Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 252, Jahrgang 1884, Miszellen, S. 179
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[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. Unterirdische Motoren für Förderungs-, Wasserhaltungs- und Ventilationszwecke. Die Direktion der Mansfeld'schen Kupferschiefer bauenden Gewerkschaft zu Eisleben hatte im vergangenen Jahre einen Preis ausgeschrieben für die beste Lösung der Aufgabe, einen unterirdischen Motor für Förderungs-, Wasserhaltungs- und Ventilationszwecke zu beschaffen, welcher in etwa 500m Tiefe und in Entfernungen von 1000m vom Schachte eine Betriebskraft von 10e benutzbar macht, womit jedoch eine Störung des Grubenbetriebes durch entweichende Gase oder Verbrennungsproducte nicht verbunden sein darf. Von den zahlreich eingelaufenen Bewerbungen wurde keiner der ausgesetzte Preis zuertheilt. Die von Prof. Gust. Herrmann in Aachen und von Oberingenieur Wilh. Meyer in Graz eingereichten Abhandlungen wurden aber mit Rücksicht auf die gebotenen Erörterungen, Berechnungen und Constructionsangaben von der Preisstellerin für je 1500 M. erworben. Nach der Wochenschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1883 S. 468 bezieh. 1884 S. 24 haben die Genannten die Lösung der Preisaufgabe in folgender Weise vorgezeichnet. Nach einer kritischen Beurtheilung aller bisher überhaupt bekannt gewordenen Ferntrieb-Einrichtungen gelangt Prof. Herrmann auf Grund angestellter Rechnungen zum Schlüsse, daſs der beabsichtigte Zweck am besten unter Verwendung hochgepreſsten Wassers (bis zu 100at Ueberdruck) zu erreichen ist, welches von einem über Tage aufgestellten Accumulator aus durch enge schmiedeiserne Röhren den Betriebsstellen zuzuführen ist, um dort entsprechend construirte Wassersäulen-Zwillingsmaschinen in Bewegung zu setzen. Für diese Maschinen, welche wegen des hohen Druckes nur geringe Abmessungen erhalten, sind in der Abhandlung zwei Constructionen, eine für feste Aufstellung und eine bewegliche, zur Befestigung auf einem Förderwagengestelle, angegeben. Durch die Verwendung so hoher Pressungen werden gegenüber den bisherigen Maschinen mit geringeren Drucksäulen namhafte Vortheile erreicht, indem nicht bloſs die nöthigen Zuleitungsröhren nur geringe Weiten (80 bis 100mm) erfordern und daher die in diesen Röhren enthaltene todte Masse des Wassers sehr klein ausfällt, sondern auch, wie die Rechnung zeigt, gerade hierdurch eine sehr ökonomische Wirkung der Kraft erzielt wird. Die Beschaffung des hochgepreſsten Wassers ist in Bergwerken fast immer leicht dadurch zu erreichen, daſs man die bereits vorhandenen Wasserhaltungsmaschinen dazu benutzt, das gebrauchte Betriebswasser wieder zu Tage und in den Accumulator zu pumpen. Da diese Wasserhaltungsmaschinen in den meisten Fällen eine überschüssige, für den gröſsten Wasserandrang bemessene Gröſse und während der längsten Zeit nur einen Theil ihrer Leistungsfähigkeit zu entwickeln haben, so ist auf dem angegebenen Wege die Möglichkeit dargeboten, diese überschüssige Kraft für die geforderten Betriebszwecke in den Strecken nutzbar zu machen. Nur für den Fall, daſs solche überschüssige Kraft der Wasserhaltungsmaschinen nicht vorhanden sein sollte, würde die Aufstellung einer besonderen Pumpmaschine über Tag vorzusehen sein, welche als centraler Motor dient, dessen Kraft durch die gedachte Hochdruckwasserleitung nach den verschiedenen unterirdischen Betriebspunkten fortgepflanzt wird. Es erscheint demnach der Schluſs berechtigt zu sein, daſs