Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 258, Jahrgang 1885, Miszellen, S. 332
Download: XML
[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. Elektrische Kraftübertragung zwischen Creil und Paris. In der Sitzung der französischen Akademie der Wissenschaften am 26. Oktober wurde nach der Revue industrielle, 1885 S. 442 berichtet, daſs Deprez seit dem 17. Oktober d. J. die ersten Versuche elektrischer Kraftübertragung in Creil vor Collignon und den Ingenieuren der französischen Nordbahn gemacht habe und zwar, wie auch andere französische Berichte melden, mit vollem Erfolge: Von 78e konnten 40e, also etwas über 51 Proc., auf 58km Entfernung übertragen werden. Der Strom hatte eine Stärke von 7 Ampère bei einer elektromotorischen Kraft von 6000 Volt. Die den Strom liefernde Maschine machte nur 175 Umdrehungen in der Minute. Die Strom empfangenden Maschinen waren auch in Creil aufgestellt und das übertragende Kupferkabel hatte, wie die Annales industrielles, 1885 Bd. 2 S. 546 sich ausdrücken, „Kleinfinger“-Dicke. Zwischen Paris und Creil wird man erst mit einer den Strom aufnehmenden Maschine Versuche machen, dann, wie es in dem Programme festgesetzt ist, mit drei Maschinen. Die Kosten der Versuche, welche das Haus Rothschild trägt, sollen sich bereits auf etwa 650000 M. belaufen; das kupferne Uebertragungskabel kostet allein 120000 M. Die mit der Ueberwachung der Versuche beauftragten Ingenieure der Nordbahngesellschaft haben von Deprez verlangt: 1) die technische Möglichkeit der gefahrlosen Uebertragung einer groſsen Kraft auf eine groſse Entfernung nachzuweisen; 2) darzuthun, daſs die Maschinen mehrere Monate hindurch täglich 20 Stunden ununterbrochen arbeiten können, ohne dienstuntauglich zu werden; 3) zu zeigen, daſs der Strom an der Ankunftsstelle unter mehrere wesentlich verschiedenen Zwecken dienende, empfangende Maschinen vertheilt werden könne und zwar trotz plötzlicher Aenderungen in der Arbeit dieser Maschinen; 4) die Apparate so einzurichten, daſs der Wirkungsgrad der Maschinen hinreichend groſs ist, ohne daſs die Kosten der ersten Anlage zu hoch steigen. Deprez, wollte 500e übertragen, die Commission begnügte sich mit 200, ausnahmsweise 300e. Für den Betrieb der in Creil aufgestellten Stromerzeuger leiht die Nordbahngesellschaft 2 Locomotiven, jede mit einer Leistung von 100 bis 150e. Diese sollen mittels Riemen eine Welle mit einer minutlichen Umlaufszahl, welche zwischen 50 und 150, wie bei Wasserrädern und Turbinen, verschieden sein kann, treiben. Von dieser Welle aus erhalten die Dynamomaschinen ihre Bewegung, wobei deren Geschwindigkeit von Deprez auf 200 bis 300 Umdrehungen in der Minute festgesetzt wurde. Die drei in Paris aufgestellten empfangenden Maschinen sollen treiben: 1) die Lichtmaschinen, welche täglich 10 bis 14 Stunden im Gange sind und 15 bis 20e verbrauchen; 2) die Pumpen der Wasserhaltung; 20 Stunden täglich, 35 bis 40e, mit groſsen Schwankungen in der Leistung, die durch Armstrong'sche Accumulatoren gemildert werden; 3) einen Theil der Werkzeugmaschinen in den Bahn Werkstätten in La Chapelle; 8 bis 10 Stunden täglich, 12 bis. 15e, mit starken und plötzlichen