Titel: Kleinere Mitteilungen.
Fundstelle: Band 315, Jahrgang 1900, Miszellen, S. 563
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Kleinere Mitteilungen. Kleinere Mitteilungen. Elektrischer Fahrkartenautomat für Strassenbahnen. Es liegt im Interesse der Strassenbahnen, die Herausgabe der Fahrkarten nicht durch Schaffner, sondern durch einen zuverlässigen Automaten zu bewirken; es gilt dieses nicht nur für die kleineren Bahnen, bei denen nach der Frequenz der Schaffner ganz gut entbehrt werden kann, sondern auch besonders für diejenigen Bahnen, bei denen wegen lebhaften Verkehres ein Schaffner nicht zu entbehren ist; der Schaffner kann dadurch, dass er vom Geschäfte des Geldeinkassierens und Kartenherausgebens entlastet wird, seine Aufmerksamkeit ausschliesslich dem Betriebe widmen, so dass die Betriebssicherheit wesentlich erhöht wird. Ein derartiger einfacher und zuverlässiger Apparat ist endlich für Strassenbahnen, bei denen das Zahlkastensystem eingeführt ist, von grossem Wert, weil er eine Kontrolle bietet, die bisher der Wagenführer unter Benachteiligung der Betriebssicherheit ausüben musste. Eine Belästigung und Inanspruchnahme des Publikums ist die Anwendung des Automaten aber nicht, da das Publikum an den Gebrauch von Automaten vollkommen gewöhnt ist. Man hat daher auch schon vielfach versucht, Fahrkartenselbst verkauf er bei elektrischen Strassenbahnen anzuwenden; die meisten Versuche sind aber bislang gescheitert, weil die betreffenden Apparate gegen die bei Strassenbahnen vorkommenden heftigen Erschütterungen und Stösse und die oft sehr bedeutende Neigung der Wagen zu empfindlich waren und infolgedessen versagten. – Von dem Zivilingenieur Fritz Krull in Hamburg-Eilbek ist nun ein Apparat konstruiert, der diesen Uebelstand nicht hat und sich im Betriebe der Posener Strassenbahn, wo derselbe seit Monaten probeweise im Gebrauch ist, vollkommen zuverlässig und betriebssicher erwiesen hat. Der Apparat enthält zwei Elektromagnete A und B mit doppelter Wickelung; als Anker dieser Elektromagnete dienen zwei kürzere Elektromagnete E und F mit einfacher Wickelung, die an dem, um die horizontale Achse c drehbaren Hebel D aufgehängt sind. Betrieben wird der Apparat durch den Strom der Strassenbahn, dessen Spannung durch einen Vorschaltwiderstand auf etwa 200 bis 250 Volt vermindert wird. Den Stromschluss bewirkt das dem Fahrpreise entsprechende, in den Geldkanal Q eingeworfene Geldstück, nach dessen Einwurf der Apparat die mit Datum und Fahrtnummer versehene Fahrkarte herausgibt. Das Geldstück schliesst beim Herabfallen im Kanal Q nacheinander drei Kontakte und zwar zunächst den Kontakt zwischen u und t; hierdurch geht der Strom, der von dem mit dem + -Pol verbundenen Kontakte t kommt, durch die Wickelung 1 der Elektromagnete A und B und durch die Wickelung von E und F. Die Polarität der vier Elektromagnete ist dann derartig, dass A und E einander abstossen und B und F sich anziehen; infolgedessen dreht sich der mehrarmige Hebel D im Sinne des Uhrzeigers und zieht mittels der Gelenkstange h den Vorschubschlitten i, der unter dem Fahrkartenbehälter L hinläuft, nach links; gleichzeitig drückt Zapfen 3 gegen den Ansatz v des Auslösehebels r, wodurch Kontakt u nach links gehl und das Geldstück zwischen u und t frei wird und weiter nach unten fällt, bis es im zweiten Kontakte u' und t' hängen bleibt. Hierdurch wird der Stromkreis 2 der Elektromagnete A und B und der für E und F geschlossen, wodurch die Polarität jetzt derart wird, dass A und E sich anziehen und B und F sich abstossen; infolgedessen schwingt der Hebel D wieder in die gezeichnete Lage zurück, wodurch der Vorschubschlitten nach rechts geht und mittels der Nase h von dem im Fahrkartenbehälter liegenden Fahrkartenstapel M die unterste Karte so weit vorschiebt, dass dieselbe unter den Stempelapparat n gelangt; ausserdem wird aber durch Anschlag des Zapfens 4 gegen den Ansatz w des Auslösehebels s der Kontakt u' nach links bewegt und das Geldstück zwischen u' und t' frei. Dasselbe fällt nun in den dritten Kontakt x – t' und schliesst damit den Stromkreis 5 für den Stempelelektromagneten P. Der Stempelapparat n besteht aus einem zweiarmigen Hebel, dessen eines Ende den Anker des Elektromagneten P trägt und dessen anderes Ende gegabelt ist und zwischen der Gabelung die Stempel Scheiben O hat. Durch Anziehung des Ankers werden die Stempelscheiben auf die unter ihnen liegende Karte gepresst und mittels des auf die Rollen R und R' gewickelten Farbbandes Datum und Fahrtnummer aufgedruckt. Gleichzeitig bewegt sich x nach links und lässt das Geldstück zwischen x und t' frei und in den Geldkasten fallen. Textabbildung Bd. 315, S. 564 Fig. 1 Textabbildung Bd. 315, S. 564 Fig. 2 Die gestempelte Fahrkarte bleibt dann unter dem Stempelapparat liegen, bis durch Einwerfen des nächsten Geldstückes der Schlitten nach links geht und die Karte fallen lässt; der Fahrgast