die elektrische Kraftübertragung, die neuerdings so groſse Erwartungen rege gemacht hat und für welche gerade der vorliegende Fall ein geeignetes Feld der Anwendung darbieten dürfte, noch nicht auf der Stufe sich befindet, um gröſsere Kräfte in einer den praktischen Bedürfnissen entsprechenden Weise zu übertragen. Ebenso erscheint die Verwendung gepreſster Luft, von welcher bei der Bohrung der groſsen Alpentunnele ein so ausgedehnter Gebrauch gemacht wurde, vom ökonomischen Standpunkte aus sehr unvollkommen, da die damit verbundenen Kraftverluste sehr beträchtlich und daher die erzielbaren Wirkungen sehr gering sind, wie die Theorie und die Erfahrung lehren. Oberingenieur Meyer gelangte zu gleichen Schluſsresultaten wie Prof. Herrmann; doch ging das Wesen seines Vorschlages dahin, Wasser von 200 bis 250at Spannung zu verwenden. Während sich für die in der Grube wirkende Arbeitsmaschine leichter Typen finden lassen, ist es vor Allem wichtig, die Arbeitstransmission so einfach und den Grubenbetrieb so wenig wie möglich hindernd zu gestalten. Die elektrische Arbeitsübertragung ist in dieser Beziehung die vortheilhafteste; doch hier sind es gerade die Arbeitsmaschinen, welche in den bisher gebauten Typen den Bedingungen des Programmes und mancherlei Anforderungen des Grubenbetriebes nicht entsprechen. Die vorgeschlagenen Wasserspannungen gestatten, bis zu einer Leistung von 20e schmiedeiserne gezogene Röhren von 40mm Lichtweite zu verwenden. Das einzige Bedenken der einen hohen Nutzeffect in Aussicht stellenden Anlage ist ein allmähliches Inkrustiren der Röhren, weshalb im Bedarfsfalle auf eine Reinigung des Wassers oder Verwendung stets desselben Wassers Bedacht zu nehmen ist. Für alle mit Wasser arbeitenden Maschinen ist leicht auswechselbare Lederstulpdichtung in Aussicht genommen, welche trotz der kleinen Abmessungen der Plunger noch immer wenig Arbeit für Reibung verzehrt. Damit die mit Wasser von hoher Spannung bedienten Motoren in der Grube stoßfrei und mit denkbar möglicher Wasserökonomie arbeiten, sind von W. Meyer einige zum Theile neue Constructionen in Vorschlag gebracht worden. Dreifache Eisenbahnkreuzung. Die amerikanische Railroad Gazette lenkt die Aufmerksamkeit auf ein wahrhaftes Curiosum der heutigen Eisenbahntechnik: die Kreuzung dreier Hauptbahnen in verschiedenen Höhen. Unweit von Pittsburg bei der Millville-Station zwängt sich von Osten nach Westen die Pennsylvania-Bahn durch ein enges Thal; von Süden kommend bricht die Junction Railroad aus einem Hügel hervor, um sofort wieder unterhalb des Pennsylvania-Geleises die Tiefe zu suchen, und hoch in der Luft 21m über ersterer, 27m über letzterer Linie zieht die East End Railroad dahin in einer kühnen Gitterbrücke von 229m Gesammtlänge, 37m gröſster Spannweite. – Ein ähnliches, wenngleich weniger imposantes Zusammentreffen tritt uns in der Nähe von Ludgate Hill Station in London entgegen. Hier überbrückt die London Chatham- und Dover-Bahn den Straſsenzug, während unterhalb desselben zwei Linien der unterirdischen Metropolitan Railroad sich kreuzen. (Nach dem Engineer, 1884 Bd. 57 S. 221.) Bewegliches Gerüst für den Bau und die Ausbesserung von Fabrikschornsteinen. Broussas verwendet, wie die Annales industrielles, 1884 Bd. 1 * S. 26 mittheilen, für den Bau und die Ausbesserung von Fabrikschornsteinen ein einfaches bewegliches Gerüst, bestehend aus zwei Rahmen, welche je aus vier durch Eisenbänder verbundene Doppelbalken gebildet werden; letztere werden kreuzförmig um den Schornstein