Schwankungen. Nachtrag: Die von Deprez an die Akademie gerichtete Mittheilung, welche u.a. in den Annales industrielles, 1885 Bd. 2 S. 609 abgedruckt ist, bestätigt im Allgemeinen vorstehende Angaben. Deprez betont, daſs es ihm gelungen sei, wirklich 40e nützlich zu übertragen, bei einem Nutzeffecte von 50 Proc. und bei der geringen Geschwindigkeit von 170 Umgängen der Strom erzeugenden Dynamomaschine, deren Ringanker 780mm Durchmesser hat. Zur Uebertragung auf die 56km betragende Entfernung dient, weil die Rückleitung nicht durch die Erde geht, ein 112km langes Kabel, dessen Leitungsquerschnitt einem Kupferdrahte von 5mm Dicke gleichkommt. Die Strom erhaltende Dynamomaschine mit einem Anker von 580mm Durchmesser macht rund 277 Umgänge in der Minute. Versuche mit Maginot's Schraubenpumpe. Bei Versuchen, welche nach dem Génie civil, 1885 Bd. 7 * S. 55 im Juni 1884 mit einer von Pinette gebauten Maginot'schen Schraubenpumpe von nicht näher angegebenen Abmessungen und einer Anordnung gleich der in D. p. J. 1880 235 * 331 beschriebenen Quiri'schen Pumpe, vorgenommen wurden, ergab sich bei einem Austrittswinkel der Schaufeln von 15 bis 18° der beste Wirkungsgrad zu 0,71, wenn das Rad 764 Umgänge in der Minute machte, wobei sekundlich 62l auf 7m,28 gehoben wurden. Dieser Wirkungsgrad ergab sich aber auch noch bei 888 Umgängen und einer Leistung von 93l auf 7m,35 Hubhöhe und betrug bei 945 Umgängen, wobei 107l auf 7m,19 gehoben wurden, immer noch 0,65. Die Pumpe begann zu arbeiten bei etwa 640 Umgängen in der Minute und zeigte bei 668 Umläufen schon einen Wirkungsgrad von 0,485, indem 22l,4 auf 7m,12 gehoben wurden. Hiernach würde diese Pumpe allerdings den gewöhnlichen Centrifugalpumpen, deren Wirkungsgrad auch bei bester Geschwindigkeit 0,6 nicht übersteigt und dabei rasch abnimmt, wenn die günstigste Geschwindigkeit nicht eingehalten wird, beträchtlich überlegen sein. Uebrigens soll sich der Wirkungsgrad durch Anbringung fester Leitschaufeln an der Austrittseite des Rades noch weiter erhöhen lassen. Th. Zimmermann's Ueberzug der Innenwand von Dampfkesseln. Um die Innenwand von Dampfkesseln und deren Röhren gegen Rost zu schützen und gleichzeitig das Festsetzen von Kesselstein zu verhüten, bringt Th. Zimmermann in Breslau (* D. R. P. Kl. 13 Nr. 33045 vom 18. Februar 1885) das folgende Verfahren in Vorschlag: Die Wandung erhält, nachdem sie gehörig gereinigt ist, zunächst einen Anstrich von in Firniſs abgeriebener Mennige und wird dann mit Schleiflack, dem etwa 10 Proc. Holzmehl beigemischt sind, überzogen. Eine Erneuerung des sehr zähen Ueberzuges soll etwa alle 2 Jahr erforderlich sein. (Vgl. 1883 247 456.) Ermittelung des Wasserbedarfes. Zur Bestimmung der Leistungsfähigkeit von Wasserleitungen hat die Jahresversammlung des Deutschen Vereins von Gas- und Wasserfachmännern in Wiesbaden 1884 folgende im Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung, 1884 S. 543 veröffentlichte Normen aufgestellt. Es ist unrichtig, eine gewisse Wassermenge (etwa 1501) für den Kopf der Bevölkerung zu Grunde zu legen, da Klima, Bauart, Beschäftigung und Vermögensstand der Bevölkerung ebenso maſsgebend sind, wie auch die