Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 300, Jahrgang 1896, Miszellen, S. 120
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[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. Nickelstahl, der Baustoff der Zukunft. Regierungsrath Schrey äusserte sich in einer der letzten Monatsversammlungen des Vereins deutscher Maschineningenieure u.a. wie folgt: Nickelstahl wird in Europa vorwiegend durch einfaches Zusammenschmelzen von Eisen und Nickel erzeugt. Eine Vorbedingung für eine brauchbare Legirung ist grosse Reinheit des dabei verwendeten Nickels. Reinnickel wird heutzutage hauptsächlich aus den in Neu-Caledonien und Canada gefundenen Nickelerzen gewonnen. Canada macht seit etwa 10 Jahren der französischen Strafcolonie sehr erfolgreich Concurrenz. Die Verhüttung der neu-caledonischen Erze findet ausschliesslich in europäischen Werken der französischen Gesellschaft Le Nickel statt; ein solches Nickelwerk besitzt diese in Iserlohn. Von altersher bekannt ist die Verwendung einer Nickelkupferlegirung zu Münzen. Trotz zahlreicher Erprobungen in allen eisenerzeugenden Ländern der Erde erlangte die Legirung von Eisen und Nickel keine praktische Bedeutung, weil immer wieder Rothbrüchigkeit beobachtet wurde, d. i. die Neigung, beim Bearbeiten im rothwarmen Zustande unter dem Hammer zu brechen. Erst in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre gelang es den Franzosen, durch Anwendung eines von Verunreinigungen freien Nickel Zusatzes, diesen Mangel zu beheben, denselben geradezu in sein Gegentheil zu verkehren und so ein Eisen bezieh. einen Stahl zu gewinnen, der den besten früher gekannten Stahl an Festigkeit um das Zwei- bis Dreifache übertrifft und dabei von einer idealen Zähigkeit und Geschmeidigkeit ist. Namentlich in der Panzerplattentechnik trat der Nickelstahl mit einer so überraschenden Gediegenheit auf, dass ein geradezu fieberhafter Wettbewerb in der Verbesserung der neuen Legirung in allen Panzerplatten erzeugenden Werken diesseits und jenseits des Oceans anhub. Krupp hatte schon 1893 in Chicago mit Nickelstahlpanzern reiche Lorbeeren geerntet, schien aber durch die Versuche in Gavres in Frankreich überholt zu sein, bis er in den berühmt gewordenen Meppener Schiessversuchen im December 1894 und im Sommer 1895 ein Nickelstahl-Panzerplattenmaterial vorführte, das alles Dagewesene weitaus in den Schatten stellte, dem auch heutzutage noch kein Land und kein Fabrikant etwas als annähernd ebenbürtig an die Seite stellen kann. Die hohe Festigkeit des Nickelstahles gestattet eine erhebliche Dimensions- und somit Gewichtsersparniss gewöhnlichem Stahl gegenüber. Das hat dem Nickelstahl trotz hohen Preises alsbald Eingang bei den hohlen Riesenschiffswellen für die neuesten transatlantischen Dampfer verschafft, sowohl in Amerika als in Deutschland, wo es auch auf diesem Gebiete Krupp allen Anderen zuvorthut mit seinen Arbeitsstücken für die neuesten Riesendampfer des Norddeutschen Lloyd. Selbst Beamte des Lloyd's Register of British and Foreign Shipping haben dahin zielenden Versuchen bei Krupp staunend beigewohnt. Der Vortragende führte zahlreiche weitere Beispiele der jetzt schon stattfindenden Verwendung des Nickelstahls an. Dahin gehören Schiffskesselbleche, Bleche für die Aussenhaut der Schiffe, Schiffspropeller, Draht zu Torpedoschutznetzen und zu unterseeischen Kabeln, Spulenringe für Dynamomaschinen, Widerstandsmaterial für elektrotechnische Zwecke (namentlich von Krupp geliefert), Gewehrläufe und Geschütztheile, leichtere Theile für die Steuerung der Locomotiven und die Bolzen in den tragenden Theilen der Eisenbahnfahrzeuge und Fahrradtheile u.s.f. Dabei spielen solche Legirungen des Eisens mit Nickel eine wichtige Rolle, welche im Seewasser der Corrosion widerstehen. Hier bleibt allerdings für Fabrikation und Erprobung noch ein weites Feld erspriesslicher Thätigkeit. (Nach Eisenzeitung.) Gasglühlicht-Strassenbeleuchtung in Berlin. Seit einiger Zeit werden in grösserem Maasstabe Versuche mit Gasglühlicht zur Strassenbeleuchtung angestellt, welche recht günstig ausgefallen sind. Zunächst ist die Leipzigerstrasse, von der Friedrichstrasse bis zum Spittelmarkt und von da durch die Gertraudtenstrasse bis zum Molkenmarkt und der Spandauerstrasse, Ecke Königstrasse, mit Gasglühlicht versehen worden. Der grösste Theil dieser Strecke erstrahlt bereits seit einiger Zeit in glänzendem Licht, so dass der Unterschied zwischen der alten und neuen Beleuchtung auch dem blödesten Auge sofort erkennbar wird. Besonders auffallend tritt dies an der Ecke der Leipziger- und Friedrichstrasse zu Tage, woselbst das Gasglühlicht dem elektrischen Licht gegenüber steht. Man erinnert sich, so schreibt die Berliner Börsenzeitung, des unangenehmen Eindruckes, welchen hier früher der Uebergang von der elektrischen zur Gasbeleuchtung machte: vom Potsdamer Thor bis zur Friedrichstrasse erstrahlte die Leipzigerstrasse in Tageshelle, doch von jener Beleuchtungsgrenze ab umfing den Passanten das matte, gelbliche Dämmerlicht der Gasflammen, welche den Kampf mit dem elektrischen Licht nicht zu bestehen vermochten. Das ist jetzt anders: die dankenswerthen Versuche der Gasdeputation haben den Beweis erbracht, dass das Gasglühlicht auch auf der Strasse dem elektrischen Licht würdig an die Seite gestellt werden kann. Blickt man vom Spittelmarkt aus die Leipzigerstrasse hinab, so findet man den Unterschied in der zwiefachen Beleuchtung kaum heraus; wie strahlende Perlen reihen sich die Beleuchtungskörper an einander, und man vermag von hier aus nicht zu beurtheilen, ob die Leipzigerstrasse durchweg mit Gasglühlicht erleuchtet ist, oder ob in ihrem unteren Theile ein Wechsel in der Beleuchtungsart eintritt. Am anderen Ende der Versuchsstrecke, Spandauer- und Königstrassen-Ecke, woselbst die Umwandlung der Gasbrenner noch nicht vollendet ist, wird dieser Unterschied freilich grell hervortreten, weil die Königstrasse durch Laternen mit sogen. invertirten Gasbrennern beleuchtet wird. Nach den bisherigen Erfolgen zu urtheilen, kann die Beseitigung der älteren Systeme und der Ersatz derselben durch Gasglühlicht nur eine Frage der Zeit sein. (Zeitschrift für Gas und Wasser.)