gelegt und an denselben durch Schraubenwinden, welche mittels Ketten je zwei gegenüber liegende Balken zusammenziehen, kräftig angepreſst. Die Schraubenwinden werden durch mittels Handgriff drehbare Doppelschrauben mit Rechts- und Linksgewinde, welche in je ein mit Muttergewinde versehenes Kettenglied eingreifen, gebildet; ferner werden die rechtwinklig zu einander liegenden Balken eines Rahmens durch Ketten zusammengezogen und zwischen die inneren Balken und die Schornsteinfläche Keile, welche gegen die Balken in Eisenbändern verschieblich angeordnet sind, getrieben. Die gegenseitige Abstützung der beiden in ungefähr 2m,5 Entfernung von einander um den Schornstein festgelegten Rahmen erfolgt durch vier Eisenstüzen, deren jede aus zwei Theilen besteht, welche durch eine Rechtsund Linksschraube zusammengezogen werden. Auf diese Weise wird ein Gerüst mit genügender Haltbarkeit um den Schornstein gelegt, welches mit einem kleinen Krahne o. dgl. zum Aufziehen von Baumaterialien versehen wird. Der untere Rahmen trägt die Laufbretter, aufweichen die Arbeiter stehen; senkrechte Stäbe, welche zwischen die äuſseren Balken des oberen und unteren Rahmens gestellt und noch durch wagrechte Stangen verbunden werden, bieten den Arbeitern eine Art Schutzgeländer. Textabbildung Bd. 252, S. 181 Gegenüber dieser Construction scheint der Besteigapparat von Yule und Wilkie in Glasgow (vgl. 1850 117 * 406 und wiederholt 1874 214 * 195) doch einfacher und die Verschiebung desselben ungleich leichter zu bewerkstelligen, ganz abgesehen von den noch einfacheren Steigeapparaten für je einen Arbeiter, z.B. jenen von E. v. Mengden in Ehrenfeld bei Köln (* D. R. P. Kl. 77 Nr. 4524 vom 18. Juli 1878 und Zusatz * Nr. 8299 vom 1. April 1879). Akustischer Umlaufzähler für Spinnereispindeln. Bekanntlich beurtheilt man bei physikalischen und technischen Untersuchungen den Gleichförmigkeitsgrad sehr rascher Drehbewegungen am einfachsten nach der Stetigkeit des Tones, welchen irgend ein durch den bewegten Theil in Schwingungen versetzter Körper erzeugt. Für ein geübtes Ohr wird es aber auch nicht schwierig sein, aus der Höhe des Tones auf die Tourenzahl eines umlaufenden Maschinentheiles zu schlieſsen. Dies benutzt Prof. R. Escher in Zürich nach dem Centralblatt für die Textilindustrie, 1884 S. 2, um auf eine einfache und verhältniſsmäſsig sichere Weise die Drehungszahl von Spinnereispindeln zu ermitteln, wo mechanische Zählapparate ihres nicht unbeträchtlichen Kraftverbrauches wegen meistens recht ungenaue Angaben liefern. Auf eine leere hölzerne Nähfadenspule wird ein mit Leim bestrichener Papierstreifen gleich der Spulenbreite gewickelt. Nach dem Trocknen werden alsdann in den entstandenen Papiercylinder in gleichen Abständen Löcher eingeschnitten. Steckt man diesen Cylinder alsdann auf eine rotirende Spindel und bläst durch ein Röhrchen einen Luftstrom auf denselben, so hat man eine vollkommene Sirene und kann aus der Höhe des Tones auf die Umlaufzahl der Spindel schlieſsen. Ein Irrthum in der Auffassung der Tonhöhe ist bei einiger Uebung wohl nur um eine ganze Octave möglich und würde dann der Fehler sofort bemerkt werden, da eine solche Annahme sogleich zu einer 2 mal zu groſsen oder zu kleinen Drehungszahl führen würde. Wäre eine solche Sirene mit 4 Löchern versehen, so würde sich die Umlaufzahl aus der nachfolgenden Tabelle ergeben. Die beigeschriebenen Differenzen können zur Erleichterung der Interpolation dienen. Der Tabelle ist Pariser Stimmung zu Grunde gelegt (a1 = 435 