Art der Entwässerungsanlagen, die Beschaffenheit, der Preis des Wassers u. dgl. Die nachstehenden Ziffern bedeuten Liter. A) Privatgebrauch. Gebrauchwasser in Wohnhäusern für 1 Kopf der Bewohner und 1 Tag:             a) zum Trinken, Kochen, Reinigen 20 bis 30             b) zur Wäsche 10 bis 15 Abtrittspülung 5 bis 6 Pissoirspülung, für 1m Spritzrohr und 1 Stunde 200 Bäder: a) ein Wannenbad 350             b) ein Sturzbad 20 bis 30 Gartenbesprengung für jeden heiſsen Tag und je 1qm ein-    mal besprengter Fläche 1,5 Hofbesprengung desgl. 1,5 Fuſswegbesprengung desgl. 1,5 1 Pferd oder sonstiges Groſsvieh 50 1 Kleinvieh 10 Reinigung eines Wagens für Personenbeförderung, täglich 200 B) Oeffentliche Anstalten. Schulen, für 1 Schüler und 1 Schultag 2 Kasernen: a) für 1 Mann 20                  b) für 1 Pferd 40 Krankenhäuser, für 1 Person 100 bis 150 Gasthöfe, für 1 Person 100 Badeanstalten, für jedes Wannen- und Sturzbad durch-          schnittlich (einschl. Reinigung u. dgl.) 500 Waschanstalten, für 100k Wäsche 400 Schlachthäuser, für jedes geschlachtete Vieh 300 bis 400 Markthallen, für 1qm Fläche und 1 Markttag 5 Bahnhöfe, Speisewasser für jede Locomotive 6000 bis 8000 C) Straſsenanlagen. Straſsenbesprengung, für 1qm einmal besprengter Fläche:          a) gepflasterte Flächen 1          b) Steinschlagflächen 1,5 Gartenanlagen, für 1qm bei einmaliger Sprengung und jeden    heiſsen Tag 1,5 Oeffentliche Laufbrunnen mit unterbrochenem Abflüsse,   täglich 3000 Pissoirs, für 1m Spritzrohr und 1 Stunde 200 Boyle's Lüftung von Eisenbahnwagen. Von dem bekannten Lüftungstechniker R. Boyle in London ist neuerdings ein Lüftungssystem für Eisenbahnwagen angegeben worden, welches im Engineering, 1885 Bd. 40 * S. 313 mitgetheilt ist und darin besteht, daſs durch zwei nicht näher angegebene, im Untergestelle angebrachte Strahlapparate mit Hilfe der bei der Bewegung des Wagens durch den Apparat strömenden Auſsenluft die Luft aus den Wagenräumen abgesaugt und zugleich an der Decke Frischluft eingeführt wird. Die Luftstrahlapparate haben 350mm Durchmesser; zu denselben wird die Abluft durch je 2 Röhren von 200mm Durchmesser geführt. Diese Röhren liegen im Untergestelle und stehen mit jeder Wagenabtheilung durch je eine Düse in Verbindung, welche 100mm über dem Fuſsboden unter den Sitzen münden und mit Drahtgitter bedeckt sind. Zur Einführung der Frischluft ist auf der Wagendecke für jedes Coupé ein Aufsatz angebracht, welcher bei der Bewegung des Wagens Auſsenluft auffängt und in gelochte Röhren von 75mm Durchmesser leitet, welche unterhalb der Decke angeordnet sind. Aus diesen Röhren flieſst die Frischluft ohne Zugbelästigung in die Räume und die beschriebene Art der Abführung wird auch keinen unangenehmen Zug erzeugen; nur eine häufige Reinigung der Röhren dürfte nothwendig und auch wohl die Möglichkeit einer Regelung des Luftzuges vorzusehen sein. Ueber Nahrungsmittel (Patentklasse 53). Um Butter haltbar zu machen, wird nach O. Rudolphi in Leipzig (D. R. P. Nr. 33828 vom 1. März 1885) der zum Verbuttern bestimmte Rahm zunächst unter Umrühren erhitzt, dann rasch abgekühlt. G. Ripberger in Dresden (D. R. P. Nr. 33092 vom 