bekommt also jedesmal die beim vorhergehendenmal gestempelte Karte. – Die Datumscheiben werden im Wagenschuppen von hierzu Beauftragten täglich eingestellt und durch einschnappende Federn gehalten; die Scheiben, welche die Fahrtnummer angeben, verstellt am Ende jeder Tour der Schaffner mittels eines Vierkantschlüssels, der, wie bei einer Uhr, von aussen auf einen Zapfen gesteckt wird; die Nummer zeigen die aussen sichtbaren Nummerscheiben y und y'. Erwähnt sei noch, dass auch Störungen, die durch Einwurf mehrerer Geldstücke auf einmal oder stark beschädigter undunrichtiger Münzen hervorgerufen werden könnten, in der einfachsten und sichersten Weise vorgebeugt ist. Die Hauptvorzüge des Krull'schen Fahrkartenautomaten sind: seine grosse Einfachheit und Uebersichtlichkeit, besonders auch der Schaltung; die bequeme Zugänglichkeit und Kontrollierbarkeit aller seiner Teile; die Bequemlichkeit seines Einbaues; seine leichte Handhabung; seine Verwendbarkeit in allen Fällen, bei denen Elektrizität die bewegende Kraft ist (also z.B. bei Automobilwagen); vor allem aber seine absolute Unempfindlichkeit und vollkommene Betriebssicherheit. Bücherschau. Die Anilinfarben und ihre Fabrikation. VonK. Heumann. Dritter Teil. Nach des Verfassers Tode fortgesetzt und herausgegeben von P. Friedländer, Professor am technologischen Gewerbemuseum in Wien. 1. Hälfte. Braunschweig, Friedrich Vieweg und Sohn. 1900. Preis M. 20.– Des vorliegenden dritten Bandes erste Hälfte (800 Seiten) ist ausser einem wenige Zeilen umfassenden Vorworte Friedländer's lediglich ein wörtlicher Abdruck der deutschen Patentschriften der Klasse 12 und 22, welche über Azofarbstoffe handeln. Der Verfasser hat nichts dazugesetzt und nichts davongenommen. Die Patente sind chronologisch geordnet, sie umfassen die Patentschriften 3224 bis 74058. In der Ankündigung des Werkes wird gesagt, dass in der zweiten Hälfte dieses dritten Bandes die Patentlitteratur bis zum neuesten Datum weitergeführt wird. In den folgenden Bänden, von denen noch eine Anzahl zu erwarten ist, werden dann die Patentschriften der übrigen Farbstoffklassen wiedergegeben werden. Das Werk wird also, wenn es vollständig vorliegt, sich im wesentlichen von der umfangreichen Sammlung von Patentschriften: „Die Fortschritte der Teerfarbenfabrikation“ von dem gleichen Verfasser (vier Bände, Berlin, Springer), durch die Anordnung der Patentschriften unterscheiden. In letzterem Werke ist eine wissenschaftliche Einteilung des Gesamtgebietes der Farbenindustrie angestrebt worden, während, wie bereits bemerkt, in vorliegender Sammlung eine chronologische Anordnung der Patentschriften gewählt worden ist. Eine wissenschaftliche Einteilung hat unstreitig einen viel höheren Wert, als eine chronologische Anordnung. Indessen kommt die erstere auch in den „Fortschritten der Teerfarbenfabrikation“ nicht ganz zur Geltung, weil die einzelnen Bände dieses Werkes nur über verhältnismässig kleine Zeitabschnitte berichten und daher auch hier naturgemäss eine Verteilung zusammengehöriger Patentschriften über die vier Bände vorgenommen werden musste. Vielleicht hat P. Friedländer Gelegenheit, die Patentschriften der Klasse 12 und 22 zusammenfassend zum drittenmal zu reproduzieren; in diesem Falle könnte dann etwa eine wissenschaftliche Anordnung des ganzen Gebietes vorgenommen werden und dadurch würde auch, wenigstens in genau dem gleichen Masse wie bei der vorliegenden Sammlung von Patentschriften, eine allzu auffallende Aehnlichkeit mit den älteren Werken vermieden. B. Betrachtungen über Maschine und Maschinenbau. Festrede von Hofrat Ernst A. Brauer. Karlsruhe, Braunsche Hofbuchdruckerei, 1899. Preis 60 Pf. Eine Darstellung des Lebens der Maschine als Individuum und als Gattung. Herstellung der Maschine in der Werkstatt, ihr Arbeiten in der Fabrik, ihr Tod, Verdrängung durch eine besser angepasste Art, Vererbung der nützlichen Eigenschaften, Entstehung neuer Arten u.s.w. wird nach der biologischen Manier erzählt und überall hervorgehoben, welche Aufgaben dem angehenden Ingenieur daraus erwachsen. Das Werkchen stellt sich somit in die Reihe jener Schriften, deren Schar immer wächst, die das technische Material von allgemeineren Standpunkten als bisher üblich, beleuchten und so die neue Denkweise vorbereiten und verbreiten, die wir unter dem Titel der „Allgemeinen Fragen der Technik“ in dieser Zeitschrift zur Geltung bringen. P. K. v. K. Das neue Gaswerk der Stadt Zürich in Schlieren. Von Ingenieur A. Weiss, Gasdirektor in Zürich. Sonderabdruck aus der Schweizerischen Bauzeitung, Bd. XXXIV, 1899. Nach längeren Vorverhandlungen und Vorarbeiten erstand eine neue Gasfabrik in Schlieren, deren bauliche und technische Einrichtungen eingehend geschildert sind. Durch 42 Textfiguren und 4 Tafeln sind diese Erläuterungen anschaulicher gemacht. Das Studium dieser fleissigen und gediegenen Arbeit ist den Interessenten bestens zu empfehlen. Bjd.