige Reactionsmasse mit Alkohol und filtrirt. Das Filtrat wird zur Wiedergewinnung des Alkoholes abdestillirt, der Destillationsrückstand zum Abtreiben der letzten Spuren von Alkohol mit wenig Wasser versetzt und vollständig zur Trockene eingedampft. Oder man behandelt den erhaltenen alkoholischen Auszug mit einem Kohlensäurestrome, wodurch das Kali als neutrales Kaliumcarbonat gefällt wird. Man filtrirt und schickt den Alkohol, wie er abläuft, ohne Rectification oder sonstige Reinigung wieder in den Betrieb zurück. Da sich Natriumcarbonat etwas in Alkohol löst, so behandelt man den aus den Filtern kommenden Alkohol noch mit etwas Kalk, so daſs Calciumcarbonat ausfällt und der Alkohol nunmehr Aetznatron enthält. Zur Wiederbelebung des als Filterrückstand verbliebenen Chlorbleies löst man dasselbe in heiſsem Wasser und fällt aus dieser Lösung das Blei durch weiſses Roheisen als Metall aus, welches nun in bekannter Weise wieder in Oxyd verwandelt wird. Verfahren zur Herstellung von β-Naphtylaminsulfosäuren. L. Landshoff (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1883 S. 1931) hat gefunden, daſs beim Erhitzen von naphtolmono- und polysulfosauren Salzen mit Ammoniak entwickelnden Mischungen, wie Salmiak mit Kalk oder Soda, und etwas Wasser auf etwa 230 bis 250° die Bildung der entsprechenden β-Naphtylaminverbindungen vollständig und ohne Bildung von Nebenproducten erfolgt. Während nun aber die Farbfabrik vormals Bronner die Umwandlung der Naphtol- in Naphtylaminmonosulfosäuren mittels Ammoniak bei 180° unter Druck ausführt, ist nach Landshoff die Bildung von β-Naphtylaminsulfosäuren aus Naphtolsulfosäuren nur von der Temperatur und nicht vom Drucke abhängig, so daſs geschlossene Gefäſse nicht erforderlich sind. Es wurden dem entsprechend die Salze der β-Naphtolmono-, Di- und Trisulfosäuren, von denen sich am besten die Alkalisalze eignen, etwa 12 Stunden hindurch auf 200 bis 250° erhitzt, während ein langsamer Strom Ammoniakgas durchgeleitet wurde. Das Ammoniakgas wirkt, ob feucht oder durch Kalk getrocknet angewendet, in gleicher Weise; es verlangen jedoch die monosulfosauren Salze höhere Temperaturen als die Salze der Polysulfosäuren, welche bei zu starkem Erhitzen leicht β-Naphtylamin abspalten. Die entstandenen β-naphtylaminmono-, di- lind trisulfosauren Salze geben, diazotirt und mit Aminen oder Phenolen vereinigt, eine Reihe von Farbstoffen, welche sich in der Phenolreihe zwischen gelb, orange und braun, in der β-Naphtolreihe zwischen roth und blauviolett, in der β-Naphtolreihe zwischen gelborange und rothorange bewegen. Anwendung des Hydroxylamins in der Druckerei. Schaeffer (Bulletin de Mulhouse, 1883 Märzsitzung des Comité de Chimie) hat die energisch reducirenden Eigenschaften des Hydroxylamins, NH2OH, benutzt, um Bister zu ätzen. Es muſs salzsaures Salz, NH2OH.HCl, angewendet werden; beim Aufdrucke dieser Verbindung auf Braunsteinboden tritt sofort Reduction zu Manganchlorür ein; ein ganz dunkles auf Braunstein gefärbtes Indigoblau wird durch Ausscheidung des MnO2 auf ein helleres lebhafteres Blau herabgestimmt; ebenso können Nankin-, Chamois- u. dgl. Farben weiſs geätzt werden. Schaeffer glaubt, daſs wohlfeil erstelltes Hydroxylamin sich rasch Eingang in die Industrie verschaffen und bedeutende Dienste leisten würde. Seither hat die Société industrielle de Mulhouse die silberne Medaille ausgesetzt für die Ermittelung einer billigen Darstellungsmethode der Hydroxylaminsalze.