12. Februar 1885) will die namentlich zur Versorgung von Militär und Schiffen bestimmten Nahrungsmittel in Säcke oder Kisten packen, die mit einem aus Baumwolle gebildeten und mit Bitterstoffen und Salz getränkten Filter ausgekleidet sind. Nach H. Ketelsen und C. Grothe in Lübeck (D. R. P. Nr. 33227 vom 13. Januar 1885) werden die Nahrungsmittel durch Berieseln mit Wasser unter gleichzeitiger Einwirkung von Kälte mit einer Eiskruste überzogen und in kalten Räumen aufbewahrt. (Vgl. Mignon 1885 255 215.) Zur Gewinnung eines Futtermittels aus den bei der Herstellung von Zellstoff erhaltenen alkalischen Laugen werden diese nach C. H. Voigt in Pegau (D. R. P. Nr. 33235 vom 24. März 1885) mit Schwefelsäure neutralisirt, wobei sich unter Bildung von Natriumsulfat die organischen Stoffe als höchst fein zertheilter Niederschlag ausscheiden, welche, durch Pressen von der Sulfatlösung getrennt, hierauf noch mit Wasser ausgewaschen wird, um dann nochmals gepreſst und in Kuchenform gebracht zu werden. Zur Frage der Thomasschlacke als Wiesendünger. Eine von mir untersuchte Thomasschlacke enthielt u.a.: Phosphorsäure 18,7 Proc. Kohlensäure   3,5 Kieselsäure   4,0 Da nun diese Schlacke in gemahlenem Zustande neuerdings sehr für Wiesen empfohlen wird, so möchte ich darauf hinweisen, daſs in der Schlacke nicht allein die Phosphorsäure, sondern auch die völlig im löslichen Zustande befindliche Kieselsäure auf den Graswuchs günstig einwirkt. Löhne, November 1885. Hugo Bornträger. Ueber die Geschichte des Ammoniaksodaprozesses. Als Erfinder des Ammoniaksodaprozesses werden gewöhnlich die beiden englischen Chemiker H. G. Dyar und J. Hemming anerkannt. Dieselben erhielten zuerst am 30. Juni 1838 ein englisches Patent für dieses Verfahren (vgl. 1839 74 129). 16 Jahre später (1854) erhielt der französische Chemiker Schloesing ein Patent in Frankreich für ein auf der gleichen Reaction beruhendes Verfahren. Diesem folgte ein weiteres französisches Patent von Schloesing und Rolland im J. 1858. Gestützt hierauf haben verschiedene französische Schriftsteller versucht, die Ehre der ersten Erfindung des Ammoniaksodaprozesses den beiden Landsleuten Schloesing und Rolland zuzuwenden.Vgl. Frémy: Presidental Adress to the French Association for the Advancement of Science, 1878. Bouley (vgl. Comptes rendus, 1885 Bd. 100 S. 926). Scheurer-Kestner: Conférence à la Société d'Encouragement sur Nicolas Leblanc, 28. März 1885. Da diese irrthümliche Angabe von drei bedeutenden französischen Schriftstellern ausgeht, fühlte sich L. Mond zur Richtigstellung derselben im Journal of the Society of Chemical Industry, 1885 S. 524 veranlaſst. Schloesing und Rolland geben selbst in mehreren Veröffentlichungen zu, daſs die chemischen Vorgänge des Prozesses, welchen sie zu verbessern suchen, schon in einem französischen Patente von Delaunay (27. März 1839) beschrieben sind; dieses Patent ist aber nur eine genaue Uebersetzung des englischen Patentes von Dyar und Hemming und es unterliegt keinem Zweifel, daſs Delaunay nur Patentagent von Dyar und Hemming war. Vom 18. Mai 1840 datirt ein zweites französisches Patent von Delaunay, welches sehr viele wichtige Verbesserungen