Schwingungen in der Secunde): Ton Umlaufzahl Differenz Ton Umlaufzahl Differenz f 2589,4 dis1 4613,8 258,8 fis 2743,4 154,0 e1 4888,2 274,4 g 2906,5 163,1 f1 5178,8 290,6 gis 3079,4 172,9 fis1 5486,8 308,0 a 3262,5 183,1 g1 5813,1 326,3 ais 3456,5 194,0 gis1 6158,7 345,6 h 3662,0 205,5 a1 6525,0 366,3 c1 3879,8 217,8 ais1 6913,0 388,0 cis1 4110,4 230,6 h1 7324,0 411,0 d1 4355,0 244,6 c2 7759,5 435,5. Zur sichereren Bestimmung der Tonhöhe könnte eine Stimmflöte benutzt werden, welche zudem so eingerichtet sein könnte, daſs sie ein direktes Ablesen der Umlaufzahl gestattete. Unbequem ist es auch, daſs man die Sirene anblasen muſs; doch lieſse sich dies vielleicht durch eine andere Einrichtung umgehen. Ulffers' Zapfenlager mit Schalen aus Pergamentpapier. Nach F. W. Ulffers in Berlin (* D. R. P. Kl. 47 Nr. 24837 vom 19. Mai 1883) soll Pergamentpapier als Zapfenlagerungsmaterial in der Weise verwendet werden, daſs der Zapfendruck auf die Kanten der stark zusammengepreſsten, nach dem Profile der Lagerschalen ausgeschnittenen Papierscheiben lastet. Die Papierscheiben erfüllen nicht die ganze Länge des Kastens, sondern es sind die einzelnen Scheibenpäckchen durch Zwischenlagen aus anderem Materiale getrennt. Eine reichliche Schmierung vorausgesetzt, mag in der That dieses Lager recht gute Resultate liefern, da stark zusammengepreſstes Pergamentpapier sich als eine harte hornartige Masse darstellt, welche durch Wasser oder Oel auſserordentlich schlüpfrig wird. Ruſslands Zuckerindustrie. Ruſsland verarbeitete im Betriebsjahre 1882/83, wie A. Tolpygin in der Deutschen Zuckerindustrie, 1884 S. 360 berichtet, in 243 Fabriken von 3 663186t geernteten Rüben bis zum 1. December 1883 2950714t von 12,9 Proc. mittlerem Zuckergehalte. Der Zuckerertrag für das ganze Betriebsjahr wird voraussichtlich 301960t betragen. Am bedeutendsten ist die Zuckerindustrie im Gouvernement Kiew, dann folgen Podolien, Charkow, Warschau, Kursk und Wolhynien. Ueber südbayerische Kohlen. E. Heyrowsky bespricht in der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, Vereinsmittheilungen 1884 S. 38 eingehend den Bergbau auf den Gruben zu Miesbach, Hausham und Au. Die Kohlenflötze finden sich in der oligocänen Süſswassermolasse. Die Förderung ist auf jährlich etwa 275000t gestiegen. Miesbacher Kohle hatte folgende Zusammensetzung: Kohlenstoff 50 Wasserstoff    4 Sauerstoff 17 Schwefel    3 Wasser 10 Asche 16 ––– 100. Erstarrungstemperatur von Gasen und Flüssigkeiten. Läſst man nach K. Olszewski (Monatshefte für Chemie, 1884 S. 127) in eine Glasröhre, welche in flüssiges, bei gewöhnlichem Drucke bis auf 102° erkaltetes Ethylen eingetaucht ist, Chlor eintreten, so bildet sich alsbald eine orangegelbe Flüssigkeit, in welcher sich gelbe Krystalle ausscheiden. Setzt man die Temperatur noch um einige Grad herab, so gefriert die ganze Flüssigkeit zu einer gelben krystallinischen Masse. Es ist somit die Temperatur von – 1020 die Erstarrungstemperatur des Chlores. (Vgl. v. Wroblewski S. 87 d. Bd.) Chlorwasserstoff bild et bei –102° eine farblose Flüssigkeit und erstarrt bei –115,7° zu einer weiſsen krystallinischen Masse, welche bei –112,50 wieder zu schmelzen beginnt. Arsenwasserstoff war bei –102° eine farblose Flüssigkeit, bildete bei –118,9° eine weiſse krystallinische Masse und schmolz wieder bei –113,5°. Wurde die Temperatur des Ethylens durch Hinzugieſsen von Aether bis auf –54,8° erhöht, so begann der Arsenwasserstoff zu sieden. Fluorsilicium erstarrte in der bis auf –102° erkalteten Glasröhre