Titel: Bücherschau.
Fundstelle: Band 315, Jahrgang 1900, S. 404
Download: XML
Bücherschau. Bücherschau. Die Steuerungen der Dampfmaschinen. Von Karl Leist, Professor an der königl. Technischen Hochschule zu Berlin. Zugleich als 4. Auflage des gleichnamigen Werkes von Emil Blaha. 770 S. mit 391 Figuren im Text. Berlin N. Julius Springer. In Leinwand gebunden Preis 20 M. Das vorliegende Buch war ursprünglich als eine Neubearbeitung des bekannten Werkes von Emil Blaha „Die Steuerungen der Dampfmaschinen“ gedacht; der Verfasser hielt es jedoch im Laufe der Arbeit für angemessener, eine völlig neue Bearbeitung des Gegenstandes vorzunehmen, welche von dem genannten Werk nur den Titel übernommen hat und an dessen Stelle zu treten bestimmt ist. Wie wir dem Vorworte entnehmen, hat der Verfasser zunächst darauf Wert gelegt, eine folgerichtig geordnete Darstellung des Gegenstandes zu geben, welche die verschiedenen Erscheinungen in einheitlicher Weise betrachtet und deren innere Verwandschaft und grundsätzlichen Zusammenhang möglichst hervortreten lässt. Im einzelnen ist, was die Beziehung zwischen den massgebenden Abmessungen der Steuerung und der dadurch herbeigeführten Dampfverteilung anbelangt, nicht nur die Ermittelung der Wirkungsweise einer gegebenen Steuerung, sondern auch, was gleich wichtig ist, die Feststellung der Steuerungsabmessungen auf Grund eines verlangten Dampfdiagramms besprochen, also eine Anleitung zum Entwurf gegeben, häufig auch zugleich mit Ratschlägen für die Wahl bestimmter wichtiger Grössen. Neben der theoretischen ist auch der konstruktiven Seite des Gegenstandes weitgehende Beachtung geschenkt, und in beiden Beziehungen ist stets nicht nur der nächstliegende und landläufige Fall zu Grunde gelegt, sondern es sind immer die verschiedenen vorliegenden Möglichkeiten berücksichtigt (z.B. diejenige, dass das betreffende Steuerungstriebwerk mit einem Schieber mit innerer Einströmung arbeitet). Ueberhaupt lässt die Darstellung an Ausführlichkeit und Vollständigkeit nichts zu wünschen übrig. Für die Verfolgung der Beziehung zwischen Steuerungsabmessungen und Dampfdiagramm ist stets nur das graphische Verfahren zur Anwendung gebracht, und zwar wird sowohl das Reuleaux-Müller'sche als auch das Zeuner'sche Schieberdiagramm verwandt, die als die beiden verbreiterten Darstellungen stets nebeneinander wiedergegeben sind. Dieselben sind z.B., über ihr gewöhnliches Anwendungsgebiet hinausgehend, auch bei den zwangläufigen Ventilsteuerungen wenigstens dazu benutzt, den entscheidenden Einfluss des auch hier festzustellenden Voreilwinkels auf die Dampfverteilung zu verfolgen; die Anwendbarkeit der Schieberdiagramme zur Ermittelung der ganzen Steuerwirkung in der gewöhnlichen Weise ist u.a. für den allgemeinsten Fall des Antriebes von beliebigem Exzenterstangenpunkt gezeigt, wonach also nicht nur die bekannten Schiffsmaschinensteuerungen mit rechtwinkliger Ableitung der Bewegung von einem Punkt auf der Exzenterstangenmittellinie, sondern z.B. auch die hierher gehörigen Auslasssteuerungen von Ventilpräzisionsmaschinen mit denselben behandelt werden können. Indem so die Benutzung des an Stelle des ganzen Steuerungstriebwerkes zu setzenden einfachen „Ersatzexzenters“, von welchem z.B. bei den Kulissensteuerungen seit langem Gebrauch gemacht wird, auf alle Fälle der von Exzentern ausgehenden Antriebsvorrichtungen ausgedehnt wurde, ergab sich eine allen Steuerungsarten gemeinsame Grundlage, deren Hervorhebung dem erwähnten Zweck, den Inneren Zusammenhang der verschiedenen Gruppen klarzulegen und einen einheitlichen Ueberblick über dieselben zu geben, förderlich sein dürfte. Dass überhaupt das zeichnerische Verfahren der Ermittelung auf Kosten des rechnerischen allein berücksichtigt ist, wird die Zustimmung eines jeden Praktikers finden. – Neben den Steuerungen mit Exzenterantrieb sind auch diejenigen mit unrunden Scheiben und unrunden Körpern eingehend berücksichtigt. Nach Besprechung der allgemein an eine Steuerung zu stellenden Anforderungen und Erledigung der gewöhnlichen Schiebersteuerung mit einfachem Exzenterantrieb sind alle übrigen Bauarten systematisch als weitere Ausbildung dieser gewissermassen normalen Steuerung zur Erreichung bestimmter weitergehender Zwecke bezüglich der Steuerwirkung dargestellt. Hierbei sind die Abschlussorgane und die Antriebsvorrichtungen in zwei völlig getrennten Abschnitten behandelt, auf Grund der Thatsache, dass die äussere und die innere Steuerung nicht in bestimmter Weise aneinander gebunden sind, die grundsätzliche Verwandtschaft von Schieber und Ventil vielmehr gestattet; durch eine vorliegende Triebwerksart beliebig jedes der beiden