enthält. Ein ähnliches englisches Patent findet sich nicht vor, jedenfalls weil nach dem damaligen englischen Gesetze die Erlangung eines Patentes mit bedeutenden Kosten verbunden war. Der ursprüngliche von Dyar und Hemming in ihrem englischen Patente beschriebene Prozeſs ist so roh und unvollkommen, daſs seine Anwendung in dieser Form nie von technischem Erfolge begleitet gewesen wäre. Erst durch die im zweiten französischen Patente von Delaunay im J. 1840 beschriebenen Verbesserungen wurden Dyar und Hemming zur Ehre der ersten Erfindung des Ammoniaksodaprozesses vollkommen berechtigt. Das zweite Patent von Delaunay enthält eine genaue Beschreibung aller Arbeiten, wie sie heutzutage im Groſsen ausgeführt werden, und es muſs der Aussage von Schloesing und Rolland, daſs die Chemie des Ammoniaksodaprozesses in Dyar und Hemming's Händen schon einen solchen Grad von Vollkommenheit erreichte, daſs späteren Erfindern nicht mehr viel überlassen wurde, vollkommen beigestimmt werden. Aber trotzdem schlugen alle vom J. 1840 bis 1865 angestellten Versuche, den Prozeſs auch in pekuniärer und technischer Hinsicht erfolgreich zu machen, vollkommen fehl (vgl. R. Wagner 1876 222 77). Es war schon lange vor Dyar und Hemming's Untersuchungen bekannt, daſs durch Mischung von Kochsalz- und Ammoniumcarbonatlösungen Natriumbicarbonat erhalten wird, aber die Thatsache war nie vorher veröffentlicht. A. Vogel (Chemisches Centralblatt, 1874 S. 98) erwähnt, daſs er die Reaction schon in einem Notizbuche seines Vaters vom J. 1822 vorfand. A. Smith theilte L. Mond mit, daſs ihm J. Thom den Versuch im J. 1838 zeigte. Aus Briefen von J. Thom geht hervor, daſs er wirklich in der Fabrik von Turnbull und Ramsay in Camlochie schon im J. 1836 Soda aus Ammoniumcarbonat und Kochsalz darstellte, Das Natriumbicarbonat verwendete er zur Darstellung von Sodakrystallen (täglich 100k). Nach einjähriger Arbeit wurde diese Darstellung aufgegeben. Es war dies aber jedenfalls der erste ernstliche Versuch, das Verfahren technisch zu verwenden. Die Arbeitsweise war aber so roh und unvollkommen, daſs die Ehre der Erfindung des Arbeitsverfahrens für den Ammoniaksodaprozeſs, wie er heutzutage ausgeführt wird, ungeschmälert Dyar und Hemming zugeschrieben werden muſs. Nach Mittheilungen, welche L. Mond von R. Muspratt zukamen, errichteten Dyar und Hemming bald nach Herausnahme des Patentes eine kleine Fabrik in Whitechapel. Im J. 1840 baute J. Muspratt in seiner Fabrik in Newton eine Anlage unter Leitung von J. Joung. Er arbeitete nach dem Verfahren ungefähr 2 Jahre. Aber auch hier wurde es, nachdem etwa 160000 M. geopfert worden waren, wieder aufgegeben. Zu gleicher Zeit wurden von Kunheim in Berlin, von Seybel in Wien und einige Jahre später von Bowker in Leeds Versuche angestellt, die Schwierigkeiten des Prozesses zu überwinden. Im J. 1854 erhielten W. Gossage, Türck (26. Mai), Schloesing (21. Juni), H. Deacon (8. Juli) Patente auf bestimmte Arbeitsverfahren. H. Deacon beschäftigte sich mit dem Prozesse wärend 2 Jahren im Groſsen und stellte täglich mehrere Tonnen Soda dar. Aber auch hier hatte das Verfahren das gleiche Schicksal und nach Opferung von