zu einer weiſsen amorphen Masse, welche bei Erhöhung der Temperatur langsam verdampfte, ohne vorher eine Flüssigkeit zu bilden. Von Alkohol und Wasser befreiter Aethyläther erstarrte bei –129° zu einer weiſsen krystallinischen Masse, welche sich bei –117,4° wieder in eine Flüssigkeit verwandelte. Reiner Amylalkohol (Siedepunkt 131,60), bildete bei –102° eine ölartige Flüssigkeit, war bei –115° noch butterartig weich und gefror erst vollständig bei –1340 zu einer harten, halbdurchsichtigen, amorphen Masse. Zur Kenntniſs der Pflanzenfarbstoffe. Behandelt man nach R. Benedikt (Monatshefte für Chemie, 1884 S. 63) in Eisessig suspendirtes Morin mit Salpetersäure, so löst es sich ohne Gasentwickelung auf. Baryt fällt amorphe Nebenproducte und geringe Mengen einer krystallisirbaren Nitro Verbindung und aus dem Filtrate erhält man durch Ausschütteln mit Aether Resorcylsäure. Die neuholländische Strohblume, Helichrysum bracteatum, deren Blüthen sich durch die lebhaft gelbe Farbe auszeichnen, welche sogar durch lange direkt einwirkendes Sonnenlicht keine Veränderung erleidet, wird gegenwärtig allgemein in den Gärten Deutschlands kultivirt, indem die getrockneten Knöpfchen zu Immortellenkränzen verwendet werden. Daselbst ist es an manchen Orten auch gebräuchlich, die getrockneten Knöpfchen in Boraxlösung, welcher man etwas Salzsäure zufügt, einzutauchen, wodurch die Involucralblättchen schön rubinroth gefärbt werden. Nach Versuchen von A. Rosoll (daselbst S. 94) läſst sich der Farbstoff schwer durch kaltes, leicht durch kochendes Wasser, Weingeist, Alkohol, Aether und organische Säuren (Essigsäure, Oxalsäure und Weinsäure), nicht aber durch Benzol, Chloroform und Schwefelkohlenstoff ausziehen. Er färbt Wolle und Seide gelb und bildet, je nach der Behandlung rothe und gelbe Lacke. Dieser neue Farbstoff, Helichrysin genannt, zeichnet sich noch dadurch aus, daſs er sowohl durch Mineralsäuren, als auch durch Alkalien purpurroth gefärbt und von Metalloxyden und deren Salzen im Extracte mit rother Farbe gefällt wird. Die Verbindung, welche in alkalischer Lösung sowohl von Natriumamalgam, als auch von Schwefligsäure stark reducirt wird, dürfte als chinonartige Verbindung anzusehen sein, was selbstredend erst durch die genaue chemische Analyse festgestellt werden kann. Der häufig vorkommende Pilz Peziza aurantia enthält ebenfalls einen eigenthümlichen gelben Farbstoff, Pezigin genannt. Herstellung von Anthrachinonverbindungen. Erhitzt man nach H. Engelsing in Witten (D. R. P. Kl. 22 Nr. 26432 vom 25. August 1883) 1 Th. Anthrachinonsulfosäure mit 2 Th. rauchender Salpetersäure und 3 bis 10 Th. Schwefelsäure, so steigt nach der Beendigung der Nitrirung die Temperatur und es entweicht unter heftigem Aufschäumen Schwefligsäure. Nach Beendigung des Schäumens erhält man das Gemisch noch 10 bis 15 Minuten auf 180 bis 1850. Durch Behandeln des Reactionsproductes mit Alkohol kann man den gebildeten, leicht löslichen, rothen Farbstoff von dem schwer löslichen blauvioletten trennen. Der blauviolette Farbstoff ist leicht löslich in Wasser und bildet mit Basen blaue neutrale und basische Salze. Der rothe Farbstoff bildet rothe neutrale und blaue basische Salze. Beide Farbstoffe werden durch gebeizte Faserstoffe fixirt. Beim vorsichtigen Erhitzen der Nitroanthrachinonsulfosäuren bezieh. ihrer Salze, ebenso der Disulfosäuren bezieh. deren Salze, auf 150 bis 180° findet ein lebhaftes Aufblähen der Masse statt, indem die schwach gelbe Färbung allmählich in eine tief schwarze Farbe übergeht. Nach 5 bis 10 Minuten langem Erhitzen auf genannter Temperatur ist die Umwandlung vollständig vor sich gegangen. Leichter noch gelingt dieselbe durch einen geringen Zusatz von Schwefelsäure, welcher jedoch den dritten Theil bis die Hälfte der in Anwendung gekommenen Nitroanthrachinonsulfosäuren nicht übersteigen darf, weil sich sonst auch noch nebenher rothe und violette Farbstoffe bilden würden. Sehr verdünnte Lösungen dieses schwarzen Farbstoffes haben einen Blaustich. In Alkohol, Aether, Eisessig u. dgl. ist er unlöslich, in Schwefelsäure löst er sich mit schwarzgrüner Farbe. Mit Basen verbindet er sich zu neutralen und basischen Salzen. Beide Salzverbindungen besitzen eine schwarze Farbe und sind, mit Ausnahme der Alkalisalze, in Wasser fast unlöslich. Die Faser gebeizter Stoffe fixirt die Farbe. Um diese Farbstoffe, Oxyverbindungen der Anthrachinonabkömmlinge, in ätherartige Verbindungen überzuführen, ist es zweckmäſsig, dem Gemische des Farbstoffes mit Schwefelsäure gleich nach dem Erkalten den betreffenden Alkohol zuzusetzen und zwar am besten in einem Verhältnisse von 2 : 1. Man erhitzt dieses Gemisch in einem Kolben mit aufsteigendem Kühler ½ bis 1 Stunde auf 90 bis 120°. Neutralisirt man darauf vorsichtig, so lassen sich die Aether durch Sublimation rein gewinnen, oder man kann dieselben auch durch Destillation mit Wasserdämpfen oder Alkohol in wässeriger oder alkoholischer Lösung erhalten. In ihren äuſseren Eigenschaften sind der Methyläther und der Aethyläther von einander nicht zu unterscheiden. In trockenem Zustande stellen diese Aether ein braunes Pulver dar mit grünlichem Metallreflexe, in Alkohol lösen sie sich ziemlich leicht mit fast fuchsinrother Farbe auf. Die neutralen Salze der Aether sind in Wasser mit rother Farbe löslich, die basischen haben eine blaue Farbe und sind, mit Ausnahme der Alkalisalze, in Wasser unlöslich. Durch mehrtägiges Erhitzen des Methyläthers bezieh. seiner Barytsalze mit etwas überschüssigem Aetzbaryt und Wasser erhält man, nachdem vorher durch Einleiten von Kohlensäure oder vorsichtiges Zusetzen von Schwefelsäure aller Baryt ausgefällt ist, Vanillin. Wendet man anstatt des Methyläthers den Aethyläther an, so erhält man den Aethyläther des Dioxybenzaldehyds, welcher gleichen Geruch und gleiche Krystallformen und Farbe besitzt wie das Vanillin. Das Vanillin wird auch auf folgende Weise gewonnen: Man fällt aus den beschriebenen, durch Erhitzen von Schwefelsäure mit den Nitro- und Amidoanthrachinonen bezieh. deren Sulfosäuren erhaltenen rohen Massen, bestehend aus den rothen und violetten sowie schwarzen Farbstoffen und Schwefelsäure, mit einer wässerigen Lösung von Aetzbaryt die basischen Salze aus. In dieses kochende Gemisch läſst man, unter Ersatz des verdampften Wassers allmählich so viel Methylschwefelsäure eintröpfeln, daſs die Schwefelsäure zur Fällung des Bariums aus der organischen Verbindung gerade hinreicht. Wendet man anstatt der Methylschwefelsäure die Aethylschwefelsäure an, so erhält man den Aethyläther des Dioxybenzaldehyds. Das Vanillin und der Aethyläther des Dioxybenzaldehyds lassen sich der wässerigen Lösung durch Aethyläther, Chloroform u.s.w. entziehen. Das Vanillin wird ebenfals erhalten, wenn man die basischen Barytsalze der oben beschriebenen Farbstoffe mit einer zur Umsetzung berechneten Menge Methylschwefelsäure in geschlossenen Röhren auf 150 bis 170° erhitzt. Bei Anwendung von Aethylschwefelsäure entsteht auch nach dieser Methode der Aethyläther des Dioxybenzaldehyds.