Abschlussorgane zu bethätigen. Innerhalb dieser beiden grössten Abschnitte war dann der durch die verschiedenen Massnahmenzu erreichende Zweck – Unabhängigkeit in der Dampfverteilung, Veränderlichkeit der Expansion u.s.w. – für die Einteilung massgebend, die sich in diesen beiden Abteilungen ganz gleichartig durchgeführt findet. – Durch diese einheitliche systematische Anordnung des Stoffes, im Verein mit der Hervorhebung der weitergehenden Einteilung im Text durch gesperrten Druck u.s.w. ist bei der Ausführlichkeit der Darstellung dennoch eine gute Uebersichtlichkeit gewahrt, entsprechend dem Ziele, das sich der Verfasser stellt, das Buch nicht nur als ein Lehrbuch, sondern auch als ein Nachschlagewerk für den in der Praxis stehenden Ingenieur brauchbar zu machen. Was die Auswahl des Stoffes anbelangt, so steht das Buch durchaus auf modernem Standpunkt. Es ist nur lobend anzuerkennen, dass – im Gegensatz zu vielen anderen Lehrbüchern – Bauarten, welche in ihrer Anwendung der Vergangenheit angehören, völlig übergangen sind, wohl aber alle neueren Erscheinungen gebührende Berücksichtigung gefunden haben. Das Buch enthält manche ausführliche Auseinandersetzung über Gegenstände, über welche sich sonst kaum etwas in der Litteratur findet, die aber doch Beachtung verdienen, z.B. über die Formgebung der Wälzungshebel an den Ventilsteuerungen, über den Antrieb der Auslassventile an den Präzisionsmaschinen u.s.w. Hervorzuheben ist noch das sehr reichhaltige Material an Zeichnungen, die dem Buch, und zwar in richtiger Weise als Textfiguren, nicht auf besonderen Tafeln, beigegeben sind. Jede Steuerung ist neben dem Schema durch eine konstruktive Figur dargestellt, und die vorzunehmenden graphischen Ermittelungen sind durch eine grosse Zahl von Diagrammzeichnungen erläutert. Bei den ersteren ist die Uebersichtlichkeit dadurch gehoben, dass Entbehrliches weggelassen und das nicht unmittelbar zur Steuerung Gehörige stets nur in Ansicht gezeichnet wurde. Das vollständige und mit grosser Sorgfalt durchgearbeitete Werk dürfte berufen sein, die empfindliche Lücke, welche unsere moderne technische Litteratur bisher auf dem Gebiete der Dampfmaschinensteuerungen aufwies, in glücklichster Weise auszufüllen. Die physikalischen Erscheinungen und Kräfte, ihre Erkenntnis und Verwertung im praktischen Leben. Von Prof. Dr. Leo Grunmach. (442 S. mit über 600 Abbildungen und 3 Tafeln.) Leipzig, Otto Spamer, 1899. Geh. 6 M. Geb. 7,50 M. Das vorliegende Buch, welches die physikalischen Erscheinungen und Kräfte, sowie deren praktische Verwertung in klarer, gemeinverständlicher Sprache, ohne Voraussetzung besonderer mathematischer oder naturwissenschaftlicher Vorbildung und dabei doch möglichst unbeschadet wissenschaftlicher Strenge darzustellen und zu erklären strebt, bildete ursprünglich einen besonderen Teil des zweiten Bandes des bekannten „Buches der Erfindungen“, das unter dem Titel „Die Kräfte der Natur und ihre Benutzung“, ausserdem noch als einleitenden Teil „Die Mechanik“ und zum Schluss „Die Kraftmaschinen“ enthält. Auf vielseitiges Verlangen ist nunmehr der rein physikalische Teil als selbständiges Werk im Buchhandel erschienen. In dem einleitenden Kapitel „Mass und Messen“ werden die Grundbegriffe der Massbestimmung, die historische Entwickelung des metrischen Masssystems und die wichtigsten metronomischen Präzisionsinstrumente (Kathetometer, Komparatoren, Teilmaschinen, Vakuumwagen, Chronoskop u.a.) neuester Konstruktion eingehend behandelt. Die weiteren Hauptkapitel behandeln der Reihe nach „Schall“, „Licht“, „Wärme“, „Magnetismus“, „Elektrizität“, „Galvanismus“ und die „Wirkungen des galvanischen Stroms“. In allen diesen physikalischen Wissenszweigen finden die neuesten Errungenschaften ihre volle Berücksichtigung, z.B. in der Spektralanalyse die von Ramsay neu entdeckten Elemente der Atmosphäre, in der Wärmelehre Lindes Apparat zur Verflüssigung der Luft, das Goldschmidt'sche Verfahren zur Gewinnung reiner Metalle, das anormale thermische Verhalten der Stahlnickellegierungen, in der Lehre vom Galvanismus die Faraday-Maxwell'sche elektromagnetische Lichttheorie, die Hertz'schen Entdeckungen, die Versuche von Tesla, Marconi's Funkentelegraphie und besonders die Röntgenstrahlen und deren Verwendung in den verschiedenen Zweigen der Wissenschaft und Technik. Aus der Fülle in sorgfältigster Weise hergestellter Abbildungen seien die Porträts berühmter älterer und neuerer Physiker noch besonders hervorgehoben. Wir wünschen, dass das Buch auch in seiner neuen Gestalt seinen Zweck erreichen möge, in immer weiteren Kreisen des Volkes das Interesse und das Verständnis für Physik zu wecken und zu erhöhen! –