etwa 100000 M. wurde es aufgegeben und eine Leblanc-Sodafabrik erbaut. Schloesing und Rolland begannen im J. 1858 mit dem Baue einer Ammoniaksodafabrik in Puteaux bei Paris; sie erzeugten im Ganzen 316t Soda im Laufe von 2 Jahren und waren dann ebenfalls genöthigt, die Versuche einzustellen. Als Hauptgrund des Miſslingens erwähnen sie in den Annales de Chimie et Physique, Bd. 14 die hohen Salzpreise in Frankreich. Wie aber aus ihren eigenen Zahlen hervorgeht, ist es wahrscheinlicher, daſs der Grund nicht hierin, sondern wie bei ihren Vorgängern in der Unvollkommenheit ihrer Apparate lag. Vom J. 1858 bis 1863 wurden keine ernstlichen Anstrengungen mehr gemacht, die technischen Schwierigkeiten des Prozesses zu überwinden. Erst der Energie Solvoy's war es vergönnt, die von Dyar und Hemming schon lange beschriebenen Versuchsweisen technisch erfolgreich zu gestalten. Letzteren gebührt die Ehre der Erfindung des Prozesses, Solvay aber der Erfindung der nöthigen Apparate, um dieselben technisch auszuführen. Einwirkung von Aceton auf Anilin. C. Engler und P. Riehm (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1885 S. 2245) haben 1 Mol. salzsaures Anilin mit 2 Mol. Aceton etwa 3 Tage lang auf 180° erhitzt. Mit Wasser ausgekocht, erhält man durch fractionirte Fällung mit Natronlauge zunächst eine rothbraune Base, aus welcher Farbstoffe erhalten werden können, dann eine Abscheidung, welche die noch näher zu beschreibende Chinolinbase enthält, und schlieſslich noch unverändertes Anilin. Die in der mittleren Fraction enthaltene basische Substanz kann man entweder erst mit Wasserdämpfen übertreiben und so von den noch höher siedenden Basen trennen, oder einfach durch Aufnahme mit Aether und Verjagen des letzteren fractionirt destilliren. Aus dem von 250 bis 280° übergehenden Theile erhält man auf Zusatz von verdünnter Schwefelsäure eine Ausscheidung des schwefelsauren Salzes der neuen Chinolinbase, welches durch Umkrystallisation aus Alkohol zu reinigen ist. In der Voraussetzung, daſs das Aceton erst in Mesityloxyd übergehe, ehe es durch Einwirkung auf Anilin ein Chinolin bildet, wurde auch Mesityloxyd auf Anilin zur Einwirkung gebracht. In der That erhält man durch Erhitzen molekularer Mengen von Mesityloxyd und salzsaurem Anilin auf 130° die gesuchte Base. Das saure chromsaure Salz., (C11H11N)2Cr2O7H2, krystallisirt in langen orangefarbenen Nadeln, das salzsaure Salz, C11H11NHCl, in flachen Nadeln. Die aus dem schwefelsauren Salz mittels Natronlauge ausgeschiedene freie Base bildet eine schwach gelblich gefärbte, verhältniſsmäſsig dünnflüssige, das Licht stark brechende Flüssigkeit, die einen dem Chinolin sehr ähnlichen Geruch besitzt und bei 263 bis 265° (uncorrigirt) siedet. Alle ihre Salze besitzen einen stark bitteren Geschmack. Beim Erwärmen des schwefelsauren Salzes mit dem 4fachen Gewichte 10procentiger rauchender Schwefelsäure bildet sich eine in Nadeln krystallisirende Sulfosäure. Die Bildung der neuen Base geht aller Wahrscheinlichkeit nach unter Einwirkung von 2 Mol. Aceton auf 1 Mol. Anilin vor sich: C6H5NH2 + 2C3H6O = C11H11N + CH4 + 2H2O. Demnach ist die Base voraussichtlich das α-γ